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Veröffentlicht am 03.04.2023

Ungleiche Freunde

Roxy
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Johann von Bülow zählt zu den bekannten deutschen Schauspielern und spielt sowohl im Theater als auch in Fernseh- und Kinofilmen. Mit „Roxy“ hat er seinen ersten Roman geschrieben.
Es wird nicht klar, ...

Johann von Bülow zählt zu den bekannten deutschen Schauspielern und spielt sowohl im Theater als auch in Fernseh- und Kinofilmen. Mit „Roxy“ hat er seinen ersten Roman geschrieben.
Es wird nicht klar, ob in diesem Buch auch eigene Erlebnisse seiner Jugend in München verarbeitet werden, auf jeden Fall gibt es Parallelen. Auch Marc entstammt einer adligen Familie, auch Marc geht in seinem späteren Berufsleben als Schauspieler nach Berlin. Aber es könnte auch alles Fiktion sein.
Es geht um die Freundschaft zweier Jungen, die zu Schulzeiten begann, über die Pubertät und Teeniejahre anhielt und dann aufgrund ganz unterschiedlicher Lebenswege doch mehr oder weniger einschläft. Erst der frühe Tod von Roy führt Marc wieder nach München, zu seinem Sarg, seinem Grab und einem langen Nachdenken über das was war und warum es so gekommen ist.
Auf dem langen Weg im Auto von Berlin nach München arbeitet Marc sich an der Vergangenheit ab. Er denkt zurück an die Anfänge ihrer Freundschaft, was sie jeweils aneinander fesselte und band.
Es ist ein nachdenkliches Buch, ganz automatisch denkt man selbst zurück an seine Jugendjahre, an die Träume, die man hatte und wie viel oder wie wenig davon verwirklicht werden konnte. Lange Zeit geht es in diesen Erinnerungen um die Beziehung der beiden ungleichen Freunde, Marc und Roy. Später betritt dann auch Carolin die Bühne und im vorletzten Kapitel geht es eigentlich nur noch um sie und Marc und ihre Beziehung, die dann an seiner Unentschlossenheit scheitert.
Marc kann sich nicht entscheiden, will sich nicht binden, hat Angst vor seiner eigenen Courage. Der Satz: „du hoffst die ganz Zeit, wenn du immer schön aufpasst, passiert dir nichts. Aber dann passiert dir eben auch nichts“, den Roy ihm bei ihrem letzten Gespräch an den Kopf wirft, beschreibt Marc zutreffend.
Und so fasst er am Grab den Entschluss, zum ersten Mal in seinem Leben seine Angst zu überwinden, sich bei seinem nächsten Plan nicht von seiner Unsicherheit aufhalten zu lassen und endlich wieder den Kontakt mit Carolin zu suchen. „Wenn ich was gelernt habe aus der Sache mit uns, dann ist es, dass man nicht warten soll, bis es zu spät ist.“
Der Titel des Buches „Roxy“ ist eher nichtssagend, es geht nur sehr am Rande um die gleichnamige Diskothek, in der die Jungen viele Wochenenden ihrer Jugend verbringen. Das Cover ist zwar bunt und aufmerksamkeitsstark, aber nicht so mein Ding.

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Veröffentlicht am 19.11.2024

Anna kämpft um Anerkennung

Vino, Mord und Bella Italia! Folge 4: Ein Mörder zu viel
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Anna hat sich entschieden, sie bleibt in Fontenaia, an ihrem Wohlfühlort. Sie lebt sich immer besser dort ein, auch wenn das Haus ihrer Großmutter ihr immer noch großen Kummer bereitet und ihr die notwendigen ...

Anna hat sich entschieden, sie bleibt in Fontenaia, an ihrem Wohlfühlort. Sie lebt sich immer besser dort ein, auch wenn das Haus ihrer Großmutter ihr immer noch großen Kummer bereitet und ihr die notwendigen Reparaturen über den Kopf wachsen, vom fehlenden Geld ganz zu schweigen.

Durch Zufall lernt sie im Café drei alte Damen kennen, die sie bitten, doch einmal einen Artikel über ihre jahrzehntealte Freundschaft zu schreiben. „Unser Redakteur würde eher darauf anspringen, wenn Sie drei durch eine tiefe Feindschaft verbunden wären, voll mit Mord und Totschlag“, entgegnet Anna noch, ohne zu ahnen, dass eine der Freundinnen schon am nächsten Morgen tot aufgefunden wird.

Man hätte es für einen schnellen und gnädigen Tod halten können, aber kurz darauf stehen mehrere Personen auf der Wache und bezichtigen sich selbst des Mordes. Und tatsächlich war es Mord durch Rattengift, aber nicht durch zu viel Zucker oder Tee, wie zunächst bei der Diabetikerin vermutet worden war.

Anna hat sich mit ihrer Anstellung bei der Polizei keinen Gefallen getan. Überall werden ihr "Fesseln angelegt", muss sie sich unterordnen und den Anordnungen von Vico Folge leisten. Das ist nicht ihre Art zu ermitteln, ihr Vorteil liegt in der Kommunikation und dem unkonventionellen Vorgehen.

Als sich nach einem ihrer „Alleingänge“ dann der ganze Ort gegen sie zu verschwören scheint, ist sie sich nicht mehr sicher, mit Italien die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Aber glücklicherweise gibt es auch wieder bessere Tage und ihr Vorpreschen beschleunigt die Lösung des Falles ungemein.

Für mich war dieser Fall nicht der beste in der bisherigen Reihe, es war mehr ein Übergangsfall. Ich könnte mir vorstellen, dass sie demnächst Besuch aus Hamburg bekommen wird - schließlich gibt es dort womöglich einen Job für ihren besten Freund - und ich wünsche mir, dass Vico sich endlich besinnt und Anna entsprechend ihren Fähigkeiten einsetzt.

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Veröffentlicht am 08.11.2024

Man hört niemals auf, sich danach zu sehnen, wohin man gehört

Als wir im Schnee Blumen pflückten
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Die Samin Mariddja lebt ganz im Norden Schwedens zusammen mit ihrem dementen Mann Biera. Sie erhält zu Anfang der Erzählung die Nachricht, dass der Unterleibskrebs, der in ihrem Bauch wütet, ihr vielleicht ...

Die Samin Mariddja lebt ganz im Norden Schwedens zusammen mit ihrem dementen Mann Biera. Sie erhält zu Anfang der Erzählung die Nachricht, dass der Unterleibskrebs, der in ihrem Bauch wütet, ihr vielleicht noch einige Monate Leben lässt, aber nicht sehr viel mehr.
Mariddja ignoriert diese Ankündigung und erzählt ihrem Mann nichts davon. Ihr innigster Wunsch ist es, den Jungen ihrer Schwägerin Risten noch einmal zu sehen, der als Kleinkind einige Jahre bei ihnen lebte, bevor die Schwägerin ihn ohne eine Erklärung einfach mitnahm und sie nie wieder Kontakt zueinander hatten.
Das Buch ist so geschrieben, dass wir auf der einen Seite Mariddja und ihren Mann Biera kennenlernen, dass es Rückblenden in Mariddjas Kindheit gibt, in die Zeit, als Biera sich um sie bemühte, in die Zeit, als die beiden so gerne ein Kind gehabt hätten. Die meisten Szenen spielen allerdings in der Jetzt-Zeit.

Auf der anderen Seite lernen wir Kaj und Mimmi kennen, beides Ärzte, die ihre Praxis in der Stadt für eine Landpraxis im Norden Schwedens aufgegeben haben und gerade versuchen, in ihrem neuen Wohnort heimisch zu werden. Kaj trauert um seine gerade verstorbene Mutter Laura, es gibt Szenen, in denen er sich zusammen mit seinem Bruder Gustav um den Nachlass kümmert, Szenen, als er sich an das Zusammenleben mit der Mutter erinnert. Laura war eine seltsame Frau, nie wirklich ganz da, etwas abgehoben, Künstlerin, oft in höheren Sphären schwebend.
Kaj hat das Gefühl, dass sie ihm etwas verheimlichte, eine bestimmte Zeit ihres Lebens war tabu, da durfte nicht darüber gesprochen werden.

Das Cover ist geschmackvoll und zeigt ein älteres Paar in einer wasserreichen Landschaft vor einer roten Holzhütte. Der Titel ist voller Poesie und gibt schon einen ersten Hinweis auf die unkonventionelle Art Mariddjas. Sie war schon als Kind für außergewöhnliche Ideen und die noch kreativere Erklärung dazu bekannt, warum also nicht im Schnee Blumen pflücken.

Sowohl Mariddja als auch Biera werden als etwas senil geschildert. Mariddja war schon immer etwas speziell gewesen, bei ihr hat es sich vielleicht nur gesteigert. Biera aber lebt in der Vergangenheit, ein freundlicher, alter, etwas verwahrloster Mann, der sich noch im Land der Samen wähnt und ihre Traditionen fortführt.

Es gab Ideen der Autorin, die ich gut fand und die mich zum Schmunzeln brachten. Siri von Apple eine Rolle in dem Buch spielen zu lassen, gefiel mir. Auch wenn ihre Kommentare meistens nichtssagend waren, so reichten sie für Mariddja vollständig aus. Spannend wird es nur dann, wenn Siri selbständig tätig wird und den Notdienst oder die Feuerwehr aktiviert.

Dadurch, dass die Autorin immer mal wieder alte Mythen in die Geschichte einwebt, gibt sie dem Buch manchmal einen spirituellen Touch.

Wenn man noch nie in Schweden war und so gar keine Beziehung zu dem Land hat, sind sowohl die Namen als auch Trachten, Musik oder Fortbewegungsmittel wie Schlitten fremd für den Leser. Mit „Kolt, Akkja und Joiken“ konnte ich bis zum Schluss nicht viel anfangen und ich hätte mir einen Anhang mit Erklärungen gewünscht. In diesem Anhang hätte vielleicht auch noch etwas Information über das Volk der Samen Platz gefunden. Im Buch ist es immer mal wieder am Rande erwähnt, dass es eine große Zwangsumsiedlung gab, die Hintergründe sind mir aber erst beim Recherchieren klar geworden.

Ich habe das Buch in wenigen Tagen durchgelesen, vielleicht hat es nicht ganz die Erwartungen erfüllt, die der Klappentext in mir geweckt hatte. Das mag aber damit zu tun haben, dass Schweden immer noch zu den weißen Flecken in meinem Reiseatlas gehört und ich wenig Zugang zu Menschen und dem Land habe.

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Veröffentlicht am 02.11.2024

Süßer Wein

Wilder Wein
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Der Klappentext kündigt Luc Verlains gefährlichsten Fall an – nun, das ist er sicher nicht. Da haben wir doch schon ganz andere Fälle miterlebt. Ich erinnere mich noch gut an den Fall, der im Baskenland ...

Der Klappentext kündigt Luc Verlains gefährlichsten Fall an – nun, das ist er sicher nicht. Da haben wir doch schon ganz andere Fälle miterlebt. Ich erinnere mich noch gut an den Fall, der im Baskenland spielte und ein ganz spannendes Finale hatte.

Nein, dieses Mal scheint er sich an Jean Luc Bannalec ein Vorbild genommen zu haben. Die gute Küche und vor allem der Wein nehmen viel Raum ein, außerdem werden die Dünenlandschaft südlich von Bordeaux und die wunderschönen Weindörfer ausführlich beschrieben. Der Krimi ist da fast Nebenhandlung, zumal es zu Anfang auch mehr nach einem tragischen Unfall aussieht.

Eine junge, sehr dem Bioweinbau verschriebene Winzerin wird tot in ihrem Gärkeller aufgefunden. Solche Unfälle passieren leider und so will auch der Dorfpolizist den Fall schnell zu den Akten legen. Er muss aber vorher die Kripo verständigen und der gerade neu nach Bordeaux gekommene Kollege Yacine hat den richtigen Riecher. Er nimmt seinen Chef Luc Verlain mit nach Sauternes. Den beiden kommt hier einiges komisch vor und sie beginnen zu ermitteln. Allerdings steht ihnen eine Mauer des Schweigens entgegen, man gibt zwar zu, dass die Winzerin das ganze Dorf mit ihren Biomethoden genervt hat, aber man würde sie deswegen doch nicht ermorden.

Luc muss einige Tricks einsetzen, um diese Mauer zu brechen und die Leute zum Reden zu bringen.

Für mich, die ich mich jedes Jahr schon auf einen neuen Aquitaine-Krimi freue, war dieser einer der schwächeren. Die Infos zum Weinanbau und hier insbesondere zum Sauternes fand ich aber interessant.

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Veröffentlicht am 23.10.2024

Mordermittlungen im Emsland

Vor der Stille
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Im Emsland wird eine junge Frau tot aus einem Kanal geborgen. Sie ist ertrunken, allerdings nicht im Kanal, sondern schon vorher in Leitungswasser. Da die eingerichtete Soko allein nicht weiterkommt, werden ...

Im Emsland wird eine junge Frau tot aus einem Kanal geborgen. Sie ist ertrunken, allerdings nicht im Kanal, sondern schon vorher in Leitungswasser. Da die eingerichtete Soko allein nicht weiterkommt, werden der Psychologe Jan de Bruyn und die Ermittlerin Hanna Will hinzugezogen, wobei das nicht jedem bei der Soko zupasskommt.

Lisa Kramer hatte in ihrem kurzen Leben schon einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen, nach dem ganz frühen Tod ihrer Eltern, starb auch ihre Großmutter, kurz nachdem Lisa erwachsen war. Ihr wird zwar Mitleid, aber nicht unbedingt Verständnis entgegengebracht und sie scheint eine recht einsame Person gewesen zu sein.

Eine Anstellung in einer Bäckerei hatte sie nicht lange nach der Ausbildung aufgegeben und so forschen die Ermittler nach ihren Geldquellen und wie sie sich überhaupt ihr Leben finanziert hat. Dadurch ergeben sich erste Anhaltspunkte, wenn auch keine Tatverdächtigen.

Es braucht schon stundenlange Sichtung von Unterlagen, viele und auch wiederholte Befragungen, bis sich endlich Motive finden lassen.

Die beiden Sonderermittler haben die Lösung auf jeden Fall vorangebracht, denn die Soko hatte in die richtige Richtung noch gar nicht ermittelt. Und wie so oft, lag die Lösung in einem Vorfall der Vergangenheit. Da brauchte es aber schon eine gute Beobachtungsgabe, um dem Motiv auf die Spur zu kommen.

Zum Schluss waren dann auf einmal gleich mehrere Fälle gelöst, die ursächlich nichts miteinander zu tun hatten und doch über Lisa Kramer miteinander in Verbindung gebracht werden konnten.

Das Buch liest sich gut und flüssig, wenn man einmal angefangen hatte, konnte man schlecht wieder damit aufhören. Natürlich kommt auch das Privatleben der Ermittler nicht zu kurz, hatte man am Anfang noch den Eindruck, die beiden seien nur Freunde, so wird die Beziehung im Laufe der Ermittlungen enger. Ihre Interaktion mit der Soko ist allerdings von Abneigung geprägt, hier bleiben die einzelnen Mitglieder auch eher blass. Lediglich Herr Plagge macht seinem Namen alle Ehre, er ist eine Plage.

Die Lösung des Falles ist nachvollziehbar, war aber tatsächlich schwer zu erkennen, hier war schon eine lange Erfahrung vonnöten.

Schade finde ich, dass für die Buchdeckel eine sehr dünne Pappe verwendet wurde. So sieht das Buch schon nach einem Mal Lesen aus, als ob es durch mindestens 10 Hände gegangen sei. Das hat aber nicht die Autorin zu verantworten.

Der Buchdeckel zeigt eine Moorlandschaft, etwas, das zu Norddeutschland passt, er ist auch farblich gut aufeinander abgestimmt. Der Titel ist im Zusammenhang mit dem Inhalt aber eher nichtssagend.

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