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Veröffentlicht am 29.11.2024

Von einem furchtbar unfurchtbaren Traumgott

Of Dreams and Gods
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Seit dem Tod ihres Vaters, sind Malies Klarträume ihre einzige Chance, ihren Vater zu sehen, mit ihm zu reden und mit ihm Klavier zu spielen.

Doch obwohl sie weiß, dass sie ihn so nicht wirklich sehen ...

Seit dem Tod ihres Vaters, sind Malies Klarträume ihre einzige Chance, ihren Vater zu sehen, mit ihm zu reden und mit ihm Klavier zu spielen.

Doch obwohl sie weiß, dass sie ihn so nicht wirklich sehen oder sprechen kann, geben ihr diese Träume halt, sind ihr vertraut.

Bis Malie eines Nachts begreifen muss, dass sie nicht allein in ihren Träumen ist. Da ist jemand, den sie nicht weg träumen kann, der stets wiederkehrt. Und er braucht ihre Hilfe.

Der Traumgott Phynn ist in Malies Träumen eingesperrt. Zugleich hört Malie Geschichten von immer mehr Klarträumer:innen, die nicht mehr aus ihren Träumen erwachen. Allen anderen Menschen hingegen ist das Träumen abhanden gekommen. Und während die Menschen nicht mehr träumen können, bleibt vieles unverarbeitet und sie werden unruhig, aggressiv und gefährlich.

»In den folgenden Nächten habe ich keinen Klartraum. Enttäuschung macht sich in mir breit, jeden Morgen ein Stückchen mehr. Wie ein sich langsam aufbauender Akkord kommt nach jeder traumlosen Nacht ein Ton dazu, bis mich irgendwann der volle Klang unter sich begräbt.«

›Of Dreams and Gods‹ von Whitefall ist ein in sich geschlossener Romantasy-Einzelband über Träume, Götter, Familienbande und natürlich Liebe. Und Malie ist nicht allein bei dem Versuch, den Traumsand wiederzuerlangen.

Als wäre der attraktive Traumgott in ihren Träumen nicht genug, kommt zur gleichen Zeit ein neuer Schüler in Malies Internat, der sich ebenfalls nicht verstecken muss.

»Wie gemalt steht er vor der hellen Tür und verschränkt abwartend die Arme. Alles an ihm ist irgendwie dunkel. Nicht nur, weil er komplett in schwarz gekleidet ist, als würde er geradewegs von einer Beerdigung kommen.«

Als großer Fan von Mythologie und Göttergeschichten musst ich ›Of Dreams and Gods‹ natürlich unbedingt lesen. Vor allem das Cover hat mich auf den ersten Blick zu diesem Buch gezogen.

›Of Dreams and Gods‹ ist kurzweilig und liest sich sehr schnell. Zugleich konnte die Geschichte um Malie mich leider nicht überraschen. Die Handlung kam mir sehr vorhersehbar vor und auch die Anziehung zwischen Malie und Phynn habe ich leider nicht so richtig gespürt.

»›Aber wenn niemand träumt …‹
›Ganz genau, auf Dauer wird sich das bemerkbar machen. Menschen müssen träumen, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten.‹«

›Of Dreams and Gods‹ ist ein kurzweiliger Einzelband über das Träumen, Götter und die Liebe. Obwohl es mich nicht restlos überzeugen konnte, habe ich es doch gerne gelesen – ich mag einfach Göttergeschichten.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Der elfte Fall für Bodenstein und Kirchhoff/Sander

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Was würdest du tun, wenn du Rache für einen Verlust nehmen könntest, der dir unvorstellbar scheint?

Ein junges Mädchen wird ermordet, ein junger Mann steht unter Tatverdacht. Doch bald wird klar, dass ...

Was würdest du tun, wenn du Rache für einen Verlust nehmen könntest, der dir unvorstellbar scheint?

Ein junges Mädchen wird ermordet, ein junger Mann steht unter Tatverdacht. Doch bald wird klar, dass das junge Mädchen nicht die einzige ist, die unter seltsamen Umständen ums Leben gekommen ist. Ein Mann, der von einem Auto tödlich erfasst wurde, weist rätselhafte Verletzungen auf und ist für die Polizei kein Unbekannter.

Doch die Suche nach dem Täter lässt schnell ahnen, dass sich hinter den Morden mehr verbirgt, als es auf den ersten Blick scheint. Zugleich richtet ›Monster‹ auch einen Fokus auf die Familie des toten Mädchens.

»Später konnte sie sich nicht mehr daran erinnern, wie sie nach Hause gekommen war. Sie war ins Haus gestürzt und die Treppe hochgerannt, hatte die Tür zu Lissys Zimmer aufgerissen, in der irrationalen Hoffnung, ihre Tochter schlafend im Bett vorzufinden. Aber Lissys Bett war leer und das Zimmer so unordentlich, wie sie es gestern hinterlassen hatte.«

›Monster‹ erzählt von Verbrechen, die aus alten Verbrechen geboren worden sind. Von dem Wunsch nach Gerechtigkeit – aber auch dem Wunsch nach Rache – von Selbstjustiz und zerrütteten Familien.

Mehrere Schicksale webt Neuhaus im 11. Fall für das Ermittlerduo Bodenstein und Kirchhoff/Sander ineinander. Zunächst erscheinen die Taten so unzusammenhängend, dass es lange dauert, bis der Zusammenhang auffällt. Doch als es schließlich so weit ist, müssen die Ermittler feststellen, dass die Täter ihnen vielleicht näher sind, als es ihnen lieb ist.

»Anne hatte geglaubt, ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zu Lissy zu haben und sie zu kennen, aber da hatte sie sich getäuscht. Sie wusste überhaupt nichts. Sie kannte von ihrer sechzehnjährigen Tochter nur das, was diese sie sehen ließ, und die Fragen der Polizisten machten ihr das schmerzhaft deutlich.«

›Monster‹ ist spannend, schnell und voll menschlicher Abgründe. Nicht nur Neuhaus-Fans können hier mitfiebern und den Verbrechern auf die Spur kommen.

Der elfte Teil der Reihe kann problemlos gelesen werden, ohne, dass man die vorherigen Teile kennt. Aber natürlich gewinnt man dadurch, auch die anderen Teile der Reihe zu kennen und man spoilert sich nicht aus Versehen, wenn man später die vorherigen Teile nachlesen will.

»Pia wurde schwer ums Herz. Ohne zu ahnen, dass sie sterben würde, hatte sich die junge Frau geschminkt, ihr Haar zu einem Zopf geflochten und sich angezogen. Was hatte sie vorgehabt?«

›Monster‹ liest sich unglaublich schnell. Wer Bodenstein und Sander kennt, weiß, was er bei ›Monster‹ zu erwarten hat und das Neuhaus es ihrem Ermittler-Duo alles andere als leicht macht. Denn dieser Fall geht ihnen näher, als sie ahnen.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Die Rückkehr eines Alptraums?

Fürchte das Böse
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Die Bestie ist tot. Nach Jahren der Haft an Krebs gestorben. Holly Wakefield war auf seiner Einäscherung. Nicht, um den Verstorbenen zu betrauern. Sondern um sicher zu sein, dass es nun endlich vorbei ...

Die Bestie ist tot. Nach Jahren der Haft an Krebs gestorben. Holly Wakefield war auf seiner Einäscherung. Nicht, um den Verstorbenen zu betrauern. Sondern um sicher zu sein, dass es nun endlich vorbei ist. Dass der Mann endgültig von dieser Erde verschwunden ist, der ihre Eltern tötete, als sie neun Jahre alt war.
Doch dann sucht ein neuer Fall die Stadt heim. Der Mord trägt die Handschrift der Bestie. Grausam, geplant, gnadenlos.

Ein Nachahmungstäter? Eine Nachricht wurde am Tatort hinterlassen – eine Nachricht an Holly. Und noch bevor sie sich versieht, muss sie sich der Frage stellen, ob sich jemand einen grausamen Scherz mit ihr erlaubt. Oder ob der Mann ihrer Alpträume noch immer unter ihnen weilt.

»Liebste Holly,
es ist schon eine ganze Weile her, aber wie gesagt:
Ich bin nicht totzukriegen.
Doch ich muss etwas gestehen:
Was stimmt nicht mit Annie Wilkes?«

Holly ist sich sicher, dass der Mörder ihrer Eltern zurück ist. Doch niemand glaubt ihr. Niemand außer DI Bishop, den ein tieferes Band mit Holly verbindet. Und dieses Mal wollen sie die Bestie endgültig zur Strecke bringen.

Um ›Fürchte das Böse‹ von Griffin verstehen und lesen zu können, muss man die ersten drei Bände um Holly Wakefield nicht gelesen haben. Doch wer Lust auf die ganze Reihe hat, sollte vermutlich mit Band 1 beginnen, um sich nicht indirekt zu spoilern und so viel von der Reihe zu haben wie möglich. Aber nötig ist das auf keinen Fall.

»Carstairs war drei Monate zuvor für tot erklärt worden, es hieß, er sei einem Krebsleiden erlegen. Holly war bei seiner Einäscherung dabei gewesen und hatte geglaubt, dass nun endlich das Kapitel ihres Lebens, das an jenem Tag begonnen hatte, an dem sie von der Schule nach Hause gekommen war und die Bestie neben den Leichen ihrer Eltern hatte stehen sehen, ein für alle Mal abgeschlossen war.«

Holly Wakefield hat mich vom ersten Moment an von sich überzeugt. Eine wunderbare vielschichtige und komplexe Protagonistin, die zu ihren Überzeugungen und Instinkten steht. Sie ist keine Damsel in Distress, sondern weiß sich zu helfen und dem Bösen die Stirn zu bieten.

›Fürchte das Böse‹ ist kein Thriller, der sich auf die Who did it?-Frage konzentriert. Das How steht im Vordergrund. Zugleich dringt der Thriller tief in die Vergangenheit des Täters und der Protagonistin vor, die durch die Tat der Bestie miteinander verwoben sind.

»Die Definition von böse ist ›zutiefst unmoralisch und niederträchtig‹ oder auch ›das Gegenteil beziehungsweise die Abwesenheit des Guten‹. Letzteres ist vielleicht eine etwas mittelalterliche Interpretation, denn wenn wir an das Böse denken, schwebt uns dabei normalerweise kein abstrakter moralischer Wert vor, richtig? Wir denken eher an Individuen, an einzelne Subjekte.«

›Fürchte das Böse‹ ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Wie kann ein Totgeglaubter noch einmal zum Mörder werden? Und wenn nicht, wer wäre dann bereit, in dessen Fußstapfen zu treten? Ich werde definitiv auch die weiteren Titel über Holly Wakefield lesen und bin schon sehr gespannt, wie es für sie und DI Bishop weitergeht.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Die Geheimnisse der Toten

Glutspur
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Drei Tote, die scheinbar keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Ein Verdächtiger, der eines der Opfer besser kannte, als er zugeben will. Spuren, die scheinbar in nur eine Richtung deuten.

Liv Jensen ist bereit, ...

Drei Tote, die scheinbar keine Gemeinsamkeiten aufweisen. Ein Verdächtiger, der eines der Opfer besser kannte, als er zugeben will. Spuren, die scheinbar in nur eine Richtung deuten.

Liv Jensen ist bereit, in ihrem ersten Fall bis an das Äußerste zu gehen – und merkt bald, dass sie nicht die einzige ist, die bereit ist, über Grenzen zu gehen. Denn die Spur der Verbrechen reicht weit in die Vergangenheit zurück.

Wie hängen der Selbstmord eines Häftlings, der Mord an einem Journalisten und der Mord an einer Frau zusammen? Um Antworten auf diese Frage zu erhalten, muss Liv Jensen sich Hilfe an ungewöhnlichen Stellen suchen.

»Liv hatte nie etwas gestohlen, doch es gab so viel anderes, für das sie sich schämte. Das sie für sich behielt. Trotz Thereses Toleranz war sie ziemlich sicher, dass sie die Lasten nicht verstehen würde, die sie mit sich herumtrug.«

›Glutspur‹ ist der erste Fall für Liv Jensen. Gekonnt verwebt Engberg die Geschichten verschiedener Familien miteinander, ihre Geheimnisse und ihre Schattenseiten. Verbrechen, die längst aufgeklärt erscheinen, kommen erneut an die Oberfläche.

›Glutspur‹ besticht durch seinen Blick für menschliche Schicksale. Die Ängste eines Mädchens, die Wünsche eines Vater, die Trauer einer Schwester. Weder Blut noch Gewalt stehen im Vordergrund, sondern das Ungesagte mehrerer Generationen.

»Daniel sieht auf die trockenen Blätter hinunter, die unter seinen Schuhen knistern. Dem einzigen guten Paar, das er besitzt. Er hat immer gewusst, dass er vor seiner Zeit sterben wird, nur nicht wie.«

Liv Jensen ist eine tolle Kommissarin, die Handlung durchdacht und die Geheimnisse und die Auflösung fühlen sich stimmig an. Die Geschichte wirft einen Blick auf das, was den Platz des Ungesagten einnimmt.

»An ihrem einundvierzigsten Geburtstag erwachte Hannah Leon früh am Morgen und sah zur Decke ihres alten Kinderzimmers hoch. Ihr erster Gedanke galt ihrem Bruder, wie er das seit dem 11. Februar jeden Morgen tat. Aber vor allem heute, dem ersten Geburtstag ohne ihn.«

›Glutspur‹ ist spannend, menschlich und macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Ich werde bei dieser Reihe in jedem Fall dran bleiben und bin jetzt schon gespannt auf den zweiten Teil.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Vom Wusch, Gouvernante zu werden und sich selbst treu zu bleiben

Agnes Grey
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Als sich eine junge, vornehme Frau aus gutem Hause entscheidet, einen Geistlichen zu heiraten, wird sie enterbt und verliert jeglichen Kontakt zu ihrer Familie. Von da an muss sie auf alle Annehmlichkeiten ...

Als sich eine junge, vornehme Frau aus gutem Hause entscheidet, einen Geistlichen zu heiraten, wird sie enterbt und verliert jeglichen Kontakt zu ihrer Familie. Von da an muss sie auf alle Annehmlichkeiten verzichten, die sie bislang kannte, doch bereuen wird sie ihre Entscheidung nie.

Spätestens als ihre Töchter Mary und die jüngere Agnes geboren werden, ist ihr Glück perfekt. Doch ihr Mann kann nie ganz überwinden, dass er seine Frau um so vieles gebracht hat, und investiert in riskante finanzielle Geschäfte. Als sich seine Hoffnungen zerschlagen, steht die Familie einem Schuldenberg gegenüber. Während die ältere Tochter Mary selbst gezeichnete Aquarelle verkauft, will Agnes eine Stelle als Gouvernante antreten, um die Familie unterstützen zu können.

Doch obwohl Agnes überzeugt ist, als Erzieherin zurechtzukommen, da sie sich selbst noch gut in ihre Bedürfnisse einzufühlen zu können glaubt, stößt sie vor viele Probleme. Während die Erwartung an sie kaum größer sein könnten, hat sie bei der Wahl ihrer Erziehungsmethoden allerlei Einschränkungen hinzunehmen.

»Hätte sie der Gattung der Tiere angehört, wäre Matilda akzeptabel gewesen in ihrer Lebhaftigkeit, Vitalität und ihrem Bewegungsdrang, als menschliches Wesen aber war sie ungeheuer einfältig, ungelehrig, gleichgültig und unvernünftig und somit eine Qual für jemanden, der die Aufgabe hatte, ihren Verstand zu entwickeln, ihre Umgangsformen zu verbessern und ihr zu helfen, sich zu schmücken und zurechtzumachen, was sie, im Gegensatz zu ihrer Schwester, wie alles andere auch verachtete.«

Agnes merkt schnell, dass die Wertevorstellungen ihrer Schützlinge und ihrer Familien weit entfernt von ihren eigenen liegen. Da sie sich kaum mit jemandem austauschen kann, der ihr ähnlich ist, beginnt die junge Frau, zu vereinsamen.
›Agnes Grey‹ erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die durch ihre berufliche Stellung in einer Art ›Dazwischen‹-Zustand leben muss. Weder zu den vornehmen Personen gehörend, die sie erziehen muss, noch zur Dienerschaft, scheint sie für die meisten Menschen um sie herum fast unsichtbar zu sein. Sie wird selten gegrüßt oder angesprochen, noch seltener nach ihrem Befinden gefragt.

Doch während Agnes für die meisten ihrer Mitmenschen unsichtbar ist, nimmt die junge Frau die Welt um sie herum wahr: die Liebeleien und Verfehlungen ihrer Schüler und Schülerinnen. Zwar ist diese Wahrnehmung durchweg durch Agnes besonderen Blick auf die Welt gefärbt – sie ist christlich erzogen und schätzt vor allem christliche Tugenden wie die Nächstenliebe –, doch ermahnt sie sich mehrmals zur Reflexion.
So legt Anne Brontë in ihrem Romandebüt ›Agnes Grey‹ eine Charakterstudie vor, die durch die kontrastierende Gegenüberstellung von Personen an Schärfe gewinnt.

»… da ich es aber mit eigenen Augen sah und auch darunter litt, konnte ich nur folgern, dass übermäßige Eitelkeit genau wie Trunksucht das Herz verhärtet, die natürlichen Anlagen verkümmern lässt und die Gefühle verdirbt; und dass Hunde nicht die einzigen Geschöpfe sind, die, nachdem sie sich bis obenhin satt gefressen haben, sich noch über das freuen, was sie gar nicht mehr herunterbringen, dem hungernden Bruder aber noch den kleinsten Bissen missgönnen.«

Dieser wunderschöne Schuber, dessen einzelne Romane mit Nachworten versehen sind, lädt dazu ein, die drei großen Romane der Brontë-Schwestern vergleichend zu betrachten.

So fällt auf, dass ›Agnes Grey‹ weit weniger unheimlich und rätselhaft erscheint als das Anwesen in ›Jane Eyre‹ oder die Moorlandschaft von ›Sturmhöhe‹. Auch die zerstörerische Leidenschaft, die vor allem ›Sturmhöhe‹ innewohnt, scheint dem Roman fern. Und doch erzählt ›Agnes Grey‹ auf seine Weise die Geschichte einer jungen Frau, die sich ihren Weg vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Stellungen, Hinterlist und Liebe zu erkämpfen suchte.

»Das menschliche Herz ist sehr dehnbar: Schon eine Kleinigkeit lässt es schwellen, aber es bedarf großer Anlässe, es zum Bersten zu bringen. Denn wenn auch ›schon ein wenig mehr als nichts das Herz beunruhigt, braucht’s doch kaum weniger als alles‹, es zu brechen. So wie unsere Gliedmaßen besitzt auch das Herz eine eigene lebendige Kraft, die es gegen Verletzungen von außen stark macht.«

Nach ›Agnes Grey‹ veröffentlichte Anne Brontë (1820–1849) nur ein weiteres Werk – ›The Tenant of Wildfell Hall‹ (›Die Herrin von Wildfell Hall‹) –, bevor sie 1849 im Alter von 29 Jahren verstarb. Doch das im Vergleich zu ›Jane Eyre‹ und ›Sturmhöhe‹ oft weniger bekannte Werk der jüngsten der Brontë-Schwestern ist definitiv eine nähere Betrachtung wert.

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