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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2024

Wie gute Musik

Im wechselnden Licht der Jahre
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Zitat:

„Scheiße, ich werde bald sterben. Ich habe nicht mehr lange, nur noch ein paar Jahre. Und es sind nicht die besten Jahre, die vor mir liegen, sondern eher die nicht mehr ganz so guten.“

Darum ...

Zitat:

„Scheiße, ich werde bald sterben. Ich habe nicht mehr lange, nur noch ein paar Jahre. Und es sind nicht die besten Jahre, die vor mir liegen, sondern eher die nicht mehr ganz so guten.“

Darum geht’s:

Alexander ist mit seinem Leben recht zufrieden. Doch der anstehende sechzigste Geburtstag bereitet ihm Sorgen. Als ein Songwriter in die Nachbarschaft einzieht, den Alexander bewundert, und dieser ihn sogar auffordert, gemeinsam einen Song zu schreiben, hat Alexander das Gefühl, noch einmal richtig durchzustarten. Doch dann geschieht ein tragischer Unfall, der alles infrage stellt …

So hat es mir gefallen:

Der Klappentext des Buches sagt: „Ein Roman wie ein guter Song über Liebe, Leid und Glück.“ Das würde ich genauso unterschreiben. Denn das Buch fühlt sich wie mein Lieblingssong an: mal leise und nachdenklich, mal kraftvoll und bewegend. Die Geschichte berührt auf eine Weise, die authentisch und nachvollziehbar ist: eben direkt aus dem Leben gegriffen. Liehr gelingt es, Alexander mit einer solchen Tiefe zu zeichnen, dass man ihn nicht nur versteht, sondern mit ihm mitfühlt. In seinen Sorgen, Hoffnungen und auch Zweifeln werden sich vermutlich viele Leser:innen wiederfinden können. Der Songwriter und die Tragödie in Alex' Leben geben der Erzählung eine ungeahnte Tiefe und schaffen den Spagat zwischen Höhenflügen und Tiefpunkten.

Tom Liehrs Schreibstil ist angenehm und leichtfüßig. Trotz der emotionalen Schwere macht dies das Buch zu einem Pageturner. Der Autor weiß einfach, wie man mit Worten Bilder entstehen lässt und Stimmungen einfängt, und genau das hebt den Roman von vielen anderen ab. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich aber doch: die Darstellung der Nebenfiguren. Seine Familie wirkt manchmal ein wenig zu glatt. Hier hätte ich mir gewünscht, dass mehr Figuren ihr Päckchen zu tragen haben. Im Roman wirkt alles ein wenig zu perfekt, fast schon harmonisch, was den ansonsten so realistischen Tonfall der Geschichte stellenweise etwas untergräbt. Insgesamt tut dies dem Hauptplot freilich keinen Abbruch, dennoch hätte ich mir bei den Nebenfiguren etwas mehr „Drama“ gewünscht.

Im Gesamten ist das Buch ein wundervoller Roman über Liebe, Verlust und die Frage, was wirklich wichtig ist im Leben. Tom Liehr liefert eine tolle Antwort auf diese Frage. Ein gutes Werk, das nachhallt und sich wie ein Ohrwurm im Herzen festsetzt.

9/10 - Leseempfehlung

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 19.11.2024

Sehr gelungen

Der Tod trinkt Rot
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Zitat:

„Aus den Regenrinnen stürzte das angestaute Wasser in reißenden Bächen und verschwamm mit den Fluten, die sich vom Himmel ergossen, zu einem dichten Vorhang.“

Darum geht’s:

Die Story dreht sich ...

Zitat:

„Aus den Regenrinnen stürzte das angestaute Wasser in reißenden Bächen und verschwamm mit den Fluten, die sich vom Himmel ergossen, zu einem dichten Vorhang.“

Darum geht’s:

Die Story dreht sich um die Eheleute Erika und Roland Milser. Der vielschichtige Plot behandelt verdrängte Traumata, düstere Geheimnisse und einen Mord, der in unmittelbarer Nähe des Paares geschieht und eine Kette schockierender Enthüllungen in Gang setzt. Die beiden Protagonisten sehen sich bald mit emotionalen und psychischen Belastungen konfrontiert, die selbst erfahrene Ermittler in einen Strudel aus Lügen und Konflikten ziehen.

So hat es mir gefallen:

Der Einstieg in das Buch war etwas ungewöhnlich, und ich war mir unsicher, wohin die Reise gehen mag. Doch genau diese Unvorhersehbarkeit hat dem Buch einen gewissen Reiz verliehen. Denn die Autorin versteht es richtig gut, anfängliche Zweifel in Neugier umzumünzen und mit einem gekonnt inszenierten Spannungsaufbau zu überzeugen. Die Figuren sind vielschichtig und nahbar ausgearbeitet, was es mir leicht gemacht hat, mich in die inneren Konflikte hineinzuversetzen. Ganz besonders gut ist die Figur des Hauptkommissars Salvatore Wagner gelungen, dessen berufliche und private Herausforderungen ihn zu einer greifbaren und facettenreichen Figur machen. Die Spannungen innerhalb seiner Familie und die beruflichen Reibereien bieten eine tiefgehende Dynamik, die den Krimi um eine weitere Note bereichern.

Ebenfalls gelungen ist der pointierte und angenehm zu lesende Schreibstil der Autorin, der an den richtigen Stellen mit einem subtilen, sarkastischen Unterton punktet. Dross’ Sprache liest sich flüssig und verleiht den Dialogen sowie Beschreibungen eine gewisse Schärfe, die das typische Krimifeeling aufkommen lässt. Man fiebert mit und versucht, die Puzzleteile selbst zusammenzusetzen, während sich die Wahrheit Stück für Stück offenbart.

Anna Dross liefert ein Krimivergnügen, das nicht nur mit einer spannenden Geschichte punktet, sondern auch mit starken Figuren und einem gelungenen Schreibstil. Ein Krimi, den man nur schwer aus der Hand legen kann – eine klare Empfehlung für alle Krimiliebhaber.

9/10

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.11.2024

Nichts ist wie es scheint

Was im Dunkeln bleibt
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Zitat:

„Wenn das die Vorhölle ist, wo ist dann die Hölle?“

Darum geht’s:

Seinem Lebenspartner zuliebe zieht Aaron mit ihm in dessen Heimatdorf. Für den Stadtmenschen Aaron kommt der Umzug einer Reise ...

Zitat:

„Wenn das die Vorhölle ist, wo ist dann die Hölle?“

Darum geht’s:

Seinem Lebenspartner zuliebe zieht Aaron mit ihm in dessen Heimatdorf. Für den Stadtmenschen Aaron kommt der Umzug einer Reise in eine andere Welt gleich. Während sich sein Freund Sebastian in die Arbeit stürzt und in alte Familienmuster verfällt, fremdelt Aaron mit der aufgesetzten Freundlichkeit des Dorfes. Je mehr er über das Dorf und die Geheimnisse der Vergangenheit erfährt, desto stärker spürt er eine kaum greifbare Bedrohung. Denn nach und nach tun sich hinter der idyllischen Fassade des Dorfes wahre Abgründe auf …

So hat es mir gefallen:

Von Anfang an wird man in eine geheimnisvolle und latente Bedrohung einer ländlichen Dorfgemeinschaft gezogen. Aarons Unbehagen und sein innerer Widerstand gegen das aufgesetzte Lächeln der Dorfbewohner schaffen eine greifbare Spannung, die einen immer weiter in die undurchsichtige Fassade des Dorfes hineinzieht. Diehms Erzählkunst liegt ganz klar in der subtilen Andeutung, die einen durch ständige Zweifel begleitet: Ist das Bedrohliche, das Aaron spürt, real oder doch nur das Produkt seiner Angst und Unsicherheit? Besonders fasziniert hat mich die Figur des mysteriösen Nachbarn, der nicht nur Aarons Aufmerksamkeit, sondern auch meine in Beschlag genommen hat. Was hat es mit ihm auf sich? Und kann Aaron ihm trauen? Die stets offenen Fragen und das ambivalente Ende sind das Prachtstück des Buches. Sie laden ein, sich weit über das Ende hinaus mit der Geschichte zu beschäftigen. Gerade diese Vieldeutigkeit macht das Buch zu einem kleinen Meisterwerk und Diehm setzt dies perfekt um.

Mit 220 Seiten gelingt es dem Autor, eine dichte, stimmige Atmosphäre zu schaffen, ohne sich in unnötige Längen zu verlieren. Die Kürze des Buches ist hier eine klare Stärke, denn jeder Satz sitzt und verstärkt das Gefühl der Beklemmung und Ungewissheit. Wer gerne Geschichten liest, die das Unausgesprochene zelebrieren und dabei gekonnt die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verwischen, wird dieses Buch lieben. Max Diehm überlässt es dem Leser, die Entscheidung zu treffen, was real ist und „Was im Dunkeln bleibt“.

10/10 – Leseempfehlung

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Veröffentlicht am 31.10.2024

Perfekt für Halloween

Alice und die Geister von nebenan
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Zitat:

„Wer keine Fragen stellt, erfährt niemals etwas Interessantes!“

Darum geht’s:

Die zehnjährige Alice ist Umzugsprofi. Sie zieht mit ihren Eltern von Haus zu Haus. Oder besser: von Bruchbude zu ...

Zitat:

„Wer keine Fragen stellt, erfährt niemals etwas Interessantes!“

Darum geht’s:

Die zehnjährige Alice ist Umzugsprofi. Sie zieht mit ihren Eltern von Haus zu Haus. Oder besser: von Bruchbude zu Bruchbude. Kein Problem für Alice und ihren Vater, denn sie lieben es, Dinge zu reparieren. Nach Umzug Nummer elf kommt ihr das heruntergekommene Nachbarhaus gerade recht. Doch sie ist nicht allein in diesem Haus: Gleich drei Geister spuken in dem alten Gemäuer herum – und sie brauchen die Hilfe von Alice genauso dringend wie die bröckeligen Wände …

So hat es mir gefallen:

Das Buch ist ein charmantes Geisterabenteuer, das mit viel Witz, Herz und auch einem Hauch Melancholie Kinder wie Erwachsene gleichermaßen anspricht. Die Geschichte rund um die Thematiken Erinnern und Vergessen greift die Autorin kindgerecht und zugleich tiefgründig auf. Gerade der Kontrast zwischen Alice, die ständig ein neues Zuhause findet, und den Geistern, die an ihren alten Erinnerungen hängen, ist richtig toll geschrieben und führt auch Kinder behutsam an die Bedeutung von Vergänglichkeit und Erinnerungen heran. Lobenswert ist auch der humorvolle und einfühlsame Schreibstil. Er lässt die Figuren lebendig werden, und durch Alice und die liebenswert eigenwilligen Geister entsteht eine Atmosphäre, die „schaurig“-schön und herzerwärmend zugleich ist. Egal, ob Alice oder die anderen Figuren, alle sind detailliert und voller Persönlichkeit. Sie haben alle ihre Ecken und Kanten, die sie besonders machen und ihnen somit Tiefe verleihen.

Die Handlung ist flott erzählt, gespickt mit kleinen Weisheiten, die durchaus auch erwachsene Leser ansprechen. Das Buch vereint auf gelungene Weise Humor, Spannung und Herz und eignet sich ganz hervorragend für die Halloween-Zeit, um sich in ein ungruseliges, aber umso herzerwärmenderes Geisterabenteuer zu stürzen.

9/10

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Himmlisch gut

Let's go Jenseits oder Venus auf der himmlischen Couch
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Zitat:

„Dich nicht zu lieben, ist eine Fremdsprache, die zu erlernen, mein Herz sich ungestüm weigert.“

Darum geht’s:

Als Mr. Dot das Zeitliche segnet, ist ihm noch nicht bewusst, wer früher oder später ...

Zitat:

„Dich nicht zu lieben, ist eine Fremdsprache, die zu erlernen, mein Herz sich ungestüm weigert.“

Darum geht’s:

Als Mr. Dot das Zeitliche segnet, ist ihm noch nicht bewusst, wer früher oder später auf seiner Therapiecouch im Jenseits Platz nehmen wird. Nachdem eine ungewöhnlich unerotische Venus ihm Nachhilfestunden gibt, stürzt er sich Hals über Kopf in die Arbeit. Saturn erteilt er Starthilfe beim Flirten, Gevatter Tod verpasst er mit etwas Rouge ein jungenhaft nahbares Image, und es stehen nicht nur Queen Elizabeth II und Lady Di Schlange, sondern auch Napoleon, Sigmund Freud und andere, am Rande des Nervenzusammenbruchs balancierende Verstorbene. Selbst der liebe Gott ist nur schwer von der Therapiecouch herunterzubekommen.

So hat es mir gefallen:

Der obige Text klingt dir zu abgedreht? Tja, besser wird’s nicht – aber im positiven Sinne. Denn die Autorin liefert hier ein erfrischend respektloses, aber auch tiefsinniges Buch ab, das uns mit einem Augenzwinkern an die Grenzen von Leben und Tod führt. Die Geschichte um Mr. Dot, der nach seinem Ableben zu einer Art Seelenklempner avanciert, ist gespickt mit humorvollen, teils echt skurrilen Szenen, in denen verstorbene Prominente ihre himmlischen Problemchen offenbaren. Diese humorvolle Herangehensweise ans Jenseits ist frisch und verleiht dem Ganzen eine einzigartige Leichtigkeit, ohne dabei den Ernst der Thematik aus den Augen zu verlieren. Die Autorin wechselt gekonnt zwischen frechen Dialogen, fast schon poetischen Momenten und nachdenklichen Gesprächen, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Die Figuren, egal ob realhistorisch oder mythologisch, sind liebevoll und lebendig gestaltet – sie sind mir alle recht schnell ans Herz gewachsen. Der unkonventionelle Handlungsort, nämlich das Jenseits, ist Schauplatz für schillernde, bisweilen absurde Interaktionen, die allesamt aber nie oberflächlich wirken.

Das Buch ist dabei weit mehr als eine humorvolle Komödie; die Autorin webt durchaus tiefere Fragen zur menschlichen Existenz, zu Empathie und zum Umgang mit Verlust ein – stets mit einem charmanten, verschmitzten Ton.
„Let’s go Jenseits“ ist eine herrlich amüsante, tiefgründige und originelle Geschichte, die sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken anregt – und am Ende bleibt ein Hauch der Vorfreude auf das, was uns vielleicht im Jenseits erwartet, wenn wir selbst irgendwann mal den Löffel abgeben.

10/10

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