Das erste Lesehighlight im noch jungen Buchjahr 2025 !
Die Schwestern von KrakauFür Edith waren ihren familiären Wurzeln immer glasklar, doch mit dem Tod des Vaters schreibt sich die Familiengeschichte neu. Denn Simon Mercier ist nicht französisscher Herkunft, sondern hat deutsch-polnische ...
Für Edith waren ihren familiären Wurzeln immer glasklar, doch mit dem Tod des Vaters schreibt sich die Familiengeschichte neu. Denn Simon Mercier ist nicht französisscher Herkunft, sondern hat deutsch-polnische Wurzeln. Edith steht zunächst vor einem Rätsel und kann sich die Zusammenhänge nicht erklären. Die Suche nach Antworten führt sie erst nach Stuttgart, dann nach Krakau. Die polnische Stadt ist Dreh- und Angelpunkt in der familiären Vergangenheit und so dreht sich das das Schicksalsrad wieder zurück in eine Zeit, die mit Hass und Hetze vergiftet ist....
Bettina Storks hat mit "Die Schwestern von Krakau" einen eindringlichen und bewegenden Roman geschaffen, der ihre Leser:innen auf eine emotionale Reise durch die Geschichte Krakaus und die dunklen Schatten des Holocausts mitnimmt. Die Autorin, bekannt für ihre fundierten Recherchen und den daraus entstehenden emotionalen Erzählungen, enttäuscht auch mit ihren neusten Veröffentlichung nicht und entführt in eine Kulisse, in der persönliche Schicksale und historische Ereignisse untrennbar miteinander verwoben sind.
Sorks gelingt es scheinbar müheleos, fiktive und reale Personen miteinander agieren zu lassen und verwebt somit Wahrheit mit Handlungen, die nicht stattgefunden haben, zu einer neuen Realität, die die Lesenden vollkomen das Hier und Jetzt vergessen lässt.
Die Geschichte bietet Einblicke in mehrere Perspektiven, wird dadurch unglaublich lebendig und ermöglicht intensive Begegnungen sowohl in der Gegenwart als auch in der dunklen Vergangenheit. Storks wechselt geschickt zwischen den Erzählsträngen, sodass daraus eine Geschichte zum Anfassen, miterleben und nachfühlen entsteht. Diese Struktur ermöglicht es den Leser:innen, die komplexen Verflechtungen der Vergangenheit zu verstehen und die Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen nachzuvollziehen.
Besonders eindrucksvoll ist die Art und Weise, wie Storks die Schrecken des Holocausts darstellt. So gelingt es, ihr, die Grausamkeiten und das Leiden der jüdischen Gemeinde in Krakau mit einer Sensibilität und Intensität zu schildern, die tief im Innern berührt. Die Apotheke im jüdischen Ghetto, wird zum Symbol für die Konflikte und Entscheidungen, mit denen die Charaktere konfrontiert sind. Hier wird eindringlich gezeigt, wie sich das Leben in einem von Verfolgung geprägten Umfeld gestaltet und welche Entscheidungen getroffen werden müssen, um zu überleben.
Der Schreibstil ist flüssig und einnehmend, sodass es schwer fällt, das Buch überhaupt zur Seite zu legen. Die Kapitel sind klar strukturiert, und die Überschriften erleichtern den Wechsel zwischen den Erzählsträngen, sodass die Lesenden stets den Überblick behalten. Der Schreibenden gelingt es, sowohl dramatische als auch romantische Elemente in die Geschichte einzuflechten und damit noch mehr Emotionen hervorzurufen.
Die Themen von Wegsehen, Schweigen und Verantwortung sind zeitlos und immer relevant und Storks regt dazu an, über die eigene Haltung zu gesellschaftlichen und politischen Themen nachzudenken. Gerade jetzt, da wieder ein deutlicher Rechtsruck zu vernehmen ist und sich Geschichte zu wiederholen scheint, ist es wichtiger denn je, sich mit der Vergangneheit zu befassen, sich der eigenen (Familien-)Geschichte zu stellen und noch diejenigen zu befragen, die als Zeitzeug;innen Antworten geben können. Vielleicht findet sich ja in der eigenen Familie eine ähnliche Geschichte ? Wo sind die Menschen wie Lilo und Tadeusz, Gusta und Marek, die im Widerstand selbstlos und unter Einsatz ihres Lebens gegen die Nazis gekämpft haben ?
Der Roman bleibt auch lange nach der letzten Seite im Gedächtnis, ist ein bewegendes und zugleich aufwühlendes Buch und regt zum Nachdenken und diskutieren an.
Bettina Storks gelingt es, die Lesenden in eine vergangene Zeit zu entführen und dabei wichtige Fragen zur Aufarbeitung und zur Verantwortung gegenüber der Geschichte aufzuwerfen. Ein absolutes Lesehighlight im noch jungen Lesejahr 2025 !