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Veröffentlicht am 29.12.2017

Die zwei Gesichter des Nicolai G.

Das Gold des Lombarden
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Köln 1423:
Dass der lombardische Geldverleiher Nicolai Golatti mit der schönen Aleydis de Bruinker eine sehr viel jüngere Frau geheiratet hat, führte schon zu Gerede, aber die Eheleute sind sich sehr zugetan ...

Köln 1423:
Dass der lombardische Geldverleiher Nicolai Golatti mit der schönen Aleydis de Bruinker eine sehr viel jüngere Frau geheiratet hat, führte schon zu Gerede, aber die Eheleute sind sich sehr zugetan und glücklich miteinander. Allerdings währt das Eheglück nicht sehr lange, denn eines Tages wird Nicolai erhängt aufgefunden. Aleydis glaubt nicht an einen Freitod ihres Gemahls. Zusammen mit dem Gewaltrichter Vinzenz van Cleve versucht sie, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, und das ist nicht einfach. Noch problematischer wird die Angelegenheit, als Aleydis erfahren muss, dass ihr fürsorglicher, liebevoller Gemahl auch noch eine andere, eine dunkle Seite hatte. Das, was sie innerhalb kurzer Zeit über Nicolai erfährt, bringt ihr Weltbild gewaltig aus dem Lot. Sie weiß nicht, wem sie überhaupt noch vertrauen kann. Aus Vinzenz van Cleve wird sie nicht schlau, denn er hilft ihr zwar und führt die Ermittlungen zu Nicolais Todesfall durch, aber die beiden Geldverleiher waren geschäftlich erbitterte Konkurrenten.
Petra Schier schreibt unvergleichlich lebendig und fesselnd, dabei ist ihre Sprache nicht zu modern und auch nicht zu alt, so dass sie gut zu der Geschichte aus dem 15. Jahrhundert passt und man doch alles gut verstehen kann. Die Ereignisse sind so dicht in die Handlung gepackt, dass keinen einzigen Moment Langeweile aufkommt.
„Das Gold des Lombarden“ ist der erste Band einer neuen Reihe. Wie schon die Reihe um die Apothekerin Adelina, so spielt auch dieser Roman in Köln. Da es ein ausführliches Namensverzeichnis im Buch gibt, gelingt der Einstieg leicht, und die neuen Charaktere werden schnell vertraut. Aleydis ist eine sympathische junge Frau, die plötzlich aus ihrer heilen Welt gerissen und mit einer Seite des Lebens konfrontiert wird, von der sie bisher nichts ahnte. Ihre Erfahrungen lassen sie stark werden. Sie macht in der Geschichte eine enorme Entwicklung durch, und es ist interessant, sie dabei zu begleiten. Auch Vinzenz van Cleve, der auf den ersten Blick so kühl, dunkel und unnahbar wirkt, offenbart mit der Zeit sein wahres Wesen. Es ist sehr interessant, immer wieder Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten zu erhalten, und dadurch kann man mit der Zeit auch deren Beweggründe besser nachvollziehen.
Was mir auch hier wieder ausgesprochen gut gefällt, ist die Verknüpfung zu anderen Geschichten, die man von der Autorin schon kennt. So tauchen in der Handlung einige Nebencharaktere auf, die ich bereits aus den Adelina-Bänden kannte. Solche Verbindungen schaffen immer ein besonderes Gefühl von Nähe.
Meines Erachtens ist Petra Schier hier wieder ein fesselnder Auftakt gelungen, der neugierig auf eine baldige Fortsetzung macht. Darauf freue ich mich jetzt schon, denn über die liebenswerte und kluge Aleydis, ihre Familie und Freunde gibt es sicher noch viel zu erzählen.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Ein historischer Krimi, toll geschrieben und spannend von der ersten bis zur letzten Seite.

Hostienfrevel
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„Hostienfrevel“ ist der zweite Band um die sympathische und kluge Begine Serafina. Schon der erste Band „Das Aschenkreuz“ hat mir sehr gefallen und mich neugierig gemacht, denn es gibt um Serafina noch ...

„Hostienfrevel“ ist der zweite Band um die sympathische und kluge Begine Serafina. Schon der erste Band „Das Aschenkreuz“ hat mir sehr gefallen und mich neugierig gemacht, denn es gibt um Serafina noch so manches Geheimnis, das gelüftet werden will. Meine Erwartungen in diese Fortsetzung wurden voll und ganz erfüllt. Auch diesmal gerät Serafina wieder in verzwickte Situationen, denn ihr wacher Verstand verbietet ihr, so manches Gerücht, das sich in Windeseile verbreitet, als Wahrheit anzuerkennen. Auf der Suche nach den wirklichen Schuldigen am Hostienfrevel und am Tod des alten Kreuzbruders betreibt sie Nachforschungen auf eigene Faust. Sie ist von der Unschuld der Juden überzeugt, denen man die Tat in die Schuhe schieben will. Hinter diesem plötzlichen Judenhass vermutet sie andere Gründe, denen sie auf die Spur kommen möchte. Bei ihren Nachforschungen kommt ihr zugute, dass auch Meisterin Catharina von der Unschuld der jüdischen Freiburger überzeugt ist. Ihre Ermahnungen, Serafina solle sich aus der Angelegenheit heraushalten, erfolgen daher nur halbherzig. Dafür macht ihr Serafina das Verhalten des Stadtarztes Achaz Kummer, denn dieser benimmt sich ihr gegenüber sehr seltsam, und sie hat den Eindruck, dass er ihr einiges verschweigt.
Neben den äußerst spannenden Ermittlungen zu diesem mittelalterlichen Kriminalfall erfährt man im Roman so einiges über Serafinas Vergangenheit. Ihr Schicksal ist sehr einfühlsam dargestellt, und schnell wird klar, wieso die mutige Begine sich so für Gerechtigkeit einsetzt, denn ihr selbst ist in der Vergangenheit so viel Unrecht widerfahren!
Auch das gemeinschaftliche Leben der Beginen wird ausführlich geschildert, so dass man sich sehr gut in die damalige Zeit versetzen kann. Auch dieser zweite Band war spannend von der ersten bis zur letzten Seite, und ich bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung, die glücklicherweise schon bereit liegt.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Der Schneekristallforscher

Der Schneekristallforscher
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1887: Wilson Bentley hat eine außergewöhnliche Leidenschaft: er sammelt Schneeflocken.
Die meisten Einwohner des kleinen Ortes Jericho, nahe der Green Mountains, leben von der Landwirtschaft und haben ...

1887: Wilson Bentley hat eine außergewöhnliche Leidenschaft: er sammelt Schneeflocken.
Die meisten Einwohner des kleinen Ortes Jericho, nahe der Green Mountains, leben von der Landwirtschaft und haben kein Verständnis für derartige „Spinnereien“, wie sie es nennen. Sie betrachten Wilson als Sonderling, denn von Schneeflocken und deren Betrachtung kann man nicht leben. Auch seine eigene Familie, besonders sein Vater und sein Bruder, reagieren mit Unmut auf seine Forschungen. Nur bei der jungen Lehrerin Mina aus New York findet er Verständnis. Sie zeigt Interesse an seiner Arbeit und den Fotografien, die er, mit Hilfe eines Mikroskops, von den filigranen Schneekristallen macht, und sie ist fasziniert von seiner Art, die Dinge zu betrachten. Langsam entwickelt sich eine tiefe Zuneigung zwischen Wilson und der jungen Lehrerin. Sie führen tiefsinnige Gespräche über Gott und die Welt. Wilson findet Gott nicht in der Kirche, sondern er begegnet ihm in der Natur, was Mina auch gut nachvollziehen kann.
Aber dann muss die junge Frau plötzlich zurück nach New York und hinterlässt Wilson einen liebevollen Abschiedsbrief. Wilson kann sich nicht damit abfinden, dass Mina für immer aus seinem Leben verschwunden sein soll. Bei der nächsten Gelegenheit, die sich ihm bietet, beschließt er, sie in New York zu suchen, ein schwieriges Unterfangen, wie er schnell feststellen muss, aber er kämpft beharrlich um sein Glück.

Mit Wilson und Mina hat diese wundervolle Erzählung ein äußerst sympathisches Protagonistenpaar. Beide Charaktere sind sehr liebevoll beschrieben.
Wilson Bentley ist keine Erfindung des Autors, sonder er hat wirklich gelebt und die Schneekristalle erforscht. Auch Mina hat es gegeben. Ob sie die große Liebe seines Lebens war und wie sich die Beziehung entwickelt hat, ist nicht sicher, aber man hätte den Beiden alles Glück der Welt gewünscht. Als Mina aus Jericho abreist, hinterlässt sie eine Lücke in seinem Leben, mit der er sich nicht abfinden möchte. Unbeirrt kämpft Wilson für seine Liebe. Minas Beweggründe, warum sie auf ihr Lebensglück verzichtet, kann man sehr gut nachvollziehen, und sie sind bewundernswert.

Die Erzählung ist zauberhaft und hat etwas Magisches, wenn sie beschreibt, wie Wilson die Wunder der Schöpfung in der Natur, in den allerkleinsten und so vergänglichen Dingen findet. Es ist eine Geschichte der leisen Töne und doch von ungeheurer Kraft, eine Erzählung zum Genießen, Staunen und Träumen. Nicht zuletzt die wundervolle Gestaltung des Buches, der samtig überzogene Einband, geschmückt mit geprägten Schneekristallen und silberfarbenem Druck, macht dieses Büchlein zu einem wertvollen Geschenk für einen lieben Menschen, gerade jetzt, zum nahenden Weihnachtsfest.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Eine wunderschöne, außergewöhnliche Liebesgeschichte

Versuchen wir das Glück
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Mit ihrem Roman „In all den Jahren“ hat sich Barbara Leciejewski zuerst quasi in mein Leser-Herz geschrieben, und als ich ungefähr 1 ½ Jahre später „Die Nächte, die Tage und das ganze Leben“ las, hat mich ...

Mit ihrem Roman „In all den Jahren“ hat sich Barbara Leciejewski zuerst quasi in mein Leser-Herz geschrieben, und als ich ungefähr 1 ½ Jahre später „Die Nächte, die Tage und das ganze Leben“ las, hat mich auch dieser Roman begeistert. Kürzlich folgte nun „Versuchen wir das Glück“, und wieder erzählt die Autorin eine außergewöhnliche Liebesgeschichte. Helene und Ludwig begegnen sich in den Achtzigerjahren, und zwischen den beiden Jugendlichen entsteht eine tiefe Freundschaft, aus der mit der Zeit Liebe wird. Beide haben ein Handicap, das sie zum Außenseiter macht. Während Ludwig eine körperliche Versehrung hat, ist Helenes Verletzung seelischer Natur. Gerade durch ihr eigenes Problem können sie den anderen so gut verstehen. Das erste Kennenlernen, wie sie sich einander annähern, das vorsichtige Herantasten und die gegenseitige Offenbarung des jeweils eigenen Traumas, das schildert die Autorin wunderschön und sehr einfühlsam, ohne dabei ins Sentimentale abzugleiten. Besonders lebendig wird die damalige Zeit durch authentische Ereignisse der Achtziger dargestellt, in die Helene und Ludwig verwickelt sind oder die in ihrem Umfeld stattfinden.

Fünfundzwanzig Jahre später begegnen sich die Protagonisten durch einen Zufall auf dem Münchner Hauptbahnhof. Trotz der langen Zeit der Trennung und der verschiedenen Leben, die sie führen, stellt sich sehr schnell wieder eine Vertrautheit ein, als wären sie kein Vierteljahrhundert getrennt gewesen.
Gemeinsam erinnern sie sich, und es gibt viele Rückblicke in die damalige Zeit, als sie ein Liebespaar waren. Kulisse der Handlung in der Gegenwart ist weitgehend Tisch 10 in einer Bahnhofsgaststätte, wo sie sich nach ihrer Begegnung niederlassen. Es „passiert“ nicht wirklich viel in dieser Geschichte, und doch ist sie so reich an Gesprächen und Erinnerungen. Ich fand es faszinierend, mich den Protagonisten immer stärker anzunähern und ihre Lebensgeschichten zu erfahren, über ihre Ängste und Sorgen aber auch über ihre Hoffnungen und Sehnsüchte zu lesen,und über allem steht für beide die Frage, ob man das Glück wohl noch einmal versuchen kann. Mit ihren markanten, unvergleichlichen und liebenswerten Charakteren, dieser ganz besonderen Geschichte und ihrem wunderbaren Erzählstil ist es Barbara Leciejewski erneut gelungen, mein Herz zu erobern.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz
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Im Jahr 1415 findet die aus Konstanz stammende Serafina Aufnahme in einem Freiburger Beginenhaus. Einige ihrer Mitbewohnerinnen sind ihr gegenüber anfangs argwöhnisch, denn sie spricht nicht über ihre ...

Im Jahr 1415 findet die aus Konstanz stammende Serafina Aufnahme in einem Freiburger Beginenhaus. Einige ihrer Mitbewohnerinnen sind ihr gegenüber anfangs argwöhnisch, denn sie spricht nicht über ihre Vergangenheit, und das macht sie in den Augen einiger Mitschwestern verdächtig. Nachdem Serafina eines Tages dazu kommt, als ein Toter gefunden wird, der dem ersten Anschein nach Selbstmord begangen hat und ein Aschenkreuz auf der Stirn trägt, droht ihr Geheimnis aufzufliegen, denn der hinzu gerufene Stadtarzt Adalbert Achaz ist ebenfalls neu in Freiburg, und kennt sie von einer früheren Begegnung. Trotz ihrer Sorge, er könnte sie verraten, wendet sich Serafina an Achaz und bittet ihn um Hilfe bei ihren Recherchen, denn sie zweifelt am Freitod des jungen Kaufmannssohns. Äußerst beherzt stürzt sich die kluge Frau in die Nachforschungen und damit selbst in Gefahr. Als eine weitere Leiche gefunden wird, die zudem übel zugerichtet ist, gerät der offizielle Verdacht auf Selbstmord ins Wanken. Schnell ist ein vermeintlich Schuldiger gefunden, aber Serafina glaubt nicht an den Tathergang, wie er öffentlich dargestellt wird.
Mehrmals im Handlungsverlauf ist man sich schon sicher, auf der richtigen Spur zu sein, was den Tod am Sohn des Kaufmanns Pfefferkorn angeht. Aber es ergeben sich immer wieder neue Hinweise und Erkenntnisse, nicht zuletzt durch Serafinas Einmischung.
Mit der vorwitzigen und tatkräftigen Begine Serafina hat der Roman eine starke und mutige Heldin, die sich nicht mit begangenem Unrecht abfinden kann und auch nicht so schnell nachgibt, wenn es darum geht, ihre Meinung kund zu tun. Sie ist eine facettenreiche Persönlichkeit, und es gibt aus ihrem früheren Leben sicher noch so manches Geheimnis zu lüften. „Das Aschenkreuz“ ist der gelungene Auftakt einer neuen Reihe, die sich um Serafina und vermutlich auch um Adalbert Achaz drehen wird, denn obwohl Serafina sich für ein keusches Leben als Begine entschieden hat, so knistert es doch von Zeit zu Zeit recht kräftig zwischen ihr und dem attraktiven Stadtarzt. Daher vermute ich, dass Achaz auch weiterhin eine Rolle in Serafinas Leben spielen wird. Man darf sicher auf die Fortsetzung gespannt sein, und ich freue mich jetzt schon auf weitere, spannende Folgen der Serafina-Reihe.