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Veröffentlicht am 30.12.2024

Beklemmend realistisches Zeitdokument

Nach Mitternacht
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Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. ...

Der Roman "Nach Mitternacht" von Irmgard Keun spielt an nur 2 Tagen im Jahr 1936 in Frankfurt am Main und beschreibt auf beklemmend realistische Weise den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. Die 19-jährige Erzählerin Sanna muss sich zwischen der Emigration und einem Leben in der Diktatur entscheiden, da ihr Verlobter Franz an die Gestapo verraten wurde.

„Nach Mitternacht“ zeigt auf, dass sich JEDER, der zu diesen Zeiten in Deutschland lebte und überleben wollte, in einem gefahrenbeladenen Alltag befand. Mit seinen eigenen Werten und Ansichten konnte man nicht weit kommen, sie konnten sogar gefährlich werden.
Das Buch ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiges Zeitdokument und sollte nicht in Vergessenheit geraten. Der Schreibstil mag einigen gewöhnungsbedürftig vorkommen, aber ich finde, er passt genau so zu diesem Buch und dieser Geschichte. Die leicht naive umd kindliche Art von Sanna macht den Blick auf die damalige Situation während der Diktatur noch eindrücklicher.

"Ich war müde bis zu Verzweiflung - muß ich mein ganzes Leben nun hier bleiben? Plötzlich fielen mir Worte von Paul ein. Nie werde ich vergessen, wie er an einem Abend erzählte von Ländern, in denen man reden könne, was man wolle, in denen man keine Angst zu haben brauche, solange man sich nicht gegen die heiligen Zehn Gebote versündige. Länder gebe es ohne versteckte Gefahren, dort könne man grüßen, wie man Lust habe - an Festtagen dürfen man weinen und an Trauertagen lachen, wie's einem gerade ums Herz sei.
Da überkam's mich plötzlich. Hier saß ich und sollt bestraft werden und wußt nicht warum. Ich wußt nicht mehr, was gut war - ich wußte nicht mehr, was böse war. Ich dachte an die Länder mit den heiligen Zehn Geboten, in denen gut gut und böse böse ist. Ich dachte an die fernen fremden Länder, von denen Paul erzählte. Ich mußte weinen, wie ich noch nie in meinem Leben geweint hatte."

„Das Schlimme ist, dass ich gar nicht verstehe, was eigentlich los ist, ich hab jetzt nur allmählich raus, wo man sich in acht zu nehmen hat.“

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung

Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung
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In „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ von Michela Marzano begegnen wir der Ich-Erzählerin Anna, einer Italienerin, die in Paris lebt und als Journalistin beim Radio sowie als Dozentin an der ...

In „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ von Michela Marzano begegnen wir der Ich-Erzählerin Anna, einer Italienerin, die in Paris lebt und als Journalistin beim Radio sowie als Dozentin an der Uni arbeitet. Sie stellt sich in der Zeit nach

metoo Fragen über ihre eigenen Erfahrungen in Bezug auf Sexualität, Macht und das anerzogene Rollenverständnis als Frau.
Der autofiktional anmutende Roman liest sich eher wie ein Essay und hält dabei keine einfachen Antworten bereit. Vielmehr geht es hier um sehr kluge Fragen - und ich muss sagen, dass mich diese Fragen sowie auch das gesamte Buch noch lange Zeit beschäftigen werden. Keine leichte Kost, aber auf jeden Fall ein sehr lesenswertes Buch mit einer ganz anderen Herangehensweise an das Thema

metoo.

"Runter mit der Maske. Ich bin nicht immer nur nett und vernünftig. Wobei.
Nett und vernünftig bin ich schon, und wenn ich mir Mühe gebe, bekomme ich sogar ganz brauchbare Ratschläge hin.
Aber ich bin auch verlogen. Kaputt. Und schuldig.
Zum Beispiel wenn ich ihnen gegenüber nachgebe. Was nicht dasselbe ist wie einwilligen. Aber wann und wie erklärt man sich tatsächlich einverstanden? Wie lernt man das?"

"Aber warum schwieg ich? Warum sprach nicht auch ich darüber, was mir passiert war?
Tja, weil ich eben nichts Konkretes vorzubringen hatte. Was hätte ich auf Twitter oder Facebook schon schreiben können? Was erzählen? Ich war ja schließlich nicht missbraucht oder vergewaltigt worden wie all die anderen. Oder hatte doch auch ich ein Schwein, dass ich hätte verpfeifen können?
Ich konnte die Gunst der Stunde nicht nutzen, um jemanden anzuklagen. Und weshalb hätte ich das auch tun sollen? Ich war ja schließlich kein Opfer.
Alles, was mir je passiert war, war meine Schuld gewesen."

"Aber wenn ich gar nicht akzeptiere, sondern nur zulasse, ist das dann auch noch Einwilligung? Oder bloß Duldung? Und wenn ich etwas dulde, bin ich dann damit einverstanden, oder gebe ich nach? Und wenn ich nur nachgebe, was soll das für ein Einverständnis sein?"

"Wo beginnt und endet Gewalt?
Gibt es verschiedene Grade des Schreckens?
Gibt es Fälle, in denen das Opfer nur zu 50, 40 oder 30 Prozent Opfer ist oder eben zu 100 Prozent?"

„Wie schaffen die anderen das bloß, dass sie immer respektiert werden?“

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Beklemmend & zum Nachdenken anregend

Zeiten der Langeweile
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Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut. ...

Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut.

Mit jeder Seite liest man sich mehr in Milas Welt ein und muss dabei selbst einmal reflektieren, inwieweit unser aller Alltag digitalisiert ist.

Wobei ich vom Alter und meiner persönlichen Einstellung hier noch nicht einmal zur Generation TikTok gehöre und vergleichsweise wenig Smartphone/soziale Medien nutze.

Dennoch hat es mich nachdenklich gemacht.

Digital Detox ist definitiv ein zeitgemäßes Thema und die Autorin hat das sehr interessant umgesetzt. Lediglich der Schluss ist für mich nicht ganz befriedigend, da hätte ich gerne eine andere Entwicklung gesehen. Für mich ist das zu offen gehalten, ob und wie die Protagonistin sich aus ihren Dilemma befreien kann.

Ich würde daher abschließend 4 von 5 Sternen vergeben - lesenswert fand ich das Buch auf jeden Fall.

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Beklemmend & zum Nachdenken anregend

Zeiten der Langeweile
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Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut. ...

Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut.

Mit jeder Seite liest man sich mehr in Milas Welt ein und muss dabei selbst einmal reflektieren, inwieweit unser aller Alltag digitalisiert ist.

Wobei ich vom Alter und meiner persönlichen Einstellung hier noch nicht einmal zur Generation TikTok gehöre und vergleichsweise wenig Smartphone/soziale Medien nutze.

Dennoch hat es mich nachdenklich gemacht.

Digital Detox ist definitiv ein zeitgemäßes Thema und die Autorin hat das sehr interessant umgesetzt. Lediglich der Schluss ist für mich nicht ganz befriedigend, da hätte ich gerne eine andere Entwicklung gesehen. Für mich ist das zu offen gehalten, ob und wie die Protagonistin sich aus ihren Dilemma befreien kann.

Ich würde daher abschließend 4 von 5 Sternen vergeben - lesenswert fand ich das Buch auf jeden Fall.

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Veröffentlicht am 30.12.2024

Beklemmend & zum Nachdenken anregend

Zeiten der Langeweile
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Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut. ...

Das Cover ist etwas speziell, hätte mich vielleicht nicht sofort angesprochen, die Inhaltsangabe aber schon.

Ich wurde weitgehend nicht enttäuscht. Der Debutroman der Autorin liest sich wirklich gut.

Mit jeder Seite liest man sich mehr in Milas Welt ein und muss dabei selbst einmal reflektieren, inwieweit unser aller Alltag digitalisiert ist.

Wobei ich vom Alter und meiner persönlichen Einstellung hier noch nicht einmal zur Generation TikTok gehöre und vergleichsweise wenig Smartphone/soziale Medien nutze.

Dennoch hat es mich nachdenklich gemacht.

Digital Detox ist definitiv ein zeitgemäßes Thema und die Autorin hat das sehr interessant umgesetzt. Lediglich der Schluss ist für mich nicht ganz befriedigend, da hätte ich gerne eine andere Entwicklung gesehen. Für mich ist das zu offen gehalten, ob und wie die Protagonistin sich aus ihren Dilemma befreien kann.

Ich würde daher abschließend 4 von 5 Sternen vergeben - lesenswert fand ich das Buch auf jeden Fall.

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