Ich kenne und liebe Mareike Krügel für ihre Romane für Erwachsene, aber seit "Almuth und der Hühnersommer" gehört auch mein Kind zu ihren Fans! Das Buch "Zelten mit Meerschwein" ist rundum gelungen:
Antons ...
Ich kenne und liebe Mareike Krügel für ihre Romane für Erwachsene, aber seit "Almuth und der Hühnersommer" gehört auch mein Kind zu ihren Fans! Das Buch "Zelten mit Meerschwein" ist rundum gelungen:
Antons Vater sagt den geplanten Sommerurlaub, große Enttäuschung. Doch dann gehen Anton und seine Mutter kurzerhand im Wald zelten. Das Meerschweinchen namens Pünktchen muss natürlich auch mit – und im Wald erleben sie ein spannendes Abenteuer...
Toll geschrieben und sehr unterhaltsam!
"Die schönste Version" von Ruth-Maria Thomas erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, die in den 2010er Jahren in einer ostdeutschen Kleinstadt ihre erste große Liebe erleben. Es ist aber auch die ...
"Die schönste Version" von Ruth-Maria Thomas erzählt die Geschichte von Jella und Yannick, die in den 2010er Jahren in einer ostdeutschen Kleinstadt ihre erste große Liebe erleben. Es ist aber auch die Beschreibung einer toxischen Beziehung, es geht um sexualisierte Gewalt und Übergriffe.
Es ist erschreckend gut und realistisch hier dargestellt wird, wie Mädchen und Frauen sozialisiert wurden - und leider immer noch werden! Wie sie lernen, gefallen zu wollen (zu müssen), begehrenswert zu sein, verfügbar zu sein, sich selbst zu verleugnen und zu verstellen. Wie sie Dinge erleben müssen und sich Fragen stellen müssen, die sich keine Frau oder Mädchen stellen sollte. „Was ist mir da gerade passiert?“ – „Ist das wirklich passiert?“ – „War das wirklich so schlimm?“
Einige Leser*innen haben die Sprache der Autorin kritisiert. Ja, die Ausdrücke und Darstellungen sind heftig, aber das passt aber meiner Meinung nach gerade so gut zu diesem Buch, ganz genauso wie es geschrieben ist. Das muss man nicht unbedingt schön finden, genauso wenig wie man Jella und Yannick sympathisch finden muss oder ihren Lebensstil gutheißen muss. In der Literatur geht es ja nicht um Sympathie. Ich fand die Charaktere alle ziemlich authentisch dargestellt, und vor allem wird hier ein sehr schweres und wichtiges Thema so umgesetzt, dass man es fast „leicht“ lesen kann. Die Geschichte zieht einen sofort in den Bann und ich konnte das Buch gar nicht mehr zur Seite legen. Bei meiner Bewertung schwankte ich zwischen 4 und 5 Sternen, da ein ähnliches Thema noch einen ganz kleinen Ticken besser verarbeitet wurde in dem Buch "Geordnete Verhältnisse" von Lana Lux. Aber "Die schönste Version" ist tatsächlich auch ziemlich großartig. Meiner Meinung nach sehr lesenswert, ein wichtiges Thema - und das Buch sollte von Männern bitte genauso gelesen werden wie von Frauen!
„Weißt du, warum ich in Wahrheit immer Kondome dabeihabe?, sagte Linh zu mir, als wir uns beide nach dem Kino in mein Bett quetschten. Ihr Atem roch nach Pfefferminz, und ich fragte: Warum? Falls ich mal vergewaltigt werde, kann ich den Vergewaltiger immer noch anbetteln, dass er ein Kondom nimmt.“
"Das bin ich diesem Körper schuldigt, diesen Punkten, dass ich ihnen nachgebe, dass ich mich ziehen lasse. Dass ich jetzt eingreife. Da eingreife, wo er reingegriffen hat. Reingeschlagen hat. Reingedrückt hat. In meine Magenwürde. Und in meine Halswürde. Meine Körperwürde. Meine Alleswürde."
"Was weiß ich denn, mein Vater klingt hilflos. Zu so was gehören doch aber immer zwei.
Ich halte den Atem an. Auf einmal ist alles sehr still in mir. Mein Handy vibriert wieder, und als ich die SMS von Yannick öffne und da steht "ich mache mir solche sorgen, bitte melde dich. y"
ist da keine Wut, kein Widerstand mehr."
„Und was so gruselig ist, ist, dass, wenn er dich loslässt, wenn du wieder atmen kannst, ganz alleine, endlich wieder atmen, dann bist du so erleichtert, dass du schon irgendwie... irgendwie dankbar bist. Dass er dir die Luft zurückgegeben hat. Und dann. Danach. Das Abtun, als wäre nichts gewesen. Als würdest du übertreiben. Dann bist du selber unsicher, zweifelst, bekommst das Gefühl, dass du deiner eigenen Angst nicht mehr vertrauen kannst. Und dann. Wischst auch du es weg, als wäre es nichts, nur ein Teil des Streits, keine lebensbedrohliche Situation, die dich verfolgt, bis in deine Träume. Bis du nicht mehr Fahrstuhl fahren kannst. Wischst es weg, als wäre es nicht nichts. Und das ist das, was dich am meisten fertig macht.
Ich meine mich.
Korrigiere ich mich.
Das ist das, was mich am meisten fertig macht. Der Verrat an mir selbst.“
"Stumme Gewalt - Nachdenken über die RAF" ist ein weiteres überaus beachtenswertes Buch der Journalistin und Autorin Carolin Emcke.
Ich muss zugeben, dass ich eine riesige Bewunderin von ihr bin - ich ...
"Stumme Gewalt - Nachdenken über die RAF" ist ein weiteres überaus beachtenswertes Buch der Journalistin und Autorin Carolin Emcke.
Ich muss zugeben, dass ich eine riesige Bewunderin von ihr bin - ich schätze und liebe Ihre unfassbar kluge und empathische Art zu denken und zu schreiben.
Besonders gut fand ich ihre Veröffentlichungen "Über den Hass", "Wie wir begehren", "Ja heißt ja und ..." sowie "Weil es sagbar ist", aber alle ihre Bücher sind mehr als lesenswert und klug!
Hier in dem sehr persönlichen Buch "Stumme Gewalt" verarbeitet Carolin Emcke nach 18 Jahren die Ermordung ihres Patenonkels, dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen.
Er wurde bei einem der letzten RAF-Morde in Bad Homburg mit einer Sprengladung getötet.
Das Buch ist ebenso eine persönliche Aufarbeitung wie auch ein politischer Text.
"Freiheit gegen Aufklärung", nur so könnte es Carolin Emcke zufolge helfen, diese Epoche des Terrors in Deutschland wirklich zu begreifen und aufzuarbeiten.
Ich fand auch dieses Buch wirklich sehr gut und klug geschrieben; es regt zum Nachdenken an und ist gleichzeitig unfassbar berührend.
Ganz klare Leseempfehlung von mir!
„Das hatte ich mir geschworen. In der ersten Woche. Da war Alfred Herrhausen noch nicht einmal beerdigt. Dass ist denn Mördern niemals gelingen sollte, mich zu einer anderen Person zu machen. Dass es ihnen nicht gelingen sollte, mich zu manipulieren. Dass ich ihnen nicht den Triumph gönnen würde, mich politisch zu verbittern, dass ich intellektuell offen bleiben müsse - aus Hass gegenüber den schweigenden Tätern.“
„Wie immens muss die Motivation zu töten sein, dass sie sich durch alle logistischen und technischen Details der Vorbereitung hindurch erhalten kann?
...
Und hat es einen einzigen Moment gegeben, in dem Fragenden Nachdenklichkeit statt haben durfte Fragezeichen sind jemandem Zweifel gekommen? An dem Objekt des Hasses? An dem Hass selbst? Hat es einen Moment gegeben, in dem sich die Täter fragten, wie Smaie bis hierher gekommen sind? Wie sie jemand geworden sind, der dabei ist, einen Mord zu begehen? Haben sie sich das gefragt?
Hat es einen einzigen Moment gegeben an dem jemand unsicher wurde?“
„Getrieben vom Zorn jedenfalls werden wir die Gewalt von heute und die Gewalt von gestern nicht überwinden. Je zorniger wie reagieren, je mehr wir uns hineinsteigern in diese aufgewühlte Wut gegen die anderen, umso mehr deuten wir auf das was am Grund dieses Zorns liegt: die eigene Schwäche.“
„Ich weiß, wie einladend diese Reaktion ist.
Wie nahe liegend dieser Rückzug in die eigene Verwundung. Ich weiß, warum wir immer wieder und immer noch in dieses Verhaltensmuster verfallen.
Wir wollen erst, dass diese Versehrungen anerkannt werden, wir wollen bestätigt bekommen, dass es Unrecht war, dass es Leid verursacht und dass es uns geprägt hat. Und solange uns das Unwissen noch quält, solange das schützende Schweigen andauert, solange scheint es unmöglich, das Loslassen.“
"Wünschen" von Chukwuebuka Ibeh ist ein sehr beeindruckendes und bewegendes Romandebüt. Erzählt wird die Geschichte von Obiefuna, der in den 2000er-/2010er Jahren in Nigeria aufwächst. Er ist kein "typischer" ...
"Wünschen" von Chukwuebuka Ibeh ist ein sehr beeindruckendes und bewegendes Romandebüt. Erzählt wird die Geschichte von Obiefuna, der in den 2000er-/2010er Jahren in Nigeria aufwächst. Er ist kein "typischer" Junge, ist klug, schüchtern und tanzbegeistert. Als sein Vater in einer intimen Situation mit einem anderen Jungen, Aboy, erwischt, schickt er ihn auf ein strenges christliches Internat. Fern von seiner Mutter, die es sehr vermisst, gewöhnt er sich dennoch an die strengen Regeln und Hierarchien des Internatslebens, aber es ist auch ein Überlebenskampf.
Nach seinen Abschlussprüfungen beginnt Obiefuna ein Studium und verliebt sich. Mit Miebi und dessen lieberalem Freundeskreis fühlt er sich sehr wohl und glücklich. Doch die glückliche Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt - mit den politischen Entwicklungen im erzkonservativen Nigeria und dem 2014 verabschiedeten Gesetz über die Strafbarkeit gleichgeschlechtlicher Beziehungen ist sein Wunsch nach Liebe und einem selbstbestimmten Leben in Gefahr.
Das Buch zeigt auf sehr eindrücklich Weise, was es bedeutet, schwul in Nigeria aufzuwachsen und zu leben.
Mir hat der Schreibstil und die Geschichte sehr gut gefallen, auch wenn das Ende dann etwas zu abrupt kam für meinen Geschmack. Dennoch vergebe ich aufgrund der Wichtigkeit des Themas und der Emotionalität des Buchs mit guten Gewissen 5 Sterne.
"Wie lächerlich, wie gefühllos und absurd diese Erwartungen an ein Kind waren. Er war erst acht und wusste nicht, was »angemessenes« Verhalten bedeutete. Doch als sie das Licht in seinem Zimmer ausmachte, nachdem es ihr gelungen war, seine Tränen zu trocknen, und er eingeschlafen war, wünschte sie sich, dass er nur ein ganz kleines bisschen gewöhnlicher wäre."
"Wir können nicht alle in denselben Dingen gut sein. Das Leben besteht aus Vielfalt. Es ist ein Grundprinzip", setzte Uzoamaka nach.
"Es ist eine Sache, ein Kind zu lieben, aber eine ganz andere ist es, ob sich dieses Kind auch geliebt fühlt. Unser Sohn ist noch jung. Er wird in seinem Leben noch vielen Widerständen begegnen. Ein Zuhause ist der letzte Ort, an dem sich ein Kind nur bedingt geliebt fühlen sollte."
"Ich muss oft daran denken, wie viel Liebe verloren geht, während schwule Kinder groß werden. Man beraubt uns der Möglichkeit, die Unschuld jugendlicher Verliebtheit zu erleben, weil man die ganze Zeit Angst hat und mit dem Stress beschäftigt ist, die Fassade aufrechtzuerhalten."
"Wie konnte er Miebi begreiflich machen, dass es schwierig war, die Nachrichten zu ignorieren, wenn der Hass wie ein riesiger, unverrückbarer Felsen direkt vor einem lag?"
"Wie kann man etwas Schönes beginnen, wenn man schon vorher um seine Endlichkeit weiß? Man gab sich der Liebe hin und wusste, dass man keine Chance haben würde..."
"Ich habe das alles nur zu deinem Besten getan ", sagte Anozie. "Es ist nicht normal, so zu leben. Es gibt mittlerweile sogar ein Gesetz dagegen. Du kannst ins Gefängnis kommen, wenn du so was tust." - "Ich habe mein ganzes Leben lang in einem Gefängnis gelebt, Papa."
Der Roman „Benefiz“ ist mir aufgrund des sehr prägnanten Covers aufgefallen, welches meiner Meinung nach sehr gut zum Buch passt.
In diesem Roman von Sabine Lehmbeck verknüpfen sich über die 14 Kapitel ...
Der Roman „Benefiz“ ist mir aufgrund des sehr prägnanten Covers aufgefallen, welches meiner Meinung nach sehr gut zum Buch passt.
In diesem Roman von Sabine Lehmbeck verknüpfen sich über die 14 Kapitel die Lebenswege der 8 Hauptpersonen, allesamt Frauen unterschiedlichen Alters und verschiedener Herkunft und andern Charakteren.
Der Aufbau des Buchs ist meiner Meinung nach hierbei besonders gut gelungen. Trotz der vielen Namen verliert man nie den Überblick, da jede Person in einem eigenen Kapitel eingeführt wird. Nach und nach sieht man, wie alle zusammengehören. Das Buch ist ein echter Pageturner, man kann es kaum mehr zur Seite legen. Dabei liest es sich trotz der vielfältigen und teils schweren Themen (Politik, Familie, Herkunft, Sexualität, etc.) so leicht, dass es eine wahre Freude ist.
Ein Buch, das mich sehr positiv überrascht hat!