In dem neuen historischen Roman von Daniel Wolf gibt es ein Wiedersehen mit einer bekannten Familie. So mancher wird die Kaufmannsfamilie der Fleurys aus den ersten Romanen des Autors noch kennen. Mit 800 Seiten ist er ein passender Roman zum Jahresausklang und für Liebhaber historischer Romane ein unnachahmliches Weihnachtsgeschenk.
Frankreich im Jahr 1293 wird von Unruhen erschüttert, und selbst der einflussreiche und wohlhabende Templerorden kämpft ums Überleben.
In dieser gefährlichen Zeit begibt sich Constantin Fleury, ein Knappe seit fünf Jahren auf dem Weg zum Rittertum, auf eine Mission mit kaum Aussicht auf Erfolg: Er soll im Auftrag seines Herrn den legendären Draconit finden, dem heilende Kräfte zugeschrieben werden. Der Draconit ist ein Stein, der ähnlich der Perle in einer Muschel im Gehirn eines Drachen heranwächst. Constantin hofft, sich durch diese abenteuerliche Reise als angehender Ritter zu beweisen.
Ihn begleitet Mélisande, eine temperamentvolle Frau, die sich ihm angeschlossen hat, um einer Zwangsheirat zu entkommen. Constantin ist von ihr fasziniert, da er noch nie zuvor einer so eigensinnigen jungen Frau begegnet ist und ihren Mut bewundert. Doch Mut allein wird sie nicht retten, als sie auf den Templer Gérard treffen und in einen tödlichen Rachefeldzug verwickelt werden, der den geheimnisvollen Orden bedroht …
Der Roman startet zunächst mit drei unterschiedlichen Handlungssträngen, von denen man aber als Leser weiß, dass sie irgendwann zueinander führen. Diese Trennung zu Beginn macht alleine schon deshalb Sinn, um die einzelnen Figuren, ihr Umfeld, ihre Familien und ihre Nöte besser kennenzulernen.
Im ersten Strang, der schließlich den durchgehende roten Faden bildet, werden die Templer angefeindet. Mit den Kreuzzügen* und auch nach der Niederlage der Kreuzfahrer und den Verlust von Akkon, hat sich der Templerorden zu einem wichtigen und mächtigen Organ entwickelt, welches mit den Mitteln der Finanzen, mit Reichtum und Gold, seine Macht ausbaut. Da die Templer aber ein christlicher Orden sind, sehen viele in ihrem Reichtum eine Abkehr vom christlichen Glauben. Es gibt viele Stimmen, die die Vernichtung des Ordens wünschen. Und einer, der zunächst für einen Dämon gehalten wird, verbreitet Lügen und Unruhe, damit das Volk ihnen nicht mehr wohlgesonnen sind.
Im zweiten Strang soll das Mündel Mélisande im Haus von Raphael Fleury mit einem Scheusal verheiratet werden. Doch nur Mélisande erkennt, dass ihr zukünftiger Mann nur in die bürgerliche Aristokratie einheiraten will und sie. Keiner glaubt ihr, dabei drangsaliert er sie bereits vor der Hochzeit. Das Mädchen versucht alles, um sich ihn vom Hals zu schaffen.
Der dritte Strang handelt von Constantin Fleury, der bereits fünf Jahre als Knappe in der Lehre bei einem Ritter geht. Allerdings ist er nicht sehr erfolgreich in der Bedienung von Waffen und wird von seinem Lehrherrn als auch dessen zweiten Knappen arg bedrängt. Um sich schließlich doch noch Rohn und Ehre zu erkämpfen, wird er mit seinem Vater auf die Jagd nach einem Drachen ausgeschickt, obwohl kein Mensch daran glaubt, dass es diese Ungeheuer tatsächlich gibt.
Damit man immer mal wieder nachschauen kann, um wen es sich bei den einzelnen Figuren handelt, ist dem Roman eine Liste die vorkommenden Figuren beigefügt, in der natürlich auch die Unterscheidung zwischen realen historischen und erfunden fiktionalen Figuren gemacht wird.
Daniel Wolf nutz eine bildhafte Erzählweise. Als Leser scheint man zwischen den Figuren mitten in der Handlung zu stehen, man fühlt den Schmerz, den diese verspüren, man riecht den Gestank, der in der Luft liegt, man hört die Klingen, die gekreuzt werden. Bei so manchem Kampf ist man geneigt, den Kopf einzuziehen, um nicht von einem Geschoss oder einem Schwert getroffen zu werden.
„Die Templer – Rose und Kreuz“ ist ein fesselnder Roman, der uns in die mysteriöse Welt des Templerordens entführt. Die Figuren sind wunderbar lebendig und es macht Spaß, sie durch verschiedene Stränge kennenzulernen. Besonders gut gefällt mir das Wiedersehen mit der Familie Fleury und das Aufeinandertreffen alter und neuer Freunde – das bringt eine schöne Dynamik in die Geschichte.
Die bildhaften Beschreibungen lassen einen direkt in die Handlung eintauchen, und wunderbare Schinken untermal die jetzige Weihnachts- und Adventszeit mit einem ganz besonders wohligem Gefühl. Schließlich spielt auch die Romantik eine große Rolle, und es wird spannend auf die Handlungen der Nebenfiguren eingegangen, was dem Buch zusätzliche Tiefe verleiht.
Der einzige Wermutstropfen ist das Cover – es ist zwar typisch und erinnert an viele andere, aber das tut dem großartigen Inhalt keinen Abbruch. Wenn ich überhaupt einen Nachteil nennen kann, dann ist es, dass die Geschichte mit 800 Seiten viel zu schnell vorbei ist. Insgesamt eine klare Leseempfehlung für alle, die sich für Geschichte und spannende Erzählungen interessieren!
© Detlef Knut, Düsseldorf 2024