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Veröffentlicht am 06.12.2024

140 Seiten voller Klischees und Fehler - Ein enttäuschender Gelsenkrimi

Eric Holler: Gelsentod
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Mit Gelsentod legt Roman Just einen weiteren Band seiner „Gelsenkrimi“-Reihe vor. Der Krimi handelt von Kriminalhauptkommissar Werthofen und seiner Frau Heike, die nach einem Vorfall bei der Einweihung ...

Mit Gelsentod legt Roman Just einen weiteren Band seiner „Gelsenkrimi“-Reihe vor. Der Krimi handelt von Kriminalhauptkommissar Werthofen und seiner Frau Heike, die nach einem Vorfall bei der Einweihung ihrer Schrebergartenlaube unter Mordverdacht geraten. Privatdetektiv Eric Holler übernimmt die Aufgabe, ihre Unschuld zu beweisen. Roman Just, Selfpublisher aus Gelsenkirchen, hat seit 2019 zahlreiche Werke veröffentlicht und widmet sich in seinen Geschichten häufig den Höhen und Tiefen des Alltags.

Worum geht's genau?
Die Geschichte beginnt mit einer Rückblende, die Leser:innen auch ohne Vorkenntnisse der „Gelsenkrimi“-Reihe abholt. In der Schrebergartenanlage „Zur Erholung“ feiern die Werthofens die Einweihung ihrer neuen Laube. Doch nach dem Essen kollabieren mehrere Gäste, und bald richtet sich der Verdacht gegen das Gastgeberpaar. Eric Holler, ein befreundeter Privatdetektiv, soll Licht ins Dunkel bringen und die Unschuld seiner Freund:innen beweisen.

Meine Meinung
Ich habe Gelsentod bei einer Buchverlosung gewonnen und innerhalb eines Tages gelesen (E-Book Version). Mit 140 Seiten ist das Buch schnell zu bewältigen, was auch durch die klare Struktur und die kurzen Kapitel erleichtert wird. Der Rückblick am Anfang ist eine sinnvolle Ergänzung, die neue Leser:innen ohne Vorwissen abholt. Leider endet hier bereits das Positive. Wenn ich das Buch nicht rezensieren müsste, hätte ich es abgebrochen. Auf die Gründe möchte ich gerne detailliert eingehen:

Spannung, ein Kernelement jedes Krimis, kommt in Gelsentod bei mir kaum auf. Statt einer atmosphärisch dichten Handlung wirkt die Geschichte wie eine Aneinanderreihung von Ereignissen. Voreilige Schlüsse und wenig realistische Ermittlungsansätze nehmen dem Geschehen jegliche Glaubwürdigkeit. Beispielsweise wird Verdächtige aufgrund persönlicher Beziehungen ausgeschlossen, was in einer echten Ermittlung kaum vorstellbar wäre. Auch das Ende, in dem der Fall im Restaurant beiläufig abgehandelt wird (Seite 129), wirkt übereilt und wenig durchdacht. Etwas mehr Seiten hätten der Geschichte definitiv gutgetan, um Tiefe, Atmosphäre und Spannung aufzubauen.

Noch problematischer als die Handlung selbst ist jedoch der Schreibstil. Auf das Gendern wird verzichtet - viel mehr noch wird sich darüber lustig gemacht. Die Sprache ist durchzogen von vulgären und frauenfeindlichen Aussagen. Beispiele dafür finden sich zahlreich: „Wer war das Schwein oder die Sau, die über Leichen ging?“ (Seite 54), „Miststück“ (Seite 70) oder „Aber nein, irgendeine Missgeburt […] hatte regelmäßig Einwände dagegen“ (Seite 66). Gewalt gegen Frauen wird weder kritisch reflektiert noch in angemessener Weise thematisiert; stattdessen äußert der Ermittler: „Holler unterdrückte das Verlangen, dem Miststück an den Hals zu gehen“ (Seite 70). Die Darstellung von Frauen ist oft abwertend, bewertend und eindimensional, beispielsweise durch Beschreibungen wie: „Auffällig waren Luises lange, schwarz gefärbte Fingernägel, eher unattraktiv ihr ebenfalls schwarzes Kleid, in dem an die siebzig Kilogramm weibliche Formen steckten“ (Seite 35).

Darüber hinaus fällt der Umgang mit Migrant:innen negativ auf. Ali der Tunesier wird nicht nur mehrfach auf seine Herkunft definiert, natürlich ist er auch kriminell - auch das wird mehrfach betont (ab Seite 44), während das Ehepaar mit gebrochenem Deutsch und türkischem Akzent (Seite 114) klischeehaft als „überfreundlich“ dargestellt wird. Überraschung, Nicht-bio Deutsche Personen können auch freundlich sein....Solche Stereotype fördern Vorurteile und wirken befremdlich. Auch abwertende Bemerkungen über Politiker:innen („Großkotz bleibt Schwein“ – Seite 56) und ableistische Formulierungen wie „Missgeburt“ (Seite 66) tragen zu einem insgesamt unangenehmen Leseerlebnis bei.

Die Dialoge und der Satzbau sind häufig holprig und unrealistisch. Beispielhaft dafür steht der Satz: „Wahrscheinlich haben es Sie festgestellt, nur neunzehn Paare sind erschienen“ (Seite 18) oder die bizarre Aussage: „Auch mein Haus verlasse ich nicht. Sie können mich erwürgen, erschießen, von mir aus mich vorher vergewaltigen, nichts wird geschehen“ (Seite 51). Welche Frau würde bitte im realen Leben sagen, dass man sie vergewaltigen kann?

Ein weiteres Problem ist die Charakterzeichnung. Die Figuren bleiben oberflächlich und unsympathisch, sodass keine Bindung entsteht. Besonders die weiblichen Figuren werden vor allem über ihr Äußeres beschrieben, oft auf beleidigende Weise: „Seine im Knast und zum Teil verwöhnte Ehefrau jedoch nicht. Sicher: Heike hatte Haare auf den Zähnen, konnte zickig und nervig sein“ (Seite 50). Andere Beispiele sind: „Die leicht übergewichtige Dame mit Haaren auf den Zähnen […] konnte innerhalb von drei Runden einen Ringkampf gegen Mike Tyson für sich entscheiden“ (Seite 89) oder „Nachdem er das unsympathische Monster, stopp, die unsympathische Monsterin, am liebsten gegen die Wand geworfen hätte […]“ (Seite 53). Solche Beschreibungen ziehen sich durch das gesamte Buch.

Darüber hinaus ist das Buch voller Rechtschreib- und Grammatikfehler, die das Lesen zusätzlich erschweren. Beispiele dafür sind: „Wert-hofen“ statt Werthofen (Seite 5), „ging das neue Jahr merkwürdig an“ statt „fing“ (Seite 10) oder „hemmungslos weidend“ statt „weinend“ (Seite 90). Auch Flüchtigkeitsfehler wie „beauftrag statt beauftragt“ (Seite 97) oder „Gesetzt“ statt „Gesetz“ (Seite 109) stören den Lesefluss erheblich. In Zeiten moderner Rechtschreibprüfungen sollte dies vermeidbar sein.

Fazit
Gelsentod konnte mich weder inhaltlich noch sprachlich überzeugen. Die flache Handlung, problematische Darstellungen und zahlreichen Fehler machen das Buch zu keinem freudigen Leseerlebnis. Ich vergebe 1 von 5 Sternen.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 03.11.2024

Sehr (!) hohes Anspruchsniveau, das Lesende (mich) überfordert

Antichristie
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In "Antichristie" schickt Mithu Sanyal ihre Protagonistin Durga, eine indisch-deutsche Drehbuchautorin, auf eine verwirrende Reise durch Kolonialgeschichte und Gewaltfragen, die in eine unerwartete Zeitreise ...

In "Antichristie" schickt Mithu Sanyal ihre Protagonistin Durga, eine indisch-deutsche Drehbuchautorin, auf eine verwirrende Reise durch Kolonialgeschichte und Gewaltfragen, die in eine unerwartete Zeitreise mündet. Die Autorin, die auch als Kulturwissenschaftlerin und Journalistin tätig ist, hat sich mit Themen wie Sexualität und Verbrechen auseinandergesetzt und wurde für ihr Werk "Identitti" vielfach ausgezeichnet. Ihr neuester Roman ergründet Kolonialismus und die persönliche Verantwortung in einer ungerechten Welt.

Worum geht's genau?

In London im Jahr 2022 herrscht Trauer: Die Queen ist tot. Doch während das Land stillsteht, stürzt sich Durga, die Protagonistin, in ein filmisches Projekt, das die Werke Agatha Christies neu verfilmen soll. Kaum hat Durga ihre Gedanken in dieses Vorhaben investiert, wird sie ins Jahr 1906 zurück katapultiert, mitten in die hitzigen Debatten und Handlungen indischer Revolutionäre, die mit Gewalt für Freiheit kämpfen. In dieser ungewohnten Umgebung konfrontiert sie die Frage nach moralischem Widerstand und dem Gewicht historischer Verstrickungen.

Meine Meinung

Das Cover von "Antichristie" ist auffällig und hat mich sofort angesprochen, auch wenn der Klappentext zunächst nicht wirklich mein Interesse wecken konnte. Die Nominierung für den Deutschen Buchpreis 2024 hat mich dann aber doch neugierig gemacht, gerade auch weil ich noch nichts von ihr gelesen hab und ihr erstes Buch scheinbar recht gut ankam. Doch leider blieb es für mich beim Vorsatz: Ich musste das Buch nach etwa 100 Seiten abbrechen. Das lag an mehreren Aspekten, die es mir letztlich unmöglich machten, mich in die Geschichte hineinzufinden.

So setzt die Autorin bei den Lesenden sowohl ein großes intellektuelles Verständnis als auch umfangreiche historische Kenntnisse (zu britisch-indischer Kolonialgeschichte) voraus. Beides habe ich zumindest nicht im Maße, wie es für das Buch notwendig wäre, um es zu verstehen. Ich hatte oft das Gefühl, dass mir der geschichtliche Hintergrund zu einigen Themen fehlte. Ohne permanente Recherchen und Nachlesen wäre es mir nicht möglich gewesen, die Zusammenhänge wirklich zu verstehen, was den Lesefluss enorm stört und zeitintensiv ist. Zudem empfand ich den Aufbau des Romans als ausgesprochen verwirrend und strukturell schwer nachvollziehbar.

Ein weiterer Punkt war die Vielzahl der Charaktere, die schon zu Beginn auftauchen, ohne dass ich ein klares Bild von ihnen gewinnen konnte. Scheinbar gäbe es am Ende des Buches ein Glossar bei dem nochmal alle wichtigen Personen aufgelistet werden, vlt. hätte es geholfen, hätte ich davon gewusst. Die Figuren blieben für mich jedenfalls blass und ihre Beweggründe schwer greifbar, was das Eintauchen in die Geschichte erschwert. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass mir ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis fehlte.

So blieb mir nach den gelesenen Seiten vor allem Verwirrung. Es ist schade, denn Themen wie (britisch-indische) Kolonialgeschichte, deren Aufarbeitung und Erinnerungskultur finde ich prinzipiell sehr spannend und auch gesellschaftlich vor allem sehr wichtig. Doch bei aller Neugier auf die Handlung konnte ich keinen Gewinn für mich herausziehen und habe das Buch letztlich abgebrochen - es gibt einfach zu viele gute Bücher, als dass ich mich durch Bücher quälen möchte. Deshalb konnte ich mit gutem Gewissen auch abbrechen und AUCH wenn das bedeuten würde, eine vlt. doch noch spannende Geschichte verpasst zu haben.

Fazit

Leider hat mich "Antichristie" enttäuscht. Trotz der interessanten Thematik und eines ambitionierten Konzepts waren die verwirrende Struktur und der Anspruch an historische Kenntnisse hinderlich. Ich vergebe 1 von 5 Sternen, da zumindest ich aus den genannten Gründen keinen Zugang zum Buch gefunden habe und es mich letztlich eher frustriert als bereichert hat.

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