Mythische Namen und irdische Probleme
Hey guten Morgen, wie geht es dir?Martina Hefters Roman „Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“ erzählt die Geschichte von Juno, einer Tänzerin und Performance-Künstlerin Anfang 50. Sie pflegt ihren schwerkranken Mann Jupiter, seines Zeichens ...
Martina Hefters Roman „Hey guten Morgen, wie geht es Dir?“ erzählt die Geschichte von Juno, einer Tänzerin und Performance-Künstlerin Anfang 50. Sie pflegt ihren schwerkranken Mann Jupiter, seines Zeichens Schriftsteller. Ihre finanzielle Situation ist wie bei vielen Kulturschaffenden prekär, Geld fließt nur unregelmäßig, sie kommen mehr schlecht als recht über die Runden. Jupiters Bewegungsradius ist mehr oder weniger auf ihre heruntergekommene Altbauwohnung in Leipzig beschränkt, während Juno einen großen Bewegungsdrang hat – sie verbringt ihre Zeit mit Dehnungs-und Kraftübungen, Ballettstunden, etc.
Ihre schlaflosen Nächte verbringt sie im Internet, chattet mit sogenannten Love-Scammern, jungen Männern, oft aus afrikanischen Ländern, die mit falschen Identitäten liebesbedürftigen Europäerinnen Zuneigung vorheucheln und versuchen, ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen.
Juno macht sich einen Spaß daraus, auf diese Scammer einzugehen, um so für einige Stunden ihrem Alltag zu entfliehen und sich eine Art von Freiheit zu schaffen, die ihr im realen Leben versagt ist. Sie irritiert die Love-Scammer so lange durch abstruse und verlogene Antworten bis diese sie blocken und abtauchen. Doch dann trifft sie auf Benu, einen jungen Mann aus Nigeria, der auch nach seiner Enttarnung den Kontakt aufrechterhält. Es entwickelt sich ein Zwiegespräch zwischen den beiden, sie wechseln zu WhatsApp und Videotelefonaten. Ihrem Mann Jupiter erzählt sie nichts von Benu.
Viel passiert in diesem Roman nicht, es ist eher ein Mix aus Alltagsbeobachtungen und Gedanken, flüssig geschrieben, in einer ruhigen, unaufgeregten Erzählweise, gleichzeitig aber auch fantasievoll und poetisch. Das Thema Mythologie nimmt einen gewissen Raum ein, ich kann damit wenig anfangen, beschäftige mich nicht mit Sternbildern, habe auch Lars von Triers Film „Melancholia“ nicht gesehen. Abgesehen davon deckt die Geschichte allerdings viele große Themen ab von Liebe, Misstrauen, Einsamkeit, Ausbeutung Ausgrenzung, der schwierige, weil nicht barrierefreie Alltag von Kranken und Beeinträchtigten bis hin zu Altersdiskriminierung, bietet also reichlich Stoff zum Nachdenken.
Nach wie vor bin ich eher ein Fan des geschriebenen Wortes, bei Hörbüchern schweifen meine Gedanken viel schneller ab und die Konzentration verliert sich. Das war hier allerdings dank der ruhigen und klaren Sprechweise von Inka Löwenberg nicht der Fall.
Ob der Roman den Buchpreis 2024 verdient hat oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen, mir hat die Geschichte jedenfalls gut gefallen und wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.