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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2017

Sagenhaft

Der Meisterkoch
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geht es zu in dieser Geschichte über den Meisterkoch, der einen bestimmten Weg geht. Es steckt nämlich so manch Geheimnis hinter diesem Geschmacksbeherrscher, wie er schon in ganz jungen Jahren genannt ...

geht es zu in dieser Geschichte über den Meisterkoch, der einen bestimmten Weg geht. Es steckt nämlich so manch Geheimnis hinter diesem Geschmacksbeherrscher, wie er schon in ganz jungen Jahren genannt wird, auch wenn er noch einen weiten Weg vor sich hat.

Einen weiten Weg, um Kamer, seine Liebste, seinen Augenstern zu finden, wie es einem Märchen ansteht, aber nicht nur! Denn in diesem opulenten orientalischen Drama schwelgt der Leser nicht nur in sagenhaften Elementen, nein, auch historische Elemente - märchenhaft verpackt natürlich - kommen zum Tragen und geben der Geschichte zeitweise eine nahezu explosive Spannung!

Es ist mehr als ein Märchen und viel mehr als ein historischer Roman, es ist einfach etwas ganz Besonderes. Der Autor Saygin Ersin mixt auf das Geschickteste Märchenhaftes mit Elementen aus des Historie - wahren oder auch solchen, die es sein könnten. Und so wird die Geschichte des Meisterkochs zu etwas ganz Eigenem und Besonderen!

Einfach sagenhaft, wie farbenprächtig und opulent es hier zugeht! Fallenlassen und in der Geschichte schwelgen - fast auf jeder Seite eröffnen sich neue Welten mit Geschmäckern und Düften, in denen man so richtig schwelgen kann, ohne ein Ende zu finden. Ein wunderschönes opulentes Buch mit einem mehr als runden Ende, das ich von Herzen weiterempfehle!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Island-Krimi mit allem Zipp und Zapp

Kalter Trost
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Wer sich mal einen richtig saftigen isländischen Krimi mit allem Zipp und Zapp gönnen will, der sollte es mit "Kalter Trost" von Quentin Bates probieren: Zipp und Zapp bedeutet in diesem Fall: Spannung, ...

Wer sich mal einen richtig saftigen isländischen Krimi mit allem Zipp und Zapp gönnen will, der sollte es mit "Kalter Trost" von Quentin Bates probieren: Zipp und Zapp bedeutet in diesem Fall: Spannung, Originalität, eine individuelle und vor allem sehr sympathische Ermittlerin, nämlich die Kommissarin Gunhildur, genannt Gunna, die eingebettet ist in ein ebenfalls sympathisches Umfeld. Aber was vor allem hervorzuheben ist: obwohl dies hier ein richtiger Krimi mit Mord und Totschlag ist und jede Menge kriminelle Energie freigesetzt wird, kommt der Humor nicht zu kurz und zwar durchgehend.

Gunna ist gerade aus einer Kleinstadt nach Reykjavik versetzt worden, als eine ehemals bekannte Schlagersängerin ermordet wird und obendrein ein stadtbekannter Häftling, der einen Mord zu büßen hat, aus dem Gefängnis ausbricht. Die Witwe und alleinerziehende Mutter stürzt sich in die Arbeit und hat nicht nur mit widerspenstigen Zeugen und Verdächtigen, sondern zum Teil auch mit problematischen Kollegen zu kämpfen.

Ein wenig hat mich die Masse der Charaktere und natürlich der dazugehörigen isländischen Namen überwältigt und irritiert und ich hätte mir ein Personenverzeichnis gewünscht, aber das war wirklich der einzige Kritikpunkt und hat meiner Begeisterung keinen Abbruch getan.

Der Autor ist Brite mit langjähriger "isländischer Vergangenheit" - er kennt seine zweite Heimat wie seine Westentasche und das spürt der Leser. Und mehr noch, auch die Hauptperson Gunnhildur zeichnet Bates sowohl souverän als auch einfühlsam. Kurzum: wüsste man es nicht besser, man würde weder merken, dass Quentin Bates kein Isländer, noch dass er keine Frau ist, so sehr ist er in seinen Themen zu Hause.

Ein Gewinn nicht nur für die skandinavische, sondern für die gesamte europäische Krimiszene - mindestens! Allen Krimifreunden, die nicht (nur) skandinavischen Schwermut, sondern (auch) nordeuropäische Leichtigkeit schätzen, wärmstens empfohlen!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Aufräumen plus

Manchmal muss es eben Mord sein
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Elfie Ruhland räumt auf und das mit voller Überzeugung und in jeder Hinsicht. Die ältere, betuliche, immer freundlich auftretende Dame ist ganz entgegen ihrer altmodischen Art als freiberufliche Office-Managerin ...

Elfie Ruhland räumt auf und das mit voller Überzeugung und in jeder Hinsicht. Die ältere, betuliche, immer freundlich auftretende Dame ist ganz entgegen ihrer altmodischen Art als freiberufliche Office-Managerin tätig - sie wird gerufen, wenn es an der Zeit ist, Ordnung in eingefahrene Bürostrukturen zu bringen. Das tut sie auf ihre ganz persönliche Art, denn Elfie Ruhlands Stil kann man getrost als "Aufräumen plus" bezeichnen. Bürotyrannen jeglicher Art und beiderlei Geschlechts, die die Arbeitsatmosphäre vergiften und die Mitarbeiter leiden lassen, werden gleich mit aus dem Weg geräumt.

Doch Elfie hat auch ein Privatleben, das sich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auf dem Friedhof abspielt, wo sie der jungen Kommissarin Alex begegnet. Auch Alex hat ihr Päckchen zu tragen - sie ist zwar gerade mit ihrer großen Liebe Hubert zusammengezogen, doch nicht lange danach gibt es zwei weitere Mitbewohner: Huberts Tante Lydia mit ihrem verfressenen Mops Amadeus.

Das sind die Hauptpersonen, doch wird dieser lustige und durchaus ungewöhnliche Krimi durch weitere schräge Charaktere bereichert, deren Bekanntschaft zu machen sich durchaus lohnt. Liebhabern von Krimis mit Spassfaktor, wie denen der Bochumer Autorinnen Minck & Minck um Maggie Abendroth oder der in Schwäbisch Hall spielenden Reihe um den stickenden Kommissar im Ruhestand Seifferheld wird die Lektüre wärmstens ans Herz gelegt - sie hat das Potential zu einer weiteren Lieblingsserie!

Veröffentlicht am 20.12.2017

"Eines mußte man London lassen: Es gab ziemlich viel davon."

Kapital
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Dieser opulente, vielschichtige Roman handelt vom Leben in London in den Jahren 2007 und 2008, wobei sich London hier auf die Pepys Road konzentriert, eine Straße, in der sich ein buntes, die untere bis ...

Dieser opulente, vielschichtige Roman handelt vom Leben in London in den Jahren 2007 und 2008, wobei sich London hier auf die Pepys Road konzentriert, eine Straße, in der sich ein buntes, die untere bis obere Mittelschicht repräsentierendes Sammelsurium an Bewohnern und einem Kreis von weiteren Menschen, die in unterschiedlichster Form mit ihnen zu tun haben, tummelt.

Ein wenig gemahnt dieser Roman in seinem Ansatz an den Film "Short Cuts" von Robert Altman, der allerdings in L.A. spielt. Wie dort werden fragmentarische Sequenzen aus dem Leben einiger Menschen aufgeführt und wie im Film steht hier die Stadt im Hintergrund und bildet die Kulisse zur Handlung, vielmehr zu den vielschichtigen Parallelhandlungen des Romans.

Die Rentnerin Petunia, der pakistanische Lebensmittelhändler Ahmed, der Finanzhändler Roger, das hoffnungsvolle senegalesische Fußballtalent Freddy - sie alle leben im Kreise ihrer Familien in der Pepys Road, haben Träume und hegen Hoffnungen und Wünsche... und werden von unheimlichen, regelmäßig eintreffenden Karten mit der Botschaft "Wir wollen das, was Ihr habt" belästigt, denen bald ähnlich störende Aktionen folgen, um die sich das lokale Polizeipräsidium mehr oder weniger motiviert kümmert.

Doch das Leben in der Pepys Road zieht weitere Kreise: nicht nur um diese Sendungen rankt sich die Handlung: Nein, weitere Figuren, die in Zusammenhang mit dieser Straße stehen, beispielsweise der polnische Handwerker Zbigniew, das ungarische Kindermädchen Matya, Freddys Vertrauter Mickey, um nur einige zu nennen... sie alle haben ihren Auftritt, ihren Anteil an der Geschichte.

Ein tolles, pralles und monumentales Buch, das trotz der vielen darin vorkommenden Figuren nie verwirrend ist und nicht eine Länge aufzuweisen hat. Obwohl viel Alltägliches beschrieben wird, ist die hier erzählte Story voll von überraschenden Entwicklungen - es fällt wirklich schwer, die Lektüre zwischendurch zu unterbrechen.

Der Leser spürt, dass jede einzelne Seite wichtig und bereichernd ist - denn, um es mit Zbigniew, dem polnischen Handwerker zu sagen: "Eines mußte man London lassen: Es gab ziemlich viel davon"(S.541) - und zwar jede Menge pralles Leben, mit dem der Rezipient des Romans konfrontiert, durch das er mit allen Sinnen angeregt und mit Hilfe dessen er amüsiert wird. In diesem Sinne lege ich "Kapital" jedem ans Herz, der gerne einen sowohl anspruchsvollen als auch unterhaltsamen Roman, der gut geschrieben und ebenso gut übersetzt ist, zu genießen vermag.

Veröffentlicht am 20.12.2017

Echte Fründe ston zesamme,....

Sterbenswort
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so heißt es in meiner Heimatstadt Köln: wahre Freunde halten zusammen, stehn füreinander. Das haben auch die WG-Kollegen, die Studenten Kathrin, Heinrich, Erik und Amélie sowie der ständige Besucher ...



so heißt es in meiner Heimatstadt Köln: wahre Freunde halten zusammen, stehn füreinander. Das haben auch die WG-Kollegen, die Studenten Kathrin, Heinrich, Erik und Amélie sowie der ständige Besucher und gemeinsame Freund Thomas so gehandhabt - bis zu einem fürchterlichen Tag, dem Todestag von Erik, nach dem nichts mehr so wie vorher war.

Langsam, peu a peu wird die Geschichte beleuchtet und erschließt sich uns, des geneigten Lesern dieses packenden Krimis, ganz allmählich, zeitlich gesehen sowohl vor- als auch rückwärts - ein meisterhaftes Konstrukt des Autors..

Doch zunächst zur gegenwärtigen Situation: Kathrin ist nun Ärztin und Mutter einer kleinen Tochter - alleinerziehend zwar, sieht sie sich trotzdem auf der Sonnenseite des Lebens und ist mit ihrem Dasein ausgesprochen zufrieden. Auch der Jurist Heinrich hat es gut getroffen, indem er sich quasi ins gemachte Nest gesetzt und die bestens laufende Kanzlei seines Vaters übernommen hat, eine blutjunge Ehefrau und ein Haufen Geld "an den Füßen" runden sein Leben ab. Amélie und Thomas dagegen haben es bei weitem nicht so gut getroffen, doch das erfahren die ehemaligen Freunde erst, als Erik, der doch seit mehr als zehn Jahren tot ist, sich wieder zurückmeldet. Kann das sein? Vor allem Kathrin und Heinrich empfangen Signale der unterschiedlichsten Art, die ganz klar als Bedrohung zu verstehen sind und sich immer mehr verdichten, doch auch die beiden anderen geraten mehr und mehr ins Kreuzfeuer von Erik oder jemandem, der sich für ihn ausgibt. Stehen die Freunde immer noch zusammen, vereinen sie sich in dieser Notlage?

Siegfried Langers Schreibstil ist reduziert und zurickhalten und dadurch umso sprachgewaltiger. Bis ins Mark trifft er den Leser mit jedem Schritt, den er sowohl vor- als auch zurückgeht, mit jedem neuen Detail, das sich uns erschließt. Ein eher unblutiger Berliner Krimi bzw. Thriller - aus meiner Sicht beinhaltet das Werk Elemente beider Genres und kann - ja, sollte - von Freunden des klassischen Whodunnit genauso wie von Thrillerfans genossen werden. Obwohl der Handlungsaufbau eher subtil ist, ist das Buch von einer Spannung durchzogen, die sich sukzessive steigert und verdichtet. Ich finde, dieses Buch sollte Krimi- und Thrillerfreunden, die des Deutschen nicht mächtig sind, nicht vorenthalten werden - es schreit geradezu nach Übersetzungen in die wichtigsten Sprachen Europas! Ich kann nur Daumen drücken und hoffen, dass meinen Freunde und Thriller-Liebhabern in Skandinavien, im angelsächsischen Raum und in Osteuropa dieses Werk nicht vorenthalten bleibt - gerade den Skandinaviern, die ja mit einer nicht unwesentlichen Menge an ausgezeichneter Kriminalliteratur aufwarten können, würde ich das "Sterbenswort" gerne als ein Juwel aus deutscher Feder präsentieren!