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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 16.05.2023
  • ISBN: 9783498002947
Lidia Ravera

Sprich mit mir

Annette Kopetzki (Übersetzer)

Das mitreißende Porträt einer Frau, die aus ihrer Einsamkeit gerissen und mit ihrem früheren Leben als politische Aktivistin konfrontiert wird. Ein Buch, das heute spielt, eine fremde und doch so nahe Vergangenheit heraufbeschwört und zeigt, dass Flucht nicht immer der Ausweg ist.

Eine Frau über sechzig. Sie lebt zurückgezogen in einem Haus am Tiber, am Stadtrand von Rom. Eines Tages bekommt sie neue Nachbarn. Eine Familie mit zwei Kindern zieht in die Wohnung gegenüber: Die Eltern gehören zur Generation Prekariat, der Vater ist Musiker, die Mutter jobbt. Sie haben eine dreijährige Tochter und einen jugendlichen Sohn, Anhänger von Fridays for Future. Sie brauchen eine Nanny und wenden sich an die Nachbarin. Und auch wenn die ältere Dame anfangs reserviert wirkt und wenig von sich preisgibt, wird das Verhältnis nach und nach enger. Bis sie den Großvater der Kinder kennenlernt, Pietro, einen attraktiven Mann. Er erinnert sich an sie. An die blutigen Jahre des Aufruhrs, damals in den  Siebzigerjahren, als ihr Foto in allen Zeitungen war.

In ihrer Jugend war die italienische Feministin Lidia Ravera die Stimme der Frauen ihrer Generation, sie schrieb in den 70er Jahren das fiktive Tagebuch «Schweine mit Flügeln», das sich weltweit über 3 Millionen mal verkaufte. Heute ist sie es wieder.  

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Lesejury-Facts

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  • MarieOn hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.11.2024

Starke und berührende Geschichte

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Sie hat sich arrangiert, lebt in ihrer Wohnung am Tiber. Morgens ein kleiner Spaziergang, gegen Mittag dann ein Konzert einer ihrer geliebten Klassiker auf dem Sofa. Gegen Abend eine karge Mahlzeit und ...

Sie hat sich arrangiert, lebt in ihrer Wohnung am Tiber. Morgens ein kleiner Spaziergang, gegen Mittag dann ein Konzert einer ihrer geliebten Klassiker auf dem Sofa. Gegen Abend eine karge Mahlzeit und dann Sartre, Tolstoi oder Hemingway zu einem gekühlten Weißwein. Seit sie ihre Strafe abgesessen hat, hat sie sich in sich selbst eingeschlossen. Doch an einem außerordentlichen Vorfrühlingstag stört sie ein Transporter vor dem Haus, als sie vom Einkauf kommt. Er steht auf dem Trottoir, auf der Ladefläche ein junger Mann mit langen schwarzen Locken. Er wirft einen Karton in den Hausflur vor ihre Füße. Sie tritt zurück und beobachtet eine Frau barfuß, in kurzem Leinenkleid, kleine feste Brüste. Sie rennt zu dem Lockenkopf, schwingt die Arme um seinen Hals, die Beine um die Hüften und ruft lachend Michele. Er umarmt sie und sagt Maria. Die Szene ist so intim, dass sie die Treppe nach oben schleicht, in den dritten Stock.

Ihre Stille ist dahin. Die Ruhe seit ihrer geräuschvollen Jugend. Seit „Sie“ in ihren Zufluchtsort eingedrungen sind, wie eine stürmische Böe.

Später bemerkt sie, dass das Schlafzimmer der beiden an ihres grenzt. Sie befürchtet den beiden beim Sex zuhören zu müssen. Der letzte Mann, der sie selbst berührte, war Furio und das ist viele Jahre her. Doch die beiden lachen und reden dann flüsternd. Sie scheinen sich wirklich gut zu verstehen. Zur Sicherheit drückt sie eine Tablette aus dem Blister auf ihrem Nachttisch und spült sie herunter.

Am nächsten Tag reißt energisches Klopfen sie aus ihrer Musik. Sie öffnet widerwillig und da stehen ihre neuen Nachbarn. Die Frau redet viel, er beobachtet. Sie weiß, dass sie die beiden hereinbitten muss, alles andere wäre unhöflich.

Fazit: Lidia Ravera ist eine außergewöhnliche Schriftstellerin. Sie hat jedes Wort an die richtige Stelle gerückt (sicher hat auch die Übersetzerin hier großes geleistet) Die Autorin erzählt die Geschichte aus Sicht ihrer Protagonistin, die in den 70-er-Jahren als Oppositionelle gekämpft hat und dafür bestraft wurde. Sie fürchtet die Verurteilung durch Mitmenschen so sehr, dass sie ein Eremitendasein wählt. Durch die Familie, die gleich neben ihr eingezogen ist, allen voran, die kleine Tochter, bekommt das Weltliche einen neuen Stellenwert. Die Autorin hat gut durchdachte Charaktere geschaffen, die auf ganzer Linie überzeugen. An den richtigen Stellen blitzen kleine Lichter der vergangenen Tragödie auf. Die Protagonistin erkennt klug die Bedürfnisse und Intentionen ihrer Mitmenschen, aber auch ihre eigenen. Eine starke, durch und durch berührende Erzählung.

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