Wiener Untergrund
Auf eine Einladung seines Freundes Harry Lime kommt Rollo Martins ins Wien der ersten Nachkriegsjahre. Als Autor von Western verdient Rollo nicht so besonders gut und deshalb ist er sehr froh über das ...
Auf eine Einladung seines Freundes Harry Lime kommt Rollo Martins ins Wien der ersten Nachkriegsjahre. Als Autor von Western verdient Rollo nicht so besonders gut und deshalb ist er sehr froh über das Angebot. Doch Harry taucht nicht am Flughafen auf. Und auch seine Wohnung scheint verlassen. Entsetzt muss Martins von einem Nachbarn erfahren, dass Harry Lime bei einem Unfall ums Leben gekommen ist und dass gerade seine Beerdigung stattfindet. Auf dem Friedhof trifft Martins auf den britischen Militärpolizisten Calloway. Natürlich stellt Rollo sich die Frage, was dieser auf der Bestattung seines Jugendfreundes zu suchen hat.
Ein Buch zu sehen, sagte der Autor Graham Greene, über sein Werk „Der dritte Mann“. Eigentlich sollte er ein Drehbuch verfassen. Um ein gutes Drehbuch zu erstellen, benötigte er seiner Meinung nach eine ordentliche Grundlage und so verfasste er einen Roman, der zunächst nicht zwingend zur Veröffentlichung bestimmt war.
Den Film und die wohlbekannte Musik von Anton Karas im Kopf beginnt man zu lesen und vor dem Hintergrund der neuen Information, dass das Buch als Grundlage für den Film diente, für das spätere Drehbuch aber doch einige Änderungen vorgenommen wurden, sucht man nach Unterschieden, aber auch nach Gemeinsamkeiten. Grundsätzlich wird schon dieselbe Geschichte erzählt. Doch wirkt der Film in der Erinnerung, die man bald auffrischen möchte, wesentlich düsterer. Vielleicht weil gerade die beeindruckendsten Szenen, die sich im Gedächtnis festgesetzt haben, die düsteren sind. Obwohl von Schiebereien, gemeinen Verbrechen, Mord und Totschlag erzählt wird, wohnt einzelnen Szenen ein hintersinniger Humor inne, der dem Roman eine nicht so endzeitmäßige Stimmung gibt.
Die Lektüre der vorliegenden Ausgabe der Büchergilde in einer Neuübersetzung und mit herausragenden Illustrationen versehen, die eine ausgesprochen gute Verbindung zwischen Buch und Film erstellen, ist ein besonderes Erlebnis. Sie verführt zum Eintauchen ins Wien der Nachkriegszeit und zeichnet ein Bild einer schweren Zeit, in der die Menschen durch die Knappheit der Güter verführt wurden, kleine Verbrechen zu begehen. Doch was geschieht mit kleinen Verbrechen, wenn erst die Gier geweckt ist, sie werden zu großen Verbrechen, durch die der Charakter verdorben wird und die Skrupellosigkeit das Menschliche überdeckt. Eine Erfahrung, durch die Rollo Martins seine Freundschaft zu Harry Lime in einem ganz anderen Licht sieht.
In der Zeit des Schenkens bietet dieses Buch eine wunderbare Gelegenheit, einem lieben und interessierten Menschen eine Freude zu machen.