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Veröffentlicht am 14.11.2024

Unwiderstehlich, aber da geht noch mehr

Lessons in Faking
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Als ich das erste Mal von Selina Mae hörte, dachte ich, dass sie wie Brittainy Cherry und andere bei Lyx als englischsprachige Autorin eingekauft wurde. Ich war dann sehr überrascht über ein Podcast-Interview ...

Als ich das erste Mal von Selina Mae hörte, dachte ich, dass sie wie Brittainy Cherry und andere bei Lyx als englischsprachige Autorin eingekauft wurde. Ich war dann sehr überrascht über ein Podcast-Interview mit ihr durch den Verlag selbst, durch das ich viel erfahren habe und das dann in der Summe richtig Lust auf „Lessons in Faking“ gemacht hat.

College, das waren die Geschichten, mit denen ich im New Adult-Genre angefangen habe. Auch wenn sich das Genre davon inzwischen extrem in die Breite entwickelt hat, was ich sehr positiv finde, kehre ich immer wieder gerne ans College zurück. Wenn ich auch zugeben muss, dass ich inzwischen doch mehr aufpassen muss, weil sich mein Geschmack einfach etwas entwickelt hat und dann muss ich schon auch am College eine gewisse Reife und eine gewisse Ernsthaftigkeit der Themen bemerken. Da ich Mae als Autorin noch gar nicht kannte, was es dementsprechend ein kleines Risiko, aber eins, das sich letztlich gelohnt hat. Denn die Figuren kamen mir zwar nicht wie völlige Erwachsene vor, aber sie hatten eigentlich genau die richtige Mischung zwischen Bürde der Zukunft und Schalk der Jugend im Nacken. Und auch wenn jetzt keine ungewöhnlichen Themen aufgegriffen wurde, aber es war für mich genug Ernsthaftigkeit bei den Figuren zu erkennen, so dass ich in ihr Gefühlsleben eintauchen konnte.

Auch wenn Mae schon viele Jahre durch Fan Fiction und anderes Schreiberfahrung hat, kommt einem die erste Begegnung immer wieder die Anfänge vor und auch wenn das oft gar nicht so stimmt, dass es der Anfang ist, so ist es doch immer der Anfang, sich an einen Stil zu gewöhnen und da habe ich bei Mae schon noch gemerkt, dass für mich da Luft nach oben ist. Es ist auch recht schwer, das auf den Punkt zu bringen, was mir noch fehlt, aber manchmal verliert es sich etwas in Belanglosigkeiten, ehe dann doch wieder Gas gegeben wird und so fühlt sich insgesamt wohl das Tempo zu ungleichmäßig ein. Immer wenn ich merkte, jetzt schweift es gerade ab, dann war da doch wieder eine Szene/ein Moment, der mich richtig an die Seiten gebunden hat. Und genau wegen Letzterem kommt auch mein überwiegend positives Urteil, denn wenn man schon so viel gelesen hat, dann ist immer wieder neu das A und O, dass da etwas ist, was mich komplett packt und mich nach mehr gieren lässt. Das Miteinander von Athalia und Dylan ist es sicherlich, was die größte Rolle gespielt hat. Zunächst dieses Foppen voneinander und die dadurch spritzigen Dialoge, aber dann auch die einzelnen Momente, in denen nach und nach die Barrieren fallen. Das hat mich schnell an die beiden gebunden. Es war einfach so eine Liebesgeschichte, in der ich grundsätzlich investiert war und bei der ich auch froh war, dass es am Ende keine großen Fehlhandlungen gab, sondern wo das typische Drama des Lebens noch eine kleine Wendung bereit hielt.

Eins muss ich unbedingt noch ansprechen. „Lessons in Faking“ ist nur aus Athalias Perspektive erzählt worden. So haben viele Autorinnen angefangen, aber ich kann immer nur wieder betonen, am genialsten ist die Gleichbehandlung beider Perspektiven. Denn auch wenn ich Dylan sehr mochte, aber weil mir seine Perspektive fehlte und auch sein Verhältnis zu seinem Vater das einzige war, was mir auf emotional (negativer) Ebene mehr verraten hat, habe ich nachher gedacht: wer ist Dylan eigentlich? Er ist ein guter Kerl und ein toller Bruder/Freund, aber was sind seine Träume für die Zukunft, was seine Ängste? Bei Athalia war all das zwar nicht massiv viel intensiver ausgearbeitet, weil es mehr um die beiden als Paar als Individuen ging, aber dennoch wurde der Verlust der Eltern, die Erwartungshaltungen an sich selbst durch die Erfolge ihrer Mutter und das Verhältnis zu Bruder Henry angeboten und das war schon ein anderes Level. Auch hier sieht man also: Potenzial ist da, aber auch noch ordentlich Luft nach oben, aber das ist ja eigentlich auch Ansporn genug, weil ich zumindest schreibe immer mit dem Gedanken, mich zu verbessern, weil ich jeden Tag ein anderer Mensch bin durch neue Erfahrungen. Und so wie ich Mae im Interview erlebt habe, geht es ihr offensichtlich sehr ähnlich, weswegen ich mich auf kommende Bücher von ihr auch schon sehr freue.

Fazit: „Lessons in Faking“ hat seine extrem guten Seiten, die vor allem in der unwiderstehlichen Liebesgeschichte liegen. Fake Dating als Trope passt einfach immer. Aber es ist auch ein Buch, das zeigt, das noch wesentlich mehr geht. Mir hat die männliche Perspektive für ein runderes Bild gefehlt und auch im Tempo gab es noch größere Unterschiede. Unterm Strich aber eine Autorin, die ich nun definitiv auf dem Schirm haben werde.

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Veröffentlicht am 14.11.2024

Fehlten die großen Momente

The Killer Profile
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Nach ihrer ersten Krimireihe widmet sich Helen Fields aktuell Einzelbänden, die aber dennoch ganz leichte Überschneidungen zu bisherigen Werken haben, was ich als kleines Gimmick immer nett finde. Nach ...

Nach ihrer ersten Krimireihe widmet sich Helen Fields aktuell Einzelbänden, die aber dennoch ganz leichte Überschneidungen zu bisherigen Werken haben, was ich als kleines Gimmick immer nett finde. Nach „The Institute“, wo wir mit der Protagonistin in einem Hochsicherheitsgefängnis eingeschlossen waren, geht es in „The Killer Profile“ diesmal zu einem Serienkiller und ob eine Psychologin, die seinem ausgewerteten Bewerbungsprofil begegnet, ihm auf die Spur kommt.

Insgesamt kann ich gleich vorweg sagen, dass ich „The Killer Profile“ nicht so inhaltlich kompakt und mitreißend wie „The Institute“ fand. Letzteres hatte bis zum Schluss noch einige Wendungen parat, was ich hier nun nicht so prägnant ausgearbeitet fand. Es gab eigentlich mehr über die Geschichte hinweg kleinere Überraschungseffekte, die ich gut platziert fand, aber dafür war am Ende zu früh die Luft raus. Es war noch spannend, weil es einen klassischen Showdown gab, aber ich hatte nicht mehr große Fragezeichen im Kopf, dafür gab es schon zu viele Antworten. Das gewichte ich hier dann auch so deutlich, weil Fields schon in einigen Büchern bewiesen hat, dass sie die geschickte Konzeption drauf hat, hier war es aber etwas fahrlässig.

Die Idee zum Buch fand ich aber sehr gut. Zum einen die Seite, wie Midnight in alles hineingezogen wird und zum anderen wie letztlich alles zusammengekommen ist, also zu den Firmenpraktiken und warum es eigentlich tatsächlich ein Profil K gibt. Dazu passte dann anschließend auch das Dankeswort von Fields selbst, indem sie auch die Motivation für die Thematik darlegte und aufgrund solcher kleinen Erklärungen ist immer sofort wieder deutlicher zu spüren, wie persönlich wichtig die Bücher den Autoren auch sind. Deswegen hätte ich mir auch aus Midnights Job noch ein wenig mehr erhofft. Grob habe ich verstanden, was sie und ihre Kollegen treiben, aber wir starten gleich mit der Auswertung von Profil K, aber ich hätte es besser gefunden, zuerst ein größeres Bild zu bekommen, um so dann genauso zu merken, wie anders dieses Bewerbungsprofil ist. Vielleicht hätte es auch geholfen, von Necto einen umfassenderen Eindruck zu erhalten. Denn dieses Unternehmen ist offenbar riesig von den Abteilungen her, aber es wurde nicht unbedingt 100% klar, was alle machen, was zusammenwirkt und was einfach tatsächlich andere Baustellen sind. Zu diesem Aspekt ist mein Fazit daher auch: diese Idee hatte deutlich mehr Potenzial, als ausgeschöpft wurde.

Das Buch wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Die für mich spannendste war natürlich die des Bewerbers, denn ich lese psychologische Thriller am liebsten, um die Täter zu verstehen und deswegen war die Perspektive genau richtig. Ich fand auch, dass sie genau richtig vom Timing her platziert waren. Zudem gab es immer Antworten, aber es war nie so offensichtlich, dass ich zu viel als verraten empfunden habe. Daher Daumen hoch hierfür. Die Perspektive von Jessica hat mich anfangs etwas irritiert, auch weil sie eher zurückgestellt war, aber dennoch hat sie natürlich ihre Bewandtnis und gerade der Stalking-Aspekt, der hat auch schon meinen Puls in die Höhe getrieben, das war gut geschrieben. Midnight war aber die Dominanz und ich fand es schon auch cool, dass sie eigentlich echt wenig Voraussetzungen hatte, die Heldin eines solchen Buchs zu sein. Ich habe mich auch lange gefragt, warum ihre Beziehung zu ihrer Zwillingsschwester Dawn so ausführlich aufgebaut wurde. Hier habe ich wilde Ideen zusammengebaut, die dann letztlich alle überflüssig waren, aber ich denke, dass Dawn sehr wichtig war, um zu verstehen, warum Midnight so über sich hinauswächst. Dennoch muss ich hier auch sagen, dass es auch im Vergleich zu Necto offenzeigt, wie gegensätzlich einiges gelungen ist. Hier wird es auf der persönlichen Ebene sehr ausführlich aufgezogen, aber mit wenig Konsequenz und bei Necto war es genau umgekehrt.

Wie die einzelnen Perspektiven also im Kontext miteinander standen, das hat die Geschichte durchaus gut vorangetrieben. Wie ebenfalls schon erwähnt, gab es zwischendurch immer mal wieder kleinere Überraschungen, aber mir fehlten die größeren Wow-Momente. Das ist immer so die Gefahr, wenn man eine Autorin schon kennt und ihr Potenzial kennt und deswegen jede Menge Theorien entwickelt und dann einfach merkt, alles unnötig, die Geschichte hat einfach nicht so viele Schichten. Auch wenn Midnight möglicherweise weitere Auftritte haben wird, weil die Andeutung mit Connie Woolwine sicher nicht umsonst war, aber es war eine kleine Welt, die hierfür vollkommen okay ist, aber ich weiß noch nicht so recht, ob man das wirklich noch größer aufziehen kann.

Fazit: „The Killer Profile“ steht für mich als Standalone hinter „The Institute“ zurück. Auch wenn Helen Fields hier nicht so verdichtet erzählt und mehr Freiheiten sich erlaubt, wirkte die Handlung tatsächlich kleiner. Ich mochte vieles, wie die Grundidee, die kleinen Überraschungen zwischendurch, die Perspektiven, aber mir fehlten umgekehrt dann die großen Momente und auch am Ende noch einmal den Mund offen stehen zu haben.

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Veröffentlicht am 20.09.2024

Fanservice - gut oder schlecht?

Infinity Falling - Bring Me Home
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Bei Sarah Sprinz weiß ich als Autorin sehr zu schätzen, dass sie, die „Dunbridge Academy“-Reihe“ mal ausgeklammert, ihre Bücher trotz unterschiedlicher Schwerpunkte offenbar dennoch als Universum empfindet. ...

Bei Sarah Sprinz weiß ich als Autorin sehr zu schätzen, dass sie, die „Dunbridge Academy“-Reihe“ mal ausgeklammert, ihre Bücher trotz unterschiedlicher Schwerpunkte offenbar dennoch als Universum empfindet. Wie sich die British Columbia-Reihe jetzt schon mit der „Infinity“-Reihe verwoben hat, das ist jetzt schon sehr geschickt und ein Fan-Service, den ich dennoch durchgängig als authentisch empfunden habe. Aber der dritte Teil der „Infinity Falling“-Reihe mit dem Beititel „Bring Me Home“ setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf, indem Cole, den wir schon aus Sprinz' erster Reihe kennen, nun sein Happy End bekommt.

Ich mochte die „Infinity“-Reihe echt gerne. Da ich sehr interessiert an der Serienwelt bin, ist diese Perspektive auf Hollywood wirklich sehr spannend gewesen und ich habe in vielen Aspekten auch gemerkt, dass Sprinz sich damit ehrlich beschäftigt hat und auch nach den Nachteilen der funkelnden Welt gesucht hat, die man oft aus den Augen verliert. Beim letzten Band hat sie mit Megan auch nochmal einen anderen Schwerpunkt, weil bei ihr die Thematik mit Cancel Culture auf jeden Fall angedeutet wird, aber in der Konsequenz nicht so hart, aber Megan leidet durchaus unter einer Rufmord-Kampagne. Mit Cole haben wir dann wiederum einen Charakter, der mit der Hollywood-Maschinerie nichts zu tun hat, weil er ein Außenstehender ist. Aber durch seinen Arztberuf kam bei ihm auch eine spannende Perspektive ein. Da ich gerade erst die spanische Arztserie „Atemlos“ gesehen habe, habe ich vieles in der Kritik auch in diesem Buch wiedererkannt, denn auch wenn man für den Job geboren sein muss, aber die Arbeitsbedingungen machen einen generell harten Berufsalltag noch härter. Auch wenn wir Cole so viel aktiv als Arzt gar nicht erlebt haben, aber es wurde dennoch gut deutlich, was die Anforderungen mit einem machen. Also alleine thematisch war dieser Band für mich wieder sehr reich an perspektiven und Inhalten.

Dennoch habe ich den dritten Band in einigen Aspekten auch etwas zäh empfunden. Das liegt leider zum einen an Cole, aber es liegt auch ein paar logischen Zusammenhängen, die ich dann vor allem als Reaktion auf die Berichterstattung nicht ganz nachvollziehen konnte. Aber bleiben wir erstmal bei Cole. An sich mag ich ihn schon gerne und ich finde auch, dass man nach all den Jahren, die seit der ersten Buchreihe vergangen sind, gut merken kann, wie Cole gereift ist, auch weil er einer der ältesten Protagonisten von Sprinz ist. Gleichzeitig aber war sein Wesen und warum er agiert, wie er agiert, für mich zu konfus aufgebaut. Da auch die Familie, bzw. konkreter die Eltern, keine Rolle spielen, obwohl sie sicherlich sehr entscheidend Coles Perspektive auf Beziehung und Bindung beeinflussen, hat hier etwas gefehlt, um die Dynamik besser nachzuvollziehen. So lag der große Schwerpunkt auf der vergangenen Beziehung zu Lisa und da kann man einfach sagen, dass doch eine Beziehung und ihr Ende nicht alles so extrem beeinflussen kann. Denn so viele tolle Momente Cole auch hatte, aber genauso gab es Sequenzen, da war er bei mir völlig unten durch. Er sprach immer wieder davon, dass er niemanden verletzen will, tat aber eigentlich nur das. Ich fand es auch schade, dass so einseitig er die Beziehung torpediert hat, weil Megan dadurch auch etwas langweiliger wirkte.

Bei Megan war diese extreme Obsession wegen des Rufs als Männerverführerin schnell erklärt und verstanden, aber ansonsten war sie als Figur wenig mit Herausforderungen konfrontiert. Das hat sie deutlich blasser gemacht und ich musste mich mehr ermahnen, sie als Menschen zu sehen, denn da der Altersunterschied auch öfters ein Thema ist, aber man hat Megan ihre 20 Jahre echt nicht angemerkt. Sie wirkte auf mich reif, besonnen. Klar, ihre Ängste wegen der Presse, die haben sie oft kopflos erscheinen lassen, aber das hat für mich nichts mit dem Alter zu tun. Auch ansonsten war ihre ganze Art, wie sie auch für Cole wegen seines Berufs da war, sehr unterstützend, sehr loyal und einfach sympathisch. Im Grundsatz sind sie beides so auch tolle Charaktere, weswegen gerade diese Ausflugsmomente, zum Rennen, zur Hütte etc. auch gut funktioniert haben. Ich mochte auch die Chemie und habe stets etwas zwischen ihnen gespürt, aber durch gewisse Baustellen wurde es unnötig schwierig.

Man hat auch gemerkt, dass der Schwerpunkt auch sehr auf den Charakteren der ersten Buchreihe von Sprinz war, während Aven und Hayes fast etwas untergegangen sind. Das fand ich nicht generell kritisch, denn ich liebe diese ganzen Figuren, aber so ging der Fokus von den Dreharbeiten immer weiter weg. Bis auf die Actionszene haben wir echt wenig mitbekommen, was ich etwas schade fand. Auch hier war offensichtlich, dass Coles Arbeitsfeld entscheidender war. Da Sprinz aber selbst ausgebildete Ärztin ist, hat man aber an Coles Szenen als Arzt deutlich gemerkt, dass sie vom Fach ist. Deswegen verstehe ich den Schwerpunkt auch, weil sie hier mehr zuhause ist.

Fazit: „Infinity Falling – Bring Me Home“ ist ein zufriedenstellender Abschluss. Ich mochte die Themenschwerpunkte und ich mochte auch grundsätzlich die Paar-Dynamik. Dennoch gab es Stolperstellen, weil die Geschichte zu sehr die von Cole wurde, der dadurch nicht immer gut aussah. Aber nach der „British Columbia“-Reihe ist das hier definitiv meine zweitliebste Buchreihe von Sprinz, weil ich sie als Autorin bei älteren Figuren stärker empfinde.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Wortakrobatik im Duft-Imperium

Delicate Dream
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Bei Merit Niemeitz ist mir schon früh bewusst geworden, sie ist eine der Autorinnen, die nicht für jedermann ist. Was auch völlig okay ist, denn Geschmäcker sind nun mal verschieden, aber gerade weil ihr ...

Bei Merit Niemeitz ist mir schon früh bewusst geworden, sie ist eine der Autorinnen, die nicht für jedermann ist. Was auch völlig okay ist, denn Geschmäcker sind nun mal verschieden, aber gerade weil ihr Stil sich so deutlich von anderen abhebt, macht es mich umso stolzer, dass mit der Evergreen-Empire-Trilogie nun schon ihre zweite Buchreihe bei Lxy erscheinen darf und natürlich nicht zu vergessen ihre „Starling Nights“-Reihe bei reverie (die Impress-Artikel lasse ich hier mal bewusst weg). Das zeigt doch, dass die Wortakrobatik von ihr geschätzt wird und das absolut verdient.

Bei der neuen Reihe und nun dem ersten Band, „Delicate Dream“, muss ich auch sagen, was für eine Symbiose aus Cover und Inhalt. Wirklich sehr gut gemacht, denn in der ganzen zarten Gestaltung sieht es wie ein edler Flakon aus und ich bin wirklich verliebt. Kommen wir nun zum Inhalt. Ich fand das Parfüm-Geschäft als Setting sehr interessant. Ich habe selbst eine spezielle Beziehung zu Gerüchen, bin aber eher ab von Parfüm, aber dennoch ist es ein faszinierendes Geschäft, vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Duft auf jeder Haut dennoch andere Noten entfaltet. Ich fand es auch spannend, wie Niemeitz im Nachwort beschreibt, wie sie sich in die Welt eingefunden hat und ich muss sagen, ohne selbst Expertin zu sein, dass es sehr echt wirkte. Es waren viele Details, die ich vorgefunden habe. Vor allem die Ausflüge zu den einzelnen Bestandteilen sowie auch die Beschreibung, was wie zusammenwirkt, da ist doch schon sehr deutlich geworden, wie viel Recherche da hinein geflossen sein muss, um eben so professionelle auch zu wirken. Auch wenn die Duftthematik hinten heraus immer mehr verloren gegangen ist, was ich etwas schade fand, so ist ein wichtiger Bestandteil dieser Geschichte, der definitiv einen Teil der Faszination abgebildet hat.

Der Stil ist typisch Niemeitz und gerade die Duftwelt hat sie sich natürlich auch für viele Sprachspiele angeboten. Aber auch abseits davon gab es wieder Wortkreationen, nach denen ich denke, meine Güte, sie müsste ein eigenes Wörterbuch anlegen, weil da so wunderschöne Ideen hinterstecken. Ich war da in einiges wieder sehr verliebt. Über Emmeline hat sie sich deutlich mehr darüber ausgetobt, was charakterlich auch passte, denn sie hat als Gefühlsmensch offenbar wirklich einen ganz anderen Zugang zum Leben, den sie dann auch noch ideal in Worte fassen kann. Odell war da zwar deutlich nüchterner, aber durch die langen Jahre mit Emmeline hat man ihm natürlich dennoch angemerkt, dass er sehr ähnlich denkt und vieles von ihr auch in sich trägt. Das hat sie letztlich aber auch so passend füreinander gemacht. Dennoch ist die Liebesgeschichte für mich eher schwächer. Ich musste da an die „Mulberry Mansion“-Reihe denken und konkret auch da an den ersten Band, „No Longer Yours“, dort hatten wir durch Avery und Eden auch schon ein Paar, dass sich nach Jahren voller gemeinsamer Geschichte und dann Funkstille wieder zusammenfindet. Niemeitz ist ja auch nur eine von vielen, die solche Paare wieder zusammenbringt und ich muss immer wieder feststellen, dass es mir da oft schwer fällt, so einen richtigen Funken zu entwickeln.

Wenn ich live dabei, wenn sich zwei begegnen und selbst wenn es nicht direkt Liebe ist, dann entsteht aber dennoch etwas, wo ich das Gefühl habe, ich bin wirklich bei allen Schritten dabei. Aber bei Paaren, bei denen schon so viel Geschichte geschrieben ist, da haben auch Rückblenden dann nicht mehr die Wirkung, mir das richtig von Anfang an aufzuzeigen. Deswegen sind Emmeline und Odell für mich keine aufregende Liebesgeschichte, sondern eine leise, sanfte. Und das sind auch wunderschöne Liebesgeschichten, nicht falsch verstehen, aber es sind auch die, bei denen ich dann öfters rechts und links schaue. Deswegen habe ich dann auch bei den Figuren genauer hingesehen und natürlich auf das Drumherum. So fand ich beispielsweise die Geschwisterdynamik sehr anstrengend. Auch wenn es drei Bände gibt und damit natürlich eine Entwicklung aufgezeigt werden wird, aber es war nicht richtig greifbar, wie so viel zwischen dreien Menschen sich aufbauen kann, wenn sie doch so eng aufgewachsen sind. Umgekehrt fand ich aber auch die Testamentbedingungen von dem Vater sehr seltsam. Erzwungene Dreisamkeit, nie clever. Aber so wurden die Gräben so offensichtlich und waren ständig da, um auf die Stimmung zu drücken. Dazu kommt dann noch, dass Emmeline und Odell jeweils alleine große Dämonen zu tragen haben, die immer an unterschiedlichen Punkten rauskamen, so dass es auch kaum rein unbeschwerte Phasen gab. In all diese Kritikpunkte hinein war so viel Starkes gewoben, was immer hilft, um dann eben weiterzulesen, weil ich auch aus Erfahrung weiß, ich werde am Ende belohnt. Aber bei so einer Liebesgeschichte fällt es einfach eher auf, denn es gibt nicht ständig DIE Höhepunkte, sondern vielmehr eine Beständigkeit, bei der man die Längen deutlich erkennt. Aber ich erahne schon jetzt, dass es im zweiten Band wieder ganz anders wirken wird und da bin ich schon gespannt drauf, denn die Vorlage hier ist gut und hat locker das Potenzial zu sehr gut.

Fazit: „Delicate Dream“ hat eine wunderschöne Aufmachung, ein faszinierendes Setting und eine Liebesgeschichte, die sanft und intensiv erzählt wird. Niemeitz‘ Stil passt zu den beiden einfach großartig, aber dennoch ist ein Miteinander, das auch gewisse Schwächen der Erzählung leichter offenlegt. Insgesamt war es thematisch sehr schwer und ein paar mehr Auflockerungen wären gut gewesen. Dennoch guter Auftakt und für Fans von Sprachkünstlern sehr, sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 11.06.2024

Spicy Wissenschaftsnerds

Not in Love – Die trügerische Abwesenheit von Liebe
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Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich ...

Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich orientieren will. Das hatte mich von der Prämisse her ein wenig an Susannah Nix und ihre „Chemistry Lessons“ erinnert, wobei ich da etwas enttäuscht war, wie wenig ‚nerdig‘ die Geschichte letztlich doch war.

Bei „Not in Love“ lässt sich das Urteil auf eine Art und Weise auch fällen, aber aus einem ganz anderen Grund. Es ist durchaus so, dass wir Protagonistin Rue bei ihrem Arbeitsalltag begleiten und man auch durch die ganze Firma, für die sie arbeitet, tief in wissenschaftliche Kontexte und vor allem den Arbeitsalltag dort eintaucht. Das fand ich eigentlich wirklich positiv, auch weil es bei Liebesgeschichte so nicht oft auftaucht, da sind andere Berufsfelder oft viel attraktiver einer größeren Leserschaft zu verkaufen. Dennoch war ich letztlich überrascht, zumal ich vom Ruf her Hazelwood auch eher zu den humoristischen Liebesromanautorinnen gepackt hätte, wie groß der Anteil an spicy Szenen war und auch auf eine Art und Weise, dass es mir fast zu viel war. Es war weniger, wie oft es solche Szenen über die Buchlänge gab, sondern mehr konkrete Darstellung. Es ist schließlich nicht das erste und sicherlich auch nicht das letzte Mal, dass ich ein solches Buch lese und da war augenscheinlich, dass es für mich eine Richtung hatte, die ich nicht so gerne lese, aber das ist totale Geschmackssache, je nach Vorliebe wird es andere wahrscheinlich sehr willkommen beim Lesen sein.

Zum Glück ist es aber nicht so, dass die expliziten Szenen den ganzen Bucheindruck überschatten. Auf eine Art passte es auch zu den Figuren bzw. hat sich keinesfalls widersprochen. Denn beide haben eine schwere Geschichte hinter sich und vor allem familiär nie wirklich Rückhalt erfahren. Während Eli in seinen Freunden eine richtige Familie gefunden hat, die ihn aber dennoch auch seine Freiheit immer noch sehr genießen lässt, kennt Rue das weniger. Sie hat Tisha und sie hat auch ihre Chefin Florence, aber dennoch ist sie vor allem eine Einzelgängerin, die sich auch in sozialen Kontexten sehr schwer tut, aber dennoch sich gerne auf eine Art austobt. Das ist schließlich auch der Grund, warum sich die beiden Figuren kennenlernen. Ich fand ihr erstes Aufeinandertreffen gut gemacht und es war dabei vor allem wichtig, dass es genau da noch nicht zu mehr gekommen ist, da so gleich die Grundlage gelegt wurde, dass es zwei Figuren sind, die vieles für sich behalten, sich aber gegenseitig sehr private Aspekte anvertrauen können. Das hat mich gleich überzeugt, denn wenn bedingungsloses Vertrauen nicht selbstverständlich ist, dann sind solche Szenen gleich eine besondere Grundlage, von der aus man miteinander arbeiten kann.

Im Verlauf fand ich auch, dass das Buch sich genug tiefgründige Momente gönnt. Die Sprache brachte mich zwar manches Mal raus, aber es ist oft dann doch noch mehr daraus geworden, aus dem die Figuren gut ausgearbeitet wurden. Ich habe beide auf eine Art lieb gewonnen. Rue mehr als individuelle Person, weil sie schon ungewöhnlich war und dadurch faszinierend. Dafür war Eli mehr der, der durch die Personen um ihn herum sehr interessant wurde. Sein Freundeskreis mit all den Schichten, die Schwester, aber natürlich auch, wie respektvoll er in Rues Leben eingetreten ist. Auch auf der Handlungsebene war ich zufrieden. Es war eine Geschichte, die sich zwar irgendwie absehbar gestaltete und sie hatte auch nicht so viele Wendungen, weil wie gesagt, die expliziten Szenen dafür auch zu viel Raum eingenommen haben, aber es war letztlich rund und ein Ende, was sehr, sehr viel richtig gemacht hat. Für Rue und Eli alleine, aber auch für sie als Paar.

Fazit: Ich weiß nicht, wie Ali Hazelwoods Stil sonst ist, aber mir war es anteilig doch zu sehr spicy und auch in der Art nicht so meins. Aber das wäre für mich kein Grund, ein Buch abzubrechen und das wäre bei „Not in Love“ auch schade gewesen, denn ansonsten ist es eine sehr runde Geschichte, mit gut ausgearbeiteten Figuren, vielleicht was wenig Handlung, aber dafür auch mit wissenschaftlichen Themen ein ungewöhnlicher Rahmen. Es gab also starke Pro-Argumente, aber auch Contra-Argumente. Aber ich würde auf jeden Fall so gerne nochmal was von Hazelwood lesen, um zu ergründen, ob die Stilistik generell so ist.

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