Platzhalter für Profilbild

Fannie

Lesejury Profi
offline

Fannie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fannie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.12.2024

Psychologisch raffinierter Thriller mit atmosphärischen Schwächen

Tell Me Lies
0

Hannah wurde von ihrem Ehemann Sam betrogen. Nach einer Paartherapie sollen nun ein paar unbeschwerte Tage in Cornwall mit ihrer gemeinsamen Tochter Lily helfen, durchzuatmen und sich als Paar wieder näherzukommen. ...

Hannah wurde von ihrem Ehemann Sam betrogen. Nach einer Paartherapie sollen nun ein paar unbeschwerte Tage in Cornwall mit ihrer gemeinsamen Tochter Lily helfen, durchzuatmen und sich als Paar wieder näherzukommen. Doch im angemieteten "Owl Cottage" gehen seltsame Dinge vor: Tote Eulenküken liegen auf der Fußmatte, es kommt zu einem plötzlichen Stromausfall und da sind immer wieder geheimnisvolle Klopfgeräusche, die nur Hannah hört. Kurz darauf wird es Tote geben ...

Teresa Driscolls Thriller "Tell Me Lies" wurde von Sonja Häusler vom Englischen ins Deutsche übersetzt und am 25. Juni 2024 bei HarperCollins Germany veröffentlicht. Die gleichnamige Originalausgabe erschien im Jahr 2023.

Mit Hannah hat sich die Autorin eine schicksalsbeladene Figur erdacht, die schon in frühen Kindheitstagen ein Trauma erlitt, als ihr Vater bei einem gemeinsamen Picknick ums Leben kam. Doch mit Sam schien "Das Mädchen aus dem Wald", wie die Presse sie einst betitelte, ihr Glück gefunden zu haben. Der Seitensprung des Ehemanns stürzt Hannah allerdings in eine tiefe Krise. Sie nimmt Psychopharmaka und traut ihren eigenen Wahrnehmungen nicht mehr. Was ist Einbildung, was ist Realität?

"Tell Me Lies" ist ein psychologisch raffinierter und spannender Thriller, der sich gut lesen lässt. Gebannt stellt man sich beim Lesen die Frage, ob all die seltsamen Ereignisse mit Hannahs psychischer Verfassung zusammenhängen oder ob sie jemand gezielt in den Wahnsinn treiben will. Nur wer? Die Auflösung hebt sich Autorin Teresa Driscoll bis zum Ende auf.

Über die Thrillerhandlung hinaus thematisiert die Autorin die Mühen des Familienalltags, den schwierigen Spagat zwischen Kind und Karriere und das Zerbrechen von Freundschaften, sobald alle aus dem Freundeskreis eigene Familien gründen.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht Hannahs, ihrer Mutter, Sams und schlussendlich der Polizei erzählt. Langeweile kommt dadurch nicht auf.

Punktabzug gibt es allerdings für die fehlende Atmosphäre. Aus dem vielversprechenden Setting - einem einsamen Cottage an der Küste Cornwalls - wäre meines Erachtens noch viel mehr herauszuholen gewesen. Gleiches gilt für das Cover, das ich allenfalls mit dem Schwarzwald, nicht aber mit Cornwall assoziieren würde.

Dennoch ist "Tell Me Lies" ein solider Thriller, der gut unterhält und seine ganze Geschichte erst nach und nach offenbart, indem er die Vergangenheit Hannahs mit dem Hier und Jetzt geschickt verbindet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.08.2024

Cosy Crime mit Gruselfaktor und der fast perfekten Mordmethode

Mord bei Kerzenschein
0

England im Sommer des Jahres 1924: Arbuthnot „Arbie“ Swift ist ein sympathischer Hallodri, der für seinen Bestseller „Die Geisterjagd – ein Leitfaden für den Gentleman“ verehrt wird. Seine Expertise wird ...

England im Sommer des Jahres 1924: Arbuthnot „Arbie“ Swift ist ein sympathischer Hallodri, der für seinen Bestseller „Die Geisterjagd – ein Leitfaden für den Gentleman“ verehrt wird. Seine Expertise wird nun von der rüstigen Seniorin Amy Phelps benötigt, die in ihrem Herrenhaus Old Forge von ihrem längst verstorbenen Urgroßvater Wilbur, einem ehemaligen Schmied, heimgesucht wird.

Also stimmt Arbie zu, eine Nacht zu Beobachtungszwecken im Anwesen zu verbringen. Seine Jugendfreundin Val, Pfarrerstochter und Hobby-Ermittlerin, begleitet den Geisterjäger dabei.

Ziemlich real wird der Schrecken allerdings erst, als die beiden Geisterjäger die Hausherrin Amy Phelps tot in ihrem Schlafzimmer auffinden. Hat hier der Geist des alten Schmieds seine Finger im Spiel oder war der Mörder womöglich ein ziemlich lebendiger Zeitgenosse? Arbie und Val ermitteln undercover …

„Murder By Candlelight“ lautet der Titel der 2024 erschienen Originalausgabe des Krimis aus der Feder von Autorin Faith Martin. Die deutsche Ausgabe „Mord bei Kerzenschein“ wurde am 21. Mai 2024 bei HarperCollins Germany veröffentlicht. Karin Dufner hat das Buch gekonnt vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Den Zeitgeist von vor einhundert Jahren transportieren sowohl die Autorin als auch die Übersetzerin authentisch. Das gilt auch für die gesellschaftlichen Fallstricke jener Zeit, die Faith Martin in ihre Geschichte einfließen lässt: unverheiratete Frauen und uneheliche Kinder waren damals ein absolutes No-Go.

„Mord bei Kerzenschein“ ist ein typischer Whodunit-Krimi. Faith Martin führt ihre Leser gern auf falsche Fährten, bevor sie zum Schluss für die überraschende Auflösung sorgt. Ganz besonders kreativ war die Autorin bei der Wahl der Mordmethode. Das hätte fast der perfekte Mord werden können. Bis der Täter enttarnt wird, kann man in diesem Cosy Crime-Roman miträtseln, wer die Grande Dame Amy Phelps auf dem Gewissen haben könnte – Motive und Tatverdächtige gibt es jedenfalls einige.

Die Figuren, die Faith Martin für ihren Krimi entworfen hat, kann man nur als originell im besten Sinne bezeichnen – allen voran Arbies exzentrischen Onkel, der der Einfachheit halber von allen Einwohnern des Dorfes Maybury-in-the-Marsh nur „Onkel“ genannt wird.

Mit ihrem Buch „Mord bei Kerzenschein“ hat Faith Martin das Rad zwar nicht neu erfunden, aber für vergnügliche Lesestunden mit Wohlfühl- und Gruselfaktor eignet sich ihr Kriminalroman allemal.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.08.2024

Mord meets Urlaubsfeeling

Weißglut
0

In der Abgeschiedenheit Finnlands zur Ruhe kommen, in einem malerischen Ferienhaus am See einmal für niemanden erreichbar sein, abschalten: Das ist Sarahs Plan. Nachdem die Promi-Lady einer Illustrierten ...

In der Abgeschiedenheit Finnlands zur Ruhe kommen, in einem malerischen Ferienhaus am See einmal für niemanden erreichbar sein, abschalten: Das ist Sarahs Plan. Nachdem die Promi-Lady einer Illustrierten entnehmen muss, dass ihr Mann sie betrügt, tritt die Münchnerin den Rückzug an – in ein mökki in Finnland, dort, wo niemand sie kennt.

=typisches finnisches Ferienhaus, zumeist aus Holz

Doch schon kurz nach ihrer Ankunft gerät sie nach einer Verkettung unglücklicher Umstände mitten hinein in einen Mordfall. Sie findet die Leiche eines Mannes im See und steht augenscheinlich selbst auf der Liste der Verdächtigen. Sarah beschließt, auf eigene Faust den Täter zu ermitteln, um zu beweisen, dass sie nichts mit dem Tod des Mannes im See zu tun hat.

Am 21. Mai 2024 ist Tobias Quasts Kriminalroman „Weißglut“ bei HarperCollins Germany erschienen. Für seine Geschichte hat er viele originelle Charaktere erschaffen. Mit Hauptperson Sarah bin ich allerdings bis zum Schluss nicht richtig warmgeworden.

Der Autor ist mit einer Finnin verheiratet und bezeichnet Finnland als seine zweite Heimat. Die finnische Art zu leben, landestypische Bräuche und Gepflogenheiten sowie die Landschaft beschreibt er in seinem Buch eindrucksvoll. Beim Lesen kommt echtes Urlaubsfeeling auf – trotz der bedrückenden Begleitumstände.

Die Geschichte erzählt Tobias Quast abwechselnd aus der Sicht Sarahs, aus der eines mysteriösen jungen Mannes namens Onni und der des bis zum Schluss unbekannten Mörders. Nach und nach vereinen sich die einzelnen Stränge zu einem großen Ganzen.

In Sachen Mördersuche hat man als Leser oftmals eine Ahnung, um wen es sich dabei handeln könnte – und liegt schließlich doch falsch. Gleich mehrere Verdächtige präsentiert der Autor seiner Leserschaft, denn das Mordopfer Matti Saarinen, genannt „Das Walross“, erfreute sich in seiner Umgebung keiner großen Beliebtheit.

Hilfe bei ihren Ermittlungen bekommt Sarah durch die junge Finnin Ilvi. Das ungleiche Duo knöpft sich – vielleicht eine Spur zu selbstbewusst – abseits der polizeilichen Ermittlungen Verdächtige vor und prüft emsig deren Alibis. Der ermittelnde Kommissar Toivo Aalto, der nur mäßig motiviert erscheint, taucht allenfalls hin und wieder mal am Rande auf.

Die Geschichte wird durchweg flüssig erzählt und trotz der 480 Seiten, die das Buch umfasst, dehnt sich die Geschichte an keiner Stelle. Obwohl „Weißglut“ einige humorvolle Szenen enthält, würde ich das Buch nicht in die Cosy-Crime-Schublade stecken. Auch ein typischer Feel-Good-Krimi ist „Weißglut“ nicht. Bei der Suche nach dem Mörder kann der Leser dieses unterhaltsamen Kriminalromans vor der beeindruckenden Kulisse Finnlands trotzdem wunderbar vom heimischen Sofa aus miträtseln.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.07.2024

Atmosphärischer Roman über das Erwachsenwerden auf dem Land

Mühlensommer
0

Maria ist eine gestandene Frau. Sie leitet eine Werbeagentur und hat zwei pubertierende Töchter. Mitten in den Beginn eines Wochenendtrips platzt plötzlich die Nachricht, dass Marias Vater einen Unfall ...

Maria ist eine gestandene Frau. Sie leitet eine Werbeagentur und hat zwei pubertierende Töchter. Mitten in den Beginn eines Wochenendtrips platzt plötzlich die Nachricht, dass Marias Vater einen Unfall hatte und mit schweren Verletzungen im Krankenhaus liegt. Gemeinsam mit ihren Töchtern fährt sie zurück an den Ort ihrer Kindheit, den sie viel zu selten besucht: Den elterlichen Bauernhof mitsamt der alten Mühle. Während Maria sich dort um die demente Großmutter kümmert, der Mutter bei der Versorgung der Tiere hilft und um das Leben des Vaters bangt, erinnern sie viele kleine Begebenheiten und Dinge wie eine wiederentdeckte Schneekugel an ihre Kindheit, die ihr inzwischen vorkommt wie ein anderes Leben. Das wirft in ihr die Frage auf, was hätte sein können …

Martina Bogdahns Roman „Mühlensommer“ erschien am 11. April 2024 bei Kiepenheuer & Witsch. Das Buch mit dem wunderschönen Cover ist eine mitreißende Erzählung über eine erwachsene Frau, die sich lebhaft daran erinnert, wie sie einmal war und wie sie zu der wurde, die sie heute ist. Dabei kann die Autorin aus ihrem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen, denn sie selbst wuchs – wie ihre Protagonistin Maria – auf einem Einödhof mit eigener Mühlenbäckerei auf.

Erzählt wird die Geschichte aus Marias Perspektive. Dabei wechseln sich Gegenwart und Vergangenheit Kapitel um Kapitel ab. Die Erzählweise der kindlichen Maria ist dabei besonders charmant: Man muss ihre Unbedarftheit und ihre niedlich-naive Sicht auf die Dinge einfach liebenswert finden.

Ein weiterer echter Charakterkopf ist die Oma, die dem Eierlikör frönt, mit Wort und Tat äußerst rustikal zu Werke geht und kein Blatt vor den Mund nimmt. Aber sie ist, ebenso wie Marias Mutter, auch eine Frau, die ihr Leben lang hart auf dem Hof gearbeitet und persönliche Wünsche und Sehnsüchte immer hinten angestellt hat. Hätte Maria auch ein solches Leben gelebt, wenn sie nicht Abitur gemacht hätte und in die Stadt gezogen wäre? Mancher Dorfbewohner vertritt die Ansicht, dass sie sich als „Städterin“ für etwas Besseres hält.

Es ist unschwer zu erkennen, dass Autorin Martina Bogdahn das Dorfleben in all seinen Facetten bestens vertraut ist. Daran lässt sie ihre Leserschaft teilhaben, indem sie unverhohlen von Hausschlachtungen, ertränkten Katzenbabys und einem Reh, das die junge Maria tapfer von seinen Leiden erlöst, berichtet – Letzteres ist übrigens eine Szene, die mich zutiefst beeindruckt hat. Ratlos zurückgelassen hingegen hat mich die Autorin mit dem Schicksal einer Person im Buch. Das ist schade, denn ich hatte bis zum Schluss auf Aufklärung gehofft. Aber ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, denn schließlich möchte ich nicht spoilern. Denn trotz dieser Unzulänglichkeit kann ich das Buch empfehlen.

Mit „Mühlensommer“ ist Martina Bogdahn ein atmosphärischer Roman gelungen, der gekonnt den Bogen zwischen Wehmut und derbem Humor schlägt, und der einem angesichts der stetigen Veränderungen im Laufe eines Menschenlebens tröstlich vor Augen führt, dass Erinnerungen für immer bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.04.2024

Zwischen Tragik und Komik: Hundebesitzer Henk und ein ereignisreicher Samstag im Juli

Ein Tag und ein ganzes Leben
0

Ein Samstag im Juli. Henk ist 56 Jahre alt, geschieden, Krankenpfleger auf der Intensivstation und er hat heute frei. So weit, so unspektakulär.

Doch Henk, der sein Leben mit Hund Schurk teilt, wird heute ...

Ein Samstag im Juli. Henk ist 56 Jahre alt, geschieden, Krankenpfleger auf der Intensivstation und er hat heute frei. So weit, so unspektakulär.

Doch Henk, der sein Leben mit Hund Schurk teilt, wird heute eine ganze Menge erleben – Schlechtes wie Schönes. Ein Tag, der so viel für ihn bereithält, dass es für ein ganzes Leben reichen könnte. Das ahnt Henk nur noch nicht, als er an diesem Morgen die Augen aufschlägt …

Sander Kollaards Roman „Ein Tag und ein ganzes Leben“ heißt im niederländischen Original „Uit het leven van een hond“ und erhielt vor vier Jahren den Libris-Literaturpreis, der als wichtigste literarische Auszeichnung der Niederlande gilt.

Entsprechend hoch waren meine Erwartungen und groß die Lust auf die Lektüre, auch vor dem Hintergrund, dass sich die Niederlande in diesem Jahr als Gastland der Leipziger Buchmesse präsentierten.

Sander Kollaard komprimiert ein ganzes Leben auf einen Tag und diesen wiederum auf 180 Seiten. Der Leser verbringt diesen Samstag an Henks Seite, von Anfang bis Ende, und erlebt die Aufs und Abs dieses Juli-Tages hautnah mit. Ganz bezaubernd ist dabei die Freundschaft mit seiner Teenie-Nichte Rosa, denn sie und Henk mögen einander sehr. Im Mittelpunkt steht aber die innige und zu Herzen gehende Beziehung zu seinem Hund Schurk, Henks Kooikerhondje, der schwer krank ist, wie sein Herrchen an diesem Tag leider erfahren wird.

Henk selbst ist sympathisch, eine Art Riesenbaby, dessen Gedanken niemals stillstehen. Er denkt und sinniert und fantasiert fortwährend in inneren Monologen. Das wird mit der Zeit ziemlich anstrengend, zumal sein Gedankenkarussell sich in fast schon kafkaesken Sätzen dreht, an deren Ende man nicht umhinkommt, den Anfang noch einmal zu lesen, um den Zusammenhang zu verstehen. Für meinen Geschmack philosophiert Henk zu viel. Und bei seinen Gedankensprüngen hinterherzukommen, ist gar nicht so leicht.

Nicht nur Henk, sondern alle Figuren in „Ein Tag und ein ganzes Leben“ wirken sehr lebendig und vor allem durch sein illustres Personal hält Sander Kollaard die Balance zwischen Tragik und Komik hervorragend.

Hauptdarsteller Henk befasst sich beim Philosophieren nicht mit Kleinigkeiten, sondern er widmet sich den ganz großen Fragen des Lebens – und das geht auch am Leser nicht spurlos vorbei. Dabei wagt Sander Kollaard einen Blick in die spätere Zukunft Henks – eine originelle Perspektive, die dem Leser tröstlich vor Augen führt, dass man auch schlimme Ereignisse überwinden wird. „Ein Tag und ein ganzes Leben“ verbreitet eine Art beruhigender Hoffnung und ist eine Ode an die Lebensfreude – und schon allein deshalb lohnt sich (trotz teils anstrengender Henk-Philosophie-Monologe) das Lesen dieses Buchs!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere