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Veröffentlicht am 05.12.2024

»Ich glaube, es wird Zeit, dass man hier geht.«

B.M. - der unbekannte Fussgänger
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»Ich glaube, es wird Zeit, dass man hier geht.«

Eigentlich ist B.M., mit vollem Namen Benno Meyer, ein ganz und gar durchschnittlicher Mensch. Von Berufswegen Journalist, schlägt er sich so durch, bis ...

»Ich glaube, es wird Zeit, dass man hier geht.«

Eigentlich ist B.M., mit vollem Namen Benno Meyer, ein ganz und gar durchschnittlicher Mensch. Von Berufswegen Journalist, schlägt er sich so durch, bis die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kommen und ihm – als Juden – nun jegliche Arbeit fehlt.
Kurz entschlossen entschließt er sich, vom Romanischen Café zum Café de Dome zu wechseln – er emigriert von Berlin nach Paris und trägt die Hoffnung in sich, dass dort Literatur noch geschätzt wird.
Auf dem Weg dorthin fällt ihm immer wieder ein Sportwagen ins Auge und ist sich sicher, dass ihm eine der Frauen bekannt vorkommt, doch das ist sicherlich ein Hirngespinst oder?!
So dachte er, bis ihn doch noch Djoi, die sich später Madame Estelle nennt, gleichsam mit der gemeinsam erlebten Vergangenheit einholt…

Zuerst lauschen wir einer übergeordnete Erzählinstanz, bis die Perspektive großteils direkt auf B.M. übergeht. Wir folgen seinen Aneinanderreihungen loser Gedanken und Beschreibungen des Geschehens sowie imaginären Gesprächen, die nicht selten mit Kommentaren versehen werden. Dadurch erleben wir seine Flucht, besonders das Ungewohnte und das Fremde, direkt durch ihn hindurch und fühlen uns ebenso verloren. Untermauert wird das durch Hermanns ironische Sprache.
Auch wenn das Buch nicht ganz leicht zu lesen und zu verstehen war, sondern vielmehr chaotische Züge hatte, gefiel es mir dennoch mehr oder weniger, da es zwar an Inhalt schwach, eindrücklich die Gefühlslage von B.M. wiedergibt, dessen Schicksal durch den Autor beeinflusst wurde. Darüber hinaus greift der Text literarische Zitate anderer Schriftsteller auf und verwebt diese in seine Gedanken.

Ansonsten greift der Roman häufig auf rassistische Stereotype und Beschreibungen zurück, die zur damaligen Zeit üblich, aus heutiger Sicht jedoch unbedingt kritisch zu sehen sind.

Ein Nachwort von Christian Klein gibt für Laien – wie ich einer bin – in knapper Form Auskunft über Hermanns Exil bis hin zur Publikation des Romans und widmet sich im zweiten Teil diesem an sich.

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Leider nicht ganz wie erwartet

Das Land der Bayern
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Denkt man an Bayern, kommen einem schöne Landschaften, Menschen in Tracht, der Fußballverein oder natürlich die berühmt-berüchtigte sture, konservative Bierzelt-Politik der CSU in den Sinn – das Bier nicht ...

Denkt man an Bayern, kommen einem schöne Landschaften, Menschen in Tracht, der Fußballverein oder natürlich die berühmt-berüchtigte sture, konservative Bierzelt-Politik der CSU in den Sinn – das Bier nicht zu vergessen!
All diese Aspekte prägen Bayern und doch wäre es ungerecht diese unvollständige Auflistung als gänzlich anzusehen.
Dieses Buch bricht mit Klischees und bietet einen historischen, politischen und gesellschaftlichen Streifzug durch das Bayern der vergangenen 200 Jahre, indem es viele bedeutende Ereignisse beleuchtet. Es geht um Regionen, Identitäten, aber auch um Natur(schutz), den aufkommenden Tourismus und die Wahrnehmung sowie das Ansehen Bayerns. Ebenfalls spielt die Religion in diesem doch äußerst konservativ geprägten Bundesland eine einnehmende Rolle. Dem gegenübergestellt sind wunderschöne Naturgebiete, bergige Landschaften mit klaren Seen sowie traditionsbewusste Menschen in Tracht.
Aber auch im negativen Sinn geschichtsträchtige, von Hitler inszenierte Orte wie den Obersalzberg, Nürnberg – als Stadt der Reichsparteitage – und die beiden KZ’s Dachau und Flossenbürg, sind Teil bayrischer Vergangenheit. Damals übliche Völkerschauen werden ebenso erwähnt.
Weiterhin widmet sich Löfflers Abhandlung dem problematischen Heimatbegriff, welcher von manchen Parteien immer noch oder wieder propagiert wird. Selbstverständlich werden auch Wahrzeichen, z.B. das Schloss Neuschwanstein oder Sehnsuchtsorte wie die Fränkische Schweiz, erwähnt.
Dieses Buch zeigt deutlich: Bayern ist zweifelsfrei in jeglicher Hinsicht ein interessantes Bundesland, über das sich viel diskutieren lässt!

Obwohl ich selbst mit der bayerischen Kultur noch nie etwas anfangen konnte, habe ich mich sehr auf das Buch gefreut, um mein Wissen zu erweitern. Leider entsprach dieses jedoch schlichtweg nicht ganz meinen Erwartungen. Großteils war es mir zu spezifisch und zu wenig allgemein. Anstelle einiger Anekdoten, die ich erwartet hatte, folgten stattdessen teils geografische Abhandlungen, die mir persönlich zu sehr ins Detail gingen.

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Veröffentlicht am 02.10.2024

Leider nicht mein Fall

Ein anderes Leben
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Es ist die Beerdigung ihres Vaters, die Mutter ist bereits verstorben. Anders als ihre beiden älteren Schwestern, hat sie nun beide Elternteile verloren und steht alleine da. Über den ganzen Roman hinweg ...

Es ist die Beerdigung ihres Vaters, die Mutter ist bereits verstorben. Anders als ihre beiden älteren Schwestern, hat sie nun beide Elternteile verloren und steht alleine da. Über den ganzen Roman hinweg ist die Beerdigung des Vaters Bow als grundlegende Rahmenhandlung anzusehen.
Dieses Ereignis zum Anlass nehmend lässt die Protagonistin, zugleich die jüngste Tochter, ihr Leben von der Kindheit ausgehend Revue passieren und beleuchtet dabei besonders die stets ambivalente Beziehung zu ihrer Mutter. Diese hielt nicht viel von Konventionen und heiratete nacheinander ihre drei Studienfreunde, wobei ein jeweiliges Kind natürlich nicht fehlen durfte. Nur mit Bow, ihrem letzten Ehemann, blieb sie länger zusammen und übernahm mit ihm überwiegend die Erziehung ihrer drei Töchter. Doch als sich die Pubertät der Protagonistin ankündigt und diese sich gegen ihre Eltern auflehnt, möchte Hanna ihr Leben auf die bisherige Art nicht mehr so weiterführen – schon lange fühlt sie sich im Alltag gefangen. Sie zieht die Reißleine, sucht sich eine eigene Wohnung und kümmert sich in erster Linie um sich selbst. Hanna und ihre Tochter hatten es nicht leicht miteinander und doch liebten sie sich.

Sanft, als würden andererseits Beziehungsgeflechte zerbrechen, erzählt die Schauspielerin Caroline Peters in ihrem Debütroman von Menschen, die sich auf eine gewisse Art und Weise selbst verfehlen und zu spät die richtigen Fragen stellen.

Auch wenn dies alles einen emotionalen Roman verspricht, konnte er mich nicht überzeugen. Für mich blieben die Figuren, trotz ihrer Detailtreue, welchen man der Autorin, ebenso wie den klaren Stil lassen muss, oberflächlich und ließen mich nicht wirklich in die Geschichte eintauchen. Meines Erachtens will der Roman zu viel und wechselt teils zu stark zwischen unterschiedlichen Schwerpunkten.
Trotz allem kann man nicht sagen, dass das Buch nicht tief genug ging, eventuell war sogar das mein Problem damit. Es gab zu viele Details, insbesondere zu den drei Ehen, welchen in diesem Ausmaß nicht notwendig gewesen wären.

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Veröffentlicht am 02.09.2024

"Wann fängt man an, jemanden in die Vergangenheitsform zu setzen?"

Fabelland
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»Wann fängt man an, jemanden in die Vergangenheitsform zu setzen?
Wenn die Geschichte vorbei ist? Wenn der andere einen nicht mehr interessiert? Wenn es noch einmal losgeht?«

Ines Geipel, kurz vor dem ...

»Wann fängt man an, jemanden in die Vergangenheitsform zu setzen?
Wenn die Geschichte vorbei ist? Wenn der andere einen nicht mehr interessiert? Wenn es noch einmal losgeht?«

Ines Geipel, kurz vor dem Fall der Mauer, im August 1989 nach Darmstadt geflohen, schildert in diesem Buch überwiegend subjektive Erinnerungen an ihre Zeit während und nach der DDR sowie zur Zeit des Mauerfalls.
Dabei reist die Autorin zurück in die Zeit des Umbruchs und geht verschiedenen Fragen auf die Spur:
Wie wirkte sich der Fall der Mauer auf die Menschen aus und wie nahmen diese ihn wahr? Wie vollzog sich die Einheit und wie lassen sich heutige rechtsextreme Tendenzen erklären?

Besonders der Bezug zu ihrer eigenen Familie bleibt in Erinnerung, schließlich stieß Geipel selbst erst 2003, bei Akteneinsicht, auf diese Tatsachen.
So erfuhr sie, dass ihr Vater unter acht verschiedenen Namen für die Staatssicherheit der DDR im Westen spionierte. Ihre Mutter wusste dabei über alles Bescheid.
Das Schweigen darüber, dass niemand darüber jemals redete, belastet noch heute.

Auch sonst bietet ihr Buch Abrisse über bestimmte Ereignisse, Erlebnisse und Personen. Beim Lesen bemerkt man ihre poetische Sprache. Kein Wunder, schließlich ist sie Professorin für Verskunst an der wohl renommiertesten Schauspielschule Deutschlands: „Ernst Busch“ in Berlin.

Gegen Ende wendet sie den Blick auf die (Erfolgs-)Geschichte der AfD, deren Radikalisierung und kritisiert die zunehmende Auferlegung von zuschreibenden Identitäten, seitens der rechtsextremistisch eingestuften Partei, wie sie auch aktuell im Wahlkampf zu bemerken sind.

Trotz der spannenden Einblicke, welche das Buch bietet, konnte es mich jedoch nicht wirklich überzeugen. Vielmehr hätte ich mir eine etwas geordnetere Struktur gewünscht, da diese meines Erachtens teils chaotisch und immer wieder sprunghaft war.
Auch wurde ich aus manchen geschilderten Ereignissen nicht wirklich schlau, einerseits weil der Zusammenhang nicht klar ersichtlich war und andererseits erschienen mir diese teils als belanglos.

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Veröffentlicht am 24.03.2024

„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen."

Lichtungen
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„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“

Voranstellend sind nur zwei der zahlreichen, wunderschönen Sätze aus diesem ...

„Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen. Man begegnete ihnen nur zufällig und wusste nie, was man darin fand.“

Voranstellend sind nur zwei der zahlreichen, wunderschönen Sätze aus diesem Roman genannt, der von einer einfühlsamen poetischen Sprache beherrscht wird und dadurch sentimentale Bilder erzeugt, die gemäß Seifenblasen kurz sichtbar sind und sogleich wieder verblassen.
Hätte ich beim Lesen einen Stift parat gehabt, so hätte ich eine Vielzahl an besonders schönen Sätzen hervorheben können, schließlich beinhaltet das Buch unbeschreiblich viele solcher, die man nicht der Vergessenheit anvertrauen, sondern vielmehr für immer behalten möchte.

Dieses Buches erzählt die besondere Geschichte von Lev und Kato auf eine einfühlsame Weise und beleuchtet Schlaglichter deren Leben. Beide hatten es nicht leicht und beide verbindet schon seit sie Kinder waren – vielleicht eben deswegen – ein unzertrennbares Band der Freundschaft, welches oft genug auf die Probe gestellt wurde.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es keinen gewöhnlichen Erzählstrang aufweist, sondern die Geschichte innerhalb ihrer neun Kapitel rückwärtig erzählt wird. Eine kreative Idee und eine gelungene Umsetzung, die vom Leser jedoch einiges an Aufmerksamkeit erfordert, um sich die jeweilig geschilderte Situation im entsprechenden Kontext sinngemäß erschließen und diese nachvollziehen zu können.

Trotz allem gelang es mir leider nicht in das Geschehen einzutauchen, sondern ich fühlte mich beim Lesen wie ein außenstehender Beobachter der jeweiligen Situationen. Aus diesem Grund fiel es mir zudem schwer, die jeweils tragende Rolle der darin vorkommenden Figuren zu merken und verlor öfters den Überblick.

Dennoch ist dieses Buch, allein schon wegen der einfühlsamen Sprache, lesenswert. Iris Wolff schafft es sprachliche Bilder zu erzeugen, wie man es nur wirklich selten erlebt!

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