Fängt toll an, wird dann immer zäher
Diese goldenen JahreVom Anfang des Buches war ich begeistert. Der Schreibstil ist angenehm lesbar und ansprechend, die Beschreibungen Weimars hatten sehr viel Schönes; ich sah die Stadt und den Ilmpark direkt vor mir. Auch ...
Vom Anfang des Buches war ich begeistert. Der Schreibstil ist angenehm lesbar und ansprechend, die Beschreibungen Weimars hatten sehr viel Schönes; ich sah die Stadt und den Ilmpark direkt vor mir. Auch die Bauhaus-Informationen waren interessant und künden von ausführlicher Recherche. Es wird viel über die Arbeit des Bauhaus, die Situation der dortigen Studenten und auch dem Misstrauen, mit dem die Stadtbewohner auf das Bauhaus sahen, berichtet. Das fand ich alles ausgezeichnet umgesetzt. Es werden auch historische Personen wie Itten, Franz Ehrlich oder Kandinsky eingebunden, sowie Gropius, der allerdings seltsamerweise nur als namenloser "Direktor" und indirekt vorkommt. Diese historischen Personen bleiben etwas blass, was ich aber nicht schlimm fand, denn der Fokus sollten ja auch den sechs Freunden liegen, um die sich die Geschichte dreht.
Leider sind von denen auch einige sehr blass. Andere werden gut geschildert, gerade bei dem aus preußischem Adel kommenden Walter finden sich viele herrlich treffende Bemerkungen. Insgesamt fand ich die Charakterentwicklung und die der Beziehungen untereinander aber nur teilweise gelungen. Geschildert wird aus Sicht von Paul als Ich-Erzähler. Das hat Vorteile, weil wir nur seine Sicht erfahren und sich manches erst später aufklärt. Auch handelt es sich um einen Rückblick Pauls, so daß wir einige spätere Schicksale schon am Anfang erfahren, so wissen wir also bereits, daß Pauls Liebe Charlotte in Buchenwald ums Leben kam und Walter sich dem Nazi-Regime auf irgendeine Weise angedient hat. Das macht natürlich neugierig und ist gut umgesetzt.
Das erste Drittel ist spannend, dann geschieht ein einschneidendes Ereignis, das aber leider so wiederholend geschildert wird, daß es irgendwann wie eine zähe Dauerschleife wirkte. Auch allgemein fiel für mich der Spannungsbogen danach rapide ab. Es werden viele Alltäglichkeiten geschildert, viel wird wiederholt, zahlreiche Dialoge bringen die Handlung kaum vorwärts. Die Erzählweise ist seltsam distanziert, viele in der zweiten Hälfte des Buches neu auftretende Charaktere blieben sehr blass, manche Entwicklungen waren etwas weit hergeholt. Ich langweilte mich beim Lesen zusehends, es war häufig zu farblos und langatmig. Letztlich interessierten mich die Entwicklungen immer weniger. Das Buch hat mich durch seine leblose Langatmigkeit dann leider verloren. Schade, das Sujet hatte Potential, der Umgang mit Sprache war erfreulich, aber hier hätte reichlich gestrafft werden und wesentlich mehr Leben hineingebracht werden müssen.