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Veröffentlicht am 15.09.2016

Wunderbare Geschichte

Die Hüterin der Geschichten
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Darum geht's:
Jennia Beth Gibbs, genannt Jen, ist Lektorin in einem großen Verlagshaus. Für sie hat sich ihr langgehegter Traum erfüllt, als sie einen Job im kleineren, aber renommierten Verlag Vida House ...

Darum geht's:
Jennia Beth Gibbs, genannt Jen, ist Lektorin in einem großen Verlagshaus. Für sie hat sich ihr langgehegter Traum erfüllt, als sie einen Job im kleineren, aber renommierten Verlag Vida House bekommt. Als ehemalige Sachbuchlektorin ist sie eigentlich nicht für Romane zuständig und doch liegt eines Tages ein altes Konzept zu einer Geschichte auf ihren Tisch. Sie weiß nicht, woher dieses plötzlich kommt, denn im Vida House gibt es den sogegannten "Slash Mountain", ein "Berg" eingesandter Manuskripte, die niemand außer dem Chef persönlich anfassen darf. Als sie zu lesen beginnt, ist sie sofort fasziniert von der wundervollen Geschichte des Melungeon Mädchens Sarra aus den Blue Ridge Mountains. Die Geschichte aus dem 19. Jahrhundert lässt ihr keine Ruhe und sie möchte unbedingt herausfinden, wer der Autor dieses mysteriösen Manuskriptes ist. Doch der Ort in den Appalachen, wo die Erzählung spielt und wo sie auch den Autoren vermutet, liegt nur unweit ihrer ehemaligen Heimat, in die sie nie wieder zurückkehren wollte...So viel zum Inhalt, der sich an und für sich schon richtig toll anhört.

Meine Meinung:
Bücher, die von Buchliebhabern handeln oder Menschen, die mit diesen zu tun haben, sind bei uns Bloggern ganz besonders beliebt. Warum wohl? Weil wir selbst unsere Bücher lieben und hegen und pflegen wie kleine Schätze!
Da ich beim Francke Verlag schon sehr oft wirklich großartige Bücher lesen durfte, stimmte hier für mich alles, um mich für "Die Hüterin der Geschickten" für eine Lovelybooks Leserunde zu bewerben. Und ich war eine der wenigen glücklichen Gewinnerinnen eines Romans, der mich wieder vollkommen überzeugt und der mir sehr gut gefallen hat.

Unsere Hauptprotagonistin Jen kommt aus einem kleinen Ort, der nicht gegensätzlicher zu ihrem jetzigen Wohnort New York sein könnte. In ihrer Heimatgemeinde ist ihr Vater ist das Oberhaupt einer sektenähnlichen Gemeinschaft. Die Frauen dort haben wenig zu sagen und werden schon als Teenager verheiratet. Geld ist kaum vorhanden und die Gegend ist sehr ärmlich. Jen ist eine der wenigen, die es schafft und die "Gemeinschaft der Brüder" verlässt. Sie ist deswegen nicht mehr gern gesehen, aber ihr Geld ist trotzdem äußerst willkommen. Als sie dorthin aufbricht, fühlt der Leser ihren großen Gewissenkonflikt. Sie unterstützt noch immer ihre Geschwister, doch zu ihren Vater hat sie ein äußerst schlechtes Verhältnis. In ihrer Kindheit hat sie kaum Liebe erfahren, denn ihre Mutter hat die Familie verlassen und der Vater und die Großmutter hatten nie ein nettes Wort für Jennia übrig. Sie leben nach der Gemeinschaft und einem Gott, der streng und unerbittlich ist. So ist es verständlich, dass Jen anfangs zögert genau dorthin zurückzukehren. Doch sie ist sich ziemlich sicher, dass der Autor des Manuskriptes Evan Hall ist, der sich nach seinem großen Erfolg als Jungautor total zurückgezogen hat. Hall schottet sich seitdem von seinen Fans ab, gibt keine Interviews und will kein Buch mehr schreiben. Ein harter Brocken für Jen und eine große Herausforderung, besonders da sie den Job erst angenommen hat.

Der Leser erhält ebenfalls Einblicke in das unvollendete Manuskript, das Ende des 20. Jahrunderts spielt und vom Melungeon Mädchen Sarra und dem Anthropologie-Studenten Randolph handelt. Wie sich der junge Mann aus gutem Hause und das junge Mädchen treffen, ist sehr spannend und anschaulich erzählt. Auch erfährt man mehr über die Melungeons, die in den Appalachen leben und die gemischtrassiger Herkunft sind. Sie sollen eine Mischung aus Indianern, Afrikaner und den zugewanderten Europäern sein. Sie haben helle, meist blaue Augen, dunkle Haare und olivfarbene Haut. Die Menschen mieden sie und es gab damals viele böse Gerüchte über diesen unbekannten Volksstamm, vergleichbar mit den Hexenverleumdungen. Im Laufe der Handlung kommen sich Sarra und Rand näher und versuchen gegen all die Anfeindungen der Menschen zu überleben.

"Unsere Geschichten haben Macht. Sie leben, sie sprechen zu uns, sie inspirieren. Sie bewirken Veränderung. Aber sie sind auch zerbrechlich. Ihre Botschaft kann so leicht durch die Zeit oder durch mangelndens Interesse verloren gehen....." -- Seite 373 --

Der einzige kleine Minuspunkt ist der Epilog der Geschichte, der doch ein paar kleine Fragen unbeantwortet lässt. So bleibt aber auch noch ein bisschen Stoff für eine Fortsetzung....

Schreibstil:
Lisa Wingate hat nicht umsonst den Christy Arward 2015 gewonnen. Ihr wunderbarer poetischer und empfindsamer Schreibstil, der sich angenehm lesen lässt, hat mich von Beginn an bezaubert. Auch einige humorvolle Einlagen durch Jen's Hund "Freitag", ein äußerst knurriger Chihuahua, lockerte die Geschichte immer wieder auf, die manchmal (wenn es um Jens Familie ging) ein bisschen bedrückend war. Auch die sehr bildhaften Beschreibungen der Landschaft und der Gegend ist wirklich gelungen. Der christliche Aspekt ist sehr unaufdringlich in die Story eingeflochten.

Fazit:
Ein hervorragender Roman, der zeigt wie wichtig Geschichten und dessen Botschaften sind. Der angenehme Schreibstil und die fesselnde Story ließen mich vollkommen in diesen Roman eintauchen und alles rund um mich vergessen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Toller Reihenauftakt!

Die Nightingale-Schwestern
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Den ersten Teil dieser Reihe habe ich mir aus der Bücherei ausgeliehen, da ich mir nicht sicher war, ob ich mit der Geschichte etwas anfangen kann. Ich war doch etwas skeptisch, da ich Angst hatte eine ...

Den ersten Teil dieser Reihe habe ich mir aus der Bücherei ausgeliehen, da ich mir nicht sicher war, ob ich mit der Geschichte etwas anfangen kann. Ich war doch etwas skeptisch, da ich Angst hatte eine kitschige Ärztegeschichte vor mir zu haben. Doch das war völlig unbegründet!
Ich bin absolut positiv überrascht von den Nightingale Schwestern, das mir wie eine Mischung aus Downtown Abbey und Greys Anatomy vorkommt. Warum?
Zum ersten Vergleich, weil es in der Zwischenkriegszeit spielt...also ein bisschen später als zu Beginn von Downtown Abbey. Jedoch haben wir es hier auch mit einem zu tiefst traditionellen Haus, der Nightingaler Krankenschwesterschule, zu tun. Hier werden großteils Mädchen aus besseren Kreisen ausgebildet, aber auch fleißige junge Frauen aus der unteren Schicht gelingt manchmal die Aufnahme. Der Roman erzählt von drei sehr verschiedenen Mädchen aus unterschiedlichem Milieu. Der Leser erhält einen tollen Einblick in das Leben der drei Hauptprotagonistinnen und deren Familien.
Der Vergleich zu Greys Anatomy drängt sich auf, weil es in einem Krankenhaus spielt...ja, ich weiß, etwas einfach, aber der Leser erhält hier auch einen tiefen Einblick in den damaligen Krankenhausalltag und die Pflege allgemein und dies kurz vor Beginn des zweiten Weltkrieges. Dies wird sehr interessant dargestellt und man erkennt, wie viel sich in den letzten achzig Jahren in Sachen Medizin getan hat.

Im ersten Band der Reihe geht es um das erste Lernjahr an der Nightingale. Die drei Hauptprotagonistinnen Dora, Helen und Millie beginnen ihr erstes Lehrjahr bzw. Millie bekommt eine zweite Chance es zu wiederholen.
Dora ist diejenige, die aus ärmlichen Verhältnissen kommt und es geschafft hat an der Nightingale aufgenommen zu werden. Dies hat sie vorallem der neuen Leiterin zu verdanken, die auch Mädchen, die nicht aus der Oberschicht kommen, eine Chance gibt. Und so erhält Dora die Chance, sich zu beweisen. Und Dora ist ehrgeizig, denn sie will vorallem ihrem Stiefvater entfliehen.
Millie, die eigentlich Lady Amelia Charlotte Benedict heißt, muss das erste Jahr wiederholen, da sie meistens ganz andere Dinge im Kopf hat, als zu lernen. Ihr fällt es besonders schwer, die strengen Regeln im Hause einzuhalten. Trotzdem möchte sie unbedignt Krankenschwester und auf keinen Fall verheiratet werden. Sie ist eine moderne junge Frau, die auf eigenen Füßen stehen will, die jedoch die alleinige Erbin eines großen Familiensitzes ist.
Die Dritte im Bunde ist Helen, deren Mutter Mitglied des Kuratoriums ist und die jeden Schritt ihrer Tochter ausspioniert. Außerdem wird Helen von den Mitschülerinnen gemobbt, die denken, sie verrät ihrer Mutter alle Vorkommnisse im Internat. Dabei ist die junge Frau eine sehr unglückliche Seele, die von ihrer Mutter kontrolliert wird und keine Freundinnen hat, bis ihre beiden Zimmerkolleginnen, Dora und Millie, ein bisschen auf sie zugehen und bemerken, wer so hinter der wirklichen Helen steckt.
Neben den interessanten Begebenheiten an der Schule, die sehr lebendig beschrieben werden und auch mit Humor glänzen, spielt auch der familäre Hintergrund der drei jungen Frauen eine große Rolle. Überraschende Wendungen und Schicksalschläge, humorvolle Begebenheiten und die beginnende Freundschaft zwischen den drei so unterschiedlichen Mädchen, ließen mich an den Seiten kleben.

Das Ende des ersten Teiles ist rund und es gibt keinen Cliffhanger. Man könnte es auch als Einzelband stehen lassen, jedoch ist man nach dem zuklappen der letzten Seite begierig darauf weiterzulesen und zu erfahren, wie es mit Dora, Millie und Helen im zweiten Lehrjahr weitergeht.
Eine Reihe, die ich mir als Verfilmung sehr gut vorstellen könnte!

Charaktere:
Dora, Millie und Helen, deren Familien, aber auch die anderen Mädchen aus dem Internat und das Lehrpersonal, werden hier sehr anschaulich beschrieben. Ich hatte alle Personen in meinem Kopf und von jedem ein Bild vor Augen, und dass bis zum letzten Nebenprotagonisten. Gratulation an die Autorin! Besonders bei so vielen Personen und unterschiedlichen Charakteren bleiben oft einige Protagonisten blass, was hier aber definitiv nicht der Fall ist. Die Mädchen entwickeln sich weiter und man klebt an den Seiten, um zu erfahren, was als Nächstes passieren wird..

Schreibstil:
Der wunderbar flüssige Schreibstil der Autorin lässt einem durch den fast 600 Seiten dicken Roman nur so durchfliegen. Die Kapitel haben die passende Länge und trotz der vielen Seiten, gab es weder Längen oder Einbrüche. Durch den Wechsel der Perspektiven aus der jeweiligen Sicht der drei Mädchen, kann der Leser diese aus verschiedenen Blickwinkeln miterleben, was die Geschichte durchgehend spannend und ereignisreich macht.

Fazit:
Ein toller Beginn einer Reihe, die viel Potential hat und bereits einen starken Anfang hinlegt. Tolle Charakterbeschreibungen, lebhafter Schreibstil und absolut keine Längen, ließen mich die fast sechshundert Seiten im Rekordtempo lesen. Was will man mehr von einem Buch? Für mich gibt es keinen einzigen Kritikpunkt, deshalb vergebe ich 5 Sterne und freue mich auf Band 2.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Toller historischer Abenteuerroman!

Bucht der Schmuggler
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Was für eine tolle Mischung aus Abenteuer- und historischen Roman!

Der Roman wird abwechselnd in zwei Erzählsträngen erzählt. Im Ersten lernen wir Jan van Hagen kennen, welcher eben erst von einer erfolgreichen ...

Was für eine tolle Mischung aus Abenteuer- und historischen Roman!

Der Roman wird abwechselnd in zwei Erzählsträngen erzählt. Im Ersten lernen wir Jan van Hagen kennen, welcher eben erst von einer erfolgreichen Fahrt mit seinem Handelsschiff, der "Sophie", zurück in seine Heimatstadt Bremen kommt. Doch das Glück ist ihm nicht hold, denn sein Vater liegt im Sterben und die Schulden sind so hoch, dass er nun die Wahl zwischen dem Schuldturm und der Flucht hat. In Europa herrscht Krieg und der Seehandel floriert, besonders durch den Schmuggel zwischen der alten und der neuen Welt. So fällt die Entscheidung nicht wirklich schwer..... Jan sucht zuerst einen alten Freund und Handespartner seines Vaters in Amsterdam auf, den er um Hilfe bittet. Von diesem erhält er den Auftrag nicht nur mit den Westindischen Inseln Handel zu treiben, sondern auch seinen Sohn zu finden, der mit der "Albatros" irgendwo in der Karibik verschollen ist. Die Spanier haben jedoch ein Handelsembargo für alle nicht spanischen Schiffe erlassen, was den Handel für alle Anderen mit Schmuggel gleichsetzt. Außerdem soll Jan Sklaven an Board nehmen, was ihm äußerst widerstrebt.....

Der zweite Erzählstrang entführt uns nach Hispaniola, der heute zweigeteilten Insel mit den Ländern Haiti und der Dominikanischen Republik. Dort lebt Doña Maria mit ihrem Mann Don Miguel. Sie züchten Rinder und bauen Zuckerrohr an, das sie an die Spanier verkaufen. Einen Teil davon halten sie allerdings, wie alle Plantagenbesitzer auf Hispaniola, als Schmuggelware zurück. Der neue vorübergende Gouverneur Don Alonso möchte diesen allerdings unterbinden und bestraft jeden, den er mit vermeintlicher Schmugglerware antrifft....sogar mit dem Tod. Dabei hat er aber seine eigene Ziele im Auge..... Im Gegensatz zu den meisten anderen Plantagenbesitzern gehen Doña Maria und Don Miguel freundlich mit ihren Sklaven um. Als sich ein flüchtender Leibeigener auf ihre Plantage rettet, hilft ihm Doña Maria. Mit dieser Aktion macht sie sich einige Feinde und bringt sich und ihren Mann in Gefahr....

Auch als Binnenländerin erlebte ich hautnah die Schifffahrt über den Atlantik mit. Der lebendige Schreibstil und die Bilder, die in meinem Kopf entstanden, entführten mich auf eine abenteuerliche Fahrt auf der "Sophie", gemeinsam mit Jan und seiner Crew. Die Abenteuer am Schiff und anschließend beim Einlaufen in Santa Domingo ließen mich an den Seiten kleben. Obwohl manche Ereignisse ein klein wenig vorhersehbar waren, konnte mich der Autor trotzdem mit einigen unerwarteten Wendungen überraschen. Das Thema Sklaven, die höfische Etikette, die auch in den Kolonien streng beachtet wird, der Schmuggel und der Aberglaube, sind nur einige Themen, die der Autor in seiner Geschichte vermittelt.
Nach der ereignisreichen Ankunft in der Hauptstadt von Hispaniola fügen sich die beiden Erzählstränge langsam zu einem Einzigen zusammen. Die Ereignisse überschlagen sich und schreien, nachdem man die letzte Seite zugeschlagen hat, nach einer Fortsetzung...besonders auch, weil einige wenige Fragen offen bleiben....

Schreibstil:
Der Autor hat einen wundervollen lebendigen Schreibstil, der Bilder im Kopf entstehen lässt. Das Leben der Sklaven auf den Inseln, der Handel und die Willkür einzelner Personen wird anschaulich beschrieben. Man riecht die exotischen Blumen, das Meer und den Schweiß der Leibeigenen. Der Roman wird abwechselnd aus Jans und Doña Marias Sicht erzählt und unterteilt sich in fünf Abschnitte. Das Personenverzeichnis zu Beginn des Romanes hilft anfangs etwas über die Vielzahl der Nebencharaktere hinweg.

Charaktere:
Jan, unser Hauptprotagonist, ist anfangs noch etwas "grün" hinter den Ohren. Er versteht zwar etwas von Schiffen, aber nicht sehr viel vom Handel. Außerdem hat er Europa mit seiner "Sophie" noch nie vorher verlassen. Doch ihm bleibt keine Wahl und schon auf der Überfahrt zeigt sich sein aufrechter Charakter, der einem Kapitän gebührt.
Mit dem Doktor an seiner Seite, der eigentlich gar keiner ist, und der ebenfalls seine eigenen Ziele verfolgt, hat er einen guten Freund gefunden. Eljse, die sich an Board schmuggelt, ist ein herzerfrischender Charakter, den man einfach mögen muss, genauso wie Fiete, der Schiffsjunge.
Auf der Insel ist die Hauptprotagonistin Doña Maria, eine spanische Adelige, die zuerst wie das schöne Anhängsel ihres Mannes wirkt, sich jedoch gegen die Etikette stellt und die Sklaven menschlich behandelt. Den Gutmenschen gegenüber steht an erster Stelle der "Bösewicht" Don Alonso, der von Macht und seiner alleinigen Herrschaft über die Stadt und der Insel träumt. Mit Don Diego hat er einen Gleichgesinnten gefunden. Aber auch einige Sklaven, wie Babatunde und Maria Begnina bleiben im Gedächtnis.
Obwohl es doch einige Tendenzen zur Unterteilung in nur Gute oder nur Böse gibt, sind die Charaktere alle wunderbar gezeichnet und ich konnte mir jeden von ihnen bildlich sehr gut vorstellen.

Cover:
Ein paar Worte zum Cover muss ich auch noch verlieren, denn ich finde es wirklich großartig! Hier hat der Grafiker des Verlages einen richtigen Eyecatcher geschaffen.

Fazit:
Ein historischer Abenteuerroman mit einem Schuss Romantik, der uns in die Karibik des 17. Jahrhunderts führt und der nach einer Fortsetzung schreit. Großartiger Schreibstil, tolle Spannung und nur ein bisschen vorhersehbar, erinnert der Roman an eine Mischung aus "Fluch der Karibik", einem Südstaatenroman und "Roots".

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein grandioser Roman - Leseempfehlung!

Winterhonig
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Darum gehts:
1930. Die Zeiten sind rauh, das Bauernleben hart. Jede Hand wird auf dem Hof gebraucht. Deshalb müssen die Kinder der Familie fest mitanpacken, ganz besonders als auch noch die Mutter stirbt. ...

Darum gehts:
1930. Die Zeiten sind rauh, das Bauernleben hart. Jede Hand wird auf dem Hof gebraucht. Deshalb müssen die Kinder der Familie fest mitanpacken, ganz besonders als auch noch die Mutter stirbt. Mathilde ist erst 6 Jahre alt und die Jüngste der zehn Kinder. Niemand kümmert sich um die Kleinste, außer ihr Bruder Joseph und Karl, der Stallknecht des benachbarten Gutshofes. Karl beschützt die kleine Tildeken und es entseht eine wunderbare Freundschaft zwischen den Beiden. Er lernt ihr heimlich das Reiten, das ihr später während des Krieges zugute kommt.
Zehn Jahre später. Mathilda hat ihr Pflichtjahr beendet und kehrt auf dem Bauernhof zurück, kurz bevor ihr Bruder Joseph in den Krieg ziehen muss. Mit Karl, ihrem Freund aus Kindertagen, verbindet sie eine tiefe Liebe, doch der junge Mann hat Mathilda vor zwei Jahren ohne Erklärung zurückgelassen. Damals hat er den Gutshof verlassen und ist zur Wehrmacht gegangen, um ein Geheimnis zu schützen, das ihm das Leben kosten könnte....

Meine Meinung:
Die Autorin hat den Genrewechsel gewagt und sich das erste Mal für einen Roman mit einem historischen Hintergrund entschieden. Inspiriert von den Erinnerungen ihrer Großmutter, hat sie deren Erlebnisse mit einer fiktiven Handlung zu einem großartigem Buch zusammengefügt. Dabei hat sie genauso hervorragend historische Fakten recherchiert und einen sehr authentischen und glaubwürdigen Roman geschrieben, in dem man völlig versinkt und erst nach der letzten Seite wieder auftaucht - berührt und voller Bilder im Kopf, die einem noch tagelang bewegen.

Dieser Roman um Mathilda, genannt Tildeken, die jüngste Tochter einer Bauernfamilie und Karl, dem besten Freund ihres Bruders, ist keine gewöhnliche Liebesgeschichte - nicht nur, weil sie während des zweiten Weltkrieges spielt, sondern weil sie einfach authentisch ist und aus dem (Kriegs-)leben einfacher Menschen erzählt. Die fast 600 Seiten entführen uns ins ländliche Paderborner Land.

Der Leser verbringt die Kriegsjahre abwechselnd mit Karl an der Front oder am Hof von Mathildas Familie. Der Zweite Weltkrieg wird mit seiner ganzen Grausamkeit geschildert, egal wo man sich mit den Protagonisten aufhält. Auf dem Land ist der Krieg auf andere Weise spürbar. Die meisten Männer sind eingezogen worden und nach und nach müssen die Frauen die Männerarbeit übernehmen, was besonders bei der Ernte zu Schwierigkeiten führt. Auch die Lebensmittel werden immer weniger, obwohl man am Land -im Vergleich zur Stadt- noch begünstigt ist. Die Pferde vom benachbarten Gestüt werden nacheinander beschlagnahmt und für Kriegsdienste verwendet. Medizin ist kaum mehr zu bekommen und für viele Menschen, auch abseits der Front, kommt jede Hilfe zu spät. Auch die Moral und die Religion sind immer wieder Themen, die aufgegriffen werden. Das nationalsozialistische Gedankengut beginnt immer mehr eine Rolle zu spielen und so schleichen sich langsam Furcht und Misstrauen in das kleine Dorf in Westfalen ein....

Das Rezept für den Winterhonig ist am Ende des Buches angefügt.

Charaktere:
Mathilda ist am Beginn des Romans ein unbedarftes Kind von sechs Jahren, das ihre Mutter verliert. Niemand kümmert sich um sie, außer ihrem vire Jahre älteren Bruder Joseph, der sie ab und zu verwöhnt und ihr etwas Zuneigung schenkt. Sie muss genauso zupacken, wie ihre älteren Geschwister und ist oft sehr einsam. Der Vater wird nach dem Tod seiner Frau noch unzugänglicher. Lachen hört man ihn und seine Kinder nur mehr selten.... Doch Mathilda bleibt ein sympathisches und liebesvolles Mädchen.

Auch Karl hat eines durchgemacht und findet zuerst Hilfe am Gutshof, wo er seiner großen Leidenschaft, dem Pferde zureiten, nachgehen kann. Er ist großzügig und liebenswert, die Mädchen schwärmen für ihn. Außerdem umgibt ihn eine geheimnisvolle Aura. Als er in den Krieg ziehen muss, teilt er die Euphorie seiner Kameraden nicht. Er ist ein loyaler Kamerad und Soldat, trotzdem leidet er immer mehr an den Grausamketen des Krieges und fürchtet um sein Geheimnis.

Eine wichtige Rolle spielt auch Viktoria, die Gutsbesitzerin. Von den Dorfbewohnern wird sie angefeindet, weil sie keine Katholikin, sondern Protestantin ist. Mathilda findet in ihr eine Stütze und Freundin. Außerdem darf sie Vikrtoria helfen, die Pferde für den Kriegsdienst einzureiten.
Neben den Geschwistern von Mathilda und den Nachbarmädchen, mir denen gemeinsam die Ernte eingeholt wird, lernt man auch Brüder Boeselager kennen, die im Zweiten Weltkrieg am Widerstand beteiligt waren und denen nicht nur im Roman, sondern auch im Nachwort der Autorin noch einige Zeilen gewidmet sind.

Schreibstil:
Der wunderbare flüssige und bildgewaltige Schreibstil der Autorin entführt den Leser in eine Welt, in die man völlig eintaucht. Die detaillierten Beschreibungen dieser grausamen Zeit und der Gefühle und Gedanken der Menschen sind fantastisch dargestellt. Die Rückblenden zwischen den Kriegsjahren und den Jahren davor hat die Autorin gekonnt gelöst und gut ineinander "verwebt". Die Erzählung ist authentisch und gut recherchiert.

Fazit:
Ein grandioser und bewegender Roman, mit authentischen Charakteren, die direkt aus dem Leben gegriffen sind. Der detaillierte und mitreißende Schreibstil lässt sich wunderbar flüssig lesen und die Geschichte wirkt noch lange nach dem Lesen nach. Ein beeindruckender Roman und meine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Kraft des Holunderstrauches

Die Holunderschwestern
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Bereits das erste Buch "Die Frauen der Rosenvilla" von Teresa Simon, hinter deren Pseudonym sich eine bekannte deutsche Autorin verbirgt, konnte mich begeistern. Doch ihr neuerster Roman "Die Holunderschwestern" ...

Bereits das erste Buch "Die Frauen der Rosenvilla" von Teresa Simon, hinter deren Pseudonym sich eine bekannte deutsche Autorin verbirgt, konnte mich begeistern. Doch ihr neuerster Roman "Die Holunderschwestern" übertrifft ihr letztes Buch bei weitem! Es ist einfach großartig und hat mich von Anfang bis zum Schluss gefesselt. Innerhalb von nur zwei Tagen hatte ich die 512 Seiten gelesen.

Der Roman wird abwechselnd in zwei Zeitebenen erzählt, die sich wunderbar ergänzen und ineinanderfließen. Dieses Kunststück gelingt den wenigsten Autoren, denn meistens gibt es keinen fließenden Übergang oder eine der zwei Zeitebenen liest sich viel besser. Ich bevorzuge meistens die Geschichte aus der Vergangenheit....wie auch hier.
Während wir in der Gegenwart, im Jahr 2015, die Möbelrestaurateurin Katharina Haidt kennenlernen, wird in der Vergangenheit, die von 1918 bis 1936 spielt, von ihrer Urgroßmutter Fanny und dessen Zwillingsschwester Fritzi berichtet.
Die Geschichte beginnt mit Katharina, die eines Tages überraschenden Besuch bekommt. Der Engländer Alex Bluebird bringt ihr die Tagebücher ihrer Urgroßmutter Fanny, die sich seit Jahrzehnten im Besitz seiner Familie befinden. Katharina kennt bis jetzt nur die dicke Kladde mit Fannys wunderbaren Rezepten, die in ihrem Besitz ist und aus der sie immer wieder gerne kocht. Es gibt keinen Zweifel, dass die Tagebücher tatsächlich von ihrer Urgroßmutter stammen, denn das Schriftbild ist ident. Neugierig beginnt Katharina zu lesen und taucht in die Vergangenheit ihrer Vorfahren ein.....

Kurz nach Ende des ersten Weltkrieges beschließt Fanny den kleinen Ort Weiden zu verlassen. Ihre Zwillingsschwester nimmt ihr die Luft zum Atmen, denn diese fokusiert ihr Leben alleine auf sie. Fanny versorgt seit dem Tod der Mutter den Vater und ihre Geschwister und träumt davon in München als Köchin zu arbeiten. Ihr Bruder Georg verhilft ihr zu einem Zugticket und einer Stelle als Weißnäherin. Im Zug nach München lernt sie die jüdische Familie Rosengart kennen und freundet sich mit der gleichaltrigen Tochter Alina an, die ihr eine gute Freundin wird. Zu dieser flieht sie auch, nachdem ihre Arbeitgeberin sie nur ausnutzt und schlecht behandelt. Viel lieber würde Fanny ihr Hobby Kochen zum Beruf machen. Da erhält sie bei den Rosengarts die Chance als Hauswirschafterin und Köchin zu arbeiten. Durch sie lernt sie auch die Künstlerszene rund um Paul Klee kennen und darf für den Maler und seine Gäste aufkochen. Nachdem Fanny sich in München eingelebt hat, steht plötzlich Fritzi vor der Tür. Und diese kann Fanny's Freundschaft zu Alina so gar nicht akzeptieren....
In der Gegenwart erfährt so Katharina durch die Tagebucheintragungen einige Geheimnisse rund um ihre Familie, deren Fragen ihre Mutter bis jetzt immer ausgewichen ist....

Teresa Simon verbindet die geschichtlichen Fakten dieser schweren Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ganz wunderbar mit der fiktiven Geschichte rund um Fanny, Fritzi und Alina. Der Sturz der Monarchie und die darauffolgenden Machtkämpfe der einzelnen Parteien und die laufenden Unruhen erzeugen ein Bild eines völlig zerissenen Landes.
Der Mangel an Nahrungsmittel in dieser harten Zeit wird sehr bildhaft mit Fanny's Gerichten, die sie immer wieder zaubert, dargestellt. Man sollte allerdings beim Lesen nicht gerade wie ich auf Diät sein, denn die Mahlzeiten hören sich sehr lecker an.
Auch der Holunderstrauch, den Fanny's und Fritzi's Vater zu ihrer Geburt vor dem Haus gepflanzt hat, spielt eine wichtige Rolle und ist der rote Faden, der quer durch die Geschichte verläuft.

Charaktere:
Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und wirken herrlich lebendig. Fanny hat ein großes Herz und liebt das Kochen. Als Landmädel ist sie anfangs sehr unbedarft und besonders in der Liebe tappt sie viel zu schnell in die Falle. Nur die Freundschaft zu Alina hält - fern vom Standesunterschied und der politischen Situation. Fritzi hingegen fühlt sich ohne ihre Schwestern nur als halber Zwilling. Fanny ist ihr Zentrum und sie akzeptiert keine anderen Freundinnen. Und trotzalledem ist sie die Schillernde und Hübschere der beiden Schwestern, die sich auch gerne im Mittelpunkt sonnt.
Katharina hat mit ihrer Liebe zum Handwerk ihre Mutter vor dem Kopf gestoßen, die eine Akademikerin aus ihr machen wollte. So ist die Beziehung der Beiden nicht wirklich gut, während sie sich mit ihrem Vater und Tante Paula sehr gut versteht. Der Erfolg und die Liebe fehlen ihr allerdings noch im Leben.
Man hat hier Menschen aus dem realen Leben vor sich - keine schwarz/weiß Malerei, kein nur Gut oder Böse, sondern Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten, Geheimnissen und Problemen....und dazwischen noch reale Persönlichkeiten, wie Paul Klee.

Schreibstil:
Schon im letzten Buch war ich begeistert vom flüssigen und bildhaften Schreibstil der Autorin. Auch der Spannungsbogen baut sich wieder kontinuierlich auf. Man kann gar nicht aufhören zu lesen und lebt in dieser Geschichte einfach mit den Protagonisten mit. Die Tagebucheinträge sind in kursiver Schrift gehalten und so gut vom Rest zu unterscheiden
Die Erzählung ist authentisch und gut recherchiert. Teresa Simon hat ihre Großmutter als Vorbild für die Figur der Fanny genommen und am Ende des Buches werden noch ihre Rezepte wie "Gebackene Holunderblüten auf Vanilleschaum" oder "Dampfnudeln mit Vanillesauce" angehängt.

Fazit:
Ein wunderbarer und fesselnder Familienroman rund um Zwillingsschwestern und ein Familiengeheimnis, das bis in die heutige Zeit zurückreicht. Ein Buch, das neben den vielen Romanen über Familiengeheimnisse heraus sticht und einen besonderen Platz einnimmt. Geschichte, Politik, die Künstlerszene und nebenbei noch etliche Gaumenschmankerl sind nur einige Themen, die sich hier verbergen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Ein absolutes Lesevergnügen!