Sage ist nach Nevada gezogen, um dort zu studieren und vor ihrer Vergangenheit zu fliehen. Doch ihre Angst ist allgegenwärtig und die Erinnerungen verfolgen sie auf Schritt und Tritt. Des Weiteren hat sie kein Geld, um sich eine Wohnung zu leisten und niemanden, mit dem sie reden kann – nicht, dass sie überhaupt schon mal mit jemanden über das Geschehene gesprochen hätte – das hatte er ihr verboten.
Sage ist glücklich, als sie einen Job in der Uni-Bibliothek bekommt, bei dem sie keinen Menschenkontakt hat. Doch dann stellt sich heraus, dass Luca mit ihr dort zusammenarbeiten muss. Auf engstem Raum mit einem Mann, der auch noch düster wirkt und tätowiert ist. Das ist der absolute Albtraum für Sage und ihre Nerven liegen blank. Aber wenn sie den Job nicht verlieren will – was sie sich nicht leisten kann – muss sie über sich hinauswachsen und sich ihren Ängsten stellen. Dabei findet sie heraus, dass Luca nicht so ist, wie sie zuerst dachte und er ganz andere Gefühle als Angst in ihr auslöst.
„Berühre mich. Nicht.“ von Laura Kneidel ist der erste Teil der „Berühre mich nicht-Dilogie“ und ist im Oktober 2017 als Taschenbuch und als eBook erschienen.
Die Geschichte wird aus Sage‘ Sicht in der ersten Person geschildert. Ihre Gedanken und Ängste sind so von Anfang an für den Leser greifbar, auch wenn das ganze Ausmaß der vergangenen Ereignisse nicht erwähnt wird, sondern immer nur bruchstückhafte Erinnerungsfetzen beschrieben werden. Dennoch kann man sich ein gutes Bild davon machen, was Sage erleiden musste und weswegen sie so panisch auf andere Menschen – vor allem Männer – reagiert.
Sehr positiv an diesem Buch empfinde ich die langsame Entwicklung und Veränderung von Sage. Oftmals geht die Wandlung von so traumatisierten Personen in Büchern viel zu schnell, sobald sie den/die Richtige(n) getroffen haben, so dass es nicht authentisch wirkt. Sage dagegen macht winzige Fortschritte, nur um danach wieder einen herben Rückschlag wegstecken zu müssen, von dem sie sich dann erstmal erholen muss, bevor sie weiter an sich arbeiten kann. Ihre Beziehung zu Luca baut sich sehr langsam auf und der Leser erlebt jeden ihrer Zweifel, Hoffnungsschimmer, Rückschläge hautnah mit.
Nachteil an dieser langsamen Entwicklung ist eventuell für den Leser, dass sich die Ereignisse etwas ziehen und gerade in der Beziehung von Luca und Sage nicht viel passiert.
Durch die Ich-Erzählperspektive bleiben die Gefühle und Gedanken der anderen Charaktere etwas im Hintergrund. Sage hat zwar eine gute Beobachtungsgabe, aber die Autorin hat Luca sehr unnahbar und undurchschaubar gestrickt, so dass man seine Gefühlswelt nur schwer fassen kann. Das empfinde ich als schade, weil dadurch doch einiges verloren geht.
Der Schreibstil ist flüssig, eher einfach, aber gut zu lesen. Man taucht gleich von Beginn an in Sage‘ Welt ein und lebt, leidet, liebt mit ihr. Durch Dialoge hat der Leser die Möglichkeit, die Gedanken und Gefühle der anderen Charaktere in einer Geschichte mit Ich-Erzählperspektive besser kennenzulernen. Nur leider sind weder Sage noch Luca sehr gesprächig, so dass die Dialoge hier sehr knapp ausfallen und nicht viel preisgeben.
Wie so oft im NewAdult-Bereich erfüllen sich auch hier sämtliche Klischees: Bad Boy, der eigentlich selber zu tiefst verletzt ist und deswegen seinen weichen Kern hinter Tattoos und einer grimmigen Fassade versteckt, graues Mäuschen, das den Bad Boy begehrt, eine allerbeste Freundin, mit der man über alles reden kann, nur nicht über das eine, was einem das Leben schwermacht und zu guter Letzt die fehlende Kommunikation der Protagonisten, was dann in einem riesigen Konflikt endet. Wobei „endet“ es hier ganz gut trifft, denn dieser erste Teil der Geschichte endet mit einem blöden, mal wieder unnötigen Cliffhanger. Aber zum Glück habe ich ja mit dem Lesen des ersten Teils gewartet, bis der zweite Teil erschienen ist.
Das Cover ist ein Eyecatcher durch die Rauten. Ansonsten empfinde ich es eher als nichtssagend. Es gibt keinerlei Hinweise auf die Geschichte.
Fazit:
Sage‘ Geschichte wird gut und sehr gefühlvoll erzählt, allerdings bleiben die anderen Charaktere zu unscharf. Der Cliffhanger wäre nicht nötig gewesen.