Profilbild von Igela

Igela

Lesejury Star
offline

Igela ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Igela über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.12.2024

Chancengleichheit?

Eine feine Linie
0

In Drancy, einem Vorort von Paris, wächst Maryam als Kind persischer Einwanderer auf. Sie ist anders, kleidet sich anders und sieht anders aus als ihre französischen Mitschüler. Mobbing, das nicht ausbleibt, ...

In Drancy, einem Vorort von Paris, wächst Maryam als Kind persischer Einwanderer auf. Sie ist anders, kleidet sich anders und sieht anders aus als ihre französischen Mitschüler. Mobbing, das nicht ausbleibt, stachelt ihre Wut auf ihren Körper an.

Maryam sieht nur einen Ausweg: mit Fleiss, ihrer Intelligenz und mit einer guten Bildung Akzeptanz zu erlangen. Sie schafft es auf das renommierte Pariser Gymnasium Lycée Fénelon und ist sich sicher, dass dort Chancengleichheit kein Fremdwort ist. Dabei fällt sie ziemlich auf den Boden der Realität.




Ich weiss nicht, ob diese Geschichte autobiografisch ist. Leider habe ich darüber keine Angaben gefunden. Da jedoch der Namen der Protagonistin mit dem Namen der Autorin, sowie die Eckdaten übereinstimmen, nehme ich es stark an.

Maryam ist das typische Beispiel der zweiten Generation von Einwanderern. Sie war sechs Jahre alt, als sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder vom Iran nach Frankreich flüchtete. Gefangen ist sie in zwei komplett unterschiedlichen Kulturen, in denen tagtäglich der Spagat gemacht werden muss. Zwischen den Ansichten, Gewohnheiten und Ritualen der eigenen Familie und der Welt, in der sie lebt, zur Schule geht und Freundschaften pflegt. Bei ihr kommt noch dazu, dass sie in eher ärmlichen Verhältnissen aufwächst und in der Pubertät der Mangel an Markenkleidung ein zusätzliches Stigma bedeutet. Maryam hasst ihren Körper, weil er weit weg ist von ihrem begehrten "französischen" Ideal. Manchmal wusste ich in den Passagen, in denen ihre Bemühungen, den Körper "französisch" zu trimmen nicht, ob ich lachen oder Mitleid haben soll.

Maryam setzt ihre grosse Hoffnung um Akzeptanz in die renommierte, weiterführende Schule. Chancengleichheit ist doch eine Selbstverständlichkeit ... oder etwa doch nicht? Mit dem Wissen, dass es auch heute, 2024 und in der Realität, die Chancen(un)gleichheit Thema in vielen Schulen und Bildungsstätten ist, doppelt eindrücklich!

Die Geschichte ist eindringlich, hat mich zu weiten Teilen sehr nachdenklich gemacht und wird nachhallen. Mit einigen Teilen der Geschichte hatte ich meine Probleme, dranzubleiben. So skizziert die Autorin die Lehrer des Colleges, das Maryam mit 16 Jahren besucht. Das artete in einer uninteressanten Aufzählung von Charaktereigenschaften und Aussehen aus, die zäh zu lesen waren. Sehr fesselnd empfand ich die kurzen Passagen, in denen die erwachsene Maryam zwischen der Handlung der jugendlichen Maryam zu Wort kommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.12.2024

Kein Rätsel, das gelöst werden kann!

Das mörderische Christmas Puzzle
0

In Weymouth stehen die Weihnachtstage vor der Türe. Edie O'Sullivan lehnt die Einladung ihres Neffen Sean, für den sie wie eine Mutter ist, ab. Die alte Frau mag Weihnachten nicht besonders und will die ...

In Weymouth stehen die Weihnachtstage vor der Türe. Edie O'Sullivan lehnt die Einladung ihres Neffen Sean, für den sie wie eine Mutter ist, ab. Die alte Frau mag Weihnachten nicht besonders und will die Festtage nur in Gesellschaft mit ihren Katzen verbringen.

Doch dann wirbelt ein Päckchen ihre Pläne durcheinander. Edie O'Sullivan, die für Zeitungen Kreuzworträtsel erstellt und leidenschaftlich gerne Puzzles legt, bekommt sechs Puzzleteile geliefert und sie muss bis Weihnachten die Teile zusammensetzen, sonst werden vier Menschen sterben.

Edie ist überzeugt, dass sich hier jemand einen Spass erlaubt. Doch dann wird eine Tote mit einem Puzzleteil aufgefunden.


Das Cover deutet auf die friedliche Zeit im Jahr hin: die Weihnachtstage. Der Krimi handelt in der Vorweihnachtszeit, friedlich geht es jedoch nicht zu. In diesem weihnachtlichen Krimi wird gerätselt, gemordet und ermittelt.

Edie, die ein Faible für Rätsel, Puzzles und ihren Neffen Sean hat, sieht sich nicht nur einem mörderischen Rätsel gegenüber, sondern ermittelt auch Seite an Seite mit Sean, der als Inspektor bei der Polizei arbeitet. Dabei schob sich bei mir oft das Bild der Schauspielerin Margaret Rutherford in der Rolle der Miss Marple vor Augen. Die Dialoge zwischen der 80-jährigen Edie und ihrer wenig älteren Nachbarin Riga Novack sind urkomisch und brillant geschrieben. Auch Edies Vergangenheit spielt in der Geschichte eine Rolle und diese machen die Figur greifbar und verletzlich. Was gut gepasst hat, denn Edie ist ansonsten sehr taff. Doch auch der Täter kommt zu Wort und ich habe lange gerätselt (ein Muss in diesem Buch) was genau seine Motive sind.

Die Handlung ist sehr komplex und auch die vielen Figuren machen es dem Leser nicht immer einfach den Ueberblick zu behalten.

Die Autorin hat die Geschichte als Rätsel konstruiert und nicht nur Edie rätselt, sondern auch der Leser. Schade fand ich, dass dann die Auflösung vom Himmel fiel und es tatsächlich für uns Leser nicht möglich ist diese Auflösung zu erraten. Fand ich mit diesem thematischen Hintergrund mit Puzzles und Rätseln etwas schade.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2024

Reicht nicht an die ersten beiden Teile heran!

Sie wird dich finden
0

Ein schönes Zuhause in einer ruhigen und sicheren Wohngegend wünscht sich Millie für sich und ihre Kinder. Zusammen mit ihrem Ehemann kauft sie ein Haus und die Familie zieht von der Bronx nach Long Island.

Doch ...

Ein schönes Zuhause in einer ruhigen und sicheren Wohngegend wünscht sich Millie für sich und ihre Kinder. Zusammen mit ihrem Ehemann kauft sie ein Haus und die Familie zieht von der Bronx nach Long Island.

Doch Millie fühlt sich vom ersten Tag an unbehaglich, denn ihre neuen Nachbarn sind seltsam und ihre Kinder fühlen sich nicht recht wohl in der Vorstadtidylle.

Als ein Toter gefunden wird, holt Millie ihre Vergangenheit wieder ein.



"Sie wird dich finden" ist nun also der dritte und letzte Teil der Reihe. Im Gegensatz zum zweiten Teil der Housemaid Reihe, der ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann, finde ich es hier beim dritten Teil essentiell die vorderen Teile zu kennen. Nur so kann ein wichtiges Element in der Beziehung zwischen Millie und ihrem Mann Enzo eingeordnet werden.

Dieser Thriller ist in der ersten Hälfte eher ein Familienroman, denn ein Thriller. Als Familiengeschichte startet das Buch mit dem Umzug von Millie, Enzo und den beiden Kindern, der elfjährigen Ava und dem neun Jahre alten Nico. Sehr überrascht war ich, dass dieser dritte Teil ungefähr zehn Jahre nach Teil zwei ansetzt.

Die Handlung ist sehr familienbezogen, die einzige dunkle Wolke weht aus der Nachbarschaft herüber. Drei Figuren, die nebenan wohnen und die schwer einschätzbar sind. Für mich und für Millie. Erst gegen Mitte brandet Spannung und Thriller auf und Fragen über Fragen haben mich bei der Stange gehalten. Es geschieht ein Mord und wie es die Autorin so gut kann, wendet sich die Geschichte fast um 180 Grad. Auf diese Wende, die die Geschichte nimmt, wäre ich nie gekommen. Anders als in den beiden letzten Bänden fehlte aber der WoW Effekt, denn das Ganze erschien mir durch und durch konstruiert und gesucht.

Millie ist sehr viel unsicherer und gehemmter geworden in ihrem "ruhigen" Leben, das sie sich in der Vergangenheit so gewünscht hatte. Wo Millie mir zuvor so gut gefallen hat und sympathisch war, hatte ich hier oft meine liebe Mühe mit ihr. Wo sie sich vor 10 Jahren durchgeboxt hätte, kuscht sie nun. Ich denke da an eine Szene, in der Sohn Nico einen anderen Jungen verletzt und Enzo das als normal abtut. Millie will Hilfe für ihren Sohn organisieren, da sie spürt, dass er ein Aggressionsproblem hat. Sie lenkt dann aber Enzo zuliebe ein und tut gar nichts. Sie lässt sich auch immer wieder von beiden Nachbarinnen gängeln oder beleidigen. Das deckt sich nicht mit der Millie, in den beiden vorderen Bänden.

Trotz meiner Kritikpunkte habe ich mich gut unterhalten gefühlt mit Millie und ihrer Familie. Ich habe schöne Lesestunden mit diesem dritten Teil gehabt, auch wenn er nicht ganz an die beiden ersten Teile heranreicht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.11.2024

Camping mit Hindernissen!

Liebe ist schön, von einfach war nie die Rede
0

Urlaub auf Rügen hat sich Evi Schneider anders vorgestellt. Ihre Tante Lisbeth, die kürzlich verstorben ist, hat sie zu einem Campingurlaub verdonnert.

Erst wenn Evi drei Wochen Urlaub im Zelt überstanden ...

Urlaub auf Rügen hat sich Evi Schneider anders vorgestellt. Ihre Tante Lisbeth, die kürzlich verstorben ist, hat sie zu einem Campingurlaub verdonnert.

Erst wenn Evi drei Wochen Urlaub im Zelt überstanden hat, soll sie auf das Erbe zugreifen können. Mit von der Partie ist Tochter Helena, die mit 14 Jahren voll in der Pubertät ist.

Evi lernt mit schlechtem Wetter, ungenügender Ausrüstung, der missgelaunten Tochter und den anderen Campinggästen umzugehen.




Ich habe mich mit der Geschichte wohlgefühlt, auch wenn sie ab und zu etwas einfach gestrickt war. Unterhaltsam liest sich, wie sich Evi und Helena an das Leben im Zelt gewöhnen. Allerlei lustige oder unbequeme Zusammentreffen oder Ueberraschungen machen die Geschichte abwechslungsreich. Es geschieht immer irgendetwas, langweilig wird es nicht.

So trifft die Urlauberin nicht nur eine meditierende Frauengruppe, bei der sie versucht ihr Chakra aufzupolieren. Sie mutiert auch zur Rattenjägerin oder muss sich den einen oder anderen Mann vom Leib halten. Auf dem Campingplatz gibt es nicht nur ein zahmes Eichhörnchen, sondern auch Amor, der mit Pfeil und Bogen umgeht. Die Liebesgeschichte fand ich süss und romantisch, aber auch vorhersehbar. Der Stolperstein in der keimenden Beziehung gegen Ende Buch ist nicht wirklich überzeugend.

Gerade in der Mutter - Tochterbeziehung knarzt es ganz schön und wie nicht anders zu erwarten, wenn Mutter und 14-jährige Tochter zusammen in einem Zelt Urlaub machen, haben sie immer wieder Diskussionen. Diese Dialoge empfand ich manches Mal aufgesetzt. Unpassend empfand ich die immer wieder eingeflochtenen Gespräche, die die Protagonistin mit verstorbener Mutter und Tante und lebender Schwester hält.

Die Autorin zeichnet nicht nur ein gutes Bild von Strand, Meer und den verschiedensten Witterungsverhältnissen. Auch der Campingplatz ist gut beschrieben und hat mir wieder einmal gezeigt, dass ich wohl nicht für Urlaub im Zelt und mit sanitären Anlagen, die fremde Menschen mitbenutzen, gemacht bin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.11.2024

Wer im Glashaus sitzt...

22 Bahnen
0

Arbeit im Supermarkt, Studium und sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern. Tilda hat viel zu tun und ist nur im Freibad eine Weile für sich alleine und frei. Genau die 22 Bahnen lang, die sie oft schwimmt. ...

Arbeit im Supermarkt, Studium und sich um ihre kleine Schwester Ida kümmern. Tilda hat viel zu tun und ist nur im Freibad eine Weile für sich alleine und frei. Genau die 22 Bahnen lang, die sie oft schwimmt. Die Alkoholsucht der Mutter ist eine grosse Belastung für Tilda. Denn ihre kleine Schwester Ida ist dem Monster, in das sich die Mutter verwandelt, wenn sie trinkt, schutzlos ausgeliefert.

Dabei hätte Tilda Träume. Träume von einem Studienleben in Berlin. Dann tritt Viktor, der auch regelmässiger Besucher im Freibad ist, in ihr Leben. Einem Leben, das eigentlich bisher nur aus Fürsorge für Ida, Arbeit und der Suchterkrankung der Mutter bestimmt wurde.


Ich habe "Windstärke 17", in dem Ida als Teenager im Mittelpunkt steht, schon gelesen. Nun war ich sehr neugierig auf Tildas "Seite" in "22 Bahnen" , dem Debütroman von Caroline Wahl. Streng genommen habe ich also rückwärts gelesen, da "22 Bahnen" vor "Windstärke 17" angesiedelt ist. Ich empfinde diese Reihenfolge jedoch als Plus, denn nun konnte ich nachlesen, weshalb Ida so wird, wie sie als Teenager in Windstärke 17 ist.

Die Schwestern hängen sehr aneinander und die weitaus ältere Tilda wächst über sich hinaus und ist nicht nur Mutterersatz, sondern auch Beschützerin von Ida.

So weit, so gut.

Für meinen Geschmack trinkt und laboriert Tilda jedoch zu viel mit Drogen. Einerseits hebt sie zu Hause bei der Mutter den Mahnfinger, andererseits schlägt sie öfters im Freundeskreis über die Stränge. Was sie bei der Mutter anprangert, den Konsum von Suchtmitteln, macht sie also genau so. Wie war das noch mal mit dem Glashaus?

So gut wie mir Ida gefällt und gefiel, so sehr haderte ich mit der Figur Tilda. Entsetzt war ich, als sie tatsächlich einen Teil ihrer Träume wahrmacht. Das in dem Wissen, was ihre kleine Schwester zu Hause aushalten muss. Wohlverstanden, Tilda soll ihre Zukunft gestalten, aber sie hätte sich um Schutz und um Hilfe für Ida kümmern müssen. Wenn sie das nicht leisten kann oder will, dann halt von offizieller Seite. Damit ist sie auf meinem Sympathiebarometer noch einmal eine Stufe heruntergefallen.

Unrealistisch empfand ich, dass nie ein Lehrer nachgefragt oder das Jugendamt verständigt hat. Denn offensichtlich ist das ja, was in der Familie abgeht. Nicht nur, dass Tilda alle Elterngespräche von Ida wahrnimmt, auch Tildas Verwahrlosung ist ja früher aufgefallen. Da die Mitschüler sie gepiesackt haben wegen ungewaschener Kleidung und schlechtem Geruch.

Der Schreibstil von Caroline Wahl ist sehr eigenwillig. Teilweise sehr sachlich und es wird oberflächlich beschrieben, was bei der Familie zu Hause abläuft. Ich war sehr froh darum, denn die Thematik ist eindringlich und bedrückend genug. Einen detaillierteren und nachdrücklicheren Schreibstil hätte ich wohl schwer ausgehalten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere