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Veröffentlicht am 12.12.2024

Ein Buch rund um (Nicht-)Mutterschaft, das eine herausragende Tiefe und Ambivalenz abbildet

Eva
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Vor der Beobachtungsgabe Verena Keßlers kann ich mich nur verneigen. Sie widmet sich in „Eva“ einem Themenfeld, das von Ambivalenz und Unverständnis geprägt ist, und liefert einfach ab.

Eva Lohaus, die ...

Vor der Beobachtungsgabe Verena Keßlers kann ich mich nur verneigen. Sie widmet sich in „Eva“ einem Themenfeld, das von Ambivalenz und Unverständnis geprägt ist, und liefert einfach ab.

Eva Lohaus, die titelgebende Figur, ist dabei nur eine von vier Frauen, denen je ein Kapitel gewidmet wird. Ihre Geschichten sind jedoch nicht isoliert, sondern miteinander verwoben. Dieses Verweben gelingt Keßler mit einer solchen Leichtigkeit und einem gleichzeitigen Feinsinn, dass es mich nur begeistern konnte. Ergänzt wird die Handlung um ganz besondere und zarte Beziehungen, die teilweise wirklich sehr überraschend kommen. ❤️

Zurück zu Eva Lohaus, die öffentlichkeitswirksam darüber spricht, warum sie es mit Blick auf die Klimakrise für egoistisch hält, weitere Kinder zu bekommen. Dem gegenüber stehen Frauen, die keine Kinder bekommen können oder die ihr Kind verloren haben. Außerdem eine Mutter, die erschöpft ist vom Muttersein und welche versucht, sich selbst als Individuum innerhalb und außerhalb der Rolle wieder zu verorten.

Die verschiedenen Positionen scheinen so konträr und konfliktbeladen zu sein, dass ich es schlicht meisterinnenhaft finde, wie Keßler sie zu verbinden vermag ohne sich selbst zu positionieren. Und nicht nur die verschiedenen Lebensperspektiven werfen einen vielschichtigen Blick auf dieses komplexe Thema, sondern auch die Figuren sind in sich von einer Ambivalenz und Tiefe geprägt, die mich beeindruckt hat.

Denn wer keine eigenen Kinder haben möchte, will nicht zwangsläufig gar keine in ihrem Leben haben und wer eigene hat, kann auch abweisende Gefühle empfinden. Und nicht zuletzt darf sich die eigene Position auch einfach verändern, auch wenn das in unseren gesellschaftlichen Strukturen gar nicht so leicht ist. All das findet einen Raum in diesem großartigen Buch, das ich wirklich bedingungslos allen empfehle, weil es ein gut lesbares Plädoyer ist für Solidarität statt Abschottung bei unterschiedlichen Lebenseinstellungen.

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TW: (ungewollte) Kinderlosigkeit, Kindstod, Fruchtbarkeitsuntersuchungen, Gewaltandrohung, M0rd an Tieren (eine Szene, nicht explizit)

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Veröffentlicht am 16.11.2024

So viel mehr als eine Geschichte über Freundinnen und ein absolutes Highlight

Hot Mess
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Ich bin so unglaublich begeistert von diesem irischen Roman, der mit völlig ungeahnter Tiefe eine authentische Geschichte über Freundinnenschaft liefert. Er hat mich von vorn bis hinten gefesselt und am ...

Ich bin so unglaublich begeistert von diesem irischen Roman, der mit völlig ungeahnter Tiefe eine authentische Geschichte über Freundinnenschaft liefert. Er hat mich von vorn bis hinten gefesselt und am Ende ordentlich zum Weinen gebracht.

Die Erzählperspektiven wechseln zwischen drei Frauen hin und her. Claire fühlt sich nach einem vorerst nicht näher benannten Zwischenfall von ihrer alten Freundinnenclique ausgeschlossen und steigert sich zunehmend in diese Abweisung hinein. Lexi steht gemeinsam mit ihrer besten Freundin Amanda dank des sehr erfolgreichen Podcasts „Your Hot Friend“ zunehmend in der Öffentlichkeit und muss feststellen, dass ihre Freundinnenschaft vielleicht gar nicht so echt ist wie sie schien. Joanne ist eine junge Mutter, die innerhalb ihres Freundeskreises und ihrer Beziehung mit den Herausforderungen rund um Mutterschaft, Vereinsamung und Care Arbeit struggelt.

Obwohl sich die drei Frauen nicht kennen, finden sie auf einem für mich innovativen Weg zueinander. Das Pacing ist bis zu diesem Punkt eher langsam und zieht in der zweiten Hälfte extrem stark an. Später wird dann auch klar, warum die Autorin dies mutmaßlich bewusst so gestaltet hat und ich finde es nicht weniger als genial! Eine weitere Stärke von Sophie White, neben einem flüssigen Schreibstil und dem feinen Humor, sehe ich in der detailreichen Ausgestaltung ihrer Hauptfiguren. Ich kann hiervor nur meinen Hut ziehen und daher nur auf extrem hohem Niveau kritisieren, dass die Nebenfiguren daneben etwas flach schienen.

„Hot Mess“ behandelt entgegen meinen Erwartungen nicht nur das Thema rund um Freundinnenschaft Ü30 (und das alleine hätte mich schon vollends überzeugt), sondern geht unglaublich tief in das Thema mentale Gesundheit hinein - ganz konkret bipolare Störung. Die Danksagung der Autorin lässt vermuten, dass sie zumindest im weiteren Sinne persönliche Erfahrung einfließen lässt und das wundert mich nicht. Ich kann nicht in Worte fassen, wie gut hier depressive und manische Episoden beschrieben wurden. Es hat mich selbst in einen Rausch verfallen und danach auf herzzerreißende Art mitleiden lassen.

Das Buch verdient volle 5 Sterne, weil es unterhaltsam und lebensnah, dabei aber auch unglaublich tief ist. Ernsthaftigkeit und menschliches Wachstum in eine so gut lesbare Form zu packen, der es nicht an Humor mangelt, ist schlicht ein Talent und ich kann es kaum erwarten, mehr von der Autorin zu lesen.


[TW: psychische Erkrankung, bipolare Störung, Es$störung, suīzidales Verhalten]

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Veröffentlicht am 04.11.2024

Toller Humor, gute Charakterentwicklung, bisschen Spice - alle Erwartungen erfüllt

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
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Wer Emily Henry liest, bekommt Emily Henry. Das ist auch bei „Book Lovers“ der Fall und ich fand es einfach nur toll.

Die Autorin hat ein Händchen für flüssige Geschichten mit Spice und einem Humor, den ...

Wer Emily Henry liest, bekommt Emily Henry. Das ist auch bei „Book Lovers“ der Fall und ich fand es einfach nur toll.

Die Autorin hat ein Händchen für flüssige Geschichten mit Spice und einem Humor, den ich sehr mag. Und auch während dieser Lektüre musste ich einige Male laut auflachen. 😅

Ganz besonders toll fand ich hier die Meta-Ebene der Story. Als Literaturagentin benennt Protagonistin Nora nämlich so einige RomCom-Tropes - um sie dann später aber trotzdem irgendwie selbst zu leben. Henry hat wirklich einen außerordentlich zugänglichen Weg gefunden, die Klischees der Romance-Welt liebevoll auf die Schippe zu nehmen. 🫶🏻

Richtig gut gefallen hat mir außerdem, dass die Beziehung von Nora zu ihrer Schwester Libby viel Raum einnimmt und sich entwickeln darf. Auch bei Romance finde ich es lobenswert, wenn es nicht nur um romantische Liebe geht und das Band zwischen den beiden Schwestern ist spürbar eng.

Spice kommt natürlich auch in „Book Lovers“ nicht zu kurz, auch wenn er etwas sanfter ausfällt als in anderen Büchern der Autorin. Bei der Beschreibung des Protagonisten Charlie wird auch wieder auf ein paar klassische Klischees zurückgegriffen und ich fand andere männliche Hauptfiguren noch besser ausgereift, aber er ist trotzdem ein gut gezeichneter, sympathischer Charakter.

Rundum genau das, was ich erwartet habe und ein absoluter Easy-Read mit Spaß und Coziness.

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Veröffentlicht am 06.10.2024

Eine Umarmung von Buch mit toller Tiefe

9 Grad
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Was für ein großartiger, warmer und tiefgründiger Debütroman! Er hat mich schon vom Klappentext her angesprochen und obwohl oder gerade weil es um so viel mehr geht als um Eisbaden, habe ich ihn unglaublich ...

Was für ein großartiger, warmer und tiefgründiger Debütroman! Er hat mich schon vom Klappentext her angesprochen und obwohl oder gerade weil es um so viel mehr geht als um Eisbaden, habe ich ihn unglaublich gern gelesen.

Ein Kernelement des Romans ist die Freund:innenschaft zwischen Josie, Rena und Anton, welche für sich stehend schon absolut wholesome ist. Die drei akzeptieren sich in ihren Unterschieden, sind einander absolut loyal und sprechen einfach über Konflikte. Und auch die Figuren selbst, später ergänzt um Lee, sind divers, authentisch und enorm vielschichtig.

Die übergeordneten Gegensätze im Buch sind subtil und bemerkenswert. Während Anton eher unkompliziert im Moment verweilen will und sich als eine eher reservierte Person entpuppt, hat Rena Freude an aufregenden Dingen und führt ihre Freund:innen daher auch an das Eisbaden heran. Die geschilderten Bewusstseinszustände sind für sich genommen schon eindrücklich, doch es geht noch um viel mehr - vor allem für Josie. Die struggelt nämlich mit ihrem Körper und hat gleichzeitig oft das Gefühl, Dinge für andere Menschen tun zu müssen, was sie weiter von ihren eigenen Körperempfindungen entfernt. Besonders Josie hat mich an einem schmerzlichen Punkt getroffen, weshalb ich emotional sehr involviert war. Toll fand ich hierbei auch, dass Elli Kolb den Körper ihrer Protagonistin nicht sonderlich detailliert beschreibt und damit eine Projektionsfläche für viele Menschen bietet. 💚

Rena ereilt im Laufe des Romans ein Schicksal, das die Figur noch einmal von einer ganz anderen Seite darstellt. Das Ende kam mir einen Ticken zu plötzlich, da hätte ich gern noch 30-50 Seiten mehr gelesen. Doch ingesamt habe ich nur Positives zu diesem Roman zu sagen! Es werden so einige Themen behandelt, die gesellschaftlich besonders auch junge Menschen beschäftigen. Ob nun eine allgemeine Kritik am Leistungsdruck oder der überall durchscheinende Sexismus - das Buch schafft es, weder oberflächlich noch erdrückend schwer zu sein. Ein besonderes Lob möchte ich für die authentische Darstellung von Depressionen aussprechen, auch wenn mir da Triggerwarnungen phasenweise lieb gewesen wären.

Ein Buch für alle, die vielleicht auch um ein Zurückfinden in die eigene Körperlichkeit kämpfen und weg wollen vom ständigen externen Blick. Ganz toll, eine Leseempfehlung von Herzen! 🫶🏻

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Veröffentlicht am 30.09.2024

Ein Wohlfühlroman über eine ganz besondere Verbindung

Okaye Tage
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Ich habe „Okaye Tage“ als eine realistische Beziehungsgeschichte unheimlich gern gelesen und bis zum Schluss mit den beiden Figuren mitgefiebert. 🥺

Sam und Luc kennen sich eigentlich schon von früher, ...

Ich habe „Okaye Tage“ als eine realistische Beziehungsgeschichte unheimlich gern gelesen und bis zum Schluss mit den beiden Figuren mitgefiebert. 🥺

Sam und Luc kennen sich eigentlich schon von früher, begegnen sich aber zwei Jahre später erst so richtig wieder. Da Sam in Stockholm lebt und arbeitet, ist die Beziehung in London auf wenige Wochen befristet. Die beiden sind ziemlich verschieden, passen aber trotzdem oder gerade deshalb richtig gut zueinander. Das hindert weder Luc noch Sam jedoch daran, sich fortlaufend Gedanken über die gemeinsame sowie eigene Zukunft zu machen.

Was hier für mich ganz besonders hervorstach, ist die Liebenswürdigkeit der beiden Protagonist*innen. Jenny Mustard hat es tatsächlich geschafft, nicht nur eine sympathische Frauenfigur, sondern auch eine überaus sensible und nahbare männliche Hauptfigur zu schaffen. Luc widerspricht vielen Vorstellungen hegemonialer Männlichkeit, ohne sich dabei ständig selbst auf die Schulter zu klopfen. Er weint, hinterfragt, ist sensibel und aufmerksam - ich mochte ihn wirklich richtig gerne. 🫶🏻

Auch Sam ist mit ihrer direkten, wohlmeinenden Art authentisch und liebenswert. Deshalb habe ich mich das ganze Buch über in den Perspektiven der beiden einfach nur wohl gefühlt. Der Countdown sorgt für ein unbedingtes Weiterlesen-Wollen und ich kann so viel verraten: Es wird nicht bei einem bleiben. 😉

Hervorheben möchte ich die genderinklusive Schreibweise, die mir beim Eichborn-Verlag nun schon mehrfach positiv aufgefallen ist. Außerdem werden einige gesellschaftspolitische Themen behandelt, von denen ich mich sehr gesehen gefühlt habe. Und ganz besonders warm wurde mein Herz, weil im Buch nicht ständig Tiere gegessen und benutzt werden - eher ganz im Gegenteil. 🥹

Der Roman fühlt sich an wie eine Umarmung, weil er ohne überbordendes Drama auskommt, ohne dabei langweilig zu sein. Ich hätte auch noch 100 weitere Seiten von Sam und Luc lesen können. Meiner Meinung nach perfekt für den Herbst, auch wenn die Geschichte vor allem im Sommer spielt.

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