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Veröffentlicht am 18.01.2018

Ein Roman voller Musik, zart und doch voller Kraft

Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
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„Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“ von Rachel Joyce ist ein Buch voller Musik. Ein Notenstreifen zieht sich in Wellen über das Cover des Romans. Weiter zu sehen sind eine junge Frau, ein junger ...

„Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“ von Rachel Joyce ist ein Buch voller Musik. Ein Notenstreifen zieht sich in Wellen über das Cover des Romans. Weiter zu sehen sind eine junge Frau, ein junger Mann und zwei Stühle an einem kleinen Bistrotisch an dem die beiden sitzen werden und damit ist man schon mitten in der Erzählung. Die Autorin nahm mich zeitlich mit den Januar 1988 als die CD gegenüber der Vinylschallplatte an Bedeutung gewann. Der Roman erzählt nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern schaut auch auf die Auswirkungen der strikten Weigerung des Protagonisten Frank, CD’s in sein Sortiment aufzunehmen.

Frank besitzt seit 14 Jahren einen Plattenladen in einem langsam verfallenden Gebäude in einer Gegend mit Häusern ähnlichen Alters und Zustands. Es gibt nur noch wenige weitere Geschäfte in der Straße. In der Stadt ist Frank förmlich eine Institution, denn er verkauft Musik auf Vinyl aller Stilrichtungen und jeglichen Alters. Was ihn aber so einzigartig macht, ist sein Gespür dafür, welches Musikstück sein Kunde gerade benötigt, um wieder in eine gute Stimmung zu kommen. Eines Tages fällt eine junge Frau in einem auffallend grünen Mantel direkt vor seinem Laden in Ohnmacht kurz nachdem sie Frank durch die Schaufensterscheibe in die Augen geblickt hat. Sofort eilen er und einige andere ihr zu Hilfe. Frank vergisst, sie nach ihrem Namen zu fragen, bevor sie spurlos verschwindet. Er ist verwirrt, denn ihm ist aufgefallen, dass er ihr keine passende Musik zuordnen kann. Allerdings hat sie ihre Handtasche zurück gelassen und daher hofft er auf ein Wiedersehen.

Aus der Inhaltsangabe wusste ich, dass Schallplatten im Roman eine große Rolle spielen würden. Zunächst war ich skeptisch, ob ich die Songs kennen würde, die die Autorin für ihre Erzählung ausgewählt hat. Meine Bedenken wurden schnell zerstreut, denn Rachel Joyce schaffte es allein durch die Beschreibung der Komposition, egal ob ernst oder Unterhaltung, mir dessen Aussage zu vermitteln. Daher ist eine Kenntnis der einzelnen Stücke nicht unbedingt notwendig. Man spürt zwischen den Zeilen die Begeisterung der Autorin für die Musik. Sehr schön fand ich auch die kleinen Geschichten zu den Komponisten, die die Autorin ganz nebenbei einstreut.

Bereits bevor der Roman beginnt habe ich Frank und seine besondere Fähigkeit im Prolog kennen gelernt. Er ist ein Bär von einem Mann und ein Gemütsmensch der es versteht, anderen zuzuhören. Den Antrieb, seine Kunden glücklich zu machen und trotz Schwierigkeiten an seinem Plattenladen festzuhalten, konnte ich erst durch die Rückblicke auf seine Kindheit und Jugend besser verstehen. Diese Kenntnis zeigte leider auch eine unerfreuliche Seite des Protagonisten, wodurch er mir aber nicht weniger sympathisch wurde. Von Beginn an hätte ich gerne Ilse, die junge Deutsche, die ihre Tasche in seinem Laden zurück gelassen hat, an seiner Seite gesehen. Neben den beiden liebenswerten Hauptfiguren finden sich in der Geschichte noch eine ganze Reihe weiterer unverwechselbarer Charaktere, die zum besonderen Charme des Romans beitragen wie beispielsweise ein tollpatschiger Verkäufer, eine eifersüchtige Tattoo-Künstler und ein Devotionalien verkaufender Pater.

„Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“ hat mir noch besser als erwartet gefallen. Es ist eine emotional berührende Erzählung durch mancherlei Hochs und Tiefs des Lebens. Rachel Joyce versteht es, eine gewisse Spannung zunächst durch die Suche nach Ilse aufzubauen und mich als Leser anschließend darum Bangen zu lassen, ob Frank seinen Laden schließen muss. Und natürlich habe ich auf ein Happy End für Frank und Ilse gehofft. Der Roman ist ein Plädoyer für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Man spürt das Herzblut der Autorin, das ihn ihm steckt. Zart und doch voller Kraft spielt er mit den Gefühlen der Leser und überrascht mit unerwarteten Wendungen Gerne vergebe ich hierzu eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Schwieriges Thema leichtgängig aufbereitet

Rattatatam, mein Herz
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Im Buch „Rattatatam, mein Herz“ von Franziska Seyboldt schildert die Autorin ihr Leben mit der Angst, wie es denn auch genauso im Untertitel heißt. Bereits als 12-Jährige hatte sie ein prägendes Erlebnis, ...

Im Buch „Rattatatam, mein Herz“ von Franziska Seyboldt schildert die Autorin ihr Leben mit der Angst, wie es denn auch genauso im Untertitel heißt. Bereits als 12-Jährige hatte sie ein prägendes Erlebnis, das ihre Angst hervorrief, in Ohnmacht zu fallen. Dass sie erst als Erwachsene den Mut gefunden hat, darüber zu reden, wird verstärkt durch die Reaktion auf ihr damals ehrliches Bekenntnis einer Lehrperson gegenüber, die sich darauf eher abfällig äußerte. Das Buch hat einen Pappeinband, der gut in der Hand liegt und ein angenehmes Empfinden hervorruft. Die gelben Zacken auf dem Cover ließen mich an ein Elektro-Enzephalogramm denken, sind aber der kreative Ausdruck der Autorin einer Wiese.

Rattatatam, bumm, bumm, poch, poch – wer kennt es nicht, wenn der Herzschlag sich beschleunigt weil man sich in einer Situation befindet, die Angst hervorruft. Im Gegensatz zur Furcht als Reaktion auf eine konkrete oder erahnte Bedrohung bleibt bei der Angst unklar auf welche genaue Gefahr sie sich bezieht. Als Angststörung gilt eine krankhaft überhöhte Angst. Neben vielen verschiedenen Situationen in denen die Autorin Angst empfunden hat, schildert sie ihren Weg in die Therapie. Für sie bedeutete dieser Schritt, das Eingestehen eines Problems. Therapie kann unterschiedliche Formen haben und die nächste Schwierigkeit ist es, eine geeignete auszusuchen. Seit April 2017 hat jeder gesetzlich Versicherte die Möglichkeit bis zu drei Sprechstunden bei einem Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen, ohne Überweisung durch einen Arzt, zur Abklärung weiterer Schritte und zur Ermittlung der passenden Methode, auch verbunden mit einem Wechsel des Therapeuten.

Neben dem Besuch einer Therapie und der Schilderung ihrer Erfahrungen damit, hat die Autorin sich mit Literatur zum Thema beschäftigt und nennt beispielhaft Lektüre dazu. Obwohl ihre Erzählung ein schwieriges Thema behandelt, findet sie einen Schreibstil, der amüsant und locker-leicht zu lesen ist. Das liegt vor allem daran, dass sie auf ungewöhnliche Weise die Angst personalisiert.

Franziska Seyboldt hat den Mut gefunden, mit „Rattatatam, mein Herz“ ein wichtiges Thema, das vielfach verschwiegen wird, öffentlich zu machen auf eine Weise, die zur Diskussion anregt. Ich hoffe, dass das Buch viele Leser finden wird und vergebe gerne eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 02.01.2018

Tragisches Flüchtlingsschicksal in den 1940ern, eingebunden in einen Familienroman

Marlenes Geheimnis
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Christiane Auberlin, genannt Nane, ist 34 Jahre alt und die Nichte von Marlene, der Titelfigur des Romans „Marlenes Geheimnis“ von Brigitte Riebe. Das, was Marlene im und nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt ...

Christiane Auberlin, genannt Nane, ist 34 Jahre alt und die Nichte von Marlene, der Titelfigur des Romans „Marlenes Geheimnis“ von Brigitte Riebe. Das, was Marlene im und nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat, ist in Vergessenheit geraten. Erst Nane bringt die Ereignisse in Bewegung, die dazu beitragen, die Vergangenheit wieder ans Licht zu holen. Nicht nur die Erzählung sondern schon das Cover nahm mich mit an den Bodensee, einer Gegend mit hohem Bestand an Obstwiesen. Auch Familie Auberlin profitiert davon, denn sie verarbeiten Äpfel, Birnen, Kirschen und ähnliches hauptsächlich zu wohlschmeckendem Obstbrand.

Nach einem Pharmaziestudium ohne Abschluss verdingt sich Nane seit mehreren Jahren als Vertreterin für Diätprodukte. Seit geraumer Zeit hat sie gesundheitliche Probleme. Der Tod ihrer Großmutter Eva führt sie zur Beerdigung in die Heimat an den Bodensee ins Haus ihrer unverheirateten Tante Marlene, die die Schnapsbrennerei der Familie weiter fortführt. Auch ihre Mutter Vicky reist an und sofort brechen die alten Streitigkeiten der Geschwister untereinander wieder auf. Verwundert ist Nane über die große Ablehnung ihrer Tante gegenüber den Nachbarn mit deren mit ihr in etwa gleichaltrigen Kindern Lukas und Simon sie früher immer gern gespielt hat. Bei einem Treffen bittet Simon sie, ihm zu helfen, den Nachlass seines Großvaters zu ordnen. Einige Papiere sind in Sütterlin geschrieben und Nane soll den Text entziffern. Kurze Zeit vorher hat Marlene ihrer Nichte ein Notizbuch mit den Lebenserinnerungen von Eva übergeben, die diese für ihre Enkelin aufgezeichnet hat. Während ihre Mutter schon bald wieder abreist, beschließt Nane zu bleiben und in die Vergangenheit der Familie einzutauchen.

Brigitte Riebe hat ein bewegendes Stück deutscher Geschichte in ihrem Roman verarbeitet, das mir bisher nicht präsent war. Ihr Blick in die Vergangenheit führte mich zurück in das Protektorat Böhmen und Mähren nach Reichenberg, dem heutigen Liberec. Stadt und Stadtkreis waren 1939 dem Deutschen Reich eingegliedert worden, doch im Mai 1945 wurden sie der wiedererrichteten Tschechoslowakei zugeordnet. Die ansässigen Deutschen wurden enteignet und vertrieben. Die Wurzeln der Autorin selbst liegen in dieser Gegend. Als promovierte Historikerin hat sie selbstverständlich die damaligen Ereignisse exakt wieder gegeben. Sie wertet dabei nicht über die beteiligten Seiten. Zudem hat sie rund um die historischen Daten eine glaubhafte Geschichte gesponnen, die mich berührt hat.

Im Roman wechseln sich Gegenwart und Vergangenheit ab. Von Beginn an baut die Autorin eine gewisse Spannung auf, denn bereits durch den Titel habe ich ein Familiengeheimnis erwartet und war neugierig darauf, dass dieses aufgedeckt wird. Geschickt setzt Brigitte Riebe einige Cliffhanger sowohl im Heute wie im Damals. Sie begründet die Handlungen ihrer Charaktere und versieht sie mit jeweils eigenen Befindlichkeiten.

Insgesamt hat mich die Art der Darstellung gefesselt. Das tragische Flüchtlingsschicksal hat mich emotional sehr berührt. Die Heimatverbundenheit der Menschen ungeachtet ihrer Nationalität in den verschiedenen beschriebenen Gegenden war deutlich zu spüren. Ich fühlte mich bestens unterhalten und vergebe gerne dazu eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Geschickt gesetzte Geheimnisse, die früh angedeutet und spät aufgedeckt werden

The Child
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Im zweiten Thriller von Fiona Barton mit dem Titel „The Child“ begegnete ich alten Bekannten wieder. Wie in ihrem Debüt wird erneut die Journalistin Kate Waters von der Daily Post in den vorliegenden Fall ...

Im zweiten Thriller von Fiona Barton mit dem Titel „The Child“ begegnete ich alten Bekannten wieder. Wie in ihrem Debüt wird erneut die Journalistin Kate Waters von der Daily Post in den vorliegenden Fall involviert und Detective Bob Sparkes bildet einen ihrer wertvollen Kontakte zur Kriminalpolizei. Die jetzige Geschichte spielt zwei Jahre später nach den Ereignissen des ersten Buchs, bedarf aber nicht dessen Vorkenntnis.

Es ist eine Meldung im Abendblatt der Konkurrenz durch die Kate darauf aufmerksam wird, dass eine Babyleiche auf einer Baustelle gefunden wurde. Entsprechend ihrer Gewohnheit reißt sie sich den Artikel aus und legt sie zu den anderen in ihre Tasche, die ebenfalls darauf warten, weiter verfolgt zu werden. Der Ausschnitt eines Zeitungsberichts auf dem Cover, verfasst von Kate Waters, ließ mich bereits ahnen, dass die Recherche der Protagonistin weitere Fakten ans Tageslicht bringen wird. Auch der Untertitel des Buchs „Du kannst die Vergangenheit begraben, aber die Wahrheit lebt weiter“ unterstützte meine Vermutung.

Nicht nur Kate wird auf den Bericht über den Leichenfund aufmerksam. Emma Simmonds, 42 Jahre, arbeitet von zu Hause aus als Textkorrektorin. Sie findet den Artikel in der Zeitung, die ihr Ehemann Paul aus der U-Bahn mit nach Hause gebracht hat. Sie leidet seit Jahren an einer psychischen Krankheit. Die Meldung ruft bei ihr eine panikartige Reaktion hervor. Am gleichen Tag trauert Angela Irving wieder einmal um ihre vor über 40 Jahren als Neugeborenes verschwundene Tochter Alice. Die frühere Krankenschwester ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, doch der Geburtstag ihrer Tochter lässt wieder die Hoffnungslosigkeit aufleben, Alice jemals wiederzusehen. Erst vier Tage später liest sie den inzwischen von Kate verfassten Artikel zum Thema, mit der Frage als Überschrift, wer denn das Baby sein könnte.

Die Geschichte wechselt zwischen verschiedenen Charakteren, vor allem den bereits vorgenannten. Vom ersten Kapitel an ist klar, dass der Zeitungsbericht Emma sehr tief trifft. Bewusst lässt Fiona Barton sie in der Ich-Form erzählen. Dadurch kam ihr Erschrecken über den Fund mir sehr nah. Wie sich herausstellt hat nicht nur sie ein Geheimnis, dass man zu ahnen beginnt, aber erst nahezu zum Schluss aufgeklärt wird, sondern auch ihre Mutter Jude trägt ein belastendes Ereignis mit sich. Als Leser erfuhr ich so mit und mit wie es in der Jugend von Emma zum Zerwürfnis mit Jude kam und erst sehr viel später wieder eine Annäherung der beiden erfolgte. Während Emma kaum ein gesellschaftliches Leben hat und bei ihrem deutlich älteren Mann Unterstützung und Geborgenheit findet, ist ihre Mutter seit jeher sehr selbstbewusst. Sie war Anwältin und kämpft nicht nur für ihre Klienten, sondern auch für ihre eigenen Rechte auf ein angenehmes Leben an der Seite eines attraktiven Mannes und mit eigenen Kindern. Nicht alle ihre Wünsche sind in Erfüllung gegangen und so ist sie leicht verbittert ob der unerreichten Ziele. Einen großen Teil der Schuld daran schreibt sie Emma zu.

Nicht nur Jude reflektiert ihre Rolle als Mutter, sondern auch Angela, denn ihre beiden Kinder haben stets an der Seite des Schattens des verschwundenen Geschwisters gelebt. Angela hat es nie geschafft, die wiederkehrende Lethargie abzustreifen. Ebenso hat Kate Waters Schuldgefühle und fragt sich als Mutter, was sie falsch gemacht hat, denn einer ihrer erwachsenen Söhne spricht von einer Zukunft mit der seine Eltern nicht einverstanden sind.

Wie bereits im Debüt von Fiona Barton habe ich auch diesmal durch Kate Waters etwas über investigativen Journalismus erfahren. Von Anfang an baut die Autorin Spannung auf durch geschickt gesetzte Geheimnisse, die früh angedeutet und erst spät aufgedeckt werden. Glaubte ich mich der Lösung bereits nahe, entdeckte ich eine zeitliche Unlogik, die natürlich auch Kate nicht verborgen blieb. An manchen Stellen spielt die Autorin mit dem äußeren Schein und sorgt für überraschende Wendungen. Ihre Charaktere sind sehr gut ausformuliert. Sie zeigen nachvollziehbare Gefühle und tragen Verantwortung für ihr Tun.

„The Child“ konnte mich noch mehr fesseln als das erste Buch von Fiona Barton. Das Buch ist nicht als Thriller ausgewiesen. Obwohl mit dem Fund der Knochen ein lange zurück liegendes Verbrechen aufzuklären ist, ist die Erzählung aufgrund seiner Vielschichtigkeit mehr als ein Krimi mit anhaltender Spannung. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 06.12.2017

Ein gut verborgener Täter und eine geschickte Konstruktion

Bald stirbst auch du
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Erst auf den zweiten Blick ist mir der Blutstropfen am Ast mit den spitzen Trieben aufgefallen, der auf dem Cover des Thrillers „Bald stirbst auch du“ von Karen Sander aka Sabine Klewe zu finden ist. Blutig ...

Erst auf den zweiten Blick ist mir der Blutstropfen am Ast mit den spitzen Trieben aufgefallen, der auf dem Cover des Thrillers „Bald stirbst auch du“ von Karen Sander aka Sabine Klewe zu finden ist. Blutig wird es auch bei den Ermittlungen in diesem vierten Band der Serie, in der ein Team rund um den Düsseldorfer Kommissar Georg Stadler mit der Hilfe der in der Nähe von Liverpool/England ansässigen Psychologin Liz Montario Kriminalfälle aufklärt. Die Kenntnis der ersten drei Teile ist nicht notwendig um der Handlung folgen zu können. Der Titel suggerierte mir noch vor dem Lesen des Krimis, dass im vorliegenden Fall nach einem Serienmörder gesucht werden wird, denn er deutet auf einen weiteren Mord hin.

Liz Montario hält einen Workshop an der Universität Liverpool, an der acht junge Polizisten verschiedener europäischer Länder teilnehmen. Jeder Teilnehmer soll einen Cold Case, also einen Fall der nie aufgeklärt wurde, vorstellen und das Team wird die Aktenlage analysieren und nach neuen Ermittlungsansätzen dazu suchen. Zoe aus Düsseldorf ist die Zweite, die ihren Fall präsentiert. Innerhalb von zweieinhalb Jahren wurden zwei junge Frauen, die eine in Schottland, die andere in Südengland auf ähnliche Weise getötet und in der Nähe von Wasser regelrecht drapiert. Bereits vor mehr als zehn Jahren geschah ein Mord, der damit vergleichbar war und dessen Täter immer noch in Haft sitzt. Unterdessen wird in Neuss-Reuschenberg am Ufer der Erft eine Frauenleiche aufgefunden. Das Team von Georg Stadler nimmt die Ermittlungen auf, während Liz und Zoe einer Spur nach Schweden folgen, die im Zusammenhang mit dem Cold Case stehen könnte. Bis schließlich die Ähnlichkeit zum aktuellen Fall in Neuss auffällt …

Georg Stadler, seine Teamkollegen Birgit und Miguel sowie Liz Montario sind als Ermittler Charaktere, die auch ein Privatleben haben dürfen. Dadurch sind sie aber auch von dieser Seite her verletzbar. Freundschaften bestehen untereinander. Persönliche Gefühle werden nicht zu Hause gelassen, sondern auch mit an den Arbeitsort gebracht. Das lässt die Geschichte real wirken.

Wieder gelingt Karen Sander mit diesem Buch ein fein komponierter Thriller. Die Art der Morde ist ungewöhnlich. Der Spannungsbogen hält dadurch an, dass Liz und das Düsseldorfer Team einen Zusammenhang zwischen den aktuellen Morden und den vergangenen zunächst nicht erkennen. Als Leser hatte ich durch die chronologische Erzählung einen Vorteil.

Auf der Suche nach dem Mörder legt die Autorin geschickt einige Finten aus. Unerwartete Wendungen zeigten mir, dass meine Vermutungen ins Leere liefen. Der Täter versucht am Tatort den Ermittlern etwas mitzuteilen bis gemäß dem Titel deutlich wird, das die Zeit drängt, weil sonst ein weiteres Verbrechen geschehen wird. Die meist kurzen Kapitel sind oft mit einem Ortswechsel verbunden und enden häufig mit einem kleinen Cliffhanger.

„Bald stirbst auch du“ ist vom Anfang bis zum Ende spannend bedingt durch einen gut verborgenen Täter und eine geschickte Konstruktion der Fallermittlungen. Für Thrillerleser eine unbedingte Leseempfehlung!