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Veröffentlicht am 15.09.2016

Toller Thriller mit kleinen Ungereimtheiten

Ihr letzter Sommer
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Ihr letzter Sommer von Anna Snoekstra
erschienen bei Harper Collins
Zum Inhalt

„Mein Name ist Rebecca Winter. Ich wurde entführt.“

Im Sommer 2003 verschwindet die 16-jährige Rebecca Winter spurlos. ...

Ihr letzter Sommer von Anna Snoekstra
erschienen bei Harper Collins
Zum Inhalt

„Mein Name ist Rebecca Winter. Ich wurde entführt.“

Im Sommer 2003 verschwindet die 16-jährige Rebecca Winter spurlos. Elf Jahre später greift die Polizei eine junge Rumtreiberin auf, die behauptet, Rebecca zu sein – und der Gesuchten tatsächlich so täuschend ähnlich sieht, dass deren Familie sie mit offenen Armen aufnimmt. Die vermeintliche verlorene Tochter genießt die ungewohnte Zuwendung und schlüpft mit wachsender Begeisterung in Rebeccas Kleider und Leben. Doch je intensiver sie sich mit ihrer Rolle identifiziert, desto tiefer dringt sie in Rebeccas Gefühlswelt vor. Und kommt der tödlichen Wahrheit um ihr Verschwinden immer näher …
(Quelle: Verlag)

Zum Buch

Der Klappentext und auch die allerersten Seiten des Buches verraten schon eine ganze Menge über einen wesentlichen Bestandteil der Story. Wer sich lieber voll und ganz überraschen lassen möchte, den weise ich an dieser Stelle auf eine gewisse SPOILERGEFAHR hin und empfehle, nur mein Fazit zu lesen!

Die Geschichte der jungen Rebecca Winter spielt in Australien und wird kapitelweise aus den Jahren 2003 und 2014 erzählt. Im Jahre 2003 erhält der Leser einen Einblick in eine Woche im Januar in Rebeccas Leben. Dies wird in der 3. Person geschildert. Im Jahre 2014 geht es um das Hier und Heute, erzählt in der ersten Person. Mir gefiel diese Erzählweise sehr gut, konnte ich mir doch in beiden Jahren ein gutes Bild von Rebecca und ihrem Leben machen. Elf Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden des Teenagers taucht nun eine junge Frau von Mitte 20 auf und behauptet, Rebecca zu sein. Der Leser weiß von Anfang an, dass es sich hierbei um eine Hochstaplerin handelt, die sich ins gemachte Nest setzen will. Ihre Unverfrorenheit hat mich so manches Mal schockiert, da sie bei der Familie Winter natürlich ganz neue Hoffnungen geweckt hat. Andererseits ist das Verhalten der jungen Frau auch verständlich, wenn man ihre bisherige Lebensgeschichte kennenlernt. Die heutigen Kapitel zeigen ganz deutlich eine ständige Bedrohung vor dem Entdeckt-werden, die Kapitel aus dem Jahre 2003 einen kurzen, aber prägnanten Einblick in Rebeccas Leben und ihre Gefühlswelt. Das junge Mädchen fühlte sich damals gegenüber ihren Zwillingsbrüdern massiv zurückgesetzt, ihr wurde kaum Aufmerksamkeit seitens ihrer Eltern zuteil. Doch Bec ist keineswegs ein unbeschriebenes Blatt – auch sie hat ihre kleinen Geheimnisse…
Ich war von der ersten Seite an gefesselt und habe dem Ende geradezu entgegengefiebert. Gerade durch diese Erzählweise wird der Leser bei der Stange gehalten und immer neugieriger gemacht. Der Schreibstil der Autorin hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, allerdings sind mir einige Ungereimtheiten aufgefallen, die das Buch dann doch leider nicht in die Bestwertung brachte. Beispielsweise wurde Rebeccas beste Freundin Lizzie bereits Anfang Januar von der Polizei wegen Rebeccas Verschwinden verhört, was nicht passt, wenn Rebecca erst Mitte Januar verschwand. Auch gab es einige kleinere lose Fäden innerhalb der Geschichte, die die Autorin leider nicht alle aufgeklärt hat. Das Verhalten einiger Personen ist eher fragwürdig, es wurden viel zu wenig Fragen gestellt. Hier hätte die Story gut und gerne noch einige weitere Seiten vertragen können.

Mein Fazit

Anna Snoekstra hat mit Ihr letzter Sommer einen tollen und atmosphärisch dichten Psychothriller geschrieben, der mich allein schon durch die besondere Erzählweise fesseln konnte. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, ich hatte von allen ein klares Bild vor Augen. Die Vergangenheit und die Gegenwart sind gleichermaßen spannend beschrieben, einige Logikfehler ließen mich allerdings so manches Mal zurückblättern. Die Auflösung fand ich etwas zu drastisch und abrupt dargestellt, nicht all meine Fragen wurden beantwortet. Vielleicht auch ein ganz klarer Schachzug der australischen Autorin, aber ich hätte mir definitiv mehr gewünscht. So lässt mich das Ende schockiert, aber auch zwiespältig zurück. Ganz knapp an einem Lieblingsbuch-Status und Bestwertung vorbei geschrammt, erhält das Buch von mir 4 von 5 möglichen schwarzen Katzen.



Zum Autor

Anna Snoekstra, Jahrgang 1988, wuchs in Canberra auf und zog mit 18 Jahren nach Melbourne, wo sie Film und Creative Writing studierte. Sie hat mehrere Kurzfilme und Musikvideos gedreht, bevor sie sich ganz aufs Schreiben konzentrierte. Ihre Geschichten sind in zahlreichen Literaturmagazinen erschienen; die Erzählung „Greyfields“ schaffte es auf die Shortlist für den renommierten „Viva La Novella“-Preis 2014. Ihre Lieblingsautoren sind Joyce Carol Oates und Susan E. Hinton, ihr Lieblingszitat stammt von Charles Bukowski: „Finde, was du liebst, und lass es dich töten“.


304 Seiten
übersetzt von Jan Schönherr
ISBN 978-3-9596-7964-0
Preis: 14,99 Euro


© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich beim Verlag für die Bereitstellung dieses Exemplars bedanken!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein besonderes Buch

Das Spiel von Liebe und Tod
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Das Spiel von Liebe und Tod von Martha Brockenbrough
erschienen bei Loewe

Zum Inhalt

Romeo und Julia, Kleopatra und Mark Anton, Napoleon und Josephine, sie alle waren schon Figuren in dem jahrtausendealten ...

Das Spiel von Liebe und Tod von Martha Brockenbrough
erschienen bei Loewe

Zum Inhalt

Romeo und Julia, Kleopatra und Mark Anton, Napoleon und Josephine, sie alle waren schon Figuren in dem jahrtausendealten Spiel von Liebe und Tod. Die Regeln sind einfach. Verlieben sich die Paare vor dem ausgewürfelten Termin, hat die Liebe gewonnen, trennen sie sich, triumphiert der Tod und einer der Liebenden muss sterben.

Immer wieder steht Henry vor der Tür des Jazzclubs, in dem Flora allabendlich singt. Er ist hingerissen von der schönen jungen Frau, ihrer Stimme und ihrer Musik. Flora dagegen versucht lange, sich gegen ihre Gefühle zu wehren. Ihre Haut ist schwarz und eine Beziehung mit einem weißen jungen Mann ist im Seattle des Jahres 1937 völlig ausgeschlossen.

Was Flora und Henry nicht wissen: Sie sind nur Figuren in einem uralten Spiel, in dem die Liebe selbst und ihr alter Widersacher Tod menschliche Gestalt angenommen haben. Und beide nutzen all ihre manipulativen Fähigkeiten, um zu gewinnen.
(Quelle: Verlag)

Zum Buch

Flora: die singende Pilotin
Henry: der Geduldete
Ethan: der Sohn aus gutem Hause
Helen: die unliebsame Cousine

Mit diesem Buch erreichte mich eine ganz besondere Geschichte, unter der ich mir zuerst nicht allzu viel vorstellen konnte. Doch dann wurde ich von der Autorin in das Seattle der dreißiger Jahre entführt und erlebte eine außergewöhnliche Story. Sie startet allerdings schon im Jahre 1920 – ausgerechnet an einem Freitag, den dreizehnten. Wer an diese angebliche „Unglückszahl“ glaubt: ein eher fragwürdiger Beginn ;)
Liebe und Tod sind in diesem Buch nicht nur das Gefühl und das Unausweichliche, sondern Weggefährten, die mitunter in die verschiedensten Rollen schlüpfen. Sie beobachten, sie erwählen ihre „Spielfiguren“. Für ein Spiel, das so gut wie vorprogrammiert ist und der Einsatz unheimlich hoch sein kann…

Das Spiel hatte begonnen. Die Spieler hatten sein tiefstes Mitgefühl.
6% des E-Books

Die Protagonisten haben mir sehr gut gefallen. Floras Hautfarbe ist schwarz und sie verhält sich keineswegs so, wie es in der damaligen Zeit von einer Frau verlangt wurde. Sie singt in einem Jazzclub und hat Amelia Earhart als Vorbild. Denn Flora möchte auch eine bekannte Pilotin werden und etwas von der Welt sehen.
Henry ist stets zur Stelle, wenn jemand Hilfe braucht. Er ist sehr selbstlos und fasziniert von Flora. Doch seine Haut ist weiß, was gerade damals ein großes Problem darstellte. Beide Figuren wirken jedoch wesentlich älter als 17 Jahre. Ich hatte mitunter das Gefühl, kein Jugendbuch mehr in der Hand zu haben.
Neben der Problematik der Hautfarbe geht es unter anderem um Musik, die Liebe, Kriege und ihre Opfer. Homosexualität wird außerdem mit aufgegriffen. Wie man sieht, eine bunte Mischung. Teilweise erinnerte mich die Story an The Diviners von Libba Bray – der Roman spielt etwa um dieselbe Zeit. Und auch der mystische Touch ist in beiden Büchern nicht zu leugnen.

Martha Brockenbrough hat mich mit ihrem bildgewaltigen Schreibstil in das Amerika von 1937 entführen können. Die Personen- und Umgebungsbeschreibungen kamen mir sehr authentisch vor. Die Atmosphäre hat die Autorin teilweise mysteriös angelegt, was gut passte. Außerdem empfand ich den Schreibstil als anspruchsvoll, es kommen keinerlei platte Sätze oder liebloses Geplänkel vor. Die Liebe ist allgegenwärtig, aber die Story ist auch sehr ernst angelegt, fast schon trübsinnig. Es gibt viele Verluste im Leben der Protagonisten und wenig Aufmunterndes. Ebenso enthält die Geschichte kaum spannende Sequenzen, es ist wirklich eher ein Liebesroman. Durch die kurzen Kapitel kommt der Leser schnell voran und es kommt so gut wie keine Langeweile auf. Wie Liebe und Tod hier in Szene gesetzt wurden, gefiel mir sehr gut. Ich fand es außergewöhnlich und besonders. Das Ende bescherte mir dann noch eine Gänsehaut – mehr werde ich aber dazu nicht verraten. Für mich hat sich Das Spiel von Liebe und Tod 4 von 5 möglichen schwarzen Katzen verdient.

Zum Autor

Martha Brockenbrough hat als Redakteurin für MSN.com gearbeitet, sich Fragen für Trivial Pursuit und Cranium ausgedacht und Liedtexte für eine Reality TV-Show geschrieben. Sie lebt mit ihrer Familie in Seattle und spielt in einer Band die Rats in the Attic heißt. Das Spiel von Liebe und Tod ist ihr zweites Jugendbuch.

ab 14 Jahren
400 Seiten
übersetzt von Jessika Komina und Sandra Knuffinke
ISBN 978-3-7855-8262-6
Preis: 18,95 Euro
erscheint am 25.07.2016



© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich beim Verlag für die Bereitstellung dieses Exemplars bedanken!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Dystopie mit Hoffnungsschimmer

Wir waren hier
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Wir waren hier von Nana Rademacher
erschienen bei Ravensburger

Zum Inhalt

Berlin im Jahr 2039: Die Stadt liegt in Trümmern, das öffentliche Leben ist längst zusammengebrochen. Für die überlebenden Menschen ...

Wir waren hier von Nana Rademacher
erschienen bei Ravensburger

Zum Inhalt

Berlin im Jahr 2039: Die Stadt liegt in Trümmern, das öffentliche Leben ist längst zusammengebrochen. Für die überlebenden Menschen geht es um die nackte Existenz. Wie den Horror des Alltags, den Kampf gegen Hunger und Kälte überstehen? Mittendrin die 15-jährige Anna, die ihren Weg sucht und für das Leben und die Liebe kämpft – und für eine Welt, in der trotz allem eine Zukunft für sie möglich ist.
(Quelle: Verlag)

Zum Buch

Anna hat mir von Anfang an sehr gut gefallen. Sie lässt sich nicht unterkriegen, versucht das Beste in der gegenwärtigen Situation zu sehen. Sie freut sich über die Kleinigkeit, dass sie endlich wieder auf ihrem Blog schreiben kann. Technisch gesehen war dies einige Zeit nicht möglich. Und so ist auch der erste Teil des Buches: es handelt sich um Blogeinträge des Teenagers über 13 Monate hinweg. Natürlich sehr sporadisch, da sie ja nicht von der Staatsmacht entdeckt werden darf. In diesen Einträgen verarbeitet Anna ihre Gefühle und Gedanken zu der zerstörten Welt, die ihr leider zu Füßen liegt. So lernt sie auch Ben kennen. Dieser Junge war für mich etwas durchscheinend und schwer einzuschätzen.
Durch die Datumsangaben kann sich der Leser sehr gut in das Berlin im Jahre 2039 hineinversetzen. Manchmal herrscht tagelang zwischen den beiden - durch höhere Gewalt - Funkstille.
Es tobt seit mehr als acht Jahren Krieg und Annas Mutter hat sich mit der Zeit immer mehr in sich selbst zurückgezogen. Sie ist für ihre Tochter keinerlei Stütze mehr. Der Vater ist kein Kämpfer und lebt nach der Devise „lieber stillhalten und abwarten“.
Ich hatte eigentlich erwartet, dass es auch keine Militärmacht mehr auf der Welt gibt, aber die Soldaten sind immer noch da. Sie „kümmern sich“ um die Essensrationen, die nicht wirklich satt machen oder verhängen Ausgangssperren. Ein sehr erdrückendes Szenario…

Früher ist tot. Genauso wie morgen schon heute tot ist.
Seite 19

Ging es im ersten Teil relativ ruhig zu, so kommt in Teil 2 wesentlich mehr Bewegung. Teil 1 schildert eher Annas Berichte und Gedanken zu der zerstörten Welt. In Teil 2 jedoch hat sich ihre Situation drastisch geändert, die Blogeinträge sind Geschichte. Ich kann so gar nicht sagen, welcher Teil mir besser gefiel – sie haben jeder für sich etwas Besonderes und wurden nicht langweilig. Auch wenn sich der erste Part etwas mehr in die Länge zog.
Ich habe förmlich an jeder Seite geklebt und war daher sehr erstaunt, als das Ende da war. Denn dies kam mir zu abrupt und fiel für meinen Geschmack zu kurz aus. Ebenso der dritte Buchteil, der mehr offenlässt, als mir lieb war.

Nana Rademacher hat mit Wir waren hier ein sehr beklemmendes und zugleich realistisch wirkendes Buch geschrieben. Wenn man die politische Lage heutzutage in unserer Welt betrachtet, scheint so ein Weltentwurf leider nicht mehr unmöglich… Der Schreibstil gefiel mir sehr gut. Ich war ganz nah an Protagonistin Anna dran und lief mit ihr durch das zerstörte Berlin 2039/2040. So negativ Annas Gedanken und Erlebnisse auch oft waren, blitzte stets ein kleiner Hoffnungsschimmer hervor, der an eine bessere Welt glauben lässt. Für mich ein Buch, das man gelesen haben sollte. Ich vergebe 4 von 5 möglichen schwarzen Katzen.

Zum Autor

Nana Rademacher, geboren 1966, studierte Sozialpädagogik in Bielefeld und arbeitete danach beim NDR in Hamburg als Regieassistentin und Lektorin. Seit 2001 ist sie für den Südwestrundfunk in den Redaktionen Hörspiel, Feuilleton und Musik tätig und lebt derzeit als freie Autorin in Stuttgart.


ab 12 Jahren
352 Seiten
ISBN 978-3-473-40139-0
Preis: 14,99 Euro


© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich beim Verlag für die Bereitstellung dieses Exemplars bedanken!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein düsteres Sommerbuch

Wenn der Sommer endet
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Wenn der Sommer endet von Moira Fowley-Doyle
erschienen bei cbt

Zum Inhalt

So lasst uns die Gläser erheben auf die dunkle Zeit … Die dunkle Zeit, wie die 17-jährige Cara, ihre Schwester Alice und ihre ...

Wenn der Sommer endet von Moira Fowley-Doyle
erschienen bei cbt

Zum Inhalt

So lasst uns die Gläser erheben auf die dunkle Zeit … Die dunkle Zeit, wie die 17-jährige Cara, ihre Schwester Alice und ihre restliche Familie es nennen, scheint wie ein Fluch, der sie einmal im Jahr für ein paar Wochen heimsucht. In diesem Zeitraum passieren Unfälle, geliebte Menschen sind schon gestorben. Und dieses Jahr soll es eine der schlimmsten dunklen Zeiten werden, prophezeit Caras Freundin Bea. Mysteriöse Dinge geschehen und bald weiß Cara nicht mehr, was Traum und was Realität, was Magie und was echt ist. Die Grenzen verschwimmen, und als lange vergessene tragische Ereignisse ans Licht kommen, könnte es für Cara, ihre große Liebe Sam und ihre Schwester Alice schon zu spät sein …
(Quelle: Verlag)

Zum Buch

Dieses Buch ist in der ersten Person geschrieben. Die Autorin hat mir dadurch einen guten Draht zu den Protagonisten ermöglicht. Die Seitenzahlen wirken wie mit einer alten Schreibmaschine getippt – dies bietet einen Bezug zur Geschichte und gefiel mir sehr gut. Stellenweise tauchen kursiv gedruckte Kapitel auf, die ich aber bis zum Schluss nicht eindeutig einer Person zuordnen konnte. Vielleicht wird dies auch gewollt der Fantasie eines jeden Lesers überlassen…
Cara ist 17 Jahre alt, macht aber einen älteren und manchmal auch weiseren Eindruck. Genau wie auch die anderen Figuren Sam, Alice und Bea. Ebenso gibt es hier Beigaben wie Alkohol und Zigaretten, was in einem Buch dieser Altersgruppe ja nicht allzu oft auftaucht. Die Autorin hat diese Dinge aber zum Glück nicht ausgeschlachtet und übertrieben dargestellt, sie waren einfach da und gehörten dazu.
Alle Personen waren mir sympathisch, auch wenn sie sehr melancholisch wirkten. Es geht ja um die „dunkle Zeit“, die Caras Familie jedes Jahr im Oktober in Form von mysteriösen Unfällen oder sogar Todesfällen trifft. Überhaupt hat die Autorin ein sehr schwermütiges Buch mit einer äußerst dichten Atmosphäre geschrieben. Nicht nur Cara hat mit der Zeit immer mehr ein Problem damit, zwischen Realität und Traum zu unterscheiden – mir erging es als Leser nicht anders. Ich denke, dass jeder die Story und die dahinter verborgenen Geheimnisse auf seine Art und Weise interpretieren kann und sollte. Eine stichhaltige und zu 100% mit Fakten untermauerte Auflösung findet hier nicht statt. Es ist ein Buch, das einem eine Gänsehaut beschert. Ein Buch, das einen nachdenklich macht. Moira Fowley-Doyle schneidet hier eine ganze Reihe an Themen an, die mit der Zeit jedoch etwas überladen wirkten. Man hatte Schwierigkeiten, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Am meisten interessierte mich die Suche nach der ominösen Elsie. Eine gewisse Ahnung, was dahinterstecken könnte, hatte ich mit der Zeit schon. Ob sie richtig oder falsch ist, wurde nicht ganz von der Autorin aufgeklärt.

„Die dunkle Zeit hinterlässt ihre Spuren“, sage ich stattdessen.
Seite 187

Moira Fowley-Doyle hat mit Wenn der Sommer endet einen tollen Jugendroman geschrieben, der mich sehr an die Dark Angels-Reihe von den Spencer-Schwestern erinnerte. Die Story ist sehr ruhig gehalten, die Atmosphäre wahnsinnig düster. Die Protagonisten taumeln zwischen Realität, Wirklichkeit und einer gewissen Magie durch die Seiten – selbst für den Leser verwischen stellenweise die Grenzen. Sehr gut gefiel mir die Erwähnung des roten Knopfes, der ja auch auf dem Cover zu sehen ist. Nichts Großartiges, aber so hat er wenigstens seine „Daseinsberechtigung“:) Zeitliche Logikfehler kommen in der Story vor, aber das verwirrt nur leicht und stört nicht allzu sehr. Der Schreibstil ist toll, nahezu poetisch angehaucht. Metaphern findet der Leser auch – glücklicherweise aber nicht zu viele. Ich vergebe für das Debüt der Autorin 4 von 5 möglichen schwarzen Katzen.

Ich glaube, meine ganze Familie ist so: Wir schlucken die Dinge hinunter, die wir nicht sagen können, und wir polstern jede Oberfläche für den unausweichlichen Moment, wenn sich alle mit Gewalt befreien.
Seite 188

Zum Autor

Moïra Fowley-Doyle ist halb Französin, halb Irin und lebt mit ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und einer alten Katze in Dublin.

Moïras französische Hälfte mag Rotwein und düstere Bücher, in denen alle sterben. Ihre irische Hälfte mag Tee und Happy Ends.

Wenn der Sommer endet ist ihr erster Roman.


ab 14 Jahren
320 Seiten
übersetzt von Karen Gerwig
ISBN 978-3-570-16407-5
Preis: 16,99 Euro


© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich beim Verlag für die Bereitstellung dieses Exemplars bedanken!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Regt zum Nachdenken an

Schweigen ist Goldfisch
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Zum Inhalt

Tess hatte nie das Gefühl, wirklich dazuzugehören. Als sie eines Nachts am Computer ihres Vaters die Wahrheit über ihre Herkunft erfährt – nämlich dass er eben nicht ihr Vater ist – weiß sie ...

Zum Inhalt

Tess hatte nie das Gefühl, wirklich dazuzugehören. Als sie eines Nachts am Computer ihres Vaters die Wahrheit über ihre Herkunft erfährt – nämlich dass er eben nicht ihr Vater ist – weiß sie auch, warum das so ist. Sie ist Pluto, aber ihre Eltern wollten einen Mars. Oder wenigstens eine Venus.

Was soll Tess dazu noch sagen? Ihr fehlen die Worte. Und so schweigt sie. Schweigend sucht sie ihren richtigen Vater. Schweigend unterhält sie sich mit ihrem Plastikgoldfisch, Mister Goldfisch. Schweigend verliert sie ihre beste Freundin und findet einen neuen Seelenverwandten. Und sie gewinnt die allerwichtigste Erkenntnis überhaupt: nämlich, dass Schweigen Macht verleiht – aber Reden noch viel mehr.
(Quelle: Verlag)

Zum Buch

Die Story wird in der ersten Person erzählt, wobei der Leser hautnah am Geschehen dran ist. Er kann die Beweggründe von Tess wunderbar nachvollziehen.
Tess ist 15 Jahre alt, etwas rundlicher und auf der Suche nach ihrem biologischen Vater. Sie hat einen Blog-Post von Jack gelesen, der ihre Welt komplett auf den Kopf stellte. Frustriert von den Lügen schildert sie ihre Suche. Doch es geht in diesem Buch um viel mehr als das. Es geht auch darum, dass ihre Eltern wollen, dass Tess sich der Welt und ihren Mitmenschen anpasst. Dass sie die „ideale“ Tochter ist, die keinen Fehltritt hinlegt. Jemand, der nicht aus der Masse heraussticht. Darum auch der Vergleich mit dem Planeten Pluto, denn dieser Planet spiegelt Tess eher wider: sie hält sich lieber weit weg vom Geschehen. Sie ist einfach kein Typ für das Mittendrin.
Tess fühlt sich verloren und allein gelassen in dieser Welt. Sie frisst alles in sich hinein und wagt nicht, über ihre Gefühle zu sprechen. Auf den ersten Blick ein sehr typisches Teenager-Verhalten. Als sie dann auch noch aufhört, sich verbal mitzuteilen, erhält sie Hilfe von ihren Eltern. Doch diese Hilfe ist eher ärztlicher Natur. Dass die Worte, die Tess in dem Post gelesen hat, sie nicht mehr loslassen, ahnt natürlich keiner. Es sind Worte, die sich im Herzen einnisten und nicht mehr rauszubekommen sind. Worte, die sie stets verfolgen.

„Ich bin dein Vater“, flüstert Mr Goldfisch in der Stimme von Darth Vader.
Seite 158

Annabel Pitcher hat mich mit diesem Jugendbuch nachdenklich gestimmt. Es zeigt ganz deutlich, wie verletzend Worte sein können. Es zeigt aber genauso, wie wichtig Worte sind - dazu muss man sie natürlich auch aussprechen. Wie wichtig es doch ist, sich zu trauen, auch über unangenehme Dinge zu sprechen. So könnten doch einige Missverständnisse vermieden werden. Verwirrend empfand ich oft die Gespräche, gerade wenn Tess` neuer Verbündeter Mr Goldfisch ins Spiel kommt. Ihre besondere Beziehung hat die Autorin dennoch gut dargestellt. Wenn Schweigen ist Goldfisch nun noch gute 100 Seiten weniger Umfang gehabt hätte, wäre es zum absoluten Monatshighlight für mich geworden. Doch so hat sich diese besondere Geschichte um Tess, ihre wenigen Worte und Mr Goldfisch sehr zufriedene 4 von 5 möglichen schwarzen Katzen verdient.