Profilbild von downey_jr

downey_jr

Lesejury Star
offline

downey_jr ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit downey_jr über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2024

Ein schwerer Weg zum wahren Selbst

Ich wünsch’ dir nur das Beste
0

"Ich wünsch Dir nur das Beste" von Mason Deaver ist ein Young Adult Roman, der von Luca Mael Milsch ins Deutsche übersetzt wurde.
Der 18jährige Ben outet sich seinen Eltern gegenüber als nichtbinär, woraufhin ...

"Ich wünsch Dir nur das Beste" von Mason Deaver ist ein Young Adult Roman, der von Luca Mael Milsch ins Deutsche übersetzt wurde.
Der 18jährige Ben outet sich seinen Eltern gegenüber als nichtbinär, woraufhin sie ihn aus dem Haus werfen. Er findet Unterschlupf bei seiner Schwester Hannah, die er seit über 10 Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie und ihr Mann helfen ihm beim Schulwechsel und finden eine Therapeutin für ihn, die ihm bei seiner Angststörung und anderen Sorgen hilft. Auf der neuen Schule freundet Ben sich mit Nathan an, doch bald wird Ben klar, dass er mehr für ihn empfindet.... kann er doch noch auf ein glückliches Leben hoffen?
Das Buch ist ein Aufruf, allen Menschen gegenüber freundlich und aufgeschlossen zu sein, unabhängig von Geschlecht, Sexualität und Lebenseinstellung. Unsere Kinder/Jugendlichen brauchen unbedingt eine sichere Welt, in der sie sich frei entfalten können.
Ich fand das Buch durchaus lesenswert und sehr gut geschrieben. Teilweise herzzerreißend traurig, aber auch voller Hoffnung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.12.2024

Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung

Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung
0

In „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ von Michela Marzano begegnen wir der Ich-Erzählerin Anna, einer Italienerin, die in Paris lebt und als Journalistin beim Radio sowie als Dozentin an der ...

In „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ von Michela Marzano begegnen wir der Ich-Erzählerin Anna, einer Italienerin, die in Paris lebt und als Journalistin beim Radio sowie als Dozentin an der Uni arbeitet. Sie stellt sich in der Zeit nach

metoo Fragen über ihre eigenen Erfahrungen in Bezug auf Sexualität, Macht und das anerzogene Rollenverständnis als Frau.
Der autofiktional anmutende Roman liest sich eher wie ein Essay und hält dabei keine einfachen Antworten bereit. Vielmehr geht es hier um sehr kluge Fragen - und ich muss sagen, dass mich diese Fragen sowie auch das gesamte Buch noch lange Zeit beschäftigen werden. Keine leichte Kost, aber auf jeden Fall ein sehr lesenswertes Buch mit einer ganz anderen Herangehensweise an das Thema

metoo.

"Runter mit der Maske. Ich bin nicht immer nur nett und vernünftig. Wobei.
Nett und vernünftig bin ich schon, und wenn ich mir Mühe gebe, bekomme ich sogar ganz brauchbare Ratschläge hin.
Aber ich bin auch verlogen. Kaputt. Und schuldig.
Zum Beispiel wenn ich ihnen gegenüber nachgebe. Was nicht dasselbe ist wie einwilligen. Aber wann und wie erklärt man sich tatsächlich einverstanden? Wie lernt man das?"

"Aber warum schwieg ich? Warum sprach nicht auch ich darüber, was mir passiert war?
Tja, weil ich eben nichts Konkretes vorzubringen hatte. Was hätte ich auf Twitter oder Facebook schon schreiben können? Was erzählen? Ich war ja schließlich nicht missbraucht oder vergewaltigt worden wie all die anderen. Oder hatte doch auch ich ein Schwein, dass ich hätte verpfeifen können?
Ich konnte die Gunst der Stunde nicht nutzen, um jemanden anzuklagen. Und weshalb hätte ich das auch tun sollen? Ich war ja schließlich kein Opfer.
Alles, was mir je passiert war, war meine Schuld gewesen."

"Aber wenn ich gar nicht akzeptiere, sondern nur zulasse, ist das dann auch noch Einwilligung? Oder bloß Duldung? Und wenn ich etwas dulde, bin ich dann damit einverstanden, oder gebe ich nach? Und wenn ich nur nachgebe, was soll das für ein Einverständnis sein?"

"Wo beginnt und endet Gewalt?
Gibt es verschiedene Grade des Schreckens?
Gibt es Fälle, in denen das Opfer nur zu 50, 40 oder 30 Prozent Opfer ist oder eben zu 100 Prozent?"

„Wie schaffen die anderen das bloß, dass sie immer respektiert werden?“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2024

Beklemmend realistisches Zeitdokument

Nach Mitternacht
0

Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. ...

Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. Die 19-jährige Erzählerin Sanna muss sich zwischen der Emigration und einem Leben in der Diktatur entscheiden, da ihr Verlobter Franz an die Gestapo verraten wurde.

„Nach Mitternacht“ zeigt auf, dass sich JEDER, der zu diesen Zeiten in Deutschland lebte und überleben wollte, in einem gefahrenbeladenen Alltag befand. Mit seinen eigenen Werten und Ansichten konnte man nicht weit kommen, sie konnten sogar gefährlich werden.
Das Buch ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Zeitdokument und sollte nicht in Vergessenheit geraten. Der Schreibstil mag einigen gewöhnungsbedürftig vorkommen, aber ich finde, er passt genau so zu diesem Buch und dieser Geschichte. Die leicht naive umd kindliche Art von Sanna macht den Blick auf die damalige Situation während der Diktatur noch eindrücklicher.

"Ich war müde bis zu Verzweiflung - muß ich mein ganzes Leben nun hier bleiben? Plötzlich fielen mir Worte von Paul ein. Nie werde ich vergessen, wie er an einem Abend erzählte von Ländern, in denen man reden könne, was man wolle, in denen man keine Angst zu haben brauche, solange man sich nicht gegen die heiligen Zehn Gebote versündige. Länder gebe es ohne versteckte Gefahren, dort könne man grüßen, wie man Lust habe - an Festtagen dürfen man weinen und an Trauertagen lachen, wie's einem gerade ums Herz sei.
Da überkam's mich plötzlich. Hier saß ich und sollt bestraft werden und wußt nicht warum. Ich wußt nicht mehr, was gut war - ich wußte nicht mehr, was böse war. Ich dachte an die Länder mit den heiligen Zehn Geboten, in denen gut gut und böse böse ist. Ich dachte an die fernen fremden Länder, von denen Paul erzählte. Ich mußte weinen, wie ich noch nie in meinem Leben geweint hatte."

„Das Schlimme ist, dass ich gar nicht verstehe, was eigentlich los ist, ich hab jetzt nur allmählich raus, wo man sich in acht zu nehmen hat.“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.12.2024

Beklemmend realistisches Zeitdokument

Nach Mitternacht
0

Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. ...

Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. Die 19-jährige Erzählerin Sanna muss sich zwischen der Emigration und einem Leben in der Diktatur entscheiden, da ihr Verlobter Franz an die Gestapo verraten wurde.

„Nach Mitternacht“ zeigt auf, dass sich JEDER, der zu diesen Zeiten in Deutschland lebte und überleben wollte, in einem gefahrenbeladenen Alltag befand. Mit seinen eigenen Werten und Ansichten konnte man nicht weit kommen, sie konnten sogar gefährlich werden.
Das Buch ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Zeitdokument und sollte nicht in Vergessenheit geraten. Der Schreibstil mag einigen gewöhnungsbedürftig vorkommen, aber ich finde, er passt genau so zu diesem Buch und dieser Geschichte. Die leicht naive umd kindliche Art von Sanna macht den Blick auf die damalige Situation während der Diktatur noch eindrücklicher.

"Ich war müde bis zu Verzweiflung - muß ich mein ganzes Leben nun hier bleiben? Plötzlich fielen mir Worte von Paul ein. Nie werde ich vergessen, wie er an einem Abend erzählte von Ländern, in denen man reden könne, was man wolle, in denen man keine Angst zu haben brauche, solange man sich nicht gegen die heiligen Zehn Gebote versündige. Länder gebe es ohne versteckte Gefahren, dort könne man grüßen, wie man Lust habe - an Festtagen dürfen man weinen und an Trauertagen lachen, wie's einem gerade ums Herz sei.
Da überkam's mich plötzlich. Hier saß ich und sollt bestraft werden und wußt nicht warum. Ich wußt nicht mehr, was gut war - ich wußte nicht mehr, was böse war. Ich dachte an die Länder mit den heiligen Zehn Geboten, in denen gut gut und böse böse ist. Ich dachte an die fernen fremden Länder, von denen Paul erzählte. Ich mußte weinen, wie ich noch nie in meinem Leben geweint hatte."

„Das Schlimme ist, dass ich gar nicht verstehe, was eigentlich los ist, ich hab jetzt nur allmählich raus, wo man sich in acht zu nehmen hat.“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2024

Unter Frauen: Für alle, die das Lesen lieben

Unter Frauen
0

Die Anthologie "Unter Frauen: Geschichten vom Lesen und Verehren" ist eine sehr schöne Idee, die mich sofort begeistert hat: Schriftstellerinnen schreiben etwas über ihre Lieblings-Schriftstellerinnen. ...

Die Anthologie "Unter Frauen: Geschichten vom Lesen und Verehren" ist eine sehr schöne Idee, die mich sofort begeistert hat: Schriftstellerinnen schreiben etwas über ihre Lieblings-Schriftstellerinnen. Über Autorinnen, die sie beeinflusst und geprägt haben, die sie lieben und verehren.
Das einleitende Vorwort von Maria-Christina Piwowarski hat mir sehr gut gefallen, ebenso die meisten Beiträge im Buch. Beteiligt haben sich an dieser Sammlung Gabriele von Arnim, Simone Buchholz, Ulrike Draesner, Mareike Fallwickl, Yael Inokai, Rasha Khayat, Mirrianne Mahn, Daria Kinga Majewski, Jacinta Nandi, Deniz Ohde, Jovana Reisinger, Ruth-Maria Thomas und Kathrin Weßling. Die Texte sind alle sehr unterschiedlich, genauso wie die Autorinnen, um die es geht.
Am allerbesten gefallen haben mir die Beiträge von Mirrianne Mahn und Ruth-Maria Thomas, diese haben mich wirklich sehr, sehr berührt. Auch der Beitrag von Rasha Khayat hat mir unheimlich gut gefallen!
Ganz sicher stößt man auf Autorinnen und Bücher, auf die man ansonsten (leider) nie aufmerksam geworden wäre. Und das ist gut so: Die Stimmen von Frauen müssen gehört werden, die Texte dieser Schriftstellerinnen sollen nicht vergessen werden!
Klar ist, dass man am Ende eine ganze Menge Bücher auf seinen Wunschzettel setzen wird und der SUB immer weiter wachsen wird. Aber über solch persönliche "Buchempfehlungen" in literarischer Form freue ich mich sehr!
Einen Stern Abzug gebe ich, da es (trotz meiner sehr guten Englischkenntnisse) meiner Meinung nach den Lesefluss etwas stört, dass oft lange Textteile auf Englisch enthalten sind. Dies hätte man vielleicht anders lösen können. - Ansonsten eine klare Leseempfehlung von mir!

"Es reicht nicht, dass Bücher existieren. Es braucht auch immer einen Zugang zu diesen Büchern. Dass ich dieses Buch gelesen habe, ist eines der Erlebnisse in meinem Leben, dass mich für immer verändert hat." (aus "Niemals nur für mich schreiben“ von Ruth-Maria Thomas über Irmgard Keun)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere