Wenn man von der Vergangenheit eingeholt wird
Museum der ErinnerungEinen beneidenswerten Arbeitsplatz hat die Engländerin Cathy - sie ist nämlich Konservatorin am Museum für Naturkunde in Berlin. Und nicht nur darum ist sie zu beneiden, sondern auch um ihren Freund, den ...
Einen beneidenswerten Arbeitsplatz hat die Engländerin Cathy - sie ist nämlich Konservatorin am Museum für Naturkunde in Berlin. Und nicht nur darum ist sie zu beneiden, sondern auch um ihren Freund, den Amerikaner Tom, selbst ein erfolgreicher Wissenschaftler, der ihretwegen die Staaten verlassen und ihr in die Hauptstadt Deutschlands gefolgt ist. Und nun soll sie für ihre Forschungen geehrt werden, befindet sich also am Zenit ihres Erfolges.
Also alles in Butter? Ein Leben wie Cathy - das wünschen Sie sich auch? Ich warne Sie, es ist nicht alles so, wie es scheint - Cathys Kindheit und Jugend war alles andere als rosig. Vor allem einen ganz, ganz dunklen Flecken gibt es darin, einen Zeitpunkt, an dem sich alles änderte - in der Familie, mit den Freunden. Auch im "Damals" gab es einen Mann, mit dem Cathy eng verbunden war, Daniel nämlich.
Vor vier Jahren endete diese Zeit - sehr abrupt, durch den Fortgang Cathys. Am Tag ihrer Ehrung erhält sie jedoch ein Päckchen, das aus ihrer tiefsten Vergangenheit zu kommen scheint und es bringt so einiges in ihr durcheinander. Kann es wirklich sein, dass diese Sendung ihr Leben so beeinflusst.
Ein Tag - ein Leben. Eigentlich dreht sich alles nur um diesen einen Tag im Naturkundemuseum, doch es geht um Cathys Leben als solches. Um ihre Vergangenheit und um ihre Zukunft. Um existenzielle Fragen - solche nach Schuld, Verpflichtung, Verantwortung, Sühne, Treue, Freundschaft, Liebe.
Große Begriffe, die genannten. Doch die junge Autorin Anna Stothard schafft es, sie alle mit Leben zu füllen, ohne auch nur ansatzweise pathetisch zu werden. Im Gegenteil, ihre "großen Worte" lesen sich überaus unterhaltsam, in einem Zug ist man durch mit diesem spannungsreichen, dabei alles andere als oberflächlichen Roman. Während der Lektüre habe ich mich oft gefragt, wie ich denn handeln würde, denn oft denkt man als Rezipient, dass Cathy sich gerade ihr eigenes Grab schaufelt. Aber am Ende des Romans konnte ich nicht anders, als zuzugeben, dass ich möglicherweise genauso gehandelt hätte. Denn das, was Cathys Leben geprägt hat, ist so stark, so heftig, dass man ihr keine Anweisungen erteilen kann, wenn man es nicht selbst erlebt hat.
Ein Roman, in dem sich vieles - ja das meiste - im Inneren der Charaktere abspielt. Gleichzeitig ist es aber auch ein wirklich toller Berlin-Roman aus einer eher ungewohnten Perspektive. Unbedingt lesenswert für alle, die nach einer richtig süffigen Lektüre lechzen!