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Die siebzehnjährige Cassia lebt in einer Welt, die nur aus Regeln besteht, die sich niemand je zu brechen wagt. Sie isst, was man ihr Tag für Tag ins Haus liefert – exakt auf die Kalorienanzahl bemessen, die sie braucht –, sie tut, was man ihr sagt und liebt, wen man ihr zugeteilt hat. Oder zumindest hat sie letzteres fest vor, bis sich ihr Leben von jetzt auf gleich verändert und sie sich plötzlich in einem Albtraum wiederfindet.
Als man ihr ihren besten Freund als idealen Partner zuteilt, den sie im Alter von einundzwanzig heiraten und mit dem sie bis zum Alter von fünfunddreißig Kinder haben soll, glaubt Cassia zunächst, dass sie der größte Glückspilz ist, der je aus der Tradition der Paarungszeremonie hervorgegangen ist. Allerdings hält diese Überzeugung nur so lange an, bis sie beim Ansehen des Mikrochips, auf dem für sie bestimmte Informationen über Xander gespeichert sind, unvermittelt ein anderes Gesicht erblickt. Kein blonder Junge, den sie schon ihr Leben lang kennt. Nein, dieses andere Gesicht gehört Ky, der vor einigen Jahren erst in ihre Siedlung gezogen ist.
Obwohl sie anfangs dagegen ankämpft, fühlt sie sich doch immer mehr zu Ky hingezogen, dem aus Gründen, die ihr zunächst nicht ganz klar sind, eine Arbeitsstelle in der Lebensmittelentsorgung zugewiesen wurde, was für gewöhnlich nur bei Menschen, die bereits allzu auffällig geworden sind, der Fall ist. Als ihr Großvater ihr kurz vor seinem von der Gesellschaft geplanten Tod eine Puderdose mit einem verbotenen Gedicht gibt, teilt sie dieses mehr durch Zufall bald mit Ky.
Durch das Geheimnis der verbotenen Worte – immerhin hatte die Gesellschaft vor Jahrzehnten beschlossen, je nur hundert Gedichte aufzubewahren – kommen sich die beiden näher und Cassia findet viel zu rasch heraus, dass sie niemals mit Ky zusammen sein kann – und das nicht nur, weil sie bereits mit Xander gepaart wurde. Nein, Ky hütet ein Geheimnis, von dem niemand wissen darf und wurde deshalb von der Gesellschaft so eingestuft, dass er niemals irgendjemanden wird lieben und heiraten dürfen.
Anders, als man der Bevölkerung glauben machen will, ist die Gesellschaft keinesfalls so sicher und unangreifbar. Nein, es herrscht Krieg, der die Welt, in der Cassia lebt, zu verschlingen droht – und viel zu bald schickt man auch Ky an die Front. Cassia bleibt mit ihrer Familie nur der von der Gesellschaft verordnete Umzug und der Wille, Ky wiederzufinden und für ihre Liebe zu kämpfen.
Nachdem ich bereits so viel von diesem Buch gehört habe, musste ich es jetzt einfach auch mal lesen – und ich war schon ziemlich überrascht. Nicht nur, dass Cassias Welt keinerlei Freiraum für die individuelle Entfaltung der Menschen lässt, die ich persönlich ja über alle Maßen wichtig finde, ist ihre Welt auch noch eine, die der Willkür der Gesellschaft und ihrer Funktionäre ausgesetzt ist. Frei nach dem Motto: Will dir jemand aus den höheren Rängen dein Leben zerstören, kann er das tun, so lange er sich dafür nur eine plausibel klingende Erklärung zurecht legt.
Allerdings hatte ich während des Lesens bisweilen auch das dringende Bedürfnis, Cassia einfach mal so richtig durchzuschütteln – beispielsweise, als sie das letzte zu Asche verbrennt, das ihr Großvater ihr anvertraut und das er über Jahrzehnte hinweg genau davor geschützt hat. Zugegeben, vermutlich kann sie nichts dafür, so zu denken, wie sie denkt, aber ich finde schon, dass jeder Mensch das Bedürfnis haben sollte, frei zu sein – selbst in dieser kontrollierten Welt.
Alles in allem jedoch bin ich schon auf den weiteren Verlauf der Buchreihe gespannt und drücke Cassia fest die Daumen, dass sie Ky wiederfindet und die beiden es schaffen, die Gesellschaft in die Knie zu zwingen und danach eine neue Welt zu schaffen, eine freie, wie sie jedem Menschen zustehen sollte. Das wirklich einzige Manko an diesem Buch ist wirklich nur Cassias gelegentliche Engstirnigkeit und die leichte Kitschigkeit, die hin und wieder leider ein wenig Überhand nimmt. Trotzdem, die vier Sterne sind vollauf verdient, wie ich finde.