Bedeutsamer, aber ruhiger Roman
Hey guten Morgen, wie geht es dir?Junos Tage verlaufen alle ähnlich. Sie unterstützt ihren Mann Jupiter, der an Multiple Sklerose erkrankt ist und die meiste Zeit im Rollstuhl oder im Bett verbringt. Beruflich versucht sie, die Nachwirkungen ...
Junos Tage verlaufen alle ähnlich. Sie unterstützt ihren Mann Jupiter, der an Multiple Sklerose erkrankt ist und die meiste Zeit im Rollstuhl oder im Bett verbringt. Beruflich versucht sie, die Nachwirkungen der Pandemie abzuschütteln, denn als Performance-Künstlerin hat sie ein paar schwere Jahre hinter sich. Eines Nachts schreibt ein Love Scammer sie an und Juno spielt mit, erfindet sich selbst neu und spinnt Lügengeschichten. Doch der junge Mann namens Benu bereut seine Taten bald und die beiden schreiben sich täglich, führen Videocalls und reden über alles Mögliche.
Martina Hefters neuster Roman „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ wurde mit dem Deutschen Buchpreis 2024 ausgezeichnet und rückte daher in mein Blickfeld. Die Handlung kann in Teilen durchaus als autobiografisch bezeichnet werden, was die Autorin in ihrem Nachwort auch so angibt. Hefter ist selbst Perfomancekünstlerin, während ihr Mann die Vorlage zu Jupiter lieferte. Geschickt spielt die Autorin hier mit den Grenzen zwischen Fiktion und Realität, aber in vielen Szenen ist klar herauszulesen, dass sie weiß, wovon sie schreibt.
Die Geschichte behandelt mehrere wichtige Themen. Auf der einen Seite wird Junos Leben als pflegende Partnerin dargestellt: welche Einschränkungen das für sie bedeutet, wie es ihre Beziehung zu Jupiter beeinflusst und wie der Druck der Verantwortung auf ihr lastet. Auf der anderen Seite schildert die Autorin auch, welche Steine Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit in den Weg gelegt werden. Sei es der jährliche Kampf mit der Pflegeversicherung oder der Versuch, mit einem Rollstuhl in einen Zug der Deutschen Bahn zu gelangen. Durch Benu, der in Afrika lebt, kommt noch das Thema Kolonialismus hinzu. Denn zu Beginn fragt dieser sich ganz ehrlich, ob das Ausnehmen deutscher Frauen nicht irgendwie auch ein Ausgleich für die Ausbeutung Schwarzer Menschen sei.
„Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ ist ein bedeutsamer, aber ruhiger Roman, der sich hauptsächlich mit dem Alltag der handelnden Personen beschäftigt. Mir persönlich fehlte zu einer Bestnote noch ein klein wenig mehr.