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Veröffentlicht am 15.04.2021

Gruseln im Dauerregen …

Der Teufel von Mailand
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Am Morgen nach einem LSD-Trip ist Sonia völlig verstört, plötzlich kann sie Farben riechen, Formen schmecken und Töne sehen. Dies, und ein zuvor überlebter Mordanschlag ihres Ex-Mannes, sind für sie der ...

Am Morgen nach einem LSD-Trip ist Sonia völlig verstört, plötzlich kann sie Farben riechen, Formen schmecken und Töne sehen. Dies, und ein zuvor überlebter Mordanschlag ihres Ex-Mannes, sind für sie der Anlass ein neues Leben zu beginnen und eine Stelle als Physiotherapeutin in einem neu eröffneten Wellness-Hotel im Schweizer Engadin anzutreten. Als einzige Person ist ihre Freundin Malu über ihr Vorhaben informiert. Kaum ist Sonia in Val Grisch angekommen, geschehen seltsame Dinge. Die Dorfbevölkerung benimmt sich feindselig und auch die Stimmung unter dem Hotelpersonal ist angespannt. Der Jahrhundertregen und ihre überreizten Sinne tragen dazu bei, dass sich Sonia sehr isoliert fühlt, denn außer einigen SMS mit ihrer Freundin hat sie keinen Kontakt. Als sie jedoch zufällig ein Buch mit der Sage vom Teufel von Mailand entdeckt und begreift, dass die unerklärlichen Vorkommnisse für sie eine Gefahr bedeuten könnten, vertraut sie sich ihrem Masseur-Kollegen an …

Martin Suter ist ein Schweizer Schriftsteller. Er wurde 1948 in Zürich geboren, machte 1968 in Basel eine Ausbildung zum Werbetexter, arbeitete danach als Creative Director und seit 1991 als Autor. Ab 1992 schrieb er eine wöchentliche Kolumne, für die er 1995 den Preis der österreichischen Industrie beim Joseph-Roth-Wettbewerb in Klagenfurt erhielt. Sein Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm 1997 mit „Small World“. Für seine zahlreichen Romane, die alle im Diogenes Verlag erschienen und auch international sehr erfolgreich sind, erhielt Suter mehrere deutsche und schweizer Preise und Auszeichnungen. Nach Wohnsitzen auf Ibiza, in Guatemala und in Marrakesch lebt Martin Suter heute mit seiner Familie in Zürich.

Wie in mehreren seiner Romane greift der Autor auch in „Der Teufel von Mailand“ das Thema Bewusstseinsveränderung durch Drogen auf. Sein Schreibstil ist dabei knapp und präzise, mit gezielt eingesetzten Thriller-Highlights, und wechselt gekonnt vom anfänglichen Heimat- und Bergroman zur äußerst spannenden Schauergeschichte. Die Charakterzüge der einzelnen Protagonisten, besonders der Hauptperson Sonia mit ihren psychotischen Sinneswahrnehmungen, sind perfekt beschrieben. Auch Voreingenommenheit, Argwohn und Hass der Dorfbewohner gegenüber dem Hotelpersonal sind hautnah zu spüren. Die großartige Kulisse des Engadin-Tals, verbunden mit dem anhaltenden Regen, erzeugen eine düstere, geheimnisvolle Stimmung, die bis zum nervenaufreibenden Showdown anhält.

Fazit: Ein spannender Psycho-Thriller mit überraschendem Schluss – sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Trekkingtour ins Ungewisse

Ins Dunkel
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Wie jedes Jahr veranstaltete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BaileyTennants aus Melbourne mit ihren Angestellten eine mehrtägige Survival-Trekkingtour in die Wälder des Giralang-Massivs. Sie sollte ...

Wie jedes Jahr veranstaltete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BaileyTennants aus Melbourne mit ihren Angestellten eine mehrtägige Survival-Trekkingtour in die Wälder des Giralang-Massivs. Sie sollte der Teambildung dienen und wurde in zwei Gruppen, fünf Männer und fünf Frauen, eingeteilt, die sich auf verschiedenen Wegen nach vier Tagen wieder treffen sollten. Was wie eine normale Wanderung begann wird bald zum Horrortrip, als die Frauengruppe vom Weg abkommt und sich in den unwegsamen Wäldern, in denen sich vor Jahren ein Serienmörder umtrieb, verirrt. Um Stunden verspätet tauchen vier von ihnen, verletzt und völlig erschöpft, am vereinbarten Treffpunkt auf – eine jedoch fehlt, Alice Russell. Wo ist sie? Was ist mir ihr geschehen? Eine großangelegte Suche beginnt, an der sich auch Aaron Falk, Ermittler der australischen Finanzpolizei, und seine Kollegin Carmen Cooper beteiligen. Sie müssen die Vermisste unbedingt finden, denn Alice Russell ist ihre geheime Informantin in einem Fall von Geldwäsche. Hat ihr Verschwinden vielleicht damit zu tun? Allen ist klar, dass sie in dieser Wildnis ohne Wasser und Nahrung nicht lange überleben kann …

Die Autorin Jane Harper wurde 1980 in Manchester (England) geboren. Als sie acht Jahre alt war zog ihre Familie nach Australien, wo sie in einem Vorort von Melbourne lebten und die australische Staatsbürgerschaft annahmen. Später ging die Familie zurück nach England, wo sie dann an der Universität von Kent Englisch und Geschichte studierte und als Journalistin arbeitete. 2008 zog sie zurück nach Australien, arbeitete dort für die „Herald Sun“ und absolvierte einen Lehrgang über das Schreiben von Romanen. Seither schreibt sie Thriller, für die sie bereits ausgezeichnet wurde und den „Gold Dagger“, den wichtigsten Krimipreis Großbritanniens, erhielt. Jane Harper ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt in Melbourne.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr ansprechend, angenehm lebendig, flüssig und leicht zu lesen. Nach einem etwas schleppenden Anfang gewinnt der Thriller „Ins Dunkel“ mehr und mehr an Fahrt und die Dramatik und das Grauen steigern sich kontinuierlich. Die einzelnen Akteure sind gut ausgearbeitet. Man lernt Aaron Falk als schweigsamen, einsilbigen Ermittler kennen, während seine Kollegin Carmen Cooper aufgeschlossener und gesprächiger ist. Auch den fünf Frauen kommt man im Laufe des Geschehens näher, lernt sie besser kennen und kommt nach und nach hinter ihre düsteren Geheimnisse.

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, die geschickt ineinander verknüpft sind. Man ist abwechselnd mit den Frauen auf Wanderung, ist dabei als sie sich verlaufen, fühlt die steigenden Spannungen zwischen ihnen, spürt ihre Angst und die Panik, die immer mehr um sich greift, und erlebt hautnah ihren verzweifelten Kampf ums Überleben in diesen undurchdringlichen Wäldern. Dazwischen erfährt man aus Sicht des Ermittlers Aaron Falk seine Probleme, dass er ohne die Vermisste seine brisanten Informationen nicht beschaffen kann. Auch wird man immer wieder über den neuesten Stand der Suchtrupps und über die Ergebnisse der Befragung der anderen Trekkingtour-Teilnehmer informiert. Dadurch ist der Leser den Ermittlungen stets einen Schritt voraus und kann über das weitere Geschehen spekulieren, ohne jedoch auf eine vernünftige Erklärung zu kommen. Man hat viele Vermutungen was mit Alice passiert sein könnte, was die Spannung zwischendurch ins Unerträgliche steigert. Läuft in den Wäldern ein Mörder rum, oder hat sie die Gruppe freiwillig verlassen? Man tappt wirklich bis zum Schluss im Dunkeln und wird von der Auflösung tatsächlich überrascht.

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Veröffentlicht am 10.10.2020

Abschied nehmen …

Vielleicht auf einem anderen Stern
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Eve hat ihre jetzt 16jährige Tochter Maddy alleine großgezogen, ihr damaliger Freund Antonio hatte sich schon vor der Geburt verabschiedet. Seit ein paar Jahren hat sie einen neuen Lebensgefährten, Robin. ...

Eve hat ihre jetzt 16jährige Tochter Maddy alleine großgezogen, ihr damaliger Freund Antonio hatte sich schon vor der Geburt verabschiedet. Seit ein paar Jahren hat sie einen neuen Lebensgefährten, Robin. Er ist der ideale Mann und ein guter Vaterersatz für Maddy, die auch sehr an ihm hängt. Doch kein Glück währt ewig – Maddy wird krank, todkrank, Blutkrebs. Eve und Robin tun alles für sie, ihr das Leben zu erleichtern, und ihr Schulfreund Sam besucht sie beinahe täglich. Maddy aber hat noch einen geheimen Wunsch, sie möchte ihren leiblichen Vater kennen lernen. Ohne irgendjemanden zu informieren nimmt sie per Internet Kontakt mit ihm auf, ein reger E-Mail-Austausch beginnt …

Karen Raney ist Schriftstellerin und Malerin. Sie wuchs im Bezirk New York auf und graduierte an der Duke University. In San Francisco leitete sie ein internationales Gästehaus, bevor sie nach London zog, wo sie ihren Master of Creative Writing an der University of East London erwarb. „Vielleicht auf einem anderen Stern“ (All the Water in the World) ist ihr Debütroman, der in der Originalfassung den Pat-Kavanaugh-Prize gewann. Die Autorin lebt heute in London.

Der Roman ist in drei Teile gegliedert, wobei die ersten beiden Teile abwechselnd jeweils aus Sicht von Eve und Maddy geschrieben sind, der dritte Teil jedoch nur das Erleben von Eve wiedergibt, was das Lesen besonders abwechslungsreich gestaltet. Nachdenkliche und tieftraurige Momente folgen auf heitere und ironische Begebenheiten, ganz so wie im realen Leben. Bis etwa zur Mitte des Buches steigt die Spannung kontinuierlich an, um dann plötzlich eine schockierende Wendung zu nehmen. Man glaubt, die Geschichte wäre zu Ende, wird aber bald eines Besseren belehrt, denn es bleibt aufregend und spannend. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Die Autorin hat einen sehr lebendigen und flüssigen Schreibstil, der auch Landschaften und Szenerien trefflich erfasst. Die verschiedenen Charaktere sind authentisch und sehr lebensnah beschrieben. Die Gefühle einer Mutter die weiß, dass ihr Kind todkrank ist, könnten nicht besser erklärt werden, ebenso die Empfindungen und Sehnsüchte einer Sechzehnjährigen die den Tod vor Augen hat. Da die Handlung teils in der Gegenwart und teils in der Vergangenheit angesiedelt ist und dazu noch aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt wird, empfindet man als Leser trotz aller Dramatik eine gewisse Unbeschwertheit und hoffnungsvolle Zuversicht.

Fazit: Ein außergewöhnlich einfühlsamer Roman über die existenziellen Fragen des Lebens und Sterbens, voller Emotionen, jedoch ohne den Leser in depressive Stimmung zu versetzen. Sehr empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 21.11.2024

Die Ferien des Commissaire Cluzet

Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein
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Nach dem Tod seiner Frau verbringt der pensionierte Commissaire Cluzet aus Paris den Sommer in seinem Geburtsort Auciel Haute in der Normandie, wo er in dem kleinen Gartenhäuschen seiner Enkelin Nathalie ...

Nach dem Tod seiner Frau verbringt der pensionierte Commissaire Cluzet aus Paris den Sommer in seinem Geburtsort Auciel Haute in der Normandie, wo er in dem kleinen Gartenhäuschen seiner Enkelin Nathalie wohnen wird. Er freut sich auf eine gemütliche Zeit und auf seinen Freund Bruno, einem Schnapsbrenner, bei dem es den besten Calvados gibt. Doch kaum angekommen, ist es mit der Ruhe und Erholung auch schon vorbei. Seine Enkelin wurde Opfer eines Bankbetruges und der schuldige Bankier wird tot am Fuße des Burgturms aufgefunden, der am bevorstehenden Nationalfeiertag eingeweiht werden soll. Unfall, Selbstmord oder Mord? In Cluzet erwacht sein alter Polizei-Instinkt, als er von Sandrine, der Polizistin des Ortes, um Hilfe gebeten wird. Doch die Ermittlungen gestalten sich schwieriger als gedacht, denn wegen des bevorstehenden Festes darf kein Aufsehen erregt werden …

Alexandre Dupont ist das Pseudonym des 1969 im Saarland geborenen Joner Storesang, der seit 1999 als Drehbuchautor arbeitet und sich bereits als Krimiautor einen Namen gemacht hat. Er lebt als Grenzgänger in Saarbrücken und mit seiner Wahlfamilie in Köln.

„Commissaire Cluzet und der Mann aus Stein“ ist der Auftakt einer Serie um Urbain Cluzet, dem pensionierten Kriminalkommissar aus Paris. Der Krimi ist logisch aufgebaut, spannend geschrieben, gut zu lesen und nachvollziehbar. Die Beschreibung des Ortes und seiner Bewohner ist sehr anschaulich, so dass man sofort mitten im Geschehen ist. Die Charaktere sind authentisch, jeder hat seine eigene Identität und ist einzigartig in seinen Handlungen. Wechselnde Verdachtsmomente, interessante Wendungen und eine gut nachvollziehbare Lösung des Falles machen Spaß und lassen keine Langeweile aufkommen.

Fazit: Ein rundum gelungener Krimi! Man darf auf weitere Fälle Cluzets gespannt sein! Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.11.2024

Heimat ist da, wo man geliebt wird

Die Sehnsucht, die bleibt
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Wien, Anfang der 1950er Jahre. Die Spuren des Krieges sind noch nicht vorbei, noch immer hungern und frieren die Menschen und ganz besonders leiden die Kinder. Die zehnjährige Reni, die mit ihrer Familie ...

Wien, Anfang der 1950er Jahre. Die Spuren des Krieges sind noch nicht vorbei, noch immer hungern und frieren die Menschen und ganz besonders leiden die Kinder. Die zehnjährige Reni, die mit ihrer Familie in ärmlichen Verhältnissen lebt, hat Glück, dass sie in das Programm der Caritas aufgenommen wird, in dem unterernährte und schwache Kinder zur Erholung nach Portugal geschickt werden. Sie kommt nach Lissabon zu einer begüterten Familie mit einer gleichaltrigen Tochter, die sie wie ein eigenes Kind aufnehmen. Reni ist glücklich, endlich gibt es genug zu essen und sie wird geliebt. In Melissa, der Tochter ihrer Gastfamilie, findet sie eine gute Freundin. Am liebsten möchte sie nie mehr weg - doch dann verlangt ihre Mutter, dass sie nach Wien zurück kommt, um sie zu umsorgen und ihren Haushalt zu führen …

Kerstin Lange, geb. 1966 in Bergneustadt im Bergischen Land, ist eine deutsche Schriftstellerin, die vor dem Schreiben viele Jahre als Bilanzbuchhalterin gearbeitet hatte. Neben mehreren Krimis veröffentlichte sie zahlreiche Kurzgeschichten, für die sie mehrfach ausgezeichnet wurde. Nach „Eine leise Ahnung von Glück“ (02/2024) ist „Die Sehnsucht, die bleibt“ (12/2024) ihr zweiter Roman. Sie lebt mit Mann und Hund in Düsseldorf.

Der Autorin ist es gelungen einen Roman zu schreiben, der beim Lesenden die verschiedensten Emotionen weckt. Ihr gefühlvoller Schreibstil bringt uns die Personen der Geschichte, besonders natürlich Reni, sehr nahe. Wir begleiten sie von der Kindheit bis etwa als 40-jährige Frau und dürfen uns mit ihr freuen und mit ihr leiden. Erwähnenswert ist auch, dass die Zeit des Salazar-Regimes in Portugal gut recherchiert und elegant mit dem Geschehen verquickt wurde. Im Epilog des Buches erfahren wir, dass Reni, nach all dem Leid das sie erfahren musste, vertrauensvoll in eine glückliche Zukunft blicken kann.

Fazit: Ein historisch korrekt recherchierter Roman, der durch seine bildhafte Erzählweise besticht und den ich gerne weiter empfehle!

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