Bei Lovelybooks habe ich diesen Roman zur Buchverfilmung mit Donald Sutherland und Helen Mirren gewonnen. Ich war schon sehr gespannt auf diese Geschichte, in der es um ein über 80-jähriges Ehepaar geht, dass sich auf eine allerletzte Reise in ihren Oldtimer-Wohnmobil "The Leisure Seeker" aufmacht. Ihre Kinder und die Ärzte sind absolut dagegen, denn Ella hat Krebs und John leidet an schwerer Demenz.
Was mir gleich aufgefallen ist, obwohl ich den Film nicht gesehen habe, sondern mir nur den Trailer dazu angeschaut habe ist, dass sich im Buch und Film das Ziel der Reise, als auch die Strecke komplett unterscheiden. Während sich John und Ella im Film entlang der Ostküste von Boston bis nach Florida auf den Spuren von Ernest Hemingway begeben und in Key West sein Haus anschauen wollen, fahren die Beiden im Buch auf der Route 66 von Chicago nach Kalifornien.
Dabei finde ich eigentlich die Idee im Film besser, denn warum das alte Ehepaar Disneyland als Ziel gewählt hat, war mir nicht wirklich klar.
Die Route 66 ist wohl den meisten ein Begriff. Dass es sie eigentlich gar nicht mehr vollständig gibt und befahrbar ist, war mir nicht bekannt und finde ich sehr schade. Die verfallenen Raststätten und die heruntergekommenden Orte entlang der berühmten Straße, die flirrende Hitze und der Staub, die trockene und öde Landschaft - all das verbreitet eine eher trostlose Stimmung im Roman. Dazu kommt natürlich auch die schwere Krebserkrankung von Ella und die Demenz von John. Trotzdem schwingt immer wieder ein Schuss Humor mit, den Ella ist trotz ihrer Krankheit ein toughe Frau, die auch schwierige Situationen, wie einen Überfall, meistert.
Der Roadtrip der beiden alten Menschen besteht größtenteils aus Aneinanderreihungen von denselben Begebenheiten oder ähnlichen Ereignissen. Auf dem Weg nach Santa Monica machen die Beiden, mit einer Ausnahme, immer wieder auf Campingplatzen Halt, wo sie auf ihrer Leinwand Fotos von früheren Reisen mit ihrem Wohnmobil anschauen. Für Ella ist es eine schöne Erinnerung an ihr gemeinsamen Leben und die Kinder. Außerdem gedenkt sie an gemeinsame Reisen mit bereits verstorbenen besten Freunden. Ella möchte aber auch mit den Bildern Johns Erinnerung überprüfen und ihn immer wieder an seine Kinder und schöne gemeinsame Momente erinnern. Die starke Persönlichkeit von Ella trägt die beiden dabei durch die Handlung.
Die gesamte Reise ist nicht nur wegen des Settings sehr amerikanisch, sondern mir fällt bei US-Autoren immer wieder auf, wie anders wir hier eigentlich in Europa leben bzw. wie uns die Amerikanierung immer mehr und mehr einholt. Ich fragte mich während der Lektüre, ob es in den USA eigentlich nichts anderes als Burger zu essen gibt. Man wird zwar darauf hingewiesen, dass Burger Johns Lieblingsessen ist und er darauf besteht. Bei Demenzkranken ist eine tägliche Routine sehr wichtig...doch muss man diese Besuche in Burgerketten immer wieder und vorkauen? Ich finde auch, dass Johns Demenzerkrankung zu leicht dargestellt wird. Wenn ich an meine verstorbene Mutter denke, die noch keine schwere Demenz, aber ab und zu richtige Aussetzer hatte, wo sie vollkommen in eine andere Welt abtauchte, mit Johns Verhalten vergleiche, kommt die Krankheit hier für einen schwer Demenzkranken zu leicht daher.
Die beiden Hauptprotagonisten sind sehr liebevoll beschrieben, wirken lebendig und authentisch. Ella ist eine patente Frau mit einem großen Herz und viel Mitgefühl für andere Menschen. Ihren sarkastischenr Humor mochte ich sehr. John hat hingegen keine Ahnung von Ellas schweren Krankheit. Für ihn ist es einfach nur eine weitere Reise mit dem Wohnwagen, wie er sie die letzten Jahrzehnte immer wieder gemacht hat. Die Liebe zwischen den beiden ist trotz ihrer Krankheit greifbar. Auch wenn John nicht immer den Namen seiner Frau weiß, erkennt er in ihr seine Geliebte.
Ellas Wunsch für diese Reise konnte ich nachvollziehen. Mit der ansteigenden Zahl an gefahrenen Kilometern, schwinden die Kraftreserven besonders von Ella immer mehr und ich habe bei ihren Beschwerden mitgelitten. Das Ende war für mich zwar traurig, aber stimmig. Trotzdem hat mir das gewisse Etwas gefehlt.
Mir hat der Roman gefallen, aber richtig berührt hat er mich leider nicht. Das lag vorallem an den immer wiederkehrenden Aneinanderreihungen gleicher Begebenheiten, das "zu Amerikanische" und manche Ungereimtheiten. Außerdem plätscherte mir die Handlung einfach zu viel dahin.
Schreibstil:
Der Schreibstil des Autoren ist leicht und flüssig zu lesen. Die Kapitel sind eher kurz gehalten und sind nach der Reiseroute von Ella und John angeordnet. So begleitet man die Beiden von einem Bundesstaat zum nächsten bis sie in Disneyland ankommen. Die Dialoge zwischen John und Ella sind liebevoll, heiter, aber auch zornig und deprimierend.
Eine Karte mit den Etappen im Buch wäre ebenfalls nett gewesen.
Fazit:
Leider konnte mich die eigentlich rührende Geschichte nicht ganz abholen. Es ist ein leiser Roman ohne große Höhen und Tiefen, der trotzdem die Empfindungen von Ella sehr gut widerspiegelt. Bei mir kamen die Emotionen dennoch nur teilweise an und der ganze Roman war mir etwas "zu amerikanisch" (aufgebauscht).