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Veröffentlicht am 11.03.2018

Dämonisch gut

Der Totengräbersohn: Buch 2
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Farin hat sich mittlerweile halbwegs damit arrangiert, dass Ekel, der Dämon in seinem Inneren sitzt und ihn - man kann's nicht anders sagen - oftmals rettet. Ohne Ekel wäre er schon tot und die Fähigkeiten ...

Farin hat sich mittlerweile halbwegs damit arrangiert, dass Ekel, der Dämon in seinem Inneren sitzt und ihn - man kann's nicht anders sagen - oftmals rettet. Ohne Ekel wäre er schon tot und die Fähigkeiten des Dämons sind hilfreich, solange er es nicht übertreibt. Trotzdem ist Farin weder auf das große Turnier vorbereitet noch auf König Krachus. Er kann nicht verhindern, dass sein Ritter nicht nur um Schild und Schwert tjostet, sondern auch um Schloss und Ländereien. Und er kann auch nicht den Hinterhalt der Nekora verhindern, aber ...
... und dann ist da noch Aross Schlammfuß, die Königin der Ratten, die in dem kleinen Chinesen Ki einen unersetzlichen Freund findet. Aufgrund einiger kleiner (Riesen-)Probleme in Nabenstein beschließt sie, die Stadt zu verlassen und gemeinsam versuchen sie, dem Geheimnis ihrer Herkunft auf die Spur zu kommen. Zur rechten Zeit werden sich Farins und Aross' Spuren kreuzen.

Wie schon im ersten Band macht es einfach Spaß, dem edelmütigen, wenn auch manchmal etwas langsamen Knappen und der mageren, rotzfrechen, mutigen Göre zu folgen. Ihre Abenteuer sind stets überwältigend, trotzdem schafft es der Autor gut, die Art und Weise, wie sie aus ihren Klemmen entkommen, plausibel darzustellen. Die Wortspiele machen einen großen Teil des Lese/Hörgenusses aus, und dann dieser grandiose Sprecher: Robert Frank lässt den Ritter poltern und maulen, Aross' große Klappe glänzen und Farins stotternde Verwirrtheit einen Teil seiner Persönlichkeit werden. Wer nach kurzweiliger, witziger und spannender Lektüre sucht, wird hier auf jeden Fall fündig.

Veröffentlicht am 02.03.2018

Ein Glas voller Steine

Ein mögliches Leben
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Franz und Martin machen sich auf eine Reise in die USA, doch eigentlich ist es eine Reise in die Vergangenheit von Franz. Der Alte, immer wieder ist es der Alte, um die 90 ist er jetzt, der die Impulse ...

Franz und Martin machen sich auf eine Reise in die USA, doch eigentlich ist es eine Reise in die Vergangenheit von Franz. Der Alte, immer wieder ist es der Alte, um die 90 ist er jetzt, der die Impulse gibt auf dieser Reise. Er will nach siebzig Jahren wieder die Gegend sehen, in welcher er in Kriegsgefangenschaft war, und Martin ... was will Martin, sein Enkel, eigentlich? Nicht viel, alles, das, was eigentlich jeder will. Wissen, was man will, erreichen, was man will. In seinem Fall ist das Judith, sein ONS, und Laura, das ONS-Ergebnis. Und diesen Fremden kennenlernen, diesen Alten, der sein Großvater ist. Auch eine Annäherung an Barbara, die Tochter des Alten, Martins Mutter scheint möglich, wenn Franz endlich die Erinnerungen zulässt, sich ihnen stellt.

Eine krasse Geschichte. Nicht weil sie so schreckliche Erlebnisse aus der Kriegszeit oder Gefangenschaft berichtet - im Vergleich zu den Lagern der Russen oder Japanern ist das in den USA ein Ferienaufenthalt. Es sind die Menschen, die uns begegnen, nicht nur Franz, Barbara und Martin, sondern vor allem die aus der Vergangenheit. Wenn sich selbst in Kriegsgefangenschaft die Nazis formieren und bis zum bitteren Ende und darüber hinaus an den Endsieg glauben. Wenn sie dafür prügeln, gar töten, und dieser völlig verkorkste Mannschaftskorpsgeist verbietet, den Amerikanern davon zu erzählen. Wenn selbst aus den wenigen "Guten" Mörder werden, wenn die Seele derjenigen, die noch "vernünftig" sind, schwarz wird und zu einer Mördergrube. Und all das erzählt in einer ruhigen, ungemein packenden Schreibweise, mit Sprüngen in Vergangenheit und Gegenwart, zu erkennen daran, dass die Vergangenheit im Präsens und die Gegenwart als dichterische Vergangenheit erzählt wird. Dieses Buch gehört so gar nicht zu meinem Beuteschema, eigentlich. Denn eigentlich ist es egal, weil es einfach nur gut ist.

Veröffentlicht am 21.01.2018

Sündenbabel Hollywood

Der Mann, der nicht mitspielt
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Hardy Engel ist Deutscher und als Schauspieler in Hollywood eher gescheitert. Das ist heute schon nicht einfach, doch 1921 hat er nicht viele Möglichkeiten, sich über Wasser zu halten. Er versucht sich ...

Hardy Engel ist Deutscher und als Schauspieler in Hollywood eher gescheitert. Das ist heute schon nicht einfach, doch 1921 hat er nicht viele Möglichkeiten, sich über Wasser zu halten. Er versucht sich als Privatdetektv und wirklich steht eines Tages eine atemberaubende Rothaarige vor ihm, die ihn anheuert, ihre verschwundene Freundin zu suchen. Virginia Rappe ist ein Starlet von Universal, und Hardy findet sie schnell, zumal er überraschend einen zweiten Fall bekommt, der ihm die Frau geradewegs vor die Füße spült. Doch dann ist Virginia plötzlich tot, der größte Hollywoodschauspieler Fatty Arbuckle wird des Mordes und der Vergewaltigung angeklagt und Hardy findet sich in einem Vielfrontenkrieg wieder, der sich nicht viel von den Schützengräben des 1. Weltkriegs, denen er entkommen ist, unterscheidet.

Wer schon mal Philipp Marlowe und Co gelesen hat, wird sich ganz schnell in diese Bücher zurückversetzt fühlen, denn Weigold schafft es hervorragend, den Ton dieser Art von Büchern aufzugreifen. Dadurch, dass er einen deutschen Helden in Hollywood schafft, unterscheidet er sich dann auch von den Hardboiled-Detektiven, denn obwohl sich Hardy gut in Hollywood auskennt, fehlt ihm der entsprechende Hintergrund. Dafür erwähnt er ab und zu seine Herkunft, was wichtig ist, denn die Filmindustrie wurde unter anderem von Deutschen errichtet. All die Intrigen und Wendungen, die dieser Fall genommen hat, machen das Buch zu einer spannenden Zeitreise, und ziemlich oft habe ich die Namen und Ereignisse gegoogelt; tatsächlich basiert der Fall auf wahren Ereignissen. Wenn ich irgendwas kritisieren könnte, wäre das die Länge des Buches, ein paar Seiten weniger hätten es noch mitreißender werden lassen können. Ich warte gespannt auf den zweiten Fall von Hardy Engel. 4,5/5 Sternen.

Veröffentlicht am 28.11.2017

Lizenz zum Töten

Scythe – Die Hüter des Todes
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In einer Zukunft, in der es keine Kriege, keine Krankheiten und eine Medizin gibt, die so hochentwickelt ist, dass man fast jeden Toten wiederbeleben kann, in welcher der Thunderhead - das virtuelle Gehirn ...

In einer Zukunft, in der es keine Kriege, keine Krankheiten und eine Medizin gibt, die so hochentwickelt ist, dass man fast jeden Toten wiederbeleben kann, in welcher der Thunderhead - das virtuelle Gehirn der Menschheit -, dafür sorgt, dass es jedem Menschen gut geht, wächst die Bevölkerung natürlich ins Unermessliche. Um sie einigermaßen stabil zu halten, gibt es die Scythe, die Hüter des Todes, die Einzigen, die das Recht und die Pflicht zum Töten ausgewählter Menschen haben. Rowan und Citra, beide äußerst unterschiedliche Jugendliche, aber mit einem tiefen Sinn für Recht und Gerechtigkeit, werden von Scythe Faraday ausgewählt, seine Lehrlinge zu sein. Doch auch in einer fast perfekten Welt ist nicht alles in Ordnung, und Citra und Rowan geraten in einen Mahlstrom zwischen zwei verschiedene Gruppierungen der Scythe. Am Ende ihrer Lehrzeit, erfahren sie, wird einer den anderen töten müssen - es kann nur einen geben ...

Ich habe erst vor kurzem Homo Deus gelesen, auch ein paar andere Bücher, in der mögliche Zukunften besprochen werden. Von daher finde ich die vorgestellte Welt nicht gar so abwegig, wie man glauben möchte. Mir hat diese Fast-schon-Utopie gefallen; natürlich war ich abgestoßen vom Gedanken, dass eine Gruppe über dem Gesetz stehender Menschen andere offiziell hinrichten darf. Denn das ist das Problem, immer da, wo Menschen sind, wird Neid, Missgunst, Hass, Boshaftigkeit und generell auch negative Eigenschaften geben. Diese wurden hier gut verkörpert durch Scythe Goddard und seine Junior-Scythe, die gewissenlos Menschen abschlachteten und Spaß daran hatten. Dass die Scythe, die sich durch ihre Gebote fast dazu verpflichten mussten, wie Mönche zu leben, ohne Familienbande, Geliebte, abseits von Hedonie und Leichtigkeit, macht es ihnen nicht leichter, und diejenigen, die ohnehin instabil sind, werden leichter in Versuchung geführt, ihre Macht nach Gutdünken auszuüben. Ein wirklich interessantes Gedankenspiel, das uns Shusterman hier vorführt, vielleicht ab und zu ein bisschen zu schwarz-weiß und vorhersehbar, aber durchaus ein Lichtblick und etwas zum Nachdenken im Jugendbuchbereich. Die Sprecher waren das I-Tüpfelchen der Geschichte, allen natürlich voran der Hauptsprecher, aber auch die anderen waren sorgfältig ausgesucht und machten ihre Sache hervorragend.

Veröffentlicht am 06.11.2017

Sechs Minuten

Crimson Lake
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Sechs Minuten sind keine lange Zeit, egal unter welchen Parametern man rechnet. Und doch reichen sie aus, um das Leben des Polizisten Ted Concaffey zu zerstören. Man hat ihn im Gespräch mit einem jungen ...

Sechs Minuten sind keine lange Zeit, egal unter welchen Parametern man rechnet. Und doch reichen sie aus, um das Leben des Polizisten Ted Concaffey zu zerstören. Man hat ihn im Gespräch mit einem jungen Mädchen gesehen, das vergewaltigt wurde und dadurch den Verstand verlor. Er verliert alles - Job, Familie, Glaubwürdigkeit, auch wenn er nach acht Monaten im Gefängnis wieder rauskommt. Und so flieht er in den Norden Australiens, in die Kleinstadt Crimson Lake. Doch auch dort findet er keine Ruhe, denn er wird erkannt. Als er dann noch Amanda kennenlernt, die acht Jahre wegen Mordes im Knast gesessen und jetzt ein Detektivbüro eröffnet hat, wird er nicht nur ihr Partner bei der Klärung eines Mordfalls, sondern kommt auch ihrem Geheimnis auf der Spur und muss die Feindseligkeit der Menschen um sich herum überleben.

Wow. Ich kannte schon Fox' Erstling, Hades. Mochte auch den Schreibstil und die Ideen, aber die Umsetzung gefiel mir nicht so, auch die Logik nicht. Wenn man genau hinsieht in diesem Krimi, weiß man auch, dass sich Fox von ihrem Hades nicht wirklich zu trennen vermochte, denn sein Zwillingsbruder taucht auf, der seine Leichen jedoch nicht auf dem Schrottplatz, sondern bei den Krokodilen entsorgt. Krokodile spielen auch eine Hauptrolle hier, ist doch das Mordopfer im Magen eines Riesenkrokos gefunden worden. Doch die eigentlichen Kreaturen, vor denen man sich hier fürchtet, sind nicht die Urzeitwesen, die die Sümpfe und Flüsse unsicher machen - es sind die Menschen, die vorverurteilen und in ihrer scheinbar gerechten Empörung nicht davor zurückschrecken, anderen Leuten Furchtbares anzutun. Ich fand den Fall zum Schluss ein wenig lasch gelöst, aber die unglaubliche Intensität der Verurteilung, des Hasses und der Gewaltbereitschaft scheinbar rechtschaffender Bürger hat mich so mitgerissen, dass ich auf jeden Fall die anderen beiden Bücher der Trilogie lesen will, um zu erfahren, wie es mit Ted und Amanda weitergeht, bei denen es zum Glück kein Liebesgedöns gibt. Empfehlung von mir, 4,5/5 Punkten.