Anne Gesthuysens neuester Roman “ Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ spielt wieder in Alpen am Niederrhein, wo ein ganz spezieller Menschenschlag wohnt, mit dem die Autorin gut vertraut ist. Die ländliche Idylle kommt aber im Cover überhaupt nicht zum Tragen, denn das Cover ist sehr minimalistisch und farblos. Es gibt keinerlei Hinweis auf das Setting oder den Plot. Wie auch bei den Covern ihrer anderen Werke ist die Person von hinten dargestellt. Die Bedeutung ist mir unklar.
Die Botschaft des Titels hat sich mir erst nach der Lektüre von Gesthuysens Nachwort erschlossen. Darin erwähnt sie , dass Glück zerbrechlich sei. Es könne in jeder einzigen Sekunde zerstört werden. Somit soll der Titel wohl Hoffnung und Zuversicht auf ein besseres Leben in einer Tiefphase des Lebens vermitteln.
In ihrem Roman “Wir sind schließlich wer“ dreht sich ebenfalls alles um die evangelische Pastorin Anna von Betteray, die Seelsorgerin des Dorfes ist und viel Empathie mitbringt. Auch in “Vielleicht hat das Leben Besseres vor“ wird sie sehr gut Charakterisiert, ebenso wie ihr, teilweise sehr skurriles, Umfeld. Allen voran Frau Erbs, der Horchposten vom Dienst und die Bäckersfrau, eine perfekte Klatschkönigin. Sie setzten viele Gerüchte in die Welt und verdrehen Tatsachen. Annas adelige und sehr standesbewußte Mutter Mechthild, ihre 90-Jährige Tante Ottilie, ihre alkoholabhängige Schwester mit ihrem Sohn Sascha und der schwule Postbote, genannt Martinchen, sind wieder mit von der Partie. Zwar lassen die Charaktere der Dorfbewohner einen beim Lesen oft schmunzeln, sie sind , meiner Meinung, nach zu übertrieben und unrealistisch dargestellt, denn das Werk soll zwar humoristisch und einfühlsam zugleich wirken, jedoch wird die Hauptproblematik, nämlich das Schicksal, der schwerstbehinderten Raffaela davon überlagert. Der Leser erfährt Details über ihr Schicksal, das in 33 einzelnen Kapiteln Episoden aus ihrem Leben und dem der Dorfbewohner vermittelt, dabei gibt es Rückblicke, und somit wird ein Gesamtbild der Problematik dargestellt. Das Ganze in eingängiger Sprache.
Das Mädchen Raffaela ist schwerstbehindert nach einem Unfall als Baby, verschuldet durch ihre Mutter. Auch hier liefert uns Gesthuysen autobiographisches Material, denn ihrem Baby ist ähnliches passiert, ohne jedoch zu einer Behinderung zu führen.
Raffaelas Mutter fühlt sich schuldig. Sie und ihr Sohn opfern sich für das Kind auf, jedoch kommen sie fast an ihre Grenzen als Raffaela, nach eine Unfall ins Koma fällt. Die ganze Dorfgemeinschaft versucht zu klären, wer sie gestoßen haben könnte. War es eine Verquickung unglücklicher Umstände? Hier bekommt das Werk kriminalistische Züge, es kommt ein wenig Spannung auf, jedoch gefallen mir die übertrieben Klischees nicht sehr, daher 4 Punkte.
Für Fans von Familiengeschichten mit dörflichem Lokalkolorit ist dieser Roman aber sicherlich eine Bereicherung.