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Veröffentlicht am 21.11.2024

Daniela Ohms - Winterhonig

Winterhonig
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Bei meiner Aktion „vergessene Schätze“ stellte eine Teilnehmerin damals „Winterhonig“ vor. Da ich historische Romane mag und neugierig war, wie Daniela Ohms die Geschichte ihrer Großmutter verarbeitet, ...

Bei meiner Aktion „vergessene Schätze“ stellte eine Teilnehmerin damals „Winterhonig“ vor. Da ich historische Romane mag und neugierig war, wie Daniela Ohms die Geschichte ihrer Großmutter verarbeitet, griff ich nun endlich zu.

Die Autorin erklärt im Nachwort, welche Teile der Geschichte sie erfunden hat und welche wahr sind.
Karl, einen der Protagonisten, dichtet sie komplett neu hinzu. Somit haben die ursprünglichen Erlebnisse der Großmutter mit denen aus dem Buch nahezu fast nichts mehr zu tun - zumindest was die Liebesgeschichte betrifft.

Wenn sie bereits diesen großen Part verändert hat, stellt sich mir die Frage, warum nicht mehr Anpassungen vorgenommen wurden. Das Alter von Mathilda beispielsweise hätte ein wenig angehoben werden können, um der Liebesgeschichte anfangs den schalen Beigeschmack zu nehmen. Immerhin reden wir hier von einer 14-Jährigen und einem 19-Jährigen.

Ob das bäuerliche Leben während des Krieges für Ohms Familie wirklich so glimpflich ablief, möchte ich nicht in Frage stellen. Für mich war es indes ein bisschen zu weich gezeichnet, zu sehr an der Oberfläche geblieben. Man merkt, dass der Fokus eindeutig woanders lag.

Ebenso die Tatsache, dass sich eine Gräfin über Befehle der Nationalsozialisten hinsichtlich Fremdarbeiter ungestraft hinwegsetzt, hält in meinen Augen nicht Stand. Wir wissen alle, dass es Menschen mit Herz gab, aber in diesen Zeilen war es manchmal zu viel des Guten.

Generell hatte ich manchmal das Bedürfnis, nach vorne zu springen. Einkürzungen an der ein oder anderen Stelle hätten der Erzählung nicht geschadet.

Der Schluss war mir dann zu weit hergeholt und zu kitschig. Stellenweise empfand ich ihn als unglaubwürdig und konnte mit Mathilda daher nicht mehr mitfühlen.

Ich persönlich kann leider niemanden mehr nach Erlebnissen dazu befragen, denn alle, die den zweiten Weltkrieg miterlebt haben, sind mittlerweile tot. Darum hoffe ich, hin und wieder einen authentischen Roman in die Hände zu bekommen, der die Zeit beschreibt. „Winterhonig“ reiht sich dort leider nicht völlig ein.
Lesende, die historische Liebesromane mögen und bei denen die Liebesgeschichte im Vordergrund stehen darf / soll, werden hier jedoch voll auf ihre Kosten kommen.

©2024 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 19.09.2024

✎ Carolin Pospiech - Bo

BO
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Carolin Pospiech hat für ihren Debütroman eine eher ungewöhnliche Erzählperspektive gewählt: Bo spricht uns als Lesende direkt an. Das war nicht schlecht, weil man so viel über die Hauptperson erfahren ...

Carolin Pospiech hat für ihren Debütroman eine eher ungewöhnliche Erzählperspektive gewählt: Bo spricht uns als Lesende direkt an. Das war nicht schlecht, weil man so viel über die Hauptperson erfahren hat. Doch dadurch blieben anderen Charakteren lediglich Nebenrollen mit weniger Tiefe.

Dennoch konnte die Autorin in meinen Augen die Gefühle einiger gut transportieren.
Scham, Verzweiflung, Wut, Trauer, Erleichterung, … Man begibt sich auf eine Achterbahn der Gefühle. Und als Bo eine Person sehr vor den Kopf stößt, musste ich selbst kurz die Luft anhalten, weil es mich tief im Herzen getroffen hat, obwohl ich wusste, was er tun würde.

An der ein oder anderen Stelle hätte ich mir von der Verfasserin ein wenig mehr Sensibilität gewünscht.
Auf Seite 64 wird ein Typ geschildert, der „halblanges, schwarzen Haar, […] perfekte Figur, […] und ein Gesicht, das es auf das Cover jeder Modezeitschrift schaffen würde“, beschrieben. Was genau bedeutet „perfekte Figur“? Wer definiert das?
Auf Seite 67 hingegen wird ein Mensch richtig schlimm aufgrund seines Äußeren abgewertet. „[…] hat die dicksten Brillengläser, die ihr jemals gesehen habt, zudem ist sie mit einer Zahnspange ausgestattet, die an irgendetwas aus Dads Werkzeugkiste erinnert.“
Bo möchte akzeptiert und toleriert werden, schafft es jedoch selbst nicht, dies bei Menschen um ihn herum zu tun.

Seine Freunde und Freundinnen - und all die anderen Personen um Bo herum - scheinen perfekt in seine perfekte Welt zu passen. „Sie [Lucy] fällt mir deshalb sofort auf, weil sie sich in so ziemlich allem von den rechtlichen Mädchen in unserer Klasse unterscheidet. Keine Markenklamotten, kein übertrieben geschminktes Gesicht, kein dämliches Gekicher, keine sonnengebräunte Haut. In ihrer ganzen Ausstrahlung wirkt sie inmitten der übrigen Schüler merkwürdig deplatziert.“
Mir fehlt hier komplett die Vielfalt der Menschheit.

Das Ende dann war mir zu offen. Da es für die Zielgruppe ab 12 geschrieben wurde, hätte ich schon gerne erfahren, wie es weitergeht. (Wie) Wird Bo aufgefangen? Welchen Schwierigkeiten muss er sich stellen? Was haben Jugendliche in einer ähnlichen Situation zu erwarten? Wie reagieren die anderen?

Ich hoffe, dass Carolin Pospiech noch einen zweiten Teil parat hält, weil ich finde, dass die Geschichte so einfach kein rundes Ende (für die Zielgruppe) hat.

©2024 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 06.08.2024

✎ Mario Hartmann - Anna und die roten Schuhe

Anna und die roten Schuhe
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„Anna und die roten Schuhe“ ist ein Wälzer. Anders kann ich die 270 Seiten dicke Geschichte nicht bezeichnen. Ich hätte sie gerne mit meinem Kind entdeckt, doch für meine 6-Jährige war es zu viel und zu ...

„Anna und die roten Schuhe“ ist ein Wälzer. Anders kann ich die 270 Seiten dicke Geschichte nicht bezeichnen. Ich hätte sie gerne mit meinem Kind entdeckt, doch für meine 6-Jährige war es zu viel und zu lang.

Wir haben versucht, das Buch in unseren Ferien zu lesen. Ich wollte etwas haben, was uns durch die gemeinsame Zeit begleitet, etwas, was uns vielleicht innehalten lässt und worüber wir am Ende oder zwischendurch immer mal reden können.
Zeitgleich muss ein Buch jedoch auch mein Kind unterhalten. Sie liebt noch sehr ihre Bilderbücher und daher war der vorliegende Kinderroman, der manchmal 12 Doppelseiten lang keine Illustrationen beinhaltet, nur schwer auszuhalten …

Mich als Erwachsene hat die Erzählung an manchen Stellen unterbrechen lassen. Mario Hartmann gibt mit seinen Zeilen einige Denkanstöße und deutet auf Missstände hin. Dies geschieht jedoch nicht durch den berühmten Fingerzeig, sondern ist wunderbar in die Geschichte integriert.

Die Gedanken hinter dem Buch sind toll. Ich denke jedoch, dass sie als Fortsetzungsgeschichte - aufgeteilt in 5 Bücher zum Beispiel - mehr einladen, danach zu greifen.

©2024 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 03.07.2024

✎ Anne Freytag - Den Mund voll ungesagter Dinge

Den Mund voll ungesagter Dinge
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Ich hatte große Erwartungen an den vorliegenden Jugendroman, denn vor Jahren - und streckenweise auch jetzt noch - begegnete er mir auf Social Media Kanälen ständig. Ein Buch, welches auch nach 7 Jahren ...

Ich hatte große Erwartungen an den vorliegenden Jugendroman, denn vor Jahren - und streckenweise auch jetzt noch - begegnete er mir auf Social Media Kanälen ständig. Ein Buch, welches auch nach 7 Jahren noch in vieler Munde ist, muss doch toll sein …

Anne Freytags Schreibstil ließ mich sofort in Sophies Welt ankommen.
Die sehr kurzen Kapitel irritierten mich anfangs, doch so konnte ich hin und wieder sagen: „Nur noch 1 Kapitel, dann schlaf ich endlich.“ lach

Sophie als Charakter hat mir nur teilweise zugesagt.
Ich fand sie manchmal ziemlich nervig und überheblich, schob dies jedoch auf ihre Situation und ihr Alter.
Was ich jedoch nicht ausblenden konnte, waren ihre Gedanken zu Jungs. Ich hatte das Gefühl, dass sich alles um Penisse dreht - und das in keinem positiven Sinne. Sex gibt es reichlich, doch keiner der Jungs kommt dabei gut weg.
Für mich war das Bild, welches Jugendlichen, die vielleicht gerade selbst ihre Sexualität entdecken, hier dargeboten wird, zu negativ - sowohl von Sophies als auch von Alex‘ Seite aus. Lust beim Akt? Fehlanzeige! Einfühlsame Jungs? Fehlanzeige! Sex aus Frust und um zu verletzen? Volltreffer!
Das möchte ich meinem Kind nicht so mit auf den Weg geben, auch wenn es sicherlich dort draußen Jugendliche gibt, die genau diese Erfahrungen machen. Doch warum kann man keinen positiven männlichen Gegenpol schaffen?

Die Liebesgeschichte zwischen den beiden Mädchen hingegen fand ich authentisch. Zwar fehlte mir hier am Ende die Reflexion, doch die Annäherung, die Ungewissheit, die Selbstfindung, …, all das habe ich gefühlt.

Daher bin ich hin und her gerissen, wie genau ich den Coming-of-Age-Roman bewerten soll bzw. ob ich ihn Jugendlichen empfehlen würde.

„Mein bester letzter Sommer“ steht bereits in den Startlöchern. Damit möchte ich der Autorin noch eine Chance geben und hoffe, ich werde nicht enttäuscht …

©2024 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 25.06.2024

✎ Alexis Deacon - Sieben Hamster

Sieben Hamster
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„Sieben Hamster“ ist ein etwas anderes Bilderbuch, als wir es normalerweise kennen. Es ist mehr eine Art Comic, denn die meiste Zeit gibt es keinen Fließtext, sondern Sprechblasen, anhand derer wir die ...

„Sieben Hamster“ ist ein etwas anderes Bilderbuch, als wir es normalerweise kennen. Es ist mehr eine Art Comic, denn die meiste Zeit gibt es keinen Fließtext, sondern Sprechblasen, anhand derer wir die Geschichte verfolgen.

Obwohl die Erzählung ab 3 Jahren empfohlen wird, ist es nicht ganz so leicht, ihr zu folgen.
Das Meer, ein Berg, die Wüste - Sachen, mit denen mein Kind etwas anfangen kann. Als wir jedoch die Bilder dazu im Buch sahen, mussten wir darüber reden.

Es gibt verschiedene Gesprächsanlässe:
Manchmal erscheint für jemanden etwas riesig, für andere ist es klein.
Jeder nimmt Dinge anders war.
Im Team schafft man meist mehr.
Vertrauen sollte in der Familie ganz groß geschrieben werden.
Zuhause kann überall sein - mit den richtigen Begleiter
innen an der Seite.

Die Illustrationen sind oft detailreich, aber doch einfach gehalten.
Das letzte Bild gefällt uns leider gar nicht. Wir verstehen die Intension dahinter, hätten uns jedoch trotzdem über eine reine Zeichnung gefreut.

Ergibt viel zu Schmunzeln, aber so richtig konnte uns das Abenteuer nicht abholen. Unser Exemplar wandert daher in den Kindergarten.

©2024 Mademoiselle Cake