Ein kraftvolles Stück Literatur, was den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt.
Am Himmel die FlüsseElif Shafaks "Am Himmel die Flüsse" ist ein beeindruckendes Werk, das mich auf mehreren Ebenen fasziniert hat. Schon das Cover des Buches, mit seinen kräftigen Farben und der intensiven Ausstrahlung, hat ...
Elif Shafaks "Am Himmel die Flüsse" ist ein beeindruckendes Werk, das mich auf mehreren Ebenen fasziniert hat. Schon das Cover des Buches, mit seinen kräftigen Farben und der intensiven Ausstrahlung, hat mich sofort angesprochen. Wie bei den meisten ihrer Bücher spiegelt das Cover die Stärke und Lebendigkeit der Geschichte wider. Auch wenn ich persönlich die englischen Ausgaben oft noch etwas kraftvoller finde, passt das deutsche Cover hervorragend zum Inhalt.
“Am Himmel die Flüsse” erzählt die miteinander verwobenen Geschichten mehrerer Figuren, die sich über verschiedene Zeiten und Orte erstrecken. Im Zentrum stehen Themen wie Verlust, Migration, Identität und die Auswirkungen von historischen Ereignissen auf das Leben der Menschen.
Die Geschichte folgt unter anderem Arthur, einem talentierten und leidenschaftlichen Mann, der trotz vieler Widrigkeiten seinen eigenen Weg geht, sowie Zaleekha, die gegen ihre inneren Dämonen kämpft und durch die Unterstützung von Freunden neue Kraft schöpft. Narin, ihre Großmutter, und andere Charaktere bringen historische und kulturelle Tiefe in die Erzählung, wobei alte Legenden, Migrationserfahrungen und die Konfrontation mit Krieg und Gewalt thematisiert werden.
Inhaltlich hat mich die Geschichte von Anfang an gefesselt. Shafak verwebt die Schicksale der Charaktere meisterhaft miteinander. Anfangs hatte ich Bedenken, dass der ständige Wechsel der Perspektiven und Erzählstränge verwirrend sein könnte. Doch das Gegenteil war der Fall: Die Wechsel sind gut durchdacht und ermöglichen es dem Leser, die Komplexität und Tiefe der Geschichte voll zu erfassen.
Alle Charaktere waren für mich realistisch gezeichnet und haben sich gut in das Gesamtkonzept der Geschichte integriert. Mit einigen Charakteren konnte ich früher zusammenfinden als mit anderen und natürlich sympathisiert man nicht mit allen gleichermaßen.
Besonders beeindruckt hat mich die Figur des Arthur, dessen Geschichte mich tief berührt hat. Seine Fähigkeit, sich trotz schwieriger Umstände durch seine Leidenschaft und seine "Besonderheit" weiterzuentwickeln, macht ihn für mich zur stärksten Figur im Buch. Shafak zeichnet ihn mit einer solchen Tiefe und Authentizität, dass ich ein ganzes Buch nur über ihn lesen würde.
Elif Shafaks Schreibstil ist ebenfalls bemerkenswert. Trotz der Detailfülle und der teils poetischen Sprache bleibt er gut lesbar und zugänglich. Die Autorin schafft es, ernste Themen wie Geisteskrankheiten, die „Andersartigkeit“ von Immigranten oder die dunklen Seiten der Geschichte (und Gegenwart!) eindringlich und authentisch darzustellen. Dabei gibt es viele Passagen, die zum Nachdenken anregen und den Leser noch lange beschäftigen.
Ein kleiner Kritikpunkt bleibt jedoch die manchmal etwas zu gewollt wirkende Verknüpfung der Charaktere und Ereignisse mit dem Thema „Wasser“. An manchen Stellen fühlten sich die Verknüpfungen zu konstruiert an, was für mich nicht immer notwendig war, um die Geschichte eindringlich zu machen.
Insgesamt ist "Am Himmel die Flüsse" ein kraftvolles Stück Literatur, das den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt. Shafak beleuchtet die menschliche Psyche und gesellschaftliche Themen mit einer Tiefe, die noch lange nachhallt. Das Buch fordert heraus, weckt Empathie und regt dazu an, über die eigene Rolle in der Welt nachzudenken. Eine eindrucksvolle Lektüre, die ich nur empfehlen kann.