Dieses Buch hat mich richtig mitgenommen und hat noch lange nachgehangen.
Gleich zu Anfang ist dem Leser klar, wie Anton über den Krieg denkt.
Zitat:
"Anton [...] auf unseren Führer [...] ist ein Attentat verübt worden..."
Also doch! [...] der einzige Gedanke, zu dem ich fähig ...
Gleich zu Anfang ist dem Leser klar, wie Anton über den Krieg denkt.
Zitat:
"Anton [...] auf unseren Führer [...] ist ein Attentat verübt worden..."
Also doch! [...] der einzige Gedanke, zu dem ich fähig bin, ist: Hat es diesmal geklappt?
[...] es grenzt wirklich an ein Wunder - dieser Schweinehund hat so viele Leben wie eine Katze [...]
Da das Buch aus Antons Sicht in der Ich-Perspektive geschrieben ist, ist man auch wirklich gleich in der Geschichte drin und bei dem Schreibstil kann man so wie so gar nicht anders. Die Geschichte ist so lebendig geschrieben, das man das Gefühl hat, als wenn man neben Anton her läuft und alles selbst mit erlebt.
Ich konnte das Buch gar nicht wieder aus der Hand legen.
Ich habe mit Anton gelitten und gefühlt. Seine Ängste, seine Sorge und die Familie, Freunde und Kameraden und seinen Hass auf den Krieg und Hitler mit all seinen Grausamkeiten.
Teilweise hab ich echt die Luft angehalten.
Die Autorin schaffte es wirklich mich so in die Geschichte zu ziehen, dass ich die Sirenen und Bomben schon fast selbst hören konnte.
Die Geschichte ist wirklich bedrückend, beklemmend und zeigt die Grausamkeiten des Krieges ohne sie zu beschönigen.
Hitler will den Krieg mit aller Macht gewinnen, auch wenn er eigentlich schon längst verloren ist, und dazu sind ihm alle Mittel recht - ohne Rücksicht auf Verluste.
Darum werden die jugendlichen zum Ende des Krieges auch schon vor ihrem 16. Geburtstag eingezogen. Mit ihnen Anton und sein bester Freund Gerhard.
Um diese Aktion zu rechtfertigen werden sie "nur" als Wehrdiensthelfer eingesetzt.
Bedeutet: Sie müssen dafür sorgen, das die Schützen immer genügend Munition haben, Schützengräben ausheben und auch sonst zur Handgehen wo es nötig ist. Nebenbei werden sie noch an der Waffe ausgebildet, um später die Linien zu verteidigen - mit 16 Jahren! Sprich, Linien verteidigen, die schon längst verloren sind.
Es sind genug Jugendliche dabei die stolz darauf sind und Hitlers Einstellung voll und ganz übernommen haben, die es als Ehre sehen, für den Führer und das Vaterland zu sterben. Dem entsprechend benehmen sie sich auch den anderen gegenüber, die so denken wie Anton.
Aber zum Glück sind nicht alle so.
Zitat:
Anton - "Ich weiß nicht, wie ich auf einen von ihnen die Waffe richten und abdrücken soll, und bete im Stillen, dass es nie dazu kommen wird."
Aber trotz allem hat diese Geschichte auch andere, wichtige Faktoren. Nämlich Freundschaft und Menschlichkeit.
Anton versucht sich so lange wie möglich von der Front fernzuhalten und träumt wie jeder Junge in dem Alter von der Zukunft und möchte nichts lieber als Geige spielen. Er stellt sich eine Zukunft mit der Nachbarstochter Luise vor und hält zu seinem besten Freund Gerhard. Als er dann doch mit ihm an der Front ist, ist ihm diese Freundschaft noch wichtiger und er stellt sich auf die Seite der Schwächeren Kameraden, gegen Wilhelm, dessen Vater selbst bei der SS ist.
In dieser Geschichte steht nicht nur ein Kernthema im Vordergrund wie Krieg, Grausamkeit, Zerstörung, Mut, Hoffnung, Verlust, Freundschaft oder Liebe.
Anja May hat es wirklich geschafft alle diese Faktoren gleichberechtigt in einer mitreißenden und emotionalen Geschichte zu vereinen.
Ohne dabei etwas zu beschönigen oder zu verschweigen.
Wie ich schon schrieb, man hört förmlich die Sirenen und Bombeneinschläge, während man mit Anton mitten in den Trümmern steht und zieht beim Lesen fast schon selbst den Kopf ein.
Aber dann gibt es da auch die leisen, schönen Momente, die zarte und noch unbeholfene Liebe zu Luise, die Freundschaft zu Gerhard, der Zusammenhalt und die Menschlichkeit, die trotz der Grausamkeit nicht verloren geht.
Das alles so spannend erzählt, dass man einfach weiter lesen MUSS und am Ende tief Luft holt.
Ein Buch, das ich sicher nicht vergessen werde.
Zitate:
An der Front:
Der Panzer hat den Soldaten erreicht und fährt einfach weiter, über die Beine des Mannes hinweg.
Es knackt und rattert. Der markerschütternde Schrei, den der Soldat ausstößt, frisst sich wie Fäulnis in meine Seele. Ich will schreien, bringe aber keinen Ton hervor.
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Anton und Gerhard in einem ruhigen Moment.
„Was willst du machen, wenn der Krieg vorbei ist?“, frage ich, um das Thema zu wechseln. […]
„Mir den Bauch mit Essen voll schlagen“, erwidert er verträumt. „So viel ich kriegen kann. Das wär dufte.“
Mein Fazit:
Ein Debütroman ohne Wenn und Aber, der mich mehr als gespannt auf das nächste Buch von der Autorin warten lässt.
Eine Geschichte, die nichts verschönt oder verherrlicht, emotional mitfühlen lässt und der heutigen Generationen zeigt, wie es nie wieder werden darf!
Ein Buch, nachdem ich einmal mehr froh darüber bin, das ich diese Zeit nicht mitmachen musste, aber mir gut vorstellen kann, wie es meinen Eltern ergangen ist, die selber Jahrgang ’29 und ’35 sind.
Für mich ein Buch, das man gelesen haben sollte und nicht nur für Jugendliche geeignet ist.