Ein Buch rund um (Nicht-)Mutterschaft, das eine herausragende Tiefe und Ambivalenz abbildet
EvaVor der Beobachtungsgabe Verena Keßlers kann ich mich nur verneigen. Sie widmet sich in „Eva“ einem Themenfeld, das von Ambivalenz und Unverständnis geprägt ist, und liefert einfach ab.
Eva Lohaus, die ...
Vor der Beobachtungsgabe Verena Keßlers kann ich mich nur verneigen. Sie widmet sich in „Eva“ einem Themenfeld, das von Ambivalenz und Unverständnis geprägt ist, und liefert einfach ab.
Eva Lohaus, die titelgebende Figur, ist dabei nur eine von vier Frauen, denen je ein Kapitel gewidmet wird. Ihre Geschichten sind jedoch nicht isoliert, sondern miteinander verwoben. Dieses Verweben gelingt Keßler mit einer solchen Leichtigkeit und einem gleichzeitigen Feinsinn, dass es mich nur begeistern konnte. Ergänzt wird die Handlung um ganz besondere und zarte Beziehungen, die teilweise wirklich sehr überraschend kommen. ❤️
Zurück zu Eva Lohaus, die öffentlichkeitswirksam darüber spricht, warum sie es mit Blick auf die Klimakrise für egoistisch hält, weitere Kinder zu bekommen. Dem gegenüber stehen Frauen, die keine Kinder bekommen können oder die ihr Kind verloren haben. Außerdem eine Mutter, die erschöpft ist vom Muttersein und welche versucht, sich selbst als Individuum innerhalb und außerhalb der Rolle wieder zu verorten.
Die verschiedenen Positionen scheinen so konträr und konfliktbeladen zu sein, dass ich es schlicht meisterinnenhaft finde, wie Keßler sie zu verbinden vermag ohne sich selbst zu positionieren. Und nicht nur die verschiedenen Lebensperspektiven werfen einen vielschichtigen Blick auf dieses komplexe Thema, sondern auch die Figuren sind in sich von einer Ambivalenz und Tiefe geprägt, die mich beeindruckt hat.
Denn wer keine eigenen Kinder haben möchte, will nicht zwangsläufig gar keine in ihrem Leben haben und wer eigene hat, kann auch abweisende Gefühle empfinden. Und nicht zuletzt darf sich die eigene Position auch einfach verändern, auch wenn das in unseren gesellschaftlichen Strukturen gar nicht so leicht ist. All das findet einen Raum in diesem großartigen Buch, das ich wirklich bedingungslos allen empfehle, weil es ein gut lesbares Plädoyer ist für Solidarität statt Abschottung bei unterschiedlichen Lebenseinstellungen.
.
.
.
TW: (ungewollte) Kinderlosigkeit, Kindstod, Fruchtbarkeitsuntersuchungen, Gewaltandrohung, M0rd an Tieren (eine Szene, nicht explizit)