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Veröffentlicht am 20.12.2017

Das neue und das alte Europa

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens
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Beide spielen eine Rolle im neuen Krimi von Oliver Bottini, dessen hauptsächliches Setting sich in Rumänien befindet: im Rumänien der letzten Jahre, also fast in der Gegenwart. Dort haben in einem kleinen ...

Beide spielen eine Rolle im neuen Krimi von Oliver Bottini, dessen hauptsächliches Setting sich in Rumänien befindet: im Rumänien der letzten Jahre, also fast in der Gegenwart. Dort haben in einem kleinen Dorf die aus dem Osten Deutschlands stammenden Jens Marthen und Maik Winter ein landwirtschaftliches Unternehmen aufgebaut, das vielen Menschen aus der Gegend Arbeit bietet, Arbeit zu vergleichsweise gutem Geld, wie es sie im ganzen Land nur selten gibt. Doch dann wird die junge Lisa Marthen, Jörgs Tochter, tot aufgefunden - offensichtlich ermordet. Ein junger Mann, der bekanntlich für sie schwärmte, ist verschwunden und seine Familie weiß nichts. Wirklich?

Es stellt sich schon früh heraus, dass Spuren aus der Vergangenheit eine Rolle spielen, Spuren, die auch in die Heimat von Jörg und Maik, nach Prenzlin führen, und eine beängstigende Nähe zu verschiedenen politischen Aktualitäten aufweisen, also zum neuen Europa. Aber auch zur ehemaligen DDR und zu vergangenen Strukturen in Rumänien, zum alten Europa also.

Man sollte wissen, worauf man sich einlässt bei Bottini, denn leicht macht er es seinen Lesern nicht - weder im Hinblick auf den Stoff noch auf die Unterscheidung der Figuren, von denen gleich zu Beginn eine ganze Armee eingeführt wird. Trotz des vorhandenen Personenverzeichnisses fiel mir teilweise die Zuordnung schwer, denn manche liefen im Text unter Vor-, im Verzeichnis jedoch unter ihren Nachnamen.

Ein Krimi, den definitiv nicht jeder lesen sollte, denn er ist sowohl inhaltlich als auch sprachlich starker Tobak und kommt sicher nicht bei jedem gut an. Liebhaber harter Krimikost sollten sich im Klaren sein, dass es hier eher ruhig zugeht - aber eben nur an der Oberfläche. Innen brodelt es - und wie und es bricht auch aus, nur eben nicht in der Art und Weise, dass blutige Innereien offen gelegt werden - weder im direkten noch im übertragenen Sinne. Im deutschen Sprachraum fällt mir für einen Vergleich auf etwa gleichem Niveau nur Jan Seghers ein, im europäischen Vergleich nähert sich Bottini aus meiner Sicht am ehesten skandinavischen Autoren wie Arne Dahl und dem gerade verstorbenen Henning Mankell, auch Anne Holt an. Doch das sind lediglich "zarte" Richtungsweisungen, denn eigentlich schreibt Bottini etwas Eigenes, eigen in jedem Sinne, denn es ist ungewöhnlich, fordernd und nicht jeder wird damit warm.

Aber diejenigen, die genau so etwas suchen, die werden sehr viel davon haben, denn er ist - obwohl nicht wahnsinnig lang - bereichernd in jeder Hinsicht, und dazu prädestiniert, den Leser noch lange zu verfolgen.

Veröffentlicht am 20.12.2017

"Jemand zu finden, der dieselbe Welt sieht, ist ziemlich selten." (S.14)

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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Vor ein paar Jahren kannte Aza so einen. Davis nämlich, sie waren gemeinsam im Sommercamp. Aber sie haben sich aus den Augen verloren, denn was haben ein attraktiver Millionärssohn, dem die Welt zu Füßen ...

Vor ein paar Jahren kannte Aza so einen. Davis nämlich, sie waren gemeinsam im Sommercamp. Aber sie haben sich aus den Augen verloren, denn was haben ein attraktiver Millionärssohn, dem die Welt zu Füßen liegt und die neurotische (bestenfalls) Tochter einer verwitweten Mathelehrerin schon gemeinsam?

Jetzt jedenfalls soll der Kontakt wieder aufgenommen werden und zwar auf Initiative von Azas bester Freundin Daisy. Davis' reicher Vater ist nämlich verschwunden und Daisy rechnet sich was aus. Es ist nämlich eine Belohnung ausgeschrieben worden und die will sich Daisy, die ständig klamm ist, unter den Nagel reißen. Und Aza soll mittun - gerade aufgrund ihrer früheren Kontakte zu Davis.

Aza und Kontakte - das ist schon ein Ding für sich, denn eigentlich ist Aza anders. Sie hat Ängste, Ticks, Manien - und gerade die überdrehte Daisy sowie deren Umfeld zögern nicht, dies ihr auch ständig zu vermitteln. Wie auch ihre Mutter, die sehr liebevoll, aber auch überbesorgt ist. Aus gutem Grund zwar, das macht es aber für Aza nicht besser.

Und dann trifft sie Davis wieder und er verhält sich ihr gegenüber ganz anders. Und sie haben sehr viel gemeinsam, was das Zusammensein für Aza aber nicht unbedingt leichter macht. Eben weil sie so ist, wie sie ist.

Das alles ist kein knallharter Krimi, wie man ob des Plots mit der Suche nach dem Vater denken könnte, sondern original John Green. Und der schreibt wirr, neurotisch, liebevoll - eben ganz besonders und sehr Grün, entschuldigung, Green. Und genau deswegen mag ich ihn - weil er mich dazu zwingt, gerade kompliziertere Vorgänge zu ergründen, komplexe Persönlichkeiten - und Aza ist nicht die Einzige davon in diesem Roman - an mich heranzulassen. Als Jugendbuch trotz des Hypes, der darum gemacht wird, mit Vorsicht zu genießen - in dem Sinne, dass man sich gut überlegen sollte, welchem (jungen) Menschen man es schenkt. Der eine wird es nicht verstehen, der andere wird so tun, als ob, weil es eben ein In-Buch ist, den Dritten wird es verstören, also sogar zu tief treffen. Der Vierte, der wird Aza in ihr schwieriges Leben folgen und auch die lustigen Szenen zu schätzen wissen und genau dieser Vierte ist es, den man erkennen sollte - und zwar altersunabhängig , denn für ihn kann das Buch zu einem wahren Lebensbegleiter werden. Oder auch einfach zu einem Buch, mit dem er sich gerne und kritisch auseinandersetzt.

So, wie es bei mir der Fall war. Einiges war mir zu extrem, Aza wurde - gerade durch ihre Busenfreundin Daisy - ganz schön in die Ecke des Freaks gedrängt, wobei das doch gerade nicht so sein wollte. Und manchmal war es mir, auch wenn es sehr "Green" war, doch ein wenig zu verwinkelt, etwas zu wirr. Dennoch eine lohnende, eine besondere Lektüre, die noch lange nachhallen wird.

Veröffentlicht am 08.12.2024

Phyllida in ihrem Element!

Der Krimidinnermord
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Nämlich Mordermittlung, ein Genre, in dem die Haushälterin der Krimilegende Agatha Christie schon zweimal ausgesprochen erfolgreich war und sich inzwischen einen gewissen Ruf erarbeitet hat - wenn auch ...

Nämlich Mordermittlung, ein Genre, in dem die Haushälterin der Krimilegende Agatha Christie schon zweimal ausgesprochen erfolgreich war und sich inzwischen einen gewissen Ruf erarbeitet hat - wenn auch nur in dem kleinen Dorf, in dem sie lebt und - wie bereits erwähnt - als Haushälterin bei Agatha Christie und ihrem zweiten Ehemann beschäftigt ist. Das Zepter liegt sicher in ihrer Hand und Agatha kann sich voll auf sie verlassen - allerdings kennen sich beide auch seit dem großen Krieg und sind einander in Freundschaft verbunden. Phyllida ist nicht gerade auf den Mund gefallen und denkt so schnell, dass manch einer nicht mitkommt. Doch nicht nur das passt zu ihrem Familiennamen Bright, sondern auch ihre leuchtend roten Haare.

Diesmal vertritt Phyllida ihre Herrschaften bei einer Einladung neuer Dorfbewohner, wo ein Mord nachgestellt werden soll. Es sollte ein heiteres Spiel werden, nur dass das Opfer - der Hausherr - tatsächlich ermordet wird.

Ganz klar, dass Phyllida dem ermittelnden Polizisten - sein Chef befindet sich gerade auf Reisen - bei den Verhören gerne zur Seite steht.

Ein unterhaltsamer Krimi, wobei sich um die ermittelnde Haushälterin Phyllida auch so manches Geheimnis rankt. Es kommt eine ganze Armee von Charakteren vor - Gäste und Personal sowie noch einige mehr, aber es lohnt sich sehr, sich auf sie und auf die Erzählkunst der Autorin Colleen Cambridge einzulassen.

Die Handlung spielt irgendwann in der Zwischenkriegszeit und hat mir auch diesmal - dies ist bereits der dritte Fall, den ich genießen durfte - Freude bereitet, wenn auch nicht so sehr wie die beiden vorherigen. Denn leider empfand ich die Auflösung schon früh als absehbar und auch einiges andere passte nicht so ganz. Dennoch im Rahmen der gesamten Reihe eine angenehme Lektüre!

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Veröffentlicht am 19.08.2024

Elisabeth erzählt

Nur nachts ist es hell
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Und zwar ihrer Großnichte, einem jungen Mädchen und füllt damit die Lücken, die nach dem ersten Band dieser Trilogie, "Wir müssen über Carl reden" entstanden ist.

Schnell entsteht der Eindruck, ...

Und zwar ihrer Großnichte, einem jungen Mädchen und füllt damit die Lücken, die nach dem ersten Band dieser Trilogie, "Wir müssen über Carl reden" entstanden ist.

Schnell entsteht der Eindruck, dass dies kein eigenständiger Roman ist, den man unabhängig von etwas lesen kann und genau das ist auch sein Manko: hätte ich ihn ohne Kenntnis des vorherigen Bandes zur Hand genommen, ich hätte so manches nicht verstanden.

Trotz der stimmungsvollen, in großen Teilen zeitgemäßen - dies ist ein historischer Roman - Schilderungen hat mir einiges gefehlt, anderes wieder war mir deutlich zu viel. Vor allem die Charaktere, mit denen die Autorin Judith W. Taschler die Seiten füllt, ebenso wie die Aufzählung historischer Fakten und Ereignisse. Beides hätte zugunsten einer klareren, fokussierteren Handlung deutlich reduziert werden können.

Dennoch hat sich der Roman für mich gelohnt, denn ich war ja mit den Figuren aus dem Vorgängerband stehen gelassen worden. Jetzt weiß ich, was mit ihnen passiert ist und empfehle das Buch trotz allem allen Leser:innen, die den "Carl" kennen oder ihn vorher noch lesen möchten. Nur eines: das Buch ist nichts für Weicheier, sowohl in Bezug auf Kriegshandlungen als auch auf medizinische Praktiken - oft hat das Eine mit dem Anderen zu tun - geht es hier ordentlich in die Vollen!

Veröffentlicht am 18.07.2024

Das Spezialgeschäft von Frau Yeom

Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen
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Das Spezialgeschäft von Frau Yeom: Oberflächlich betrachtet, ist es nichts Besonderes, es ist eins von vielen 24-Stunden Geschäften in Seoul, wo es Fertiggerichte, Getränke und anderes zu kaufen gibt. ...

Das Spezialgeschäft von Frau Yeom: Oberflächlich betrachtet, ist es nichts Besonderes, es ist eins von vielen 24-Stunden Geschäften in Seoul, wo es Fertiggerichte, Getränke und anderes zu kaufen gibt. Doch wenn man hinter die Fassade schaut, dann sieht man, dass es hier doch gewaltige Unterschiede gibt und zwar im Hinblick auf die Mitarbeiter. Denn die haben die Stelle aus unterschiedlichen Gründen bitter nötig und zwar überwiegen nicht unbedingt finanzielle Probleme. Manche müssen ganz neu zu leben lernen.

Frau Yeom, die früher als Lehrerin gearbeitet hat, geht offen, ja sogar fürsorglich auf ihre Mitmenschen zu und kann dadurch so manche Probleme lösen. Doch leider nicht immer in ihrer eigenen Familie.

Ein berührender Roman - wenn da nicht die sachliche, dabei teilweise umständliche Sprache wäre! Sie hebt das Geschehen auf eine andere Ebene. Denn vom Aufbau her wirken die einzelnen Kapitel wie Kurzgeschichten, finden sich aber ingesamt zu einer großen, übergreifenden Geschichte zusammen. Ein starkes Stück koreanische Literatur, das mich doch nicht gänzlich zu erreichen vermag.