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Veröffentlicht am 02.02.2018

Wenn man von der Vergangenheit eingeholt wird

Museum der Erinnerung
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Einen beneidenswerten Arbeitsplatz hat die Engländerin Cathy - sie ist nämlich Konservatorin am Museum für Naturkunde in Berlin. Und nicht nur darum ist sie zu beneiden, sondern auch um ihren Freund, den ...

Einen beneidenswerten Arbeitsplatz hat die Engländerin Cathy - sie ist nämlich Konservatorin am Museum für Naturkunde in Berlin. Und nicht nur darum ist sie zu beneiden, sondern auch um ihren Freund, den Amerikaner Tom, selbst ein erfolgreicher Wissenschaftler, der ihretwegen die Staaten verlassen und ihr in die Hauptstadt Deutschlands gefolgt ist. Und nun soll sie für ihre Forschungen geehrt werden, befindet sich also am Zenit ihres Erfolges.

Also alles in Butter? Ein Leben wie Cathy - das wünschen Sie sich auch? Ich warne Sie, es ist nicht alles so, wie es scheint - Cathys Kindheit und Jugend war alles andere als rosig. Vor allem einen ganz, ganz dunklen Flecken gibt es darin, einen Zeitpunkt, an dem sich alles änderte - in der Familie, mit den Freunden. Auch im "Damals" gab es einen Mann, mit dem Cathy eng verbunden war, Daniel nämlich.

Vor vier Jahren endete diese Zeit - sehr abrupt, durch den Fortgang Cathys. Am Tag ihrer Ehrung erhält sie jedoch ein Päckchen, das aus ihrer tiefsten Vergangenheit zu kommen scheint und es bringt so einiges in ihr durcheinander. Kann es wirklich sein, dass diese Sendung ihr Leben so beeinflusst.

Ein Tag - ein Leben. Eigentlich dreht sich alles nur um diesen einen Tag im Naturkundemuseum, doch es geht um Cathys Leben als solches. Um ihre Vergangenheit und um ihre Zukunft. Um existenzielle Fragen - solche nach Schuld, Verpflichtung, Verantwortung, Sühne, Treue, Freundschaft, Liebe.

Große Begriffe, die genannten. Doch die junge Autorin Anna Stothard schafft es, sie alle mit Leben zu füllen, ohne auch nur ansatzweise pathetisch zu werden. Im Gegenteil, ihre "großen Worte" lesen sich überaus unterhaltsam, in einem Zug ist man durch mit diesem spannungsreichen, dabei alles andere als oberflächlichen Roman. Während der Lektüre habe ich mich oft gefragt, wie ich denn handeln würde, denn oft denkt man als Rezipient, dass Cathy sich gerade ihr eigenes Grab schaufelt. Aber am Ende des Romans konnte ich nicht anders, als zuzugeben, dass ich möglicherweise genauso gehandelt hätte. Denn das, was Cathys Leben geprägt hat, ist so stark, so heftig, dass man ihr keine Anweisungen erteilen kann, wenn man es nicht selbst erlebt hat.

Ein Roman, in dem sich vieles - ja das meiste - im Inneren der Charaktere abspielt. Gleichzeitig ist es aber auch ein wirklich toller Berlin-Roman aus einer eher ungewohnten Perspektive. Unbedingt lesenswert für alle, die nach einer richtig süffigen Lektüre lechzen!

Veröffentlicht am 02.02.2018

Ein Kaufhaus, das ich gerne mal besucht hätte

Das Haus der schönen Dinge
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nämlich das fiktive "Hirschvogl" und seine Eigentümer, die gleichnamige jüdische Familie, stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Romans und zwar gleich über mehrere Generationen hinweg. Wir erleben das ...

nämlich das fiktive "Hirschvogl" und seine Eigentümer, die gleichnamige jüdische Familie, stehen im Mittelpunkt des vorliegenden Romans und zwar gleich über mehrere Generationen hinweg. Wir erleben das Auf der späten Kaiserzeit, in die auch das erste Ab fällt, dann geht es noch ein paar Mal im Achterbahnmodus rauf und runter, bis - man kann es sich leider ganz klar vorstellen - in der Zeit des Dritten Reiches - sich das Schicksal der Familie und das des Kaufhauses endgültig voneinander trennen.

Gut, das Hirschvogl gab es nicht, aber Hertie und Ludwig Beck, die in diesem Roman auch Erwähnung finden und es ist unglaublich spannend, diese fiktive, aber absolut realistische Darstellung in literarischer Form zu verfolgen. Zumal alle Charaktere so plastisch sind, als würde mal einen Film sehen.

Eine absolute Stärke der Autorin: die Figuren sind allesamt eindringlich gezeichnet, man sieht sie quasi vor sich, jede davon hinterlässt ihre ganz eigene Duftmarke. Dabei sind längst nicht alle sympathisch, auch die Protagonistin Lily, vor allem jedoch ihre arischen Freunde, sind aus meiner Sicht nicht oder zumindest nicht durchgängig Sympathieträger. Doch das macht nichts bzw. macht gerade dies den Reiz des Buches aus, verkörpern sie doch Eigenschaften, durch die man als Leser die jeweils beschriebene Epoche sehr intensiv vermittelt bekommt. Das wird unterstützt durch die vielen liebevollen Details die auf sorgfältigste Recherchen schließen lassen.

Es ist in jeder Hinsicht ein gewichtiges Buch, eines, das sehr viele Informationen beinhaltet, sehr viele Erzählstränge ineinander verwebt. So ist es nur allzu gut nachzuvollziehen, dass einige wenige davon nicht ganz "aufgedröselt" werden. Trotzdem ist das ein bisschen traurig, denn man kommt den Figuren sehr nahe und das macht neugierig auf die Hintergründe. Im Vergleich zu den Vorgängerromanen "Spiel der Hoffnung" und "Tanz des Vergessens" hat es mich diesmal durchaus ein wenig gestört, denn es waren beileibe nicht nur die ganz nebensächlichen Figuren, deren Schicksal sich verlor oder auch nur angedeutet wurde.

Also nicht ganz so spitze wie meine bisherige Lektüre aus der Feder von Heidi Rehn, dennoch hat es sich unbedingt gelohnt, denn neben einer packenden Geschichte gibt es noch zeitgeschichtliche Fakten - diesmal gleich aus mehreren wichtigen Epochen der deutschen Geschichte - rund 60 Jahre werden hier abgedeckt. Zu keiner Zeit war es langweilig, im Gegenteil: sowas wie Längen gibt es bei Heidi Rehn nicht und das trotz der über 600 Seiten! Also ein Schmöker im besten Sinne, den man auch gut am Strand oder im Zug lesen kann. Aber vorher die Wertsachen gut sichern, denn zu leicht kann es passieren, dass man alles um sich herum vergisst!

Veröffentlicht am 02.02.2018

Zwei hellwache Schwestern im besten Alter

Der Gärtner war's nicht!
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nämlich Ü60, sind die Heldinnen der neuen Reihe von Tatjana Kruse: die Journalistin Konny und Krimhild, Witwe des Kommodore (nach der Lektüre wissen Sie Genaueres über ihn). Und wer die Autorin kennt, ...

nämlich Ü60, sind die Heldinnen der neuen Reihe von Tatjana Kruse: die Journalistin Konny und Krimhild, Witwe des Kommodore (nach der Lektüre wissen Sie Genaueres über ihn). Und wer die Autorin kennt, der weiß, dass sie sogenannte Cosy-Krimis schreibt, Krimis der eher beschaulichen Art. Trotzdem sollte man beim Lesen aufpassen, nämlich vor allem darauf, dass man vor Lachen nicht vom Sofa rutscht, an Originalität und Humor ist die Autorin nämlich nicht zu übertreffen. Nach dem schwäbischen, auch schon in Rente befindlichen Kommissar Siggi Seifferheld und der zwar noch mit beiden Beinen im Berufsleben stehenden, aber nicht mehr superjungen Opernsängerin Pauline Miller nun also zweieiige Zwillingsschwestern, die in einem geerbten Haus eine Pension eingerichtet haben, die nun, nach gut einem Jahr, zum ersten Mal ausgebucht ist.

Vor allem mit Mitgliedern einer Rockband, aber dazu noch mit weiteren Herren ganz spezieller Couleur - und dann hält auch noch der Tod - und zwar in durchaus brutaler Weise - Einzug. Da sind Konny, Krimhild und nicht zuletzt ihr Faktotum Herr Hirsch, ein vom Leben gebeutelter ehemaliger Bankangestellter, gefordert! Oder war es am Ende einer von ihnen. Denn jeder Hausbewohner - aber wirklich jeder - hatte einen Grund bzw. eine Option (wenn auch längst nicht alle gleich stichhaltig waren), diesen Mord zu begehen.

Dazwischen passiert eine Menge Verwirrendes, vor allem jedoch Unterhaltsames und wie nicht anders von Tatjana Kruse gewöhnt, wird jeder, aber auch wirklich jeder Erzählstrang aufgedröselt und zwar ganz besonders genüsslich!

Wieder ein toller, unterhaltsamer Krimi mit jeder Menge Alleinstellungsmerkmalen, wie wir es von Tatjana nicht anders kennen. Konny, Krimhild und Herr Hirsch sind einfach nicht zu toppen! Ich bin wieder begeistert und freue mich auf ihr nächstes Abenteuer, wen auch immer es diesmal treffen wird. Obwohl schon im besten Alter, wünsche ich den Dreien noch ein mehr als langes Leben - in zahlreichen Bänden dieser neuen, wunderbaren Serie!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Das Wandern ist des Vaters Lust

Acht Berge
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und zwar das der ganz sportlichen Art, nämlich das Bergsteigen und deswegen verschlägt es Pietro bereits in jungen Jahren regelmäßig aus dem urbanen Mailand ins ursprüngliche Monte Rosa, wo er mit seinen ...

und zwar das der ganz sportlichen Art, nämlich das Bergsteigen und deswegen verschlägt es Pietro bereits in jungen Jahren regelmäßig aus dem urbanen Mailand ins ursprüngliche Monte Rosa, wo er mit seinen Eltern den ganzen Sommer verbringt. Und bald schon Bruno kennenlernt, der ein ganz anderes Leben führt als er selbst. Nämlich eines, das sich ganz und gar in Grana, einem winzigen Dorf abspielt. Und auch die Familienverhältnisse sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können.

Italien wird hier mal ganz anders präsentiert. Gelati? Strand? Gigolos? Liebesschnulzen? Pizza?
Fehlanzeige! Wenn Sie dieses Italien suchen (und auch finden) wollen, dann ist dies definitiv der falsche Roman für Sie. Aber wenn Sie erfahren wollen, wie Italien auch sein kann sowie ganz andere Italiener als die üblicherweise bekannten kennenlernen möchten, dann sind Sie hier richtig.

Ein stiller Roman? Nein, so empfinde ich eigentlich nur, wenn ihn mit den üblichen Italien-Klischees vergleiche. Er ist nicht laut, aber er ist vor allem kraftvoll und eindringlich in seiner Darstellung des Menschen in der Natur und der gegenseitigen Bedeutung füreinander. Eine wunderbare Sprache ist es, die Paolo Cognetti für seine Schilderungen findet und die auch in der Übersetzung meiner Ansicht nach sehr stark und poetische auf eine klare Art wirkt. Dass dieses Buch 2016 des Premio Strega, des italienischen Literaturpreises für würdig befunden wurde, wundert mich nicht!

Auf jeden Fall ein sehr besonderer Roman, in dem die Frage, ob man eine Wahl hat, wiederholt eine Rolle spielt. Auch Freundschaft, Verpflichtungen, die Wirkung, die Herkunft auf das weitere Leben hat, sowie familiäre Beziehungen spielen eine Rolle. Ein Buch für Freunde anspruchsvoller Literatur, die Lust auf etwas Ungewöhnliches aus Italien haben!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Eine komplizierte Liebesgeschichte

Der Herzschlag deiner Worte
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Eine? Da kann die Autorin Susanna Ernst bestimmt nur müde lächeln, denn in ihrem Buch haben sich eine ganze Reihe von Kandidaten für komplexeste Beziehungen versammelt - die sich durchaus auch mal überlappen!

Alex ...

Eine? Da kann die Autorin Susanna Ernst bestimmt nur müde lächeln, denn in ihrem Buch haben sich eine ganze Reihe von Kandidaten für komplexeste Beziehungen versammelt - die sich durchaus auch mal überlappen!

Alex jedenfalls ist ein junger Vater, ein alleinerziehender zudem, der ein Kind von einer Frau bekommen hat, mit der er nie richtig zusammen war. Wobei - das ist fast einfach gegen das, was seine Eltern zu bieten haben - zu bieten hatten, muss man leider sagen, denn sein Vater Vince ist bereits verstorben und das im zarten Alter von 53 Jahren.

Nur gut, dass Alex' Schwester Cassie auf der Beerdigung ihres Vaters die Liebe ihres Lebens trifft. Und glauben Sie mir, das ist im Vergleich zu dem, was sich sonst noch so abspielt, noch überaus zahm und übersichtlich - und klar!

Sie glauben es mir nicht? Dann lassen Sie sich auf dieses Buch ein, Sie werden es nicht bereuen. Denn dank der herzerfrischenden Schilderungen von Susanna Ernst ist alles dann doch sehr gut nachvollziehbar und zeitweilig zwar geheimnisvoll, aber niemals irritierend. Und auch nicht kitischig! Auch wenn es jede Menge Verbindungen aufzudecken gibt, die sich beileibe nicht nur auf der Erde abspielen.

Wagen Sie es, gönnen Sie sich das Buch, ich schwöre: es irritiert wenn, dann nur ganz, ganz kurz und wenn Sie sich dann ausgeweint, ausgelacht und anderweitig "ausgetobt" haben, werden Sie das Buch mit einem wohlig-warmen Gefühl aus der Hand legen - natürlich erst, nachdem Sie es beendet haben, denn DAS werden Sie sich nicht entgehen lassen wollen. Die warmherzigste Familiengeschichte nämlich, die Sie seit Menschengedenken gelesen haben!