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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.12.2017

Atemlose Spannung...

Der Näher
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… zieht sich auch durch den dritten Thriller aus Rainer Löfflers Feder. Zum Inhalt: In Gummersbach werden zwei schwangere Frauen vermisst gemeldet. Abschiedsbriefe scheinen Hinweise auf ein freiwilliges ...

… zieht sich auch durch den dritten Thriller aus Rainer Löfflers Feder. Zum Inhalt: In Gummersbach werden zwei schwangere Frauen vermisst gemeldet. Abschiedsbriefe scheinen Hinweise auf ein freiwilliges Verlassen ihrer Familie zu geben. Was zunächst wie ein Routinefall aussieht und von Kriminalhauptkommissar Borchert auch als solcher behandelt wird, entwickelt sich nach und nach zu einem komplexen Mordgeschehen. Selbst für den neu hinzugezogenen Fallanalytiker Martin Abel gilt es, eine harte Nuss zu knacken. Und ihm ist sehr schnell klar: ihm bleibt nicht viel Zeit.
Spannend, rasant, atemlos: in schwungvollem Stil, durchzogen von Sarkasmus, schwarzem Humor und besonders bildhaften Darstellungen, verwickelt der Autor seinen Leser in eine Serie von Entführungen und bestialischen Morden. Löffler spart dabei nicht mit detaillierten und äußerst brutalen Beschreibungen, so dass teilweise recht drastische Bilder vor dem geistigen Auge entstehen: ein Thriller, der seinen Namen wahrlich verdient. Auch mit dem Seelenleben des Täters macht er uns nach und nach vertraut. In diesen Abschnitten, die sich mit dem aktuellen Geschehen abwechseln, erfährt man wesentliche Details über Kindheit und Intentionen des Mörders. Die Identität des Täters allerdings bleibt bis fast zum Schluss verborgen. Abels Ermittlungen werden zu einem Wettlauf mit der Zeit, bei dem der Autor den Lesern kaum eine Verschnaufpause gönnt.
Kurz: Ein echter Thriller für Leser, die über gute Nerven verfügen.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Mit einem Augenzwinkern

Lauter Leichen
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Der Titel des Krimis übertreibt? Keineswegs, wie der Leser sehr schnell feststellen wird! Bereits zu Beginn des Romans stolpert er über zwei Tote in der Küche von Ellis Mutter. Einer von ihnen ist Peter, ...

Der Titel des Krimis übertreibt? Keineswegs, wie der Leser sehr schnell feststellen wird! Bereits zu Beginn des Romans stolpert er über zwei Tote in der Küche von Ellis Mutter. Einer von ihnen ist Peter, Ellis Ex-Lebensgefährte. Derweil die Protagonistin noch vollauf damit beschäftigt ist, „aufzuräumen“ und mit Oma Friedas Hilfe die Sachlage zu klären, schreitet das Gesetz in Gestalt des smarten Kommissars Watkowski ein. Doch statt Aufklärung folgt zunächst nur noch mehr Verwirrung: wieviele und wessen Leichen haben diverse vornehme Hamburger Familien im Keller verborgen?
In lockerer Sprache und mit reichlich schwarzem Humor entwirrt Zarah Philips alias Elenor nach und nach die verzwickten Fäden um das mörderische Geschehen. Kundig und temporeich führt sie den Leser auf der Suche nach Gerechtigkeit durch Hamburg, stürzt ihn in ungewöhnliche Situationen und macht ihn mit ihrer skurrilen Familie und anderen merkwürdigen Personen bekannt. Dabei geht es absolut nicht zimperlich zu; aber stets spürt man das Augenzwinkern der Autorin.
Der bunt tätowierte Totenkopf auf dem Buchcover verspricht nicht zuviel: dieser Krimi ist ebenso spannend wie vergnüglich zu lesen.

Veröffentlicht am 14.12.2017

Dem Himmel ein Stück näher

Zeitlang
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„Hoakel“ darf eine Sennerin nicht sein. Das ist eine der ersten Erfahrungen, die Sibylle Leimeister macht, als sie es endlich geschafft hat, sich ihren Traum zu erfüllen: einen Sommer als freiwillige ...


„Hoakel“ darf eine Sennerin nicht sein. Das ist eine der ersten Erfahrungen, die Sibylle Leimeister macht, als sie es endlich geschafft hat, sich ihren Traum zu erfüllen: einen Sommer als freiwillige Hilfskraft auf einer Südtiroler Alm zu verbringen. Wie erlebt sie „ihren“ Almsommer? Wieviel Romantik steckt in einem solchen Leben?
Sehr lebendig und frisch erzählt die Autorin von diesem Aufenthalt und ihren Erlebnissen mit den Menschen und der Natur. Ihre Gefühle sind zwiespältig; die Städterin Sibylle begegnet dem Misstrauen und etlichen Vorurteilen der Landbevölkerung und muss sich mit ungewohnt harter Arbeit plagen. Doch auf der anderen Seite verhelfen ihr die Ferne von Zivilisation und Technik und der konstante Rhythmus der täglich wiederkehrenden Arbeiten zu mehr Ruhe und Gelassenheit. Ihre Schilderungen geben ihre Gefühle klar und ungekünstelt wieder und eine gute Portion Humor hilft ihr, sich auch in schwierigen Situationen zu behaupten.
Da ist der Buchtitel durchaus passend gewählt: „Zeitlang“ bedeutet einerseits das Heimweh, das die Autorin oft nach ihrer Familie verspürt; aber es heißt auch „Sehnsucht“. Und die Sehnsucht nach dem Almleben packt sie, als sie am Ende des Sommers wieder zu ihrer Familie zieht.
Ein wunderbar unterhaltsames, erfrischend ehrliches Buch!

Veröffentlicht am 26.11.2017

Zum Schmunzeln und Nachdenken

Die himmelblaue Weihnachtstasse
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Kindern Geschichten zu erzählen oder vorzulesen ist eine wunderbare Tradition. Besonders in der Adventszeit, wenn es draußen ungemütlich und früher dunkel wird, lieben Kinder gemütliche Stunden mit den ...


Kindern Geschichten zu erzählen oder vorzulesen ist eine wunderbare Tradition. Besonders in der Adventszeit, wenn es draußen ungemütlich und früher dunkel wird, lieben Kinder gemütliche Stunden mit den Eltern und einem schönen Buch. „Die himmelblaue Weihnachtstasse“ stimmt Jung und Alt gemeinsam auf die Weihnachtszeit ein. Ursprünglich waren die elf kurzen Erzählungen, die Bruno Schlatter teils erfunden, teils in ähnlicher Weise selbst erlebt hat, nur für seine Kinder gedacht. Nun sind seine weihnachtlichen Gutenachtgeschichten in einem sehr attraktiv gestalteten Buch gesammelt und in festlichem „Gewand“ erschienen.
Keine weltbewegenden Geschehnisse werden hier geschildert, sondern eher die alltäglichen kleinen Dinge im Leben einfacher Menschen, die auch aus dem kindlichen Erfahrungsbereich stammen. Doch auch unbedeutende Ereignisse üben große Wirkung aus und können Lebensumstände verändern. Schlatters Geschichten überraschen in ihren recht unterschiedlichen Themen und Stimmungen: von lustig bis melancholisch ist alles dabei, ohne jemals kitschig zu werden.
Kurz, prägnant, in leichtem Erzählton gehalten und in einer klaren und kindgerechten Sprache verfasst, eignen sie sich hervorragend zum abendlichen Vorlesen.
Frank Baumanns liebevolle Illustrationen geben Schlatters Geschichten einen schönen Rahmen. Großformatig und farbenfroh begleiten sie den Text und fangen die Stimmung der
jeweiligen Erzählung ein - einmal fröhlich-humorvoll, einmal eher besinnlich, zum Schmunzeln und Nachdenken.

Veröffentlicht am 21.11.2017

Schloss aus Glas

Schloss aus Glas (Filmausgabe)
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Er schenkt seinen Kindern Sterne vom Himmel und verspricht ihnen, einen großen Palast für sie zu bauen: für die kleine Jeannette ist ihr Vater ein Held. Zwar sind Armut und Hunger ihre täglichen Begleiter; ...


Er schenkt seinen Kindern Sterne vom Himmel und verspricht ihnen, einen großen Palast für sie zu bauen: für die kleine Jeannette ist ihr Vater ein Held. Zwar sind Armut und Hunger ihre täglichen Begleiter; Rex´ Alkoholkrankheit, seine Unfähigkeit eine Arbeit länger durchzuhalten und nicht zuletzt ein Berg von Schulden verursachen häufige Umzüge bis hin zu Obdachlosigkeit - doch die Eltern Rose Mary und Rex Walls sehen ihr „Abenteuer“-Leben durch eine rosarote Brille und beschönigen alle auftretenden Probleme. So lange sie klein sind, empfinden Lori, Jeannette, Brian und Maureen den widersprüchlichen Zustand zwischen elterlicher Liebe und Vernachlässigung als normal und vertrauen auf die Eltern. Doch je älter sie werden, desto mehr Gedanken machen sie sich, wie sie zumindest ihr eigenes Schicksal zum besseren wenden können. Sie erkennen: der Plan des Vaters, ihnen ein „Schloss aus Glas“ zu bauen, wird immer nur ein Traum bleiben, er wird niemals in der Lage sein, ihn umzusetzen.
Ehrlich und unverbrämt schildert die Autobiografie (Erstveröffentlichung 2006) der inzwischen 57jährigen Jeannette Walls ihre durchaus nicht alltägliche Kindheit, mit Beginn der 60er Jahre. In schlichten Sätzen, aber sehr bildreich erzählt sie, wie sich die grenzenlose Bewunderung des kleinen Mädchens für ihren Vater, der über ein großes Wissen und viel Phantasie verfügt, in Skepsis verwandelt. Es ist eindrucksvoll, wie sie - trotz aller Enttäuschungen - ihr Ziel, sich zu lösen und ein sicheres, beständiges Leben zu führen, beharrlich verfolgt. Der Zusammenhalt der Geschwister, die sich gegenseitig unterstützen und in ihren Zielen bestärken, ist ein starker Motor. Ganz wunderbar gelingt es der Autorin, die unterschiedlichen Stimmungen einzufangen und ihren Protagonisten Leben einzuhauchen.
Die schmerzlichen Erinnerungen, die Jeannette Walls in diesem Roman aufarbeitet, hinterlassen beim Leser sicher besonderen Eindruck, erscheinen jedoch nie lamentierend. Man spürt stets einen optimistischen Grundton und den Willen der Kinder, das Beste aus ihrer Situation zu machen - auch wenn das „Schloss aus Glas“, das der Vater ihnen verspricht, nur ein Luftschloss bleibt.
Eine wirklich lesenswerte Neuausgabe des Romans zu dem soeben angelaufenen gleichnamigen Film!