Atmosphärischer Dracula-Vorgänger!
CarmillaLaura lebt mit ihrem Vater und einigen Bediensteten in einem Schloss in der Steiermark. Dort lebt sie ein zurückgezogenes und einsames Leben, bis eines Tages eine mysteriöse Besucherin erscheint, die eine ...
Laura lebt mit ihrem Vater und einigen Bediensteten in einem Schloss in der Steiermark. Dort lebt sie ein zurückgezogenes und einsames Leben, bis eines Tages eine mysteriöse Besucherin erscheint, die eine große Anziehungskraft hat. Laura verfällt der unbekannten Schönen immer mehr, doch diese trägt ein dunkles Geheimnis mit sich.
Die Protagonistin Laura ist noch jung und unerfahren und lässt sich von der geheimnisvollen Carmilla verzaubern. Diese hat aber auch auf die anderen Bewohner*innen des Haushalts einen großen Einfluss und zieht alle in ihren Bann. Doch niemand weiß wirklich, wer diese junge Frau wirklich ist. Fragen sind nicht erwünscht und sie weicht diesen gekonnt aus. Ihr merkwürdiges Verhalten fällt auf, aber Dank ihres Charmes akzeptieren Laura, ihr Vater und die Bediensteten dies mehr oder weniger. Auch dass in der Umgebung immer häufiger junge Frauen von einer mysteriösen Krankheit befallen werden, hinterfragt in dem Schloss niemand. Lauras Naivität und auch die von den anderen Charakteren kann man mit dem unglaublichen Charisma Carmillas erklären. Jede und jeder der ihr begegnet, ist sofort von ihr fasziniert.
"Carmilla" von Sheridan Le Fanu gilt als ein Wegbereiter von Bram Stokers "Dracula" und beeinflusste die Grusel- und Vampierliteratur erheblich. Da ich glücklicherweise erst vor wenigen Monaten "Dracula" gelesen habe, kann ich diese beide Werke gut vergleichen. Während "Camilla" besonders Frauen im Zentrum der Geschichte hat, sind diese bei "Dracula" deutlich mehr im Hintergrund und müssen von den männlichen Protagonisten beschützt werden. Obwohl "Camilla" mehr als 20 Jahre vor "Dracula" erschien, wirkt diese Geschichte "moderner" und erfrischender. Die Männer sind keine wirklichen Helden, sondern zunächst macht- und ratlos gegenüber der übernatürlichen Bedrohung. "Camilla" ist deutlich kompakter und das Lesen vergeht wie im Fluge.
Der Schreibstil katapultiert die Lesenden sofort in die ländliche Gegend der Steiermark. Die Beschreibungen der Landschaft haben sofort die passenden Bilder bei mir erzeugt. Auch die Ich-Perspektive von Laura war gut gewählt, da man dadurch viel eher ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen kann.
Die Geschichte an sich hat mir sehr gefallen. Obwohl den Lesenden schnell klar sein wird, warum Carmilla sich merkwürdig verhält und was mit den anderen jungen Frauen in der Umgebung geschieht, ist es spannend, wie die Geschichte weiter verläuft. Das einzigen Manko für mich ist es, dass einige Fragen offen bleiben und somit im Dunklen bleibt. Einerseits passt dies sehr gut zu dieser Novelle und zum Grusel-Genre im Allgemeinen, aber dennoch würde ich mir ein paar Hintergründe mehr oder zumindest Indizien wünschen, damit ich meine Fragen zur Geschichte zufriedenstellender beantworten könnte.
Dennoch hat mir das Lesen sehr viel Freude bereitet und ich würde es allen Fans der Gruselliteratur empfehlen.