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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2018

Anspruchsvolle, harte Lektüre

Die Stadt der Blinden
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"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei ...

"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Letzteres finde ich oft anstrengend und unnötig, in diesem Fall ist es aber irgendwie passend. Hieran schließt sich an, dass die Geschichte aus Zeit und Raum gefallen scheint: die Geschichte könnte in fast jeder Stadt irgendwann im 20. Jahrhundert spielen - nähere Beschreibungen gibt es nicht. Auch die Protagonisten bleiben namenlos. Obwohl man der Handlung auch so gut folgen kann, erzeugen diese Stilmittel bei mir ein Gefühl, nicht alles greifen oder sehen zu können - vielleicht ein wenig der Blindheit der Protagonisten ähnlich.
Die Schilderung einer Gesellschaft im Ausnahmezustand ist schonungslos und drastisch - nichts für zart Besaitete.
Im Mittelteil hatte das Buch seine Längen. Ansonsten habe ich das ungewöhnliche Buch aber gerne gelesen.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Ungewöhnliche Geschichte - ungewöhnliche Ich-Erzählerin

Bananama
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Bananama - eine verheißungsvolle Utopie oder nur eine wohlklingende Worthülse?

Die sechsjährige namenlos bleibende Ich-Erzählerin lebt mit ihren Eltern ziemlich isoliert in Bananama, in einem Haus abseits ...

Bananama - eine verheißungsvolle Utopie oder nur eine wohlklingende Worthülse?

Die sechsjährige namenlos bleibende Ich-Erzählerin lebt mit ihren Eltern ziemlich isoliert in Bananama, in einem Haus abseits der umliegenden Dörfer, vermutlich in Österreich. Die Eltern nennen sich "Aussteiger" - was das für sie bedeutet wird nach und nach erklärt, bleibt zu einem weiten Teil aber offen. Die Eltern bleiben in vielfacher Hinsicht undeutlich und widersprüchlich, was umso bemerkenswerter ist, da die Ich-Erzählerin ja die aufgeweckte, klug beobachtende Tochter ist, die die beiden am besten kennen sollte. So ergeben sich im Laufe der Handlung immer kuriosere Situationen - mal zum grinsen, mal zum Kopf schütteln, mal zum fürchten. Gerade in den unheimlichen Situationen fühlt man sehr mit dem jungen Mädchen mit. Es baut sich durch diverse Begebenheiten und Andeutungen eine unheilvolle Spannung auf, die am Ende leider nicht aufgelöst wird.

Das Buch hat mir insgesamt sehr gut gefallen, aber das Ende hätte ich mir weniger offen gewünscht.

Veröffentlicht am 24.01.2018

Ungewöhnliche, traurige und auch witzige Lektüre

Oskar und die Dame in Rosa
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Ein krebskrankes Kind, das Briefe an Gott schreibt - wäre mir das Buch nicht so nachdrücklich ans Herz gelegt worden, hätte ich es wohl nie als Lektüre in Betracht gezogen, da ich ein missionierendes, ...

Ein krebskrankes Kind, das Briefe an Gott schreibt - wäre mir das Buch nicht so nachdrücklich ans Herz gelegt worden, hätte ich es wohl nie als Lektüre in Betracht gezogen, da ich ein missionierendes, deprimierendes Buch erwartet hätte. Aber so ist es nicht. "Oskar und die Dame in Rosa" liest sich locker und leicht, die Briefe, die der zehnjährige Oskar auf Empfehlung seiner Leih-Oma Rosa an Gott schreibt, sind kurzweilig, teilweise witzig (mir haben vor allem Oma Rosas Wrestling-/Catchergeschichten gefallen), oftmals auch tiefsinnig. Dem Autor gelingt es aber trotz aller Kurzweiligkeit, das Thema Krebs und Tod nicht zu verharmlosen. Das Themengebiet Gott und Glaube wird zwar gegen Ende immer stärker thematisiert, steht aber insgesamt nicht so extrem und offensichtlich im Mittelpunkt, wie ich gedacht hätte. Eine ungewöhnliche, kurze, gut lesbare Lektüre, der man aber auch Gelegenheit geben sollte, zu sacken.

Veröffentlicht am 07.12.2017

Nicht deprimierender Roman über Trauer

In einem anderen Licht
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Katrin Burseg erzählt die Geschichte der Hamburger Journalistin Miriam ruhig und unaufgeregt. Die zwei Ebenen der Geschichte - Miriams Recherchen einerseits und ihr Privatleben andererseits - werden gekonnt ...

Katrin Burseg erzählt die Geschichte der Hamburger Journalistin Miriam ruhig und unaufgeregt. Die zwei Ebenen der Geschichte - Miriams Recherchen einerseits und ihr Privatleben andererseits - werden gekonnt miteinander verbunden und parallel erzählt. Noch vor den genannten Themen Liebe und Verrat, Wahrheit und Wahrhaftigkeit sehe ich Trauer und den Umgang mit Trauer als bestimmende Motive, die sich durch das Buch ziehen und immer wieder spürbar sind. Ich hatte vorher etwas Bedenken, dass es gefühlsdusselig, kitschig oder deprimierend wird, aber so ist es glücklicherweise nicht - bei "In einem anderen Licht" handelt es sich um solide, gut erzählte Literatur, die ich sehr gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 20.11.2017

Toll geschrieben und gelesen

The Girls
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Es passiert nicht viel in diesem Buch - das könnte langweilig oder anstrengend sein. Nicht so hier: die überschaubare (und ehrlich gesagt auch vorhersehbare) Handlung, vor allem aber die Gedanken der Ich-Erzählerin ...

Es passiert nicht viel in diesem Buch - das könnte langweilig oder anstrengend sein. Nicht so hier: die überschaubare (und ehrlich gesagt auch vorhersehbare) Handlung, vor allem aber die Gedanken der Ich-Erzählerin als Teenager und als ältere Frau und die Charakterisierung der anderen Protagonisten sind von Emma Cline einfühlsam und außergewöhnlich beschrieben und von Suzanne von Borsody gut gelesen. So ergibt sich ein durchaus hörenswertes, intelligentes (Hör-)Buch für Hörer/Leser, die gerne auch auf die Feinheiten und Zwischentöne achten.