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Veröffentlicht am 22.12.2024

Die noch stark ausbaufähige Umsetzung einer tollen Idee!

Zukunftsrepublik
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Dieses spannende Sachbuch, das Essays von 80 VorausdenkerInnen Deutschlands zu den unterschiedlichsten Themen enthält, habe ich auf der Frankfurter Buchmesse mitgenommen und erhoffte mir davon etwas Denkfutter ...

Dieses spannende Sachbuch, das Essays von 80 VorausdenkerInnen Deutschlands zu den unterschiedlichsten Themen enthält, habe ich auf der Frankfurter Buchmesse mitgenommen und erhoffte mir davon etwas Denkfutter für die Feiertage. Das Konzept des Buchs klang vielversprechend: Ein Sammelwerk mit kurzen, prägnanten Impulsen für die großen Herausforderungen unserer Zeit mit dem Ziel, einen Kontrapunkt gegen die "German Angst" und Zukunftspessimismus zu setzen. Tatsächlich war auch viel Spannendes dabei, als Ganzes konnte mich "Zukunftsrepublik" aber nicht überzeugen.

Eingeteilt in die sechs großen Überkategorien Arbeit, Bildung, Gesellschaft, Gesundheit, Politik und Wirtschaft enthält das Sammelwerk 80 einzelne Beiträge, die auf jeweils wenigen Seiten im Stil eines freien Essays die Visionen der jeweiligen AutorInnen für das Jahr 2030 enthalten. Gefolgt von einer Zusammenfassung mit Zukunftsbausteinen, die für das Erreichen dieser Vision umgesetzt werden sollten und einer kurzen Vita der jeweiligen VerfasserIn bekommt man bündig und leicht zugänglich einen Eindruck von der jeweiligen Idee.

Dabei waren wirklich spannende Texte dabei und besonders im Bereich "Gesellschaft" und "Gesundheit" haben mich viele Essays wie beispielsweise der von Eckart von Hirschhausen oder Florian Langenscheidt überzeugt. In diesen und anderen inhaltlich interessanten Texten geht es beispielsweise um die Wichtigkeit von Klimaschutz und lebenslangem Lernen, Ansätze für die dringend benötigte Reform von Bildungs- und Gesundheitssystem, der zunehmenden Flexibilisierung von Arbeit und dem damit verbundenen Wandel von Arbeitsorten und Rahmenbedingungen, neue Mobilitätskonzepte und die gesellschaftliche Selbstverständlichkeit von Diversität und Toleranz.

Allerdings entstehen bei 80 einzelnen Texten unweigerlich etliche Wiederholungen und Überschneidungen. Besonders in den Kapiteln zu "Bildung" und "Arbeit" wiederholen sich dieselben Ideen und Argumente so häufig, dass ich dazu überging, nur noch selektiv zu lesen und ausschnittsweise die Zukunftsbausteine zu überfliegen. Hier hätte eine gezielte Auswahl, eine Beschränkung der Beiträge zu einem Thema oder ein inhaltliches Strukturieren nach Schlagworten meiner Meinung nach mehr Sinn ergeben.

Ein weiteres zentrales Problem des Herausgeberwerks ist, dass die Menge an unterschiedlichen AutorInnen sich leider nicht in einer bunt ausdifferenzierten Zukunftsvision widerspiegelt. Statt einer ausgewogenen Vielfalt an Denkansätzen zieht sich ein deutlich neoliberaler Fokus durch die meisten Beiträge. Themen wie Start-ups, Erleichterungen bei Unternehmensgründungen, Digitalisierung und technischer Fortschritt dominieren, während soziale Aspekte, menschliche Variablen oder alternative Berufsbilder, deren Probleme sich nicht durch mehr technische Schnittstellen und Start-Up-Gründungen lösen lassen, kaum Beachtung finden. Besonders die Abschnitte "Wirtschaft" und "Bildung" lesen sich leider wie aus einem FDP-Wahlprogramm entnommen. Hier hätten die HerausgeberInnen Marie-Christine Ostermann, Céline Flores Willers, Miriam Wohlfahrt, Daniel Krauss, Andreas Rickert und Hauke Schwiezer dringend auf eine ausgewogenere Auswahl der sogenannten VorausdenkerInnen achten müssen.

Eine weitere Schwäche des Sammelbandes ist die zeitliche Terminierung der Visionen auf das Jahr 2030. Beim Erscheinen des Buchs im Jahr 2021 mochte das Zieljahr 2030 noch in weiter Ferne gelegen haben. Doch mittlerweile, Anfang des Jahres 2025, wirken die formulierten Visionen häufig wie unrealistische Spielereien. Für die Realisierung der erhofften Veränderungen im Sinne einer utopischen Zukunftsvision, in der wir in Flugtaxis durch unsere grünen, nachhaltig gebauten Städte fliegen, Roboter die Wertschöpfung übernehmen und wir uns ganz auf unsere persönliche Weiterentwicklung konzentrieren können, wirken fünf Jahre geradezu lächerlich kurz. Vor allem angesichts des aktuellen politischen Klimas, in dem rechts-konservative Kräfte überhand zu nehmen scheinen und Fortschritt und Veränderungswille sowieso in den Hintergrund zu treten drohen...


Fazit

"Zukunftsrepublik" ist die noch stark ausbaufähige Umsetzung einer tollen Idee, die das Potenzial hat, mit einer Mischung aus persönlichen Einschätzungen, Zukunftsvisionen und praktischen Handlungsvorschlägen zu inspirieren, die Angst vor kommenden Herausforderungen zu nehmen und konkrete Wegweiser für die Zukunft zu liefern. Auch wenn es interessante Ideen und sehr gelungene Beiträge beinhaltet, ist es als Ganzes doch durch Wiederholungen, die starke neoliberale Prägung und die oft spielerische Herangehensweise begrenzt und wirkt als Zukunftsleitfaden zu eindimensional und zu wenig fokussiert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 22.12.2024

Die noch stark ausbaufähige Umsetzung einer tollen Idee

Zukunftsrepublik
0

Dieses spannende Sachbuch, das Essays von 80 VorausdenkerInnen Deutschlands zu den unterschiedlichsten Themen enthält, habe ich auf der Frankfurter Buchmesse mitgenommen und erhoffte mir davon etwas Denkfutter ...

Dieses spannende Sachbuch, das Essays von 80 VorausdenkerInnen Deutschlands zu den unterschiedlichsten Themen enthält, habe ich auf der Frankfurter Buchmesse mitgenommen und erhoffte mir davon etwas Denkfutter für die Feiertage. Das Konzept des Buchs klang vielversprechend: Ein Sammelwerk mit kurzen, prägnanten Impulsen für die großen Herausforderungen unserer Zeit mit dem Ziel, einen Kontrapunkt gegen die "German Angst" und Zukunftspessimismus zu setzen. Tatsächlich war auch viel Spannendes dabei, als Ganzes konnte mich "Zukunftsrepublik" aber nicht überzeugen.

Eingeteilt in die sechs großen Überkategorien Arbeit, Bildung, Gesellschaft, Gesundheit, Politik und Wirtschaft enthält das Sammelwerk 80 einzelne Beiträge, die auf jeweils wenigen Seiten im Stil eines freien Essays die Visionen der jeweiligen AutorInnen für das Jahr 2030 enthalten. Gefolgt von einer Zusammenfassung mit Zukunftsbausteinen, die für das Erreichen dieser Vision umgesetzt werden sollten und einer kurzen Vita der jeweiligen VerfasserIn bekommt man bündig und leicht zugänglich einen Eindruck von der jeweiligen Idee.

Dabei waren wirklich spannende Texte dabei und besonders im Bereich "Gesellschaft" und "Gesundheit" haben mich viele Essays wie beispielsweise der von Eckart von Hirschhausen oder Florian Langenscheidt überzeugt. In diesen und anderen inhaltlich interessanten Texten geht es beispielsweise um die Wichtigkeit von Klimaschutz und lebenslangem Lernen, Ansätze für die dringend benötigte Reform von Bildungs- und Gesundheitssystem, der zunehmenden Flexibilisierung von Arbeit und dem damit verbundenen Wandel von Arbeitsorten und Rahmenbedingungen, neue Mobilitätskonzepte und die gesellschaftliche Selbstverständlichkeit von Diversität und Toleranz.

Allerdings entstehen bei 80 einzelnen Texten unweigerlich etliche Wiederholungen und Überschneidungen. Besonders in den Kapiteln zu "Bildung" und "Arbeit" wiederholen sich dieselben Ideen und Argumente so häufig, dass ich dazu überging, nur noch selektiv zu lesen und ausschnittsweise die Zukunftsbausteine zu überfliegen. Hier hätte eine gezielte Auswahl, eine Beschränkung der Beiträge zu einem Thema oder ein inhaltliches Strukturieren nach Schlagworten meiner Meinung nach mehr Sinn ergeben.

Ein weiteres zentrales Problem des Herausgeberwerks ist, dass die Menge an unterschiedlichen AutorInnen sich leider nicht in einer bunt ausdifferenzierten Zukunftsvision widerspiegelt. Statt einer ausgewogenen Vielfalt an Denkansätzen zieht sich ein deutlich neoliberaler Fokus durch die meisten Beiträge. Themen wie Start-ups, Erleichterungen bei Unternehmensgründungen, Digitalisierung und technischer Fortschritt dominieren, während soziale Aspekte, menschliche Variablen oder alternative Berufsbilder, deren Probleme sich nicht durch mehr technische Schnittstellen und Start-Up-Gründungen lösen lassen, kaum Beachtung finden. Besonders die Abschnitte "Wirtschaft" und "Bildung" lesen sich leider wie aus einem FDP-Wahlprogramm entnommen. Hier hätten die HerausgeberInnen Marie-Christine Ostermann, Céline Flores Willers, Miriam Wohlfahrt, Daniel Krauss, Andreas Rickert und Hauke Schwiezer dringend auf eine ausgewogenere Auswahl der sogenannten VorausdenkerInnen achten müssen.

Eine weitere Schwäche des Sammelbandes ist die zeitliche Terminierung der Visionen auf das Jahr 2030. Beim Erscheinen des Buchs im Jahr 2021 mochte das Zieljahr 2030 noch in weiter Ferne gelegen haben. Doch mittlerweile, Anfang des Jahres 2025, wirken die formulierten Visionen häufig wie unrealistische Spielereien. Für die Realisierung der erhofften Veränderungen im Sinne einer utopischen Zukunftsvision, in der wir in Flugtaxis durch unsere grünen, nachhaltig gebauten Städte fliegen, Roboter die Wertschöpfung übernehmen und wir uns ganz auf unsere persönliche Weiterentwicklung konzentrieren können, wirken fünf Jahre geradezu lächerlich kurz. Vor allem angesichts des aktuellen politischen Klimas, in dem rechts-konservative Kräfte überhand zu nehmen scheinen und Fortschritt und Veränderungswille sowieso in den Hintergrund zu treten drohen...


Fazit

"Zukunftsrepublik" ist die noch stark ausbaufähige Umsetzung einer tollen Idee, die das Potenzial hat, mit einer Mischung aus persönlichen Einschätzungen, Zukunftsvisionen und praktischen Handlungsvorschlägen zu inspirieren, die Angst vor kommenden Herausforderungen zu nehmen und konkrete Wegweiser für die Zukunft zu liefern. Auch wenn es interessante Ideen und sehr gelungene Beiträge beinhaltet, ist es als Ganzes doch durch Wiederholungen, die starke neoliberale Prägung und die oft spielerische Herangehensweise begrenzt und wirkt als Zukunftsleitfaden zu eindimensional und zu wenig fokussiert.

Veröffentlicht am 15.07.2024

Leider nur für eingefleischte Kosmeer-Fans empfehlenswert

Das Herz der Sonne
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Nachdem ich sowohl das erste, "Weit über der smaragdgrünen See" als auch das zweite "Handbuch für den genügsamen Zauberer" der Secret Projects von Brandon Sanderson mit so viel Spaß gelesen habe, habe ...

Nachdem ich sowohl das erste, "Weit über der smaragdgrünen See" als auch das zweite "Handbuch für den genügsamen Zauberer" der Secret Projects von Brandon Sanderson mit so viel Spaß gelesen habe, habe ich mir gespannt auch sein neustes Sci-Fie-Projekt angefragt, das das vierte und letzte Projekt seiner einjährigen Crowdfunding-Kampagne darstellt. Da die Geschichte im umfangreichen Kosmeer-Umfeld des Autors spielt, habe ich vorab extra überprüft, ob es sich hierbei um ein Standalone handelt, das auch unabhängig gelesen werden kann. Die Vermarktung sagte ja, also habe ich das Buch bestellt. Extrem spannende, aber ebenso verwirrende 464 Seiten später kann ich nun jedoch mit Sicherheit feststellen, dass Kosmeer-Neulinge dringend die Finger von "Das Herz der Sonne" lassen sollten. Eine Zusammenfassung meines sehr gemischten Leseeindrucks.

Bevor ich meinen leider sehr gemischten Leseeindruck begründe, noch einige Worte zur Gestaltung. Das Cover zeigt vor dem Hintergrund eines blauen Nachthimmels eine Figur, die mit wallendem Umhang auf einem Fels inmitten von Lava steht und in Richtung einer schwebenden Stadt blickt. Damit passen die Motive schonmal sehr gut zur Handlung und die Gesamtkomposition mit großem geschwungenen Titel und Autorenname reiht sich gut in die Gestaltung der anderen deutschen Kosmeer-Cover des Verlags ein. Im Vergleich zum spritzigen, modernen Originalcover wirkt die deutsche Ausgabe aber leider ein wenig fad und einfallslos. Lässt man die schwebende Stadt und den Umhang hier weg, könnte es sich bei dem Cover problemlos auch um einen historischen Roman handeln. Noch trauriger finde ich allerdings die Tatsache, dass die Illustrationen, die es dem Vorwort und Rezensionen zufolge in der Originalausgabe gab, hier nicht übernommen wurden. Nur in den beiden Innenklappen sind jeweils zwei Illustrationen zu sehen. Gerade die detailreiche Ausgestaltung hat mir an den anderen Secret Projects so gut gefallen, weshalb ich mich frage, wieso das hier weglassen wurde. Leider gibt es dafür auch sehr viele Fehler in der ersten Auflage, die bei einem Titel dieses Kalibers eher vermeidbar sind.

Erster Satz: "Nomad wachte unter den Verdammten auf."

Das Buch beginnt damit, dass die Hauptfigur mitten in einer Hinrichtung zu Bewusstsein kommt. Auf einem fremden Planeten, umgeben von Verdammten, die dem Feuer einer magischen Sonne ausgesetzt werden, ohne Chance, deren tödlichen Strahlen zu entkommen... kein guter Start in den Tag für den Weltenwanderer Nomad. Nur mit Ach und Krach schafft er es, sich rechtzeitig auf ein Flugobjekt zu retten und landet damit in einem komplexen Konflikt zwischen Einheimischen und dem totalitären Zunderkönig, die auf der Flucht vor dem Sonnenaufgang um den Planeten fliegen und um knappe Ressourcen kämpfen. Soweit so spannend.

Allerdings habe ich mich - entschuldigt den dramatischen Vergleich - bereits nach wenigen Sätzen ähnlich wie Nomad hilflos auf einem fremden Planeten ausgesetzt und verloren gefühlt. Denn ich hatte nicht nur annähernd das Gefühl, ausreichend Informationen zur Verfügung zu haben, um dieser Geschichte folgen zu können. Der anfängliche Eindruck der ersten 200 Seiten war also vor allem von seeehr vielen Fragen geprägt. Wer ist Nomad? Warum und vor wem flieht er? Was ist diese Nachtbrigade, die ihn verfolgt? Was genau ist sein sogenanntes Tormentum, der ihn daran hindert, andere anzugreifen, und woher kommt dieses? Was ist der Dämmerungssplitter? Wer ist sein Mentor Schelm? Was ist diese körperlose Stimme in Nomads Kopf und was verbindet sie? Wie funktioniert sein magisches Metallwerkzeug? Was ist Investitur? Was sind die Regeln dieses Magiesystems? Was ist Roschar, Alethi und warum zum Teufel haben die Figuren alle so seltsame Namen?!?

"Das ist ein bemerkenswerter Anblick, sagt der Ritter voller Ehrfurcht. Nichts als Wasser und Steine, aber in einer Menge, die das alles zur Schönheit werden lässt. Erstaunlich. Warum hassen wir es eigentlich noch mal, diese Welten zu bereisen?" "Weil wir gejagt werden?" "Ja, natürlich, stimmt. Aber ... ich wünschte, wir könnten öfter eine Pause einlegen und die Aussicht genießen."


Als geübter Fantasy-Leser kann man sich Teile der Antworten mit der Zeit und durch spärliche Informationen zusammenreimen, aber selbst dann blieb mir zu viel unklar, um die Geschichte wirklich genießen zu können. Zwar startet mit Nomads Ankunft auf dem Planeten Canticum grundsätzlich ein neuer Handlungsstrang, es fehlten mir allerdings generell Erklärungen zum allgemeinen Worldbuilding, zur Natur der vorkommenden Magie und den Rahmenbedingungen des Multiversums, um wirklich zu verstehen, was hier genau passierte. Auch die Hauptfigur Nomad sowie sein unsichtbarer Sidekick Auxilium und der gröbere Handlungsrahmen ihrer gemeinsamen Flucht vor der Nachtbrigarde werden hier nie wirklich eingeführt, was für mich natürlich auch den Zugang zu diesen Figuren stark verkomplizierte. "Das Herz der Sonne" liest sich ganz so, als würde der Autor davon ausgehen, dass man all diese Informationen bereits hat und er sich diese zugunsten des schnellen Erzähltempos sparen kann. Ich gehe also mal davon aus, dass diese in einem vorherigen Teil einer der Kosmeer-Reihen zu finden sind, der mir natürlich gefehlt hat. Kein Wunder also, dass das Buch für mich extrem frustrierend zu lesen war.

Doch es sind nicht nur fehlende Informationen, die verwirren, sondern auch die vielen kleinen Anspielungen, mit denen der Autor nur so um sich wirft. Im Vorwort schreibt er, das Buch als Geschenk an seine treuen Kosmeer-Fans geschrieben zu haben, was erklärt, weshalb er hier laufend Bezug zu Figuren, Welten und Geschehnissen nennt, bei denen bei mir natürlich nichts geklingelt hat. Rückblickend habe ich nun ein paar englischsprachige Rezensionen gefunden, die warnen, das Buch nur dann zu lesen, wenn man mindestens die Sturmlicht-Chroniken des Autors ebenfalls gelesen hat. Dieser Empfehlung kann ich mich nun nur ausdrücklich anschließen und ärgere mich gleichzeitig ein bisschen, dass der deutsche Verlag dies nicht ebenfalls deutlich gemacht hat. Denn so habe ich in der ersten Hälfte alle paar Kapitel mit dem Gedanken gespielt, das Buch einfach aufzugeben und etwas anderes zu lesen.

"Er war der Regen, der der plötzlich von seiner Wolke befreit war und in den Himmel strebte. Er war der Blitz, der vor Begeisterung, sich bewegen zu können, mit rasenden Splittern durch den leeren Raum fuhr. Er war der Donner, der dann hallte, wenn man es nicht erwartete, und die Luft mit seinem Rhythmus verzerrte. Er war der Sturm. Er fiel auf fremde Länder herab und war doch derselbe wie immer."


Weshalb hab ich das Buch also trotzdem zu Ende gelesen? Naja, ganz einfach: Es ist immer noch ein Brandon-Sanderson-Roman und deshalb trotz allem gewohnt spannend, originell und interessant erzählt! Zunächst ist das einfallsreiche Setting hervorzuheben, in das die Handlung eingebettet ist. Canticum ist ein Planet, auf dem alles Leben durch die extreme Kraft der Sonne ständig zerstört und im Anschluss nach Weiterziehen der Sonne neu erschaffen wird, sodass die Bewohner auf fliegenden Städten ständig vor der Sonne fliehen müssen. Wir begleiten die Figuren über einen Tag und eine Rotation um den gesamten Planeten und sehen die unterschiedlichen Phasen, die den lebensfeindlichen Zyklus aus Zerstörung und Wiedergeburt bilden. Zunächst kommt der Sonnenaufgang, der alles in Brand setzt und die Erde zum Schmelzen bringt, daraufhin folgt ein Mahlstrom, in dem die Erde rasend schnell abkühlt und daraufhin im Schatten und Regen zu wachsen beginnt, bevor die nächste Dämmerung wieder aufzieht. Was dies für das Leben der Menschen, deren Gesellschaft und Technik, aber auch das Ökosystem, die Geologie und das Wetter des Planeten bedeutet, wird dabei in vielen interessanten Gedankenspielen dargelegt.

"Wahrheit und Fantasie mischen sich in fast allen Geschichten, Einkehr", sagte er. "Insbesondere in den alten. Man kann die Fantasie nicht weglassen, ohne dabei auch die Wahrheit abzuwürgen."


Zusätzlich zu diesem sehr starken Science-Fiction-Anteil entrollt der Autor hier einen Fantasy-Konflikt zwischen dem magischen Zunderkönig, der mit seinen zombieartigen Verkohlten die Welt beherrschen will und der freien Stadt Biike, die sich ihm seit Generationen widersetzt. Staubige, schlammige Schlachten auf klapprigen Schweberädern, zwischen fliegenden Städten auf der Flucht vor der Sonne - der Gesamtplot enthält dabei noch eine ordentliche Portion moderner Western-Vibes, die an die Mad Max Filme erinnern. Passend zu der ewigen Rotation des Planeten, dem Leben in ständiger Bewegung der Bewohner und der dauerhaften Flucht der Hauptfigur, steht auch die Handlung dabei niemals still. "Das Herz der Sonne" ist mit einer extrem hoher Actiondichte ausgerollt, sodass man kaum eine Sekunde zu Atem kommt, so schnell geschehen die Dinge hier hintereinander. Eine brenzlige Situation geht in die nächste über, sodass so oder so kaum Zeit für Figurenentwicklung oder Erklärungen bleibt. Im Zusammenspiel mit den mir persönlich fehlenden Informationen blieb mir also nichts anders übrig, als wie bei einem hirnlosen Actionfilm einfach meinen Kopf auszuschalten und blind der wilden Handlung zu folgen. So konnte ich zwar halbwegs im Sattel bleiben, die vielen gutdurchdachten Feinheiten, die Sandersons Bücher ausmachen, aber gar nicht genießen. So lande ich bei einer subjektiv eher niedrigen Bewertung, obwohl ich das Buch qualitativ für deutlich besser halte.


Fazit:


Trotz spannendem Setting und actionreicher Erzählweise ist "Das Herz der Sonne" leider nur für eingefleischte Kosmeer-Fans empfehlenswert. Als Neuling im Kosmeer wird man von den zahlreichen Anspielungen, den fehlenden Informationen zu den Figuren und dem unklaren Worldbuilding zu leicht überwältigt und verwirrt.

Veröffentlicht am 15.07.2024

Leider nur für eingefleischte Kosmeer-Fans empfehlenswert!

Das Herz der Sonne
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Nachdem ich sowohl das erste, "Weit über der smaragdgrünen See" als auch das zweite "Handbuch für den genügsamen Zauberer" der Secret Projects von Brandon Sanderson mit so viel Spaß gelesen habe, habe ...

Nachdem ich sowohl das erste, "Weit über der smaragdgrünen See" als auch das zweite "Handbuch für den genügsamen Zauberer" der Secret Projects von Brandon Sanderson mit so viel Spaß gelesen habe, habe ich mir gespannt auch sein neustes Sci-Fie-Projekt angefragt, das das vierte und letzte Projekt seiner einjährigen Crowdfunding-Kampagne darstellt. Da die Geschichte im umfangreichen Kosmeer-Umfeld des Autors spielt, habe ich vorab extra überprüft, ob es sich hierbei um ein Standalone handelt, das auch unabhängig gelesen werden kann. Die Vermarktung sagte ja, also habe ich das Buch bestellt. Extrem spannende, aber ebenso verwirrende 464 Seiten später kann ich nun jedoch mit Sicherheit feststellen, dass Kosmeer-Neulinge dringend die Finger von "Das Herz der Sonne" lassen sollten. Eine Zusammenfassung meines sehr gemischten Leseeindrucks.

Bevor ich meinen leider sehr gemischten Leseeindruck begründe, noch einige Worte zur Gestaltung. Das Cover zeigt vor dem Hintergrund eines blauen Nachthimmels eine Figur, die mit wallendem Umhang auf einem Fels inmitten von Lava steht und in Richtung einer schwebenden Stadt blickt. Damit passen die Motive schonmal sehr gut zur Handlung und die Gesamtkomposition mit großem geschwungenen Titel und Autorenname reiht sich gut in die Gestaltung der anderen deutschen Kosmeer-Cover des Verlags ein. Im Vergleich zum spritzigen, modernen Originalcover wirkt die deutsche Ausgabe aber leider ein wenig fad und einfallslos. Lässt man die schwebende Stadt und den Umhang hier weg, könnte es sich bei dem Cover problemlos auch um einen historischen Roman handeln. Noch trauriger finde ich allerdings die Tatsache, dass die Illustrationen, die es dem Vorwort und Rezensionen zufolge in der Originalausgabe gab, hier nicht übernommen wurden. Nur in den beiden Innenklappen sind jeweils zwei Illustrationen zu sehen. Gerade die detailreiche Ausgestaltung hat mir an den anderen Secret Projects so gut gefallen, weshalb ich mich frage, wieso das hier weglassen wurde. Leider gibt es dafür auch sehr viele Fehler in der ersten Auflage, die bei einem Titel dieses Kalibers eher vermeidbar sind.

Erster Satz: "Nomad wachte unter den Verdammten auf."

Das Buch beginnt damit, dass die Hauptfigur mitten in einer Hinrichtung zu Bewusstsein kommt. Auf einem fremden Planeten, umgeben von Verdammten, die dem Feuer einer magischen Sonne ausgesetzt werden, ohne Chance, deren tödlichen Strahlen zu entkommen... kein guter Start in den Tag für den Weltenwanderer Nomad. Nur mit Ach und Krach schafft er es, sich rechtzeitig auf ein Flugobjekt zu retten und landet damit in einem komplexen Konflikt zwischen Einheimischen und dem totalitären Zunderkönig, die auf der Flucht vor dem Sonnenaufgang um den Planeten fliegen und um knappe Ressourcen kämpfen. Soweit so spannend.

Allerdings habe ich mich - entschuldigt den dramatischen Vergleich - bereits nach wenigen Sätzen ähnlich wie Nomad hilflos auf einem fremden Planeten ausgesetzt und verloren gefühlt. Denn ich hatte nicht nur annähernd das Gefühl, ausreichend Informationen zur Verfügung zu haben, um dieser Geschichte folgen zu können. Der anfängliche Eindruck der ersten 200 Seiten war also vor allem von seeehr vielen Fragen geprägt. Wer ist Nomad? Warum und vor wem flieht er? Was ist diese Nachtbrigade, die ihn verfolgt? Was genau ist sein sogenanntes Tormentum, der ihn daran hindert, andere anzugreifen, und woher kommt dieses? Was ist der Dämmerungssplitter? Wer ist sein Mentor Schelm? Was ist diese körperlose Stimme in Nomads Kopf und was verbindet sie? Wie funktioniert sein magisches Metallwerkzeug? Was ist Investitur? Was sind die Regeln dieses Magiesystems? Was ist Roschar, Alethi und warum zum Teufel haben die Figuren alle so seltsame Namen?!?

"Das ist ein bemerkenswerter Anblick, sagt der Ritter voller Ehrfurcht. Nichts als Wasser und Steine, aber in einer Menge, die das alles zur Schönheit werden lässt. Erstaunlich. Warum hassen wir es eigentlich noch mal, diese Welten zu bereisen?" "Weil wir gejagt werden?" "Ja, natürlich, stimmt. Aber ... ich wünschte, wir könnten öfter eine Pause einlegen und die Aussicht genießen."


Als geübter Fantasy-Leser kann man sich Teile der Antworten mit der Zeit und durch spärliche Informationen zusammenreimen, aber selbst dann blieb mir zu viel unklar, um die Geschichte wirklich genießen zu können. Zwar startet mit Nomads Ankunft auf dem Planeten Canticum grundsätzlich ein neuer Handlungsstrang, es fehlten mir allerdings generell Erklärungen zum allgemeinen Worldbuilding, zur Natur der vorkommenden Magie und den Rahmenbedingungen des Multiversums, um wirklich zu verstehen, was hier genau passierte. Auch die Hauptfigur Nomad sowie sein unsichtbarer Sidekick Auxilium und der gröbere Handlungsrahmen ihrer gemeinsamen Flucht vor der Nachtbrigarde werden hier nie wirklich eingeführt, was für mich natürlich auch den Zugang zu diesen Figuren stark verkomplizierte. "Das Herz der Sonne" liest sich ganz so, als würde der Autor davon ausgehen, dass man all diese Informationen bereits hat und er sich diese zugunsten des schnellen Erzähltempos sparen kann. Ich gehe also mal davon aus, dass diese in einem vorherigen Teil einer der Kosmeer-Reihen zu finden sind, der mir natürlich gefehlt hat. Kein Wunder also, dass das Buch für mich extrem frustrierend zu lesen war.

Doch es sind nicht nur fehlende Informationen, die verwirren, sondern auch die vielen kleinen Anspielungen, mit denen der Autor nur so um sich wirft. Im Vorwort schreibt er, das Buch als Geschenk an seine treuen Kosmeer-Fans geschrieben zu haben, was erklärt, weshalb er hier laufend Bezug zu Figuren, Welten und Geschehnissen nennt, bei denen bei mir natürlich nichts geklingelt hat. Rückblickend habe ich nun ein paar englischsprachige Rezensionen gefunden, die warnen, das Buch nur dann zu lesen, wenn man mindestens die Sturmlicht-Chroniken des Autors ebenfalls gelesen hat. Dieser Empfehlung kann ich mich nun nur ausdrücklich anschließen und ärgere mich gleichzeitig ein bisschen, dass der deutsche Verlag dies nicht ebenfalls deutlich gemacht hat. Denn so habe ich in der ersten Hälfte alle paar Kapitel mit dem Gedanken gespielt, das Buch einfach aufzugeben und etwas anderes zu lesen.

"Er war der Regen, der der plötzlich von seiner Wolke befreit war und in den Himmel strebte. Er war der Blitz, der vor Begeisterung, sich bewegen zu können, mit rasenden Splittern durch den leeren Raum fuhr. Er war der Donner, der dann hallte, wenn man es nicht erwartete, und die Luft mit seinem Rhythmus verzerrte. Er war der Sturm. Er fiel auf fremde Länder herab und war doch derselbe wie immer."


Weshalb hab ich das Buch also trotzdem zu Ende gelesen? Naja, ganz einfach: Es ist immer noch ein Brandon-Sanderson-Roman und deshalb trotz allem gewohnt spannend, originell und interessant erzählt! Zunächst ist das einfallsreiche Setting hervorzuheben, in das die Handlung eingebettet ist. Canticum ist ein Planet, auf dem alles Leben durch die extreme Kraft der Sonne ständig zerstört und im Anschluss nach Weiterziehen der Sonne neu erschaffen wird, sodass die Bewohner auf fliegenden Städten ständig vor der Sonne fliehen müssen. Wir begleiten die Figuren über einen Tag und eine Rotation um den gesamten Planeten und sehen die unterschiedlichen Phasen, die den lebensfeindlichen Zyklus aus Zerstörung und Wiedergeburt bilden. Zunächst kommt der Sonnenaufgang, der alles in Brand setzt und die Erde zum Schmelzen bringt, daraufhin folgt ein Mahlstrom, in dem die Erde rasend schnell abkühlt und daraufhin im Schatten und Regen zu wachsen beginnt, bevor die nächste Dämmerung wieder aufzieht. Was dies für das Leben der Menschen, deren Gesellschaft und Technik, aber auch das Ökosystem, die Geologie und das Wetter des Planeten bedeutet, wird dabei in vielen interessanten Gedankenspielen dargelegt.

"Wahrheit und Fantasie mischen sich in fast allen Geschichten, Einkehr", sagte er. "Insbesondere in den alten. Man kann die Fantasie nicht weglassen, ohne dabei auch die Wahrheit abzuwürgen."


Zusätzlich zu diesem sehr starken Science-Fiction-Anteil entrollt der Autor hier einen Fantasy-Konflikt zwischen dem magischen Zunderkönig, der mit seinen zombieartigen Verkohlten die Welt beherrschen will und der freien Stadt Biike, die sich ihm seit Generationen widersetzt. Staubige, schlammige Schlachten auf klapprigen Schweberädern, zwischen fliegenden Städten auf der Flucht vor der Sonne - der Gesamtplot enthält dabei noch eine ordentliche Portion moderner Western-Vibes, die an die Mad Max Filme erinnern. Passend zu der ewigen Rotation des Planeten, dem Leben in ständiger Bewegung der Bewohner und der dauerhaften Flucht der Hauptfigur, steht auch die Handlung dabei niemals still. "Das Herz der Sonne" ist mit einer extrem hoher Actiondichte ausgerollt, sodass man kaum eine Sekunde zu Atem kommt, so schnell geschehen die Dinge hier hintereinander. Eine brenzlige Situation geht in die nächste über, sodass so oder so kaum Zeit für Figurenentwicklung oder Erklärungen bleibt. Im Zusammenspiel mit den mir persönlich fehlenden Informationen blieb mir also nichts anders übrig, als wie bei einem hirnlosen Actionfilm einfach meinen Kopf auszuschalten und blind der wilden Handlung zu folgen. So konnte ich zwar halbwegs im Sattel bleiben, die vielen gutdurchdachten Feinheiten, die Sandersons Bücher ausmachen, aber gar nicht genießen. So lande ich bei einer subjektiv eher niedrigen Bewertung, obwohl ich das Buch qualitativ für deutlich besser halte.


Fazit:


Trotz spannendem Setting und actionreicher Erzählweise ist "Das Herz der Sonne" leider nur für eingefleischte Kosmeer-Fans empfehlenswert. Als Neuling im Kosmeer wird man von den zahlreichen Anspielungen, den fehlenden Informationen zu den Figuren und dem unklaren Worldbuilding zu leicht überwältigt und verwirrt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.01.2024

Ein uninspiriertes und nicht überzeugendes Finale!

Bronwick Hall – Dornenkrone
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Hexen, Unterwelt, Dark Academia und Forbidden Romance zwischen einem Professor und einer Studentin - in meinen Romantasy-begeisterten Ohren konnte "Bronwick Hall" gar nicht vielversprechender klingen, ...

Hexen, Unterwelt, Dark Academia und Forbidden Romance zwischen einem Professor und einer Studentin - in meinen Romantasy-begeisterten Ohren konnte "Bronwick Hall" gar nicht vielversprechender klingen, also habe Band 1 der Dilogie gleich im August 2023 gelesen. Nachdem Band 1 mich neugierig gemacht hat, war ich sehr gespannt, wohin Laura Labas ihre Dilogie in ihrer Fortsetzung, "Bronwick Hall - Dornenkrone" führen würde. Leider schien das die Autorin selbst nicht so ganz zu wissen und so haben wir es hier mit einem aus meiner Sicht leider uninspirierten und nicht überzeugenden Finale zu tun.

Die Gestaltung ist wie bei allen Laura-Labas-Büchern wirklich toll. Winterlich, magisch, düster und edel wirken die roségoldenen Motive wie eine Schlange, ein Parfümflakon, Kerzen und Blumenelemente auf silberweißem Grund. Damit greift Band 2 die wichtigsten Motive von Band 1 auf, kehrt das Farbschema allerdings um, sodass die beiden Cover nebeneinander wie zwei Gegensätze aussehen. Auch der Titel passt sehr gut zur Geschichte. Abgerundet wird die tolle Gestaltung durch den detailreichen Farbschnitt, der das Covermotiv und den Titel auf der langen Buchkante fortsetzt. Das Buch bekommt also definitiv trotz seines nicht ganz überzeugenden Inhalts einen Sonderplatz im Regal!!!

Erster Satz: "Ich blickte auf den leblosen Körper meiner Schwester."

Nach einem kurzen Rückblick über 200 Jahre in Blaines erstes Leben, setzt die Handlung direkt am Ende von Band 1 an. Blaines jüngerer Bruder Alston wurde von ihrem Vater und ihrem Onkel entführt und sie selbst steht nach dem Angriff auf dem Friedhof in Verdacht, ebenfalls den Kalten anzugehören. Da sie den Autoritäten nicht vertrauen kann, beschließt sie, sich selbst bei den Rebellen einzuschleusen, um ihren Bruder zu retten. Unterstützung erhält sie von ihrem Schein-Verlobten Karan und ihrer ehemaligen Mitbewohnerin Linden, während Professor Henry Saints auf Abstand zu ihr geht, als sie sich an immer mehr Details aus ihrem vorherigen Leben zu erinnern beginnt. Wie passen die Puzzleteile zusammen? Wer war Blaine in ihrem ersten Leben? Was wollen die Rebellen von ihr? Und wie können sie den Fluch lösen, der auf den Titanen liegt und auch Henrys Leben bedroht...?

Die Handlung startet von einer grundsätzlich sehr interessanten Ausgangslage aus und hätte das Potenzial gehabt, nach und nach viele der aufgestellten Fragen zu klären, das Worldbuilding auszubauen, Hintergründe zum Magiesystem und dem Fluch der Titanen zu liefern sowie die Liebesgeschichte der Hauptfiguren voranzutreiben und ein spannendes Finale zu erzählen. Leider passiert allerdings über ca 70% der Handlung hinweg erstmal: gar nichts. Während die Figuren ihrem normalen Alltag nachgehen, werden immer wieder neue Fragen aufgeworfen und als kurze Appetizer Mini-Action-Szenen eingestreut, diesen gelingt es allerdings nicht, einen Spannungsbogen zu bilden und sich zu einem schlüssigen Gesamtplot zusammenzusetzen. Selbst das sogenannte "Einschleusen bei den Rebellen", was im Klapptext angepriesen wird, ist ein kurzer Ausflug, der dann allerdings nicht wirklich weiterverfolgt wird. Generell macht die Autorin hier fünfzig spannende Handlungsansätze auf, ohne allerdings nur einen von ihnen konsequent zu verfolgen.

Zusätzlich blitzen durch das recht fadenscheinige Plotkonstrukt immer mehr NA-Fantasy-Klischees wie Rebellen, eine geheimnisvollen Vergangenheit der Hauptfigur, sich plötzlich offenbarende Special-Snowflake-Fähigkeiten und Erinnerungen an frühere Leben durch. In Kombination mit einigen Plotholes sorgte dies dafür, dass ich nur schleppend durch die ersten zwei Drittel des Buchs kam. In den letzten Kapiteln wird es dann temporeicher und spannender. Allerdings fehlte für den recht schnell erzählten Showdown jegliche Grundlage in Form von Worldbuilding und Hintergrundinformationen, sodass ich schlichtweg nicht wusste, was nun passiert und aus welchem Grund dies geschieht. So blieben für mich am Ende viele Fragen unbeantwortet und Chancen ungenutzt.

"Sein Gesicht wurde durch das grüne Licht mit unheimlichen Schatten gezeichnet. Wieder traf es mich unerwartet, wie schön er aussah. Wie vollkommen er war. Trotz seiner Fehler. Oder womöglich gerade deshalb. Für ein paar kurze Augenblicke vergaß ich zu atmen. Die Worte lagen mir auf der Zunge, aber ich konnte sie nicht aussprechen. Ich habe dich vermisst. Ich brauche dich. Bitte bleib bei mir."

Die Grundidee, die ich in Band 1 so charmant gefunden hatte, wird hier leider nur minimal weiterentwickelt. In "Bronwick Hall - Dornengrift" wurde ich davon überrascht, dass wir es hier nicht mit einem klassischen Urban Fantasy Setting zu tun haben. Stattdessen lebt das Hexenvolk, das von den Titanen aus ihrer Heimat, der Unterwelt, vertrieben wurde, in magischen Dimensionstaschen unerkannt in der Menschenwelt. Eine von diesen Dimensionsfalten ist die Hexenakademie Bronwick Hall, in der junge Hexen lernen, die verschiedenen Magiearten zu beherrschen, um später verschiedene Jobs - von Mutmundi, über Grablichter bis zu Giftmischern ist einiges im Angebot - im Dienst der Kaizerin anzutreten.

Ich hatte mir von Band 2 erhofft, offengebliebene Fragen zu beantworten, zum Beispiel: Was ist mit den Titanen passiert? Weshalb sind sie böse? Was hat zur Vertreibung der Unterweltler geführt und welche Rolle hat Blaine dabei gespielt? Wodurch hat Henry den Fluch auf sich gezogen? Wer ist die "siebte Schwester"? Leider erfahren wir allerdings praktisch nichts Neues über die Unterwelt, die Titanen und die vorherigen Leben der Hauptfiguren, was mich am meisten enttäuscht hat. Stattdessen wirft die Autorin noch neue Fragen auf, die nie beantwortet werden: Was ist die Dornenkrone? Wie funktionieren die Wiedergeburten? Was beinhaltet Henrys Fluch? Was wusste die Kaizerin? Und vor allem: was sollte mir dieses Ende sagen...? Dieses Buch war für mich also eine Mischung aus Verwirrung und Enttäuschung....

"Mein Blick klebte an Professor Saints. An dem Mann, den ich in mein Herz gelassen hatte. An dem Hexer, der mir gezeigt hatte, dass ich stärker war, als ich glaubte. An dem Unterweltler, der mich in seiner dunklen Stunde gebraucht hatte."

Dazu passen leider auch die Figuren. Auch wenn Hauptfigur Blaine schon in Band 1 zunächst etwas hölzern und widersprüchlich wirkte, sich dann aber im Verlauf der Handlung eingroovte und mir noch ans Herz gewachsen ist, konnte sie mich hier nicht vollständig überzeugen. Das lag vor allem daran, dass sie in meinen Augen nicht genügend Zeit bekam, ihre alten Erinnerungen und neuen Erkenntnisse in ihr Selbstbild zu integrieren und für mich als Figur deshalb zeitweise schwer greifbar war. Auch die Nebenfiguren inklusive des Love Interests Henry Saints bekommen leider nicht die Tiefe und Hintergründe, die ich mir gewünscht hätte, sodass mich die weitere Entwicklung der Liebesgeschichte nicht wirklich berührt hat. Auch andere Beziehungen wie Blaines Verhältnis zu ihrem Vater, zu ihrem Onkel Mr. White, ihrem kleinen Bruder Alston, ihrer Freundin Linden oder ihrer Großmutter wurden beinahe vollkommen vergessen, sodass vor allem ihre Aussöhnung mit ihrer Familie für mich nicht richtig glaubwürdig war und die meisten Figuren mir mit der Zeit egal wurden.

Laura Labas´ magische, bildhafte und düstere Art zu schreiben, hat mir auch hier wieder gut gefallen, aber selbst der witchy-Dark-Academia-Vibe konnte die Geschichte für mich leider nicht mehr retten. So bleibt für mich festzuhalten, dass sich die Schwächen, die ich schon in Band 1 gesehen habe, hier leider manifestiert haben und Band 2 meine Erwartungen und Hoffnungen für ein Finale nicht gerecht werden konnte.

"Ich will dich. Alles von dir. Und ich lasse mich nicht unter irgendeinem Vorwand von dir wegstoßen. Allerdings lasse ich mich auch nicht endlos verletzen. Du musst dir also klar darüber werden, ob es das wer ist. Ob du mich wirklich gehen lassen kannst." "Wir werden unser gegenseitiger Untergang sein."


Fazit:


"Bronwick Hall - Dornenkrone" konnte mich leider nicht überzeugen. Laura Labas kann das enorme Potenzial ihrer Geschichte über Hexen, Titanen, eine dunkle Akademie und verbotene Liebe leider nicht nutzen und ließ mich enttäuscht und verwirrt zurück.

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