Profilbild von mimitatis_buecherkiste

mimitatis_buecherkiste

Lesejury Star
online

mimitatis_buecherkiste ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mimitatis_buecherkiste über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2024

Familienfreunde

Wohnverwandtschaften
0

Constanze hat sich von ihrem Lebensgefährten getrennt und zieht in eine Wohngemeinschaft ein. Jörg, dem die Eigentumswohnung gehört, will bald eine Reise machen und ist bereits voller Vorfreude, mit seinem ...

Constanze hat sich von ihrem Lebensgefährten getrennt und zieht in eine Wohngemeinschaft ein. Jörg, dem die Eigentumswohnung gehört, will bald eine Reise machen und ist bereits voller Vorfreude, mit seinem Bulli losfahren zu können. Murat ist ein Genussmensch, sein Optimismus ungebrochen, er ist derjenige, der meistens kocht und dafür die Zutaten aus dem eigenen Schrebergarten nutzt. Anke ist eine mittelalte Schauspielerin ohne Engagement, die nun nicht mehr die einzige Frau in der WG ist. Constanze ist Zahnärztin und will nicht lange bleiben, aber das Leben mit den drei Mitbewohnern stellt sich als unkomplizierter heraus als gedacht. Da schleicht sich langsam und unaufhaltsam eine Krankheit ein und nun wird sich herausstellen, ob Freunde manchmal nicht doch die bessere Familie sind.

Jeder der vier WG-Mitbewohner kommt im Buch zu Wort, dazwischen gibt es Kapitel im Drehbuch-Style, wo sich Grüppchen bilden oder alle zusammen etwas erleben und kommentieren. Diese ungewöhnliche Erzählweise fand ich sehr passend zur Geschichte, die sich zunehmend emotionaler und aufwühlender gestaltete, je weiter die Krankheit vorangeschritten ist. Tatsächlich habe ich durch den sehr fein dosierten Humor die Thematik lange durchgehalten, ohne die Fassung zu verlieren, auch wenn es letztendlich doch nicht ohne Taschentücher funktioniert hat. Für mich eine der schönsten Geschichten über Familie und Freundschaft sowie die Frage, wer sich um einen kümmert, wenn der sich selbst verloren gegangen ist. Große Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.11.2024

Myrons kniffligster Fall

Nichts ruht für immer
0

Myron Bolitar bekommt Besuch vom FBI, einer seiner ehemaligen Klienten und ein guter Freund, der berühmte Ex-Basketball-Profi Greg Downing, wird verdächtigt, einen grausamen Doppelmord verübt zu haben. ...

Myron Bolitar bekommt Besuch vom FBI, einer seiner ehemaligen Klienten und ein guter Freund, der berühmte Ex-Basketball-Profi Greg Downing, wird verdächtigt, einen grausamen Doppelmord verübt zu haben. Myron ist sofort von Gregs Unschuld überzeugt und das nicht nur wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit, sondern wegen dem Umstand, dass dieser seit drei Jahren tot ist. Mit Hilfe seines Freundes Win fängt er an, Nachforschungen anzustellen und in der Vergangenheit zu graben, ohne zu ahnen, dass er sich damit selbst in größte Gefahr begibt.

»Kurze Vorgeschichte: Nicht lange nach dem Draft, in Myrons erstem Saisonvorbereitungsspiel als einundzwanzigjähriger Neuling bei den Boston Celtics, war ein gegnerischer Spieler namens Big Burt Wesson so heftig mit Myron zusammengeprallt, dass Myrons Knie auf eine Art verdreht wurde, auf die kein Gelenk je verdreht werden durfte. Bye, bye, Basketball.« (Seite 23)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich bereits um den zwölften Teil der tollen Thriller-Serie mit Myron Bolitar. Der erste Band mit dem Titel »Das Spiel seines Lebens« erschien bereits 1995, wurde nach zwei vorherigen Flops ein großer Erfolg, und so begann der Siegeszug des US-amerikanischen Autors. Die Hauptfigur Myron Bolitar war ein vielversprechender junger Star in der amerikanischen Basketball-Liga, bis eine Verletzung ihn zur Aufgabe zwang. Myron kämpfte sich durch, studierte Jura, war Informant für das FBI und gründete eine Sportleragentur. Als einer seiner Klienten in einen Mordfall verwickelt wurde, entdeckte Myron sein Talent als Privatdetektiv. Die Fälle selbst sind hierbei zwar abgeschlossen, zum besseren Verständnis der privaten sowie familiären Beziehungen empfehle ich allerdings, die Reihenfolge einzuhalten. Hinzu kommt, dass einige Personen aus vorherigen Büchern immer wieder auftauchen. Wer nicht von vorne anfangen möchte, bleibt aber dennoch nicht außen vor, denn die wichtigsten Aspekte werden im Laufe jeder Geschichte kurz und knackig zusammengefasst und erklärt.

Acht Jahre musste ich auf die Fortsetzung einer meiner Lieblingsreihen warten, wobei mir lange Zeit überhaupt nicht klar war, ob es überhaupt weitergeht. Nun war es also soweit und mit dem zwölften Teil legt Harlan Coben einen Thriller vor, der keine Wünsche offen lässt. Zu Beginn habe ich dennoch ein wenig gefremdelt, brauchte ein paar Seiten, um richtig reinzukommen, was daran lag, dass ich mich erst langsam an alle Einzelheiten erinnern konnte, was Orte, Personen und wichtige Ereignisse in den vorherigen Büchern angeht. Der Autor machte es mir dabei leichter, indem der Erzähler mich nicht nur permanent in alles mit einbezogen, sondern sehr geduldig die wichtigsten Fakten wiederholt hat. Geholfen hat übrigens auch der göttliche Humor, der mich beim Lesen immer wieder laut auflachen ließ, was sich bei dieser Reihe einfach nicht vermeiden lässt und einen großen Reiz ausmacht. Ironie und Sarkasmus lassen grüßen. Ich liebe das!

Für mich persönlich ist dieser Teil anders als die restlichen Bücher, allerdings im sehr positiven Sinne. Mit diesem Werk nähert sich Harlan Coben mehr seinen anderen Werken; was er früher für Myron ausgeschlossen hat, passt nun doch gut zu ihm. Basketball spielt zwar natürlich eine Rolle, man braucht aber weder Vorwissen, noch wird der Sport seitenlang thematisiert. Der Fall selbst war unfassbar spannend, falsche Fährten, brenzlige Situationen und überraschende Wendungen inklusive. Im letzten Drittel wurde es so dramatisch, dass ich diesmal nicht widerstehen konnte und vorblättern musste. Ich bin halt auch nur ein Mensch. Bleibt zu hoffen, dass der Schluss noch nicht das Ende ist. Ich warte sehnsüchtig auf mehr. Große Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.11.2024

Lebst du schon, oder fragst du noch?

Muss man das Schöne in sich tragen, um es in der Welt zu erkennen?
0

Sven Michaelsen hat Literatur und Geschichte studiert, war Autor und Chefreporter bei verschiedenen Zeitschriften und hat mehrere Bücher geschrieben. Zuletzt erschien im Residenz Verlag das Buch mit dem, ...

Sven Michaelsen hat Literatur und Geschichte studiert, war Autor und Chefreporter bei verschiedenen Zeitschriften und hat mehrere Bücher geschrieben. Zuletzt erschien im Residenz Verlag das Buch mit dem, wie ich finde, großartigen Titel, der die Lesenden gleichzeitig fragt: Muss man das Schöne in sich tragen, um es in der Welt zu erkennen? Das Buch ist mit dem Zusatz versehen: Lebenskunst in 777 Fragen, womit wir schon beim Inhalt des Werkes wären. Gegliedert in acht Themenbereiche hat Sven Michaelsen Fragen zusammengestellt, die mich zum Nachdenken und Hinterfragen bringen. Ob Partnerschaft, das persönliche Wohlbefinden, die Kindererziehung oder das Leben an sich; interessante und stellenweise sehr tiefgründige Fragen hat der Autor aufgeschrieben. Kostprobe gefälligst? Bitteschön:

»Sind nicht Liebe, Hass und Trauer unsere stärksten Gefühle, sondern Scham?«

»Entsteht eine Depression, wenn man die Kraft verliert, traurig zu sein?«

»Ist Flanieren für Sie so ungewohnt, dass Sie dabei aussehen, als ob Sie gerade dringend aufs Klo müssten?«

Mir gefiel die Auswahl sehr gut und auch, wenn ich nicht alle Fragen ernst nehmen konnte, war dies eine unterhaltsame und spannende Zeit. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 11.11.2024

Frieden im Herzen

Und alle so still
0

An einem schönen Sommertag im Juni geschieht etwas Ungewöhnliches: Frauen liegen auf den Straßen, vor Kindergärten, vor Krankenhäusern, vor anderen Gebäuden. Auf öffentlichen Plätzen verteilen sie sich ...

An einem schönen Sommertag im Juni geschieht etwas Ungewöhnliches: Frauen liegen auf den Straßen, vor Kindergärten, vor Krankenhäusern, vor anderen Gebäuden. Auf öffentlichen Plätzen verteilen sie sich und sind dabei ruhig, vereint in einem stillen Protest. Zu diesem Zeitpunkt kreuzen sich zum ersten Mal die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, eine erfolgreiche Influencerin, die ihren Körper präsentiert, ihr Gefühl dafür aber längst verloren hat. Nuri, der täglich ums Überleben kämpft, obwohl er weiß, dass er diesen Kampf alleine nicht gewinnen kann. Und Ruth, die sich seit Jahren aufopfert und merkt, dass es trotzdem nie genug sein wird. Werden sie das System ändern können oder besiegt das System sie?

»Wir haben doch alles versucht. Wir haben verlangt, dass Care-Arbeit aufgewertet wird, dass wir die gleiche Bezahlung erhalten für die gleiche Arbeit, wir haben gefordert, dass Täter zur Verantwortung gezogen werden, dass es besseren Schutz gibt vor Femiziden. Nichts hat sich verändert. Hinter allen Arten des Unrechts steckt dasselbe Problem, dass wir nicht gehört, nicht gesehen, nicht geachtet werden.« (Seite 173)

Der vorliegende dystopische Roman lässt mich wütend zurück. Auf den Punkt gebracht hat Mareike Fallwickl Probleme, die uns alle angehen, die aber von Jahr zu Jahr größer werden, ohne dass es eine Lösung gibt. Wer erinnert sich nicht an die Zeit, als Menschen in den Fenstern standen, um zu applaudieren und sich bei Menschen zu bedanken, deren Einsatz seit vielen Jahren nicht genügend gewürdigt wird. Damals dachte auch ich, dass sich in diesem Bereich etwas ändern würde. Wie falsch ich doch damit lag. Diese Zustände prangert der Roman an, bezieht aber viele andere Aspekte mit ein, wie zum Beispiel die schwierige Suche nach der eigenen Identität, sexuelle Belästigung, psychische und physische Gewalt in Beziehungen und viele andere Themen dazu. Im Vordergrund stehen die Frauen, die sich finden und einen Zusammenhalt zeigen, den keiner für möglich gehalten hätte.

»Es ist nicht so, dass ihnen diese Dinge geschehen sind und sie zufällig Frauen sind. Vielmehr sind diese Dinge geschehen, weil sie Frauen sind. Und wie soll eine aufrecht bleiben mit diesem Wissen?« (Seite 282)

Was passiert mit einer Gesellschaft, wenn das angeblich schwächere Geschlecht sich herausnimmt, einfach alles liegen zu lassen, weggeht, sich plötzlich nicht mehr kümmert? Was passiert in den Wohnungen und Häusern, den Kindergärten und an den Supermarktkassen, wer putzt in den Geschäften, den Fabriken und Krankenhäusern, wer hilft und bemuttert, wer hegt und wer pflegt? Das Szenario im Buch war erschreckend, aber auch befreiend, ich fühlte förmlich mit und war hautnah dabei. Eine seltsame Euphorie erfasste mich, die einen Dämpfer bekam, dann noch einen, dann weitere zwei. Ich leckte meine Wunden, ich weinte und ich schrie, versorgte die Wunden, stand auf und dann war sie da, die Hoffnung. Die Hoffnung darauf, dass es anders geht und irgendwann auch anders wird. Großes Kino!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.11.2024

Wo der Schmerz ruht

Wir waren nur Kinder
0

Am 16. und 17. Juli 1942 verhaftete die französische Polizei in Absprache mit der deutschen Besatzungsmacht mehr als dreizehntausend in Paris lebende Juden. Die Erwachsenen ohne Kinder wurden in ein Sammellager ...

Am 16. und 17. Juli 1942 verhaftete die französische Polizei in Absprache mit der deutschen Besatzungsmacht mehr als dreizehntausend in Paris lebende Juden. Die Erwachsenen ohne Kinder wurden in ein Sammellager nordöstlich von Paris gebracht, die restlichen Personen, unter ihnen über viertausend Kinder sowie fast dreitausend Frauen, erst fünf Tage lang in einer Halle gefangen gehalten, um danach in diverse Durchgangslager verlegt zu werden, von wo aus sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in die Vernichtungslager in den Osten deponiert wurden. Rachel Jedinak, geborene Rachel Psankiewicz, ist zusammen mit ihrer Mutter sowie der älteren Schwester Louise verhaftet worden. Sie überlebte die erste Massenverhaftung, die als sogenannte Razzia vom Vélodrome d‘Hiver in die Geschichte einging. In dem vorliegenden Buch berichtet sie als Zeitzeugin von dieser grausamen Zeit und davon, warum und wie ihr die Flucht gelungen ist.

So schmal wie das Büchlein ist, so erschütternd und schmerzhaft ist, was Rachel Jedinak beschreibt. Dabei bedient sie sich der Sprache der Kinder, wie sie selbst eines war, als das Grauen seinen Anfang nahm. Nicht immer war sie in der Lage, überhaupt zu begreifen, was damals geschah, was absolut verständlich ist, wenn man bedenkt, dass manch erwachsener Mensch kaum in der Lage ist, die damaligen Zustände nachzuvollziehen, geschweige denn zu verstehen. Umso wichtiger waren und bleiben solche Zeitberichte. Gegen das Vergessen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere