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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.11.2024

Befreiung aus der Lieblosigkeit

Die Vegetarierin
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'Die Vegetarierin' wurde bereits im Jahre 2007 veröffentlich und die Südkoreanerin Han Kang erhielt dafür in diesem Jahr (2024) den Literaturnobelpreis. Der Roman ist weit davon entfernt, ein Wohlfühlroman ...

'Die Vegetarierin' wurde bereits im Jahre 2007 veröffentlich und die Südkoreanerin Han Kang erhielt dafür in diesem Jahr (2024) den Literaturnobelpreis. Der Roman ist weit davon entfernt, ein Wohlfühlroman zu sein. Mich hat er zunächst sprachlos zurückgelassen, zum Nachdenken aufgefordert. Themen wie Einsamkeit, Gewalt, Verzweiflung, Selbstzerstörung stehen im Mittelpunkt der Geschichte, werden unaufgeregt in einer eher nüchternen Sprache in Szene gesetzt und erzeugen beim Lesen eine Sogwirkung. Ein historisches Trauma zerstört nicht nur Ehen, entzweit eine Familie, sondern lässt die Protagonistin Yong-Hye kümmerlich verdorren, wie eine Pflanze, der man jegliche Fürsorge und Liebe entzieht.
Nach einem verstörenden Traum verweigert Yong-Hye die Aufnahme von tierischen Produkten, insbesondere von Fleisch und wird damit zur Zielscheibe ihrer Familie, die mit Unverständnis, Ablehnung und sogar Gewalttätigkeit reagiert. Nur ihre ältere Schwester In-Hye zeigt sich ihr gegenüber fürsorglich, obwohl sie ebenso Leidtragende der patriarchischen Entgleisungen und Verachtung wird. Doch auch ihr entzieht sich Yong-Hye, strebt nach Isolation und Abschottung durch Verwandlung.
In drei Erzählsträngen berichten drei Familienmitglieder aus ihrer Sicht über die Zeit der Verwandlung dieser jungen Frau von einer Ehefrau, einer Schwägerin, einer Schwester hin zur Hungerkünstlerin. Parallelen zu Kafkas 'Ein Hungerkünstler' sind deutlich zu erkennen.
Es lohnt sich diesen Roman zu lesen, der zugleich berührt und nachdenklich stimmt.

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Veröffentlicht am 20.11.2024

Ein hilfreicher Reisebegleiter

MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City
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Der 'MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City' von Ralf Nestmeyer bietet vielfältige Informationen für individuelles Reisen sowohl in der Zeit der vorbereitenden Planung als auch vor Ort, da vielleicht ...

Der 'MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City' von Ralf Nestmeyer bietet vielfältige Informationen für individuelles Reisen sowohl in der Zeit der vorbereitenden Planung als auch vor Ort, da vielleicht sogar mit Hilfe der mitgelieferten APP. Er eignet sich allerdings auch hervorragend um sich Appetit zu holen, Anregungen zu finden für das kommende Reiseziel oder gedanklich bequem vom Sofa aus, die brodelnde Millionenstadt zu entdecken.
Der London erfahrene Reiseschriftsteller mit historischem Hintergrund bietet nicht weniger als achtzehn Touren durch allseits bekannte und weniger bekannte Stadtviertel der Metropole an. Da dürfte mit Sicherheit für jeden Geschmack etwas dabei sein. Neben praktischen Infos, gibt es immer einen aussagekräftigen Ausschnitt aus dem Stadtplan, indem die zuvor empfohlenen, ausführlich beschriebenen und reichlich bebilderten Sehenswürdigkeiten verzeichnet sind. Natürlich gibt es auch Empfehlungen für Besuche in die Umgebung, wie zum Beispiel nach Windsor und Windsor Castle.
Hinweise zur Stadtgeschichte, zur Wirtschaft und Politik, zum Kultur- und Nachleben, zur modernen Kulinarik und vieles mehr sind unter Nachlesen & Nachlagen festgehalten.
Es gibt so vieles zu entdecken – der 'MICHAEL MÜLLER REISEFÜHRER London MM-City' von Ralf Nestmeyer zeigt, wie es geht.

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Veröffentlicht am 20.11.2024

Kurz und knapp auf den Punkt gebracht

Verdichtungen - in Kürze mehr
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Die Zeit ist wie das gesprochene Wort flüchtig. Den Zeitgeist in seiner herausragenden Eigenart stilvoll in Worte zu gleiten, ihn zu konservieren für den Moment des Gebrauchs ist eine Kunst, die Frank ...

Die Zeit ist wie das gesprochene Wort flüchtig. Den Zeitgeist in seiner herausragenden Eigenart stilvoll in Worte zu gleiten, ihn zu konservieren für den Moment des Gebrauchs ist eine Kunst, die Frank Richter vortrefflich beherrscht. In seinem Lyrikband 'Verdichtungen - in Kürze mehr' ist es ihm wiederum gelungen zu überraschen, indem er sich neu erfindet, die Botschaft kurz und knapp auf den Punkt bringt, dabei den Spielraum für eigene Gedankengänge offenhält und lediglich Impulse versendet. Er nimmt sie auf die Schwingungen des alltäglichen Lebens, die schönen ebenso wie die bedrückenden Seiten und verleiht ihnen ungefilterten Glanz, die wie Blitze einschlagen können aber ebenso den Kreislauf der Gedankenspirale in Schwung versetzen – eine Einladung zum Innehalten, zum Pausieren, um neue Kraft zu tanken oder eigene Perspektiven zu relativieren.
Diesen lyrischen Begleiter für fast alle Lebenslagen empfehle ich sehr gern.

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Veröffentlicht am 17.11.2024

Eine Frau geht ihren Weg

Der Ruf des schwimmenden Gartens
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Tara Haigh beginnt ihren Roman 'Der Ruf des schwimmenden Gartens' mit einem schaurigen, packenden Prolog, der sogleich viele Fragen aufwirft. Diese werden natürlich im Laufe der Geschichte zufriedenstellend ...

Tara Haigh beginnt ihren Roman 'Der Ruf des schwimmenden Gartens' mit einem schaurigen, packenden Prolog, der sogleich viele Fragen aufwirft. Diese werden natürlich im Laufe der Geschichte zufriedenstellend beantwortet. Doch zunächst blicken wir Lesenden auf die Protagonistin Sofie, die sich ihren Traum vom Medizinstudium zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erfüllen konnte. Dafür musste sie in die Schweiz und nach England reisen, ehe sie in einer Bremer Lungenklinik ihr Können unter Beweis stellen kann. Doch die erhoffte Akzeptanz ihrer neuesten Kenntnisse aus der Wissenschaft seitens des ausschließlich männlichen Ärztekollegiums bleibt ihr versagt und so flüchtet sie in ein Angebot, welches ihr der Sohn eines Freundes ihres Vaters, Richard Hauenstein, macht. Kurz entschlossen reist sie nach Madeira, um doch den versprochenen Job als leitende Ärztin in einem deutschen Krankenhaus anzunehmen. Doch zwischen Wirklichkeit und Versprechungen klafft eine riesige Lücke. Gemeinsam mit Ludwig, dem reizenden Bruder von Richard, bei dessen Nähe Sofies Herz höherschlägt, begibt sie sich in ein Abenteuer, dass unerwartete Tatsachen ans Tageslicht bringen.
Die Autorin fesselt durch ihren bezaubernden Schreibstil, der die Protagonisten der Fiktion um eine wahre Geschichte, einzigartig zum Leben erweckt. Die bildhaften Beschreibungen der wunderschönen Insel im Atlantik lässt die Landschaft mit ihren floralen Reizen vor dem geistigen Auge entstehen und verleiht der Geschichte, in der Macht, Intrige aber auch eine große Liebe im Mittelpunkt stehen, einen ganz besonderen Touch.
Ich gebe diesem Roman sehr gern meine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 17.11.2024

Eine dunkle Nacht, die alles veränderte

Endlich das ganze Leben
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Die lebensfrohe Betta und ihre schüchterne Cousine Miriam wollen zu den Lagerfeuern, an denen sich die Jugend in den Sommermonaten während der Abend- und Nachtstunden am Strand der von den Römern beliebten ...

Die lebensfrohe Betta und ihre schüchterne Cousine Miriam wollen zu den Lagerfeuern, an denen sich die Jugend in den Sommermonaten während der Abend- und Nachtstunden am Strand der von den Römern beliebten Badeorte trifft, um ausgelassen, unbeschwert zu feiern. Während die Eltern von Betta, Marisa und Stelvio Ansaldo, ebenso wie die Großmutter Letizia ahnungslos schlafend in den Betten ihres Sommerhauses in Torre Domizia liegen, ereignet sich eine Tragödie, die die Familie auf eine harte Zerreisprobe stellt. Eines der Mädchen wird die Katastrophe nicht überleben, die Andere bleibt schwer traumatisiert zurück.
Roberta Recchia erzählt in ihrem Debütroman 'Endlich das ganze Leben' die emotional äußerst aufwühlende Geschichte von schrecklichen Schicksalsschlägen einer Familie zu Beginn der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Über Generationen hinweg wird hier großer Wert auf die Unantastbarkeit eines unbescholtenen Lebenswandels, der bella figura, gelegt, der den Protagonisten des Buches so manche Herausforderung abverlangt, die vom Alleinsein, von tiefliegendem Trauma, von einer unsagbaren Blindheit, ja von Ausgrenzung, aber auch von der Fähigkeit, bedingungslos zu lieben, geprägt ist. Unaufgeregt, fast schon leise schreibt die Autorin, gibt ihren Charakteren menschliche Züge, die authentisch und lebensnah daherkommen, macht gleichzeitig auf menschliche Schwächen aufmerksam, die aus dem gesellschaftlichen System heraus entstanden und immer wieder entstehen.
Ich gebe diesem Roman meine Leseempfehlung.

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