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Veröffentlicht am 17.11.2024

Dieses Leid der Betroffenen ist kaum nachvollziehbar

In langer Reihe über das Haff
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Es war am 16.10.1944 als Menschen und Pferde nach Westen flohen. Ihre Heimat war das Gut Trakehnen in Ostpreußen. Die russische Armee zwang Menschen und Tiere zur Flucht. Ohne Futter und Wasser mussten ...

Es war am 16.10.1944 als Menschen und Pferde nach Westen flohen. Ihre Heimat war das Gut Trakehnen in Ostpreußen. Die russische Armee zwang Menschen und Tiere zur Flucht. Ohne Futter und Wasser mussten diese edlen Tiere viele hunderte Kilometer zurücklegen. Und das nur, weil sie ein Opfer von Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit waren.

Bis zum Jahr 1945 war Trakehnen die Heimat der Familie Königsberg. Dann schlug das Schicksal zu. Nach 200 Jahren musste sich das Gestüt den Mächtigen beugen und Menschen mit ihren Tieren fliehen. Richtung Westen. Ohne Futter und/oder Wasser legten diese edlen Pferde den Fluchtweg zurück. Sie zogen schwere Wagen nach Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen. Niemand von uns kann ermessen, welche Qualen diese Tiere und ihre Besitzer erlitten. So viele verendeten auf dem Weg Richtung Westen.

Zu diesem Buch gibt es unterschiedliche Rezensionen. Für mich ist klar, dass die Autorin ihren Fokus auf die Pferde legte. In Ostpreußen waren Pferde kein Statussymbol. Kein Hobby der Reichen. Sie waren ein Teil des Leben und diese Tatsache wird in diesem Buch ganz klar kommuniziert. Wie schwer dieser Gang über das eisige Haff tatsächlich war, das kann ich nicht beurteilen. Ich war nicht dabei und lese lediglich die Erfahrungsberichte von Betroffenen.

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Veröffentlicht am 15.11.2024

Toller Roman perfekt vorgetragen

Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen
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Johanne Johansen verabschiedet sich von ihrem Chef. Sie wünscht ihm für die Zukunft alles Gute. Der stutzt und fragt sie, ob sie denn nicht mehr arbeiten wolle. Johanne erklärt ihm, dass sie ab sofort ...

Johanne Johansen verabschiedet sich von ihrem Chef. Sie wünscht ihm für die Zukunft alles Gute. Der stutzt und fragt sie, ob sie denn nicht mehr arbeiten wolle. Johanne erklärt ihm, dass sie ab sofort ihren wohlverdienten Ruhestand genießen möchte. Sowohl Chef als auch Kollegen sind entsetzt. Sie haben dieses Ereignis tatsächlich vergessen. Kein Blumenstrauß wartet auf die treue Mitarbeiterin. Aber es wäre nicht Johanne, würde sie nicht mit hanseatischer Ruhe mitteilen, dass es ihr egal sei. So beginnt das Hörbuch
"Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen".

Dass ihr Ruhestand dann tatsächlich zum Unruhestand wird, das hätte Johanne nie gedacht. Aber Jammern und Klagen helfen nicht. Sie überlegt nur wenige Stunden und setzt sich ans Pläne schmieden. Die Reederei ihrer Vorfahren soll verkauft werden? An einen unsympathischen Konkurrenten? Für Johanne steht fest: Das darf niemals geschehen. Innerhalb kurzer Zeit entwickelt sie einen Plan, der nicht nur gut durchdacht ist. Er hat auch Hand und Fuß.

Zur Seite steht ihr nicht nur Lydia, die sich von der Untreue ihres Ehemanns erholen muss. Auch weitere Frauen aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis sind begeisterte Helfer. Ein kurzweiliger Roman, der mich bestens unterhalten hat. Hanseatischer Humor und bildhaft erzählte Episoden ließen zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen. Und dass Vera Teltz eine Ausnahmesprecherin ist, konnte ich schon häufiger feststellen. Also gibt es von mir die uneingeschränkte Hörempfehlung.

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Veröffentlicht am 13.11.2024

Ein Buch, das nachdenklich macht

Vielleicht hat das Leben Besseres vor
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Anna ist Pastorin und zudem auch Notfallseelsorgerin. Sie wird an das Krankenbett von Raffaela gerufen. Die liegt im Koma und niemand weiß warum. Raffaela ist behindert. Das bedeutet, dass sie nicht den ...

Anna ist Pastorin und zudem auch Notfallseelsorgerin. Sie wird an das Krankenbett von Raffaela gerufen. Die liegt im Koma und niemand weiß warum. Raffaela ist behindert. Das bedeutet, dass sie nicht den Maßstäben der Menschen um sie herum entspricht. Ihre Mutter kümmert sich rührend um sie. Dabei vergisst sie ihre eigenen Bedürfnisse.

Anna liebt ihren Job. Sie ist Pastorin in einer Kleinstadt am Niederrhein. Dass sie auch noch als Notfallseelsorgerin tätig ist, war für sie bisher kein Problem. Bisher. Das änderte sich schlagartig, als sie an das Krankenbett von Raffaela gerufen wurde. Dort saß die Mutter der Patientin mit einem Rosenkranz in ihren Händen. Völlig verzweifelt.

"Vielleicht hat das Leben Besseres vor" war mein erster Roman, den ich von dieser Autorin las. Er entführt mich an den Niederrhein. Dabei ist es nicht nur in dieser Gegend üblich, dass Klatsch und Tratsch von aufmerksamen Nachbarn als Ersatz von Tageszeitung und Nachrichten aus Funk und Fernsehen gibt. Etliche Charaktere finden sich hier zusammen und nicht alle waren mir sympathisch. Das ist aber auch nicht wichtig. Für mich tatsächlich von elementarer Bedeutung ist die Frage, wie in diesem kleinen Ort mit behinderten Menschen umgegangen wird.

Das Buch hat mich nicht nur gut unterhalten. Es zeigte mir auch, dass die Autorin nicht oberflächlich mit dem Thema umging und gefühlvoll auf die Probleme und Sorgen der Angehörigen von Behinderten einging. Meine Empfehlung zum Lesen des Buches gilt daher uneingeschränkt.












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Veröffentlicht am 09.11.2024

Das Buch hat mich sehr berührt

Im Namen der Barmherzigkeit
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Frau Krippentrog bekommt ein gesundes kleines Mädchen. Sie liegt im Einzelzimmer eines Krankenhauses in Wien. Genießt ihre „freien Tage“, so verkündet sie es gegenüber dem Pflegepersonal und den Ärzten. ...

Frau Krippentrog bekommt ein gesundes kleines Mädchen. Sie liegt im Einzelzimmer eines Krankenhauses in Wien. Genießt ihre „freien Tage“, so verkündet sie es gegenüber dem Pflegepersonal und den Ärzten. Ihr Baby lehnt sie kategorisch ab. Mag es noch nicht einmal in den Arm nehmen. Stillen? Nein, wer kommt denn auf diese Idee? Nur nach Druck und gutem Zureden entschließt sie sich, der Kleinen einen Namen zu geben. Das muss sein, da sie ja im Standesamt der Stadt Wien anzumelden ist. Sie heißt Steffi.

Was geht vor in den Frauen, die sich schwängern lassen und so gar nichts von ihren Kindern wissen möchten? Der Leidens- und Lebensweg von Steffi hat mich außerordentlich berührt. Wenige Wochen nach der Geburt wurde sie zu einer Familie vermittelt, die dem örtlichen Pfarrer so überaus herzlich zugetan waren. Es handelte sich um das Ehepaar Kellerknecht. Angeblich waren sie Gott dankbar, wenn er ihnen den lang ersehnten Nachwuchs schenkte. Aus dieser Dankbarkeit wuchs dann jedes Mal der Wunsch, dass sie neben dem leiblichen auch noch ein weiteres Kind an Kindes statt annahmen.

Die Autorin beschreibt bildhaft und ohne Verharmlosung der Situation, wie die „Verdingkinder“ ausgebeutet und misshandelt wurden. Es ist nicht nur ein Roman. Es ist ein Tatsachenbericht über das Leben wehrloser Menschen, die niemals eine Lobby hatten. Wie gut, dass die Autorin Hera Lind ihnen endlich eine Stimme gibt. Ob es ihnen aber hilft, wenn sie finanziell entschädigt werden, das wage ich zu bezweifeln.

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Veröffentlicht am 25.10.2024

Diese mutige Frau hat jegliche Unterstützung verdient

Rebellin der Straße
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Bekannt als „Kölsche Linda“ weiß sie sehr genau, wovon sie ihn ihrem Buch "Rebellin der Straße" schreibt. Auch wenn sie mittlerweile die Obdachlosigkeit überwunden hat und in einer Wohnung lebt, sie hat ...

Bekannt als „Kölsche Linda“ weiß sie sehr genau, wovon sie ihn ihrem Buch "Rebellin der Straße" schreibt. Auch wenn sie mittlerweile die Obdachlosigkeit überwunden hat und in einer Wohnung lebt, sie hat ihre Vergangenheit nicht vergessen. Das ist auch gut, denn nur sie kann sich in die Obdachlosen hineinversetzen. Kann nachvollziehen, wie sie sich fühlen und weiß genau, welche Steine den Betroffenen vonseiten der Behörden in den Weg gelegt werden. Welch eine mutige Frau.

Beim Lesen des Buches musste ich immer mal wieder innehalten. Wart Ihr wütend auf die Maßnahmen während Corona? Fühltet Ihr Euch in Eurem täglichen Leben eingeschränkt? Dann lest doch bitte, wie Obdachlose diese Zeit erleiden mussten. Ja, ich schreibe bewusst erleiden. Keine Toiletten, kein Ort, an dem man sich waschen konnte. Niemand, der Essen verteilte und auch die medizinische Versorgung war nahezu komplett eingestellt.

Ich lebe in der Provinz und sehe nur hin und wieder einen Obdachlosen, der um ein paar Cents bittet. In Köln sieht das wohl ganz anders aus. Hier wird deutlich, wie die Politik versagte und weiter versagt. Es wäre so einfach, das Leid der Wohnungslosen zu lindern. Wenn, ja wenn es nicht Behördenwillkür gäbe. Was wäre denn so schwer, öffentliche Toiletten zu bauen? In Dänemark gibt es sie an fast jeder Ecke. Nur in Deutschland sind sie zu teuer? Nein, das kann nicht sein.

Linda Rennings legt den Finger in etliche Wunden. Sie macht auf das Leiden von Frauen aufmerksam, die auf der Straße leben müssen. Zu oft sind sie Opfer von gewalttätigen Männern und selbst in Frauenhäusern finden sie keine angemessene Unterstützung. Das Buch nimmt den Leser an die Hand und führt ihn raus aus seinem geschützten Zuhause. In eine Welt, die von Kälte, Angst und Ungewissheit geprägt ist. Wer hier helfen möchte, der sollte sich an Lindas Verein wenden. Unter der Adresse www.hik-koeln.de ist der zu erreichen.

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