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Veröffentlicht am 20.02.2023

Bagage

Männer sterben bei uns nicht
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MÄNNER STERBEN BEI UNS NICHT
Annika Reichs

Nein, Männer sterben auf Großmutters Anwesen nicht, alleine schon aus dem Grund, weil es dort keine Männer gibt.
Drei Generationen von Frauen wohnen hier. Großmutter ...

MÄNNER STERBEN BEI UNS NICHT
Annika Reichs

Nein, Männer sterben auf Großmutters Anwesen nicht, alleine schon aus dem Grund, weil es dort keine Männer gibt.
Drei Generationen von Frauen wohnen hier. Großmutter im Haupthaus und in den vier Häusern, die die Flanken säumen, wohnen die Tochter, die Schwiegertochter mit ihrer Mutter und die Enkelinnen.

Wer nun denkt, dass die Damen des Anwesens eine heitere und illustre Gesellschaft bilden, den muss ich hier gleich zu Beginn enttäuschen - wer nicht in Großmutters patriarchischen Führungsstil passt, wird auf Nimmerwiedersehen verbannt.
Großmutter favorisiert Luise, die Tochter ihres Sohnes, den Hallodri, der auch bereits das Gut verlassen musste. Luise ist ihr Augenstern und mit dieser Vorliebe hält Großmutter nicht hinter dem Berg. Neid und Missgunst bestimmen das Leben auf dem Anwesen.

Nun ist Großmutter tot. Luise erbt alles, alle anderen Familienmitglieder gehen leer aus.

Annika Reichs schreibt ihren Roman, anachronistisch, auf zwei Zeitebenen, die man am simpelsten mit 'vor und nach dem Tod der Großmutter‘ beschreiben kann. Immer wieder gibt es Rückblicke zu der Zeit, als Großmutter noch ihr strenges Regiment führte und ihre Cocktail-Partys gab.

Die ersten 100 Seiten konnten mich überzeugen, aber dann hörte es schlagartig auf. Die Handlung entwickelte sich einfach nicht weiter. Neid und Missgunst wurden regelmässig wieder und wieder durchgekaut - immerhin in einer schönen bildlichen Sprache. Aber zu viele Fragen blieben unbeantwortet: Woher kam ihr Vermögen und warum mussten die Männer gehen?

Am Ende bleibt nur, wie auf dem wundervoll gestaltetem Cover zu sehen, angeschlagenes Porzellan und vertrocknete Dinge, die einst bessere Zeiten gesehen haben.

Schade, 2½ /5

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Veröffentlicht am 19.09.2022

Drei Schwestern

Triskele
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Triskele
Miku Sophie Kühmel

Mone hat sich mit 64 Jahren das Leben genommen. '‘Wahrscheinlich seid ihr nicht sonderlich überrascht’', schreibt sie in ihrem Abschiedsbrief. (S.7)
Sie hinterlässt drei Mädchen ...

Triskele
Miku Sophie Kühmel

Mone hat sich mit 64 Jahren das Leben genommen. '‘Wahrscheinlich seid ihr nicht sonderlich überrascht’', schreibt sie in ihrem Abschiedsbrief. (S.7)
Sie hinterlässt drei Mädchen von drei verschiedenen Männern und eine Katze.
Jeweils 16 Jahre liegen die drei Kinder auseinander.

Die älteste Tochter Mercedes ist 48 Jahre alt, in der DDR geboren und aufgewachsen, damals waren sie ein Team: ihre revolutionäre Mutter, die selbstbewusste Omi und sie.
Als 16 Jahre später Mira zur Welt kam, fiel die Mauer gerade, doch ihre Mutter war zu der Zeit bereits krank und depressiv, so dass Mercedes jedes Wochenende von der Uni nach Hause fuhr, um sich um ihre kleine Schwester zu kümmern. Erst als diese selbständig wurde, zog sich Mercedes zurück, doch da wurde Mone ein weiteres Mal schwanger.
Matea, die jüngste Tochter, hatte es vielleicht am Schwierigsten, denn ihre Mutter lag fast immer nur im Bett und Mira zog aus, als Matea noch Windeln trug.
Jede von ihnen erlebte eine komplett andere Mutter.

Matea zieht nach dem Tode ihrer Mutter zu ihrer ältesten Schwester nach Berlin, wo auch Mira ganz in der Nähe wohnt.
Zum ersten Mal in ihrem Leben sind sich die Schwestern räumlich nah und stellen fest, dass sie sich überhaupt nicht kennen. Erzwungenermaßen müssen sie ihr Leben umstrukturieren, sich neu kennenlernen, Gespräche führen, gemachte Fehler eingestehen und Vorurteile aufarbeiten.

Die Schwestern kommen in dem Buch je drei Mal, nacheinander, in langen Kapiteln zu Wort.

Leider muss ich sagen, dass das Buch hinter meinen Erwartungen blieb.
Mir waren die Dialoge oft zu wirr und wechselhaft, ganz sicher von der Autorin genau so gewollt, aber für mich hat sich dadurch einfach nicht alles erschlossen.
Leider habe ich auch festgestellt, dass ich immer nur sektionsweise an den Geschichten interessiert war. Einige Gespräche haben mich dermassen intensiv gepackt, dass ich gerne mehr erfahren hätte. Andere Unterhaltungen fand ich einfach nur überflüssig. Für meinen Geschmack sind die Geschwister sich in diesem Buch nicht nahe genug gekommen, der Tiefgang fehlte mir.

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Veröffentlicht am 17.06.2022

Flashback trifft Langeweile

Dorf, Stadt, Fluss
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Dorf, Stadt, Fluss
Sabine Lehmbeck

Ela Brockmeyer lebt seit ihrer Geburt in Olde bei Hamburg. Hier geht es langsamer zu als in der Stadt. Der Alkoholkonsum ist hoch und das Vereinsleben wird hier noch ...

Dorf, Stadt, Fluss
Sabine Lehmbeck

Ela Brockmeyer lebt seit ihrer Geburt in Olde bei Hamburg. Hier geht es langsamer zu als in der Stadt. Der Alkoholkonsum ist hoch und das Vereinsleben wird hier noch zelebriert. Man kennt sich. Jeder weiss über jeden Bescheid und Neuigkeiten erfährt man spätestens bei der Frau des Bäckers.

Wir lernen Ela und ihre Familie von Kind auf an kennen, begleiten sie bei der Beerdigung ihrer Mutter, auf Ausflügen nach Hamburg und auf Reisen u.a. in den Ruhrpott, Köln und nach Berlin. Dazwischen bekommt sie zwei Kinder und heiratet ihren Freund Rolf.
„Obwohl Rolf erst vor dreissig Jahren nach Olde gezogen ist, kennt er sich mit den Gepflogenheiten unseres Dorfes bestens aus“. Er lernt schnell. (S.15)

Zum Ende eines jeden Kapitels unterhält sich Ela mit ihrer extrovertierten Tante Tilda, die von ihr nur „TT“ genannt wird. TT liest ihr Manuskript und hat zu den meisten Dinge eine eigene Meinung, die sie seltenst für sich behält.

Meine Meinung:
Als die Autorin Sabine Lehmbeck mich anschrieb und fragte, ob ich ihr Buch lesen möchte, habe ich spontan ja gesagt. Eine Geschichte, die in Hamburg spielt (zumindest teilweise), sowie das schöne Cover und der Text des Buchrückdeckels sprachen mich sofort an. Ausserdem ist die Autorin im selben Jahr wie ich geboren, da gibt es sicher Parallelen.
Leider musste ich feststellen, dass die Protagonisten für meinen Geschmack viel zu brav war: Während sie an Kirchenveranstaltungen teilnahm, war ich der Popper, später der Nachtschwärmer und ich wußte wo man in der damaligen Zeit am frühen Morgen in Hamburg ein Bauernfrühstück bekommen hätte (nämlich im „Gestern & Heute“ in der Kaiser-Wilhelm-Strasse 55). Nach Hamburg zu fahren, nur um ins Theater zu gehen, keinen Parkplatz- und später das Auto nicht wieder zu finden, war mir zu wenig Plot.

Richtig gut gefiel mir allerdings, das Plattdeutsch in der Geschichte (denn Ik verstah ok plattdüütsch) und die vielen kleinen Flashbacks wie Musikaufnahmen via Radio (wo immer der Moderator reinquatschte wenn man gerade aufnahm), Bandsalat im Walkman, Adidas Allrounders und natürlich der legendäre Schallplattenkauf in Hamburg, um nur einige zu nennen. Und wie schön ist es, dass andere auch wissen welcher Tag der Sonnabend ist!

Herzlichen Dank an @sabinelehmbeck für das Rezensionsexemplar , ich bin mir sicher, dass das Buch seine Leserschaft finden wird und drücke weiterhin fest die Daumen!

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Veröffentlicht am 18.12.2024

Das Buch lässt mich unzufrieden zurück

Unmöglicher Abschied
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UNMÖGLICHER ABSCHIED
Han Kang

Gyeongha erhält einen Anruf von ihrer langjährigen Freundin Inseon. Diese bittet sie, ins Krankenhaus zu kommen. Dort erfährt Gyeongha, dass Inseon sich bei einer Kunstinstallation ...

UNMÖGLICHER ABSCHIED
Han Kang

Gyeongha erhält einen Anruf von ihrer langjährigen Freundin Inseon. Diese bittet sie, ins Krankenhaus zu kommen. Dort erfährt Gyeongha, dass Inseon sich bei einer Kunstinstallation versehentlich zwei Fingerkuppen abgesägt hat. Da Inseon von der Insel Jeju per Hubschrauber eingeflogen wurde, musste sie ihren Vogel zurücklassen, der seit ihrer Abreise ohne Futter und Wasser ist. Verzweifelt bittet sie Gyeongha, sich sofort auf den Weg zur Insel zu machen, da sie befürchtet, ihr Vogel könne keine weitere Nacht unversorgt überleben.

Gyeongha bricht unverzüglich auf, doch das Schneetreiben und der aufziehende Sturm machen die Reise zu einer wahren Odyssee - einem echten Überlebenskampf.

Wer erwartet, dass dieses Buch eine klassische Survival-Geschichte erzählt, wird enttäuscht. Stattdessen erfahren wir in Rückblenden von Inseons Familiengeschichte – darunter das tragische Schicksal ihres Onkels, der beim Massaker von Jeju eines der 30.000 Opfer war.
Han Kang verwebt in einer feinen, eindringlichen Sprache übersinnliche Begegnungen mit einer ungewöhnlichen Freundschaft und einem Massaker.

Viel zu spät wird mir klar, dass das Buch gar nichts mit einem Vogel zu tun hat.
Was mir gefiel, ist, dass wir über unsere Ich-Erzählerin fast nichts erfahren, während ihre Freundin vollständig im Fokus steht. Das empfand ich als sehr raffiniert. Dennoch hinterlässt das Buch bei mir ein Gefühl der Unzufriedenheit, da viele Dinge unbeantwortet bleiben. Zu viele Wiederholungen gepaart mit übermäßigem Zahlenmaterial ließen keine Spannung aufkommen.

Ein sicherlich wichtiges Thema, das für meinen Geschmack jedoch nicht gut verpackt wurde.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Der Schreibstil war nicht meins, dennoch wichtiges Thema

Die Sonne stand tief, als ich meinen Vater fand
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„[…] doch meine Großeltern hatten mir schon beigebracht, dass das Schwarz - nicht nur das spezifische Schwarz meines Vaters, sondern Schwarz überhaupt, jedes Schwarz in Kombination mit meinen eigenen Schwarz ...

„[…] doch meine Großeltern hatten mir schon beigebracht, dass das Schwarz - nicht nur das spezifische Schwarz meines Vaters, sondern Schwarz überhaupt, jedes Schwarz in Kombination mit meinen eigenen Schwarz - das Schlimmste an mir sei, aber auch nebensächlich.“ (S. 70)

DIE SONNE STAND TIEF, ALS ICH MEINEN VATER FAND
Shane McCrae

… ist die Geschichte des jungen Shane, der im Alter von drei Jahren von seinen Großeltern entführt und vollkommen entwurzelt wurde. Rassismus und Gewalt erfuhr er nicht nur von fremden Leuten, sondern auch von seinen Großeltern.

„Das Spiel (in der Schule) nannte sich Weiße gegen Schwarze, wobei es keine anderen Schwarzen gab als mich.“ (S. 76)

Das Buch ist bedrückend, einige Szenen haben mich beschäftigt, aber nicht alles konnte mich überzeugen: Zum Beispiel der ungewöhnliche, minutiöse und gewöhnungsbedürftige Repetitio-Schreibstil des Autors; bestehend aus unzähligen Wiederholungen.

„Wir verließen das Piggly Wiggly mit etwas Rotem. Mein Großvater verließ das Piggly Wiggly mit etwas Rotem. Oder die Verpackung hatte größtenteils eine andere Farbe, aber die Ware in der Verpackung war rot und mit einem attraktiven inszenierten Foto bedruckt, das größtenteils rot war. Mein Großvater verließ das Piggly Wiggly mit etwas Rotem, aber ich sehe ihn nicht mit einer Tüte im Arm, wie er einen Piggly-Wiggly-Angestellten zu unserem Auto führt, die Heckklappe aufwirft oder den Angestellten bittet, die Tüte mit dem roten Etwas in den Kofferraum zu stellen.“ (S. 87)

Trotz dieser vielen Repetitionen habe ich am Ende nicht das Gefühl, alles erfasst zu haben.
Es bleibt mir ein Rätsel, warum Shane die Nachbarhunde grün angesprüht oder die unwichtige Spirale im Buch nicht rollen konnte.

Fazit:
Ein Buch mit einem wichtigen Thema und einem wunderschönen Cover. Besser wäre es allerdings für mich gewesen, vor dem Lesen eine Leseprobe zu laden. Dennoch hoffe ich, dass es für dieses Buch auch Lesebegeisterte geben wird.

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