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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2018

Wohlfühlen auf Schwedisch

Highway to heaven
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... Oder wie man als alleinerziehende Mutter mit 40 ein neues Leben anfängt. So ergeht es Anette, als ihre 19-Jährige Tochter Emma fürs Studium das traute Heim verlässt. Anette und Emma waren bis dahin ...

... Oder wie man als alleinerziehende Mutter mit 40 ein neues Leben anfängt. So ergeht es Anette, als ihre 19-Jährige Tochter Emma fürs Studium das traute Heim verlässt. Anette und Emma waren bis dahin ein unzertrennliches Gespann und Anette hätte sich niemals vorstellen können, das sich das mal ändern wird. Anette führt auch sonst ein ruhiges und beschauliches Leben: Sie arbeitet in einer schwedischen Kleinstadt in einem Supermarkt, wo sie auch ihre beiden besten Freundinnen hat und kümmert sich nicht gerade hingebungsvoll um ihre demente Mutter. Auch sonst kommt Anette ihr Leben nach Emmas Auszug mehr als trist vor. Dennoch beschließt sie ihr Leben wieder in die Hand zu nehmen und nimmt nicht nur Motorradstunden, sondern übernimmt auch die Organisation des Stadtfests "Skogahammar-Tag"...

Mit "Highway to Heaven" liefert Katarina Bivald uns einen typischen Frauenroman aus dem schwedischen Nirgendwo. Unterhaltsam, humorvoll und mit einem durchaus ironischen Blick auf das Leben, wird der Leser in das Leben von Anette entführt, die mit Ende 30 vor der Herausforderung und auch Chance steht, ihre einstigen Träume erneut in Angriff zu nehmen. Dabei greift die Autorin durchaus auf gut funktionierende Klischees zurück: die alleinerziehende Mutter, der jüngere Liebhaber/Freund und natürlich die wichtige Frage aller Frauen, die sich hier mit Sicherheit angesprochen und auch gut verstanden fühlen - was passiert mit dem eigenen Leben, wenn das eigene Kind nicht mehr der Mittelpunkt des bisherigen Lebens ist. Die Geschichte ist dabei ausnahmslos aus der Perspektive von Anette geschrieben. Dadurch konnte ich mich wunderbar in die Gedanken- und Gefühlswelt von Anette hineinversetzen. Auch sonst ist Anette ein wunderbar, warmherziger Charakter, der mir persönlich auf Anhieb sympathisch war. Sie ist leicht überspannt und chaotisch in ihrem Tun, dabei auch unglaublich loyal gegenüber ihren Freundinnen. Ein bisschen traut sie sich selbst nicht so ganz über den Weg, aber sie ist auch eine Kämpfernatur, die sich am Anfang unfreiwillig doch später gern dem Großprojekt Skogahammer-Tag widmet und dabei Organisationstalent beweist. Die Geschichte lässt sich dabei flüssig und schnell lesen. Sie startet zwar zu Beginn etwas langsam, aber gewinnt zum Ende hin durchaus an Tempo und Spannung.

Mein Fazit: "Highway to Heaven" ist ein kurzweiliger Roman, der zwar nicht zu den literarischen Höhepunkten aus Schweden zählt, aber durch eine angenehm zu lesende, locker, leichte Geschichte überzeugt.

Veröffentlicht am 04.12.2017

Fluffig, lockere Familienkomödie 1.0

Pasta Mista 1: Fünf Zutaten für die Liebe
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Liv's Leben könnte so einfach sein. Sie lebt mit ihrer Mutter allein in München, liebt Kochen über alles und hat tolle Freundinnen. Doch ihr Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen, als Roberto ...

Liv's Leben könnte so einfach sein. Sie lebt mit ihrer Mutter allein in München, liebt Kochen über alles und hat tolle Freundinnen. Doch ihr Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen, als Roberto ins Leben ihrer Mutter tritt. Und dieser kommt nicht allein: denn er bringt seine beiden 16-jährigen Zwillinge Angelo und Sonia mit. Zusammen wollen sie 3 Wochen lang testen, ob das Experiment Patchwork-Familie funktioniert. Für Liv nicht einfach, denn Angelo ist ein echter Traumtyp, in den sich Liv gleich auf den ersten Blick verliebt und Sonia scheint anfangs eine Zicke zu sein, die nur ihre Ballettänzerei im Kopf hat.

Susanne Fülscher's Jugendbuch ist der erste Teil einer neuen Reihe über Liv und ihre Patchworkfamilie. Locker, leicht wie das italienische Lebensgefühl entführt uns die Autorin in die Gedanken- und Gefühlswelt von Liv, die als 15-jähriger Teenager so ihre eigenen Herausforderungen meistern muss: eine heimliche Liebe oder der erste Kuss. Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen. Die Schrift ist etwas größer und mit ca. 300 Seiten war das Buch auch sehr schnell gut zu lesen. Die junge Liv war mir in ihrer Art als Teenager von Anfang an sehr sympathisch: unkompliziert, nicht überheblich, sehr hilfsbereit, irgendwie schon früh erwachsen. Durch kleine witzige Kommentare kann man sich immer sehr gut in die aktuelle Gedankenwelt von Liv hineinversetzen. Die Covergestaltung ist richtig toll und macht nicht nur neugierig, sondern auch Lust auf's Lesen - und vielleicht auch ein wenig auf die italienische Küche, denn am Ende des Buches gibt es ein Rezept aus dem Buch zum Nachkochen. Für mich ist das ein sehr schön gelungener Auftakt einer neuen Buchreihe für junge Mädchen ab 12 Jahren und für Fans des italienischen Lebensgefühls.

Veröffentlicht am 26.11.2017

Eine Frage der Schuld

In einem anderen Licht
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Miriam arbeitet als Journalistin und steckt gerade mitten in der Vorbereitung des renommierten Sartorius-Preises für Zivilcourage, als ihr mehrere anonyme Briefe mit einer rätselhaften Botschaft ins Haus ...

Miriam arbeitet als Journalistin und steckt gerade mitten in der Vorbereitung des renommierten Sartorius-Preises für Zivilcourage, als ihr mehrere anonyme Briefe mit einer rätselhaften Botschaft ins Haus flattern: "Fragen Sie Dorothea nach Marguerite". Worauf weist der anonyme Absender hin? Die charismatische Witwe des Reeders und Stifterin des Preises, Dorothea Sartorius, reagiert nur ausweichend auf Miriam's Fragen, deren journalistischer Spürsinn sofort geweckt wird. Die Spuren führen in die mysteriöse Vergangenheit der Witwe, in die 70er Jahre, als linksextreme Terrorgruppen Deutschland in Angst und Unruhe versetzt hatten. Miriam begibt sich auf die Suche an die Schlei und versucht dort die Wahrheit über Dorothea Sartorius herauszufinden. Dabei gerät sie nicht nur selbst in schwere Gewissenskonflikte, sondern muss sich auch zwischen ihrem journalistischen Ehrgefühl, und dem Mann entscheiden, der ihr und ihrem Sohn Max wieder neue Hoffnung auf ein neues Lebensglück gibt.

Katrin Burseg ist ein ungewöhnlich ruhiger Roman über ein sehr spannendes und vielfältig diskutiertes Thema der deutschen Geschichte gelungen: den Deutschen Herbst. Dabei verknüpft sie aus meiner Sicht gekonnt geschichtliche Fragen nach Schuld und Unschuld, mit Trauer und Trauerbewältigung, und dem Mut sich der Vergangenheit und der Zukunft zu stellen. Im Zentrum steht die Hamburger Journalistin Miriam, die nach einem tragischen Unglücksfall ihren Mann bei einem journalistischen Auslandseinsatz verliert. Mit ihrem kleinen fünfjährigen Sohn Max versucht sie ein neues Leben zu beginnen, das ihr natürlich nicht immer leicht fällt. Dabei geholfen hat ihr eine Selbsthilfegruppe, die von der Reederin Dorothea Sartorius selbst ins Leben gerufen hatte. Für mich war Miriam von Anfang an sehr sympathisch und in ihrer Trauerbewältigung auch nachvollziehbar beschrieben. Rührend versucht sie sich um ihren kleinen Sohn Max zu kümmern und es ist gut nachvollziehbar, mit welchen Gewissensbissen sie zu kämpfen hat, als sie während ihrer Recherchen an der Schlei einen Mann kennenlernt, der für sie und ihren Sohn eine neue Chance auf ein neues Lebensglück bietet. Spannend und mysteriös zugleich erzählt, war für mich die Figur der Mäzenin Dorothea Sartorius, die als großzügige Stifterin anfangs in einem extrem positiven Licht erscheint und durch ihre Vergangenheit zunehmend zu einem Rätsel für den Leser wird - eben in einem anderen Licht erscheint. Ich persönlich hätte gern noch viel mehr Hintergründe aus der Vergangenheit der Sartorius erfahren. Bietet doch allein die Geschichte um die RAF schon genug Stoff, um hier eine äußerst spannende Geschichte zu erzählen. So bleibt dem Leser nur ein kleiner, wenn auch trotzdem nicht unspannender Einblick in die Vergangenheit der Sartorius, die auch für die Mäzenin im Zuge der Recherchen von Miriam zu einem Gewissenskonflikt wird: die Wahrheit zu sagen oder weiter eine Lüge zu leben. Insofern erscheint mir der Roman äußerst facettenreich wie die Handlung und ihre Charaktere.

Katrin Burseg hat einen sehr angenehmen und ruhigen Schreibstil. Ich mag ihre unbewertende Art zu schreiben und man durchaus den Eindruck, dass sie sich mit den historischen Fakten, wenn auch nicht so tiefgründig, befasst hat. Als Leser bekomme ich durchaus die Chance mir selbst ein Urteil über die handelnden Personen zu bilden. Das machte für mich das Lesen dieses Romans zu einem sehr angenehmen Lesevergnügen.

Mein Fazit: Ein ruhiger und zutiefst aufrüttelnder Roman über ein Stück deutscher Geschichte, der sich gekonnt mit den Themen Schuld, Trauer und Mut auseinandersetzt.

Veröffentlicht am 06.08.2017

Ungewöhnliche Freunschaft mit vielen Facetten

Swing Time
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Zadie Smith erzählt die Geschichte einer Frauenfreundschaft, die sich von den 80igern von Londoner Sozialwohnungen, über New York bis Afrika erstreckt und fast 30 Jahre umfasst. Erzählt wird aus der Perspektive ...

Zadie Smith erzählt die Geschichte einer Frauenfreundschaft, die sich von den 80igern von Londoner Sozialwohnungen, über New York bis Afrika erstreckt und fast 30 Jahre umfasst. Erzählt wird aus der Perspektive einer namenlosen "Ich"-Erzählerin, die ihre Beziehung zur gleichaltrigen Tracey zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschreibt. Beide Mädchen haben eine dunkelhäutige Mutter und einen weißen Vater. Sie lernen sich als Kinder auf einer Ballettschule kennen und träumen davon, einmal die Sozialwohnungen hinter sich zu lassen und ein besseres Leben zu führen. Ihre Freundschaft ist von Anfang an facettenreich und nicht konfliktfrei. Tracey ist ehrgeizig, dominant und frühreif, schafft mit Bravour die Ballett- und Stepschule. Während für "Ich" der Traum von einer Bühnenkarriere ein Traum bleibt und sie später studiert. Die Wege beider trennen sich. "Ich" lernt später die erfolgreiche Pop-Sängerin Aimee kennen und jettet über mehrere Jahre mit ihr als Assistentin um die Welt bis nach Afrika, wo Aimee in Gambia ein Schulprojekt als weiße Retterin der Schwarzen realisieren will. Während all der Jahre versucht "Ich" den Kontakt mit Tracey nicht abbrechen zu lassen, sucht gedanklich oder persönlich ihre Nähe, indem sie z.B. ein Bühnenshow mit Tracey besucht... bis sich schließlich der Kreis zum Prolog schließt.

Zadie Smith ist das Portrait einer ungewöhnlichen Frauenfreundschaft gelungen, die trotz ihrer Ähnlichkeiten nicht unterschiedlicher laufen kann. Es geht um Liebe, Hass, Neid, aber auch um das Gewinnen und Verlieren. Smith ist dabei aus meiner Sicht eine sehr komplexe Geschichte gelungen, die mit unterschiedlichen Themen spielt. Dabei geht sie nicht chronologisch vor, sondern betrachtet immer aus der "Ich"-Perspektive bestimmte Stationen und Momente, wie durch eine Lupe, um die Freundschaft und die Entwicklung beider Charaktere zu beleuchten. Auffallend dabei ist, dass "Ich" als Hauptprotagonistin immer namenlos bleibt. Sie führt regelrecht ein Schattendasein. Sie wird für den Leser zum Kanal, um auf die Beziehung zu Tracey und auf Ihr Umfeld zu blicken. Stark fand ich auch die "Mutter-Tochter"-Beziehung, die sehr deutlich während der Geschichte zum Tragen kommt. "Ich" leidet unter der Dominanz ihrer Mutter, für die Schule und Bildung der Schlüssel zum Erfolg sind, während Tracey alle Freiheiten einer künstlerichen Laufbahn hat. Damit schneidet Smith ein Thema an, was nahezu berührt und zum Nachdenken einlädt. Man spürt förmlich, wie die Freundschaft zu Tracey für "Ich" zum Ankerpunkt wird. Jahrelang sucht sie nach einer Identität (stylistisch sehr gut durch das namenlose Ich gelöst), nach einem zu Hause und nach einer Zugehörigkeit. Das wird besonders deutlich, als sie nach Afrika - quasi zu ihren Wurzeln - kommt und sich dort dennoch wie ein Fremdkörper fühlt. Ich muss sagen, dass es mir die Geschichte zu Beginn schwer gemacht hat, hineinzufinden und auch zu mögen. Die Geschichte ist großartig durchdacht und hat sehr viel Tiefgang. Aber es fehlte mir durch die häufigen Wechsel zwischen der Kindheit und der älteren "Ich" der richtige Rhythmus, den ich aber ab Mitte des Buches sehr gut fand. Zadie Smith hat eine wunderbare Sprache und einen feinsinnigen Schreibstil. Durch die ungewöhnliche Perspektive wird man selbst als Leser zum Betrachter und das genau macht die Stärke dieses Buches aus.

Mein Fazit: Feinfühlige Geschichte einer Frauenfreundschaft über das Gewinnen und Verlieren, die beeindruckt.

Veröffentlicht am 17.07.2017

Man ist nie zu alt für seine Träume

Weit weg ist anders
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Man nehme eine kratzbürstige, eigenwillige Berlinerin, namens Edith Scholz, die in bescheidenen Verhältnissen lebt, nicht auf den Mund gefallen und mit einer guten Portion gesundem Menschenverstand ausgestattet ...

Man nehme eine kratzbürstige, eigenwillige Berlinerin, namens Edith Scholz, die in bescheidenen Verhältnissen lebt, nicht auf den Mund gefallen und mit einer guten Portion gesundem Menschenverstand ausgestattet ist. Und die aus Husum stammende Christel Jakobi, die wohlhabend ist, sich für Yoga, Esoterik und Handarbeiten begeistert, und auch sonst eher leichtgläubig naiv durchs Leben geht. Heraus kommt ein eher ungewöhnliches Rentnerinnengespann, das den Mittelpunkt des Romans von Sarah Schmidt bildet. Eher unfreiwillig begegnen sich die beiden während eines Kuraufenthaltes in Usedom, bei dem sich Edith von einer Hüft-OP erholen soll. Da sich Gegensätze bekanntlich anziehen, entsteht bald eine ungewöhnliche Frauenfreundschaft. Keiner der beiden ahnt zu dem Zeitpunkt, welches Abenteuer beide erleben werden. Denn Christel ist unheilbar krank und macht Edith zu ihrer unfreiwilligen Komplizin, um sich einen letzten Lebenswunsch zu erfüllen und die Orte zu besuchen, die Christel unbedingt nochmal sehen will. So reisen beide, ohne das Wissen von Christels Familie, nach Baden-Baden. Was anfangs wie ein Roadtrip zweier alter Rentnerinnen wirkt, wird bald eine Reise, bei der beide erkennen, was wirklich im Leben zählt.

Ich muss zugeben, dass ich nach der Leseprobe auf vorablesen.de durchaus etwas anderes von der Geschichte erwartet hatte: z. B. ein verrücktes Roadmovie, diesmal mit zwei alten Frauen in den Hauptrollen. Ich wurde positiv überrascht, denn im Zentrum dieser tragisch-komischen Geschichte stehen zwei sehr unterschiedliche Frauen, die mir beide trotz ihrer zahlreichen Ecken und Kanten auf Anhieb sympathisch waren. Dabei geht es in ihrer Beziehung durchaus nicht immer reibungslos zu und selbst am Ende bleiben sie beim gegenseitigen „Sie“. Jede der beiden Frauen blieb durch die Geschichte hindurch facettenreich, ihre Handlungen nachvollziehbar. Sogar Edith bekommt im Verlauf der Geschichte etwas tragisches, was beweist, das auch sie nur eine harte Schale, aber einen weichen Kern hat. Ich hätte mir beide sehr gut als meine Großmutter vorstellen können, obwohl mir Edith in ihrer kratzbürstigen Art so deutlich lieber wäre. Sarah Schmidts Roman kommt daher aufgrund der beiden Hauptcharaktere ohne viel Aufregung, ohne viele Charaktere und ohne vielschichtige Handlung aus. Obwohl die Geschichte dadurch an manchen Stellen zu Längen neigt und für meinen Geschmack zeitweise an Tempo verliert. Das Ende war für mich sogar etwas zu abrupt. Dennoch gelingt es der Autorin durch die liebevoll gezeichneten Figuren eine sehr nachdenkliche Geschichte zu liefern, in der es im Kern um den Wert von Freundschaft geht und dass es nie zu spät sein sollte, seine Träume zu verwirklichen.

Fazit: Eine ruhig, feinfühlig erzählte Geschichte über eine ungewöhnliche Frauenfreundschaft.