Eine Frau, die für ein paar Tage in die Berge fährt mit Freunden, findet sich plötzlich völlig allein und auf sich gestellt von einer (Glas ?)wand umgeben wieder. Was jenseits der Wand los ist weiß sie nicht, macht sich aber auch nicht viele Gedanken darüber, sondern konzentriert sich auf sich und das Überleben. Erst dachte ich, wie langweilig, ´ne Frau allein im Wald und daher lag es lange auf dem SuB. Aber nun habe ich es gelesen und es ist genauso wenig langweilig wie Hemmingways "Der alte Mann und das Meer".
Das Buch ist von der Frau geschrieben. Sie schreibt auf allem Papier, was sie findet, ist sich aber darüber im klaren, dass es wohl nie jemand lesen wird, da sie ja durch die Wand von den anderen Menschen getrennt ist. Was ich etwas befremdlich fand, ist, wie schnell sie sich in ihr Schicksal einfindet, wie wenig sie ihren Töchtern nachtrauert und dass sie so gar nicht bitter ist oder verzweifelt. Ich fand auch bewundernswert, wie sie sich selbst zu helfen weiß und z.B. Bohnen und Kartoffeln anbaut, die sie in der Hütte gefunden hat oder, dass sie weiß, wie man Butter macht. Ich wüßte nicht, wie das geht und sicher viele andere Leute auch nicht. Dann habe ich gesehen, dass das Buch Anfang der 60ziger Jahre geschrieben wurde. Damals verstanden die Menschen sich noch darauf, für sich selbst zu sorgen, vor allem, wenn sie die harten Kriegsjahre mitgemacht hatten.
Ich hätte mir an ihrer Stelle viel mehr Gedanken gemacht, was das für eine Wand ist, wo sie über Nacht herkommt, was wohl mit den anderen passiert ist, die jenseits der Wand waren. Diese Frau hadert aber nicht mit ihrem Schicksal, sondern manchmal klingt es, als sei es für sie eine Art Befreiung, sich nicht mehr rechtfertigen zu müssen, keine Pflichten und Erwartungen, die andere ihr auferlegen, erfüllen zu müssen und dass sie niemandem etwas vorzumachen braucht. Im Gegenteil, die Tiere, die sie findet und um die sie sich dann kümmert, sind zwar nützlich und sie entwickelt auch eine emotionale Bindung zu ihnen, aber sie empfindet sie zeitgleich als Belastung, grade weil sie eine Bindung zu ihnen aufbaut. Manchmal wirkt es, als blühe sie regelrecht auf, weil sie ihr bisheriges Leben ohne schlechtes Gewissen abstreifen kann und sich selbst genug ist. Als ich das Nachwort über die Autorin Marlen Haushofer gelesen habe, wurde mir auch klar, warum. Für die Autorin war dies ein regelrechter Befreiungsschlag und sie lebte ihre Bedürfnisse durch diese Figur und ihr Schicksal aus. Daher die Distanz zu ihrer Familie und den anderen Menschen.
Das Buch blieb die ganze Zeit über spannend, da immer wieder Andeutungen auf spätere Ereignisse gemacht wurden und man unbedingt wissen wollte, was passiert ist. z.B." damals wußte ich noch nicht..." oder " Zu der Zeit... aber später, ohne ihn..." oder " Wenn ich das geahnt hätte, was da geschah, dann wäre ich nicht wieder hingegangen" oder " Das hätte mir eine Warnung sein sollen". Man erfährt über die Dinge aber nur nach und nach und oft viel später, aber die Spannung bleibt die ganze Zeit über aufrecht.
Auf jeden Fall ein gelungenes Buch, da es wider Erwarten spannend blieb. Das Nachwort über die Autorin war sehr aufschlußreich und sie hat die Auszeichnungen zu Recht verdient. Gute Literatur, wie man früher sagte. Sehr Empfehlenswert .