Profilbild von Bibliomarie

Bibliomarie

Lesejury Star
offline

Bibliomarie ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Bibliomarie über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.01.2018

Gelungen

Je tiefer man gräbt
0

Cornwall ist Krimiland und Cornwall ist Gartenland. Das passt es doch ausgezeichnet, dass Mary Ann Fox in ihrem Buch „Je tiefer man gräbt“ gleich beides verbindet.


Mags kehrt nach einer unglücklichen ...

Cornwall ist Krimiland und Cornwall ist Gartenland. Das passt es doch ausgezeichnet, dass Mary Ann Fox in ihrem Buch „Je tiefer man gräbt“ gleich beides verbindet.


Mags kehrt nach einer unglücklichen Ehe desillusioniert und mit einer Menge Schulden in ihr heimatliches cornisches Rosehaven zurück. Gärten waren immer schon ihre große Leidenschaft und von ihrem Vater hat sie das Talent und auch das Wissen zum Gärtnern bekommen. Ihre kleine Gartenbaufirma beginnt sich gerade einen Namen zu machen, aber ein Nebenjob ist immer willkommen.

So führt sie am Tag der offenen Gartentür Besuchergruppen durch die großartigen Gärten von „The Shelter“, einen Garten, bei dem ihr Vater maßgeblich zur Restaurierung beigetragen hat. Als sie ungewöhnliche Hortensienfarben bemerkt, ist ihr Interesse geweckt. Natürlich gibt es im Herrenhaus auch ein Geheimnis,gestohlener Familienschmuck und eine verschwundene Verlobte lassen Mags erst recht neugierig werden.


Ich weiß nicht, was mir besser gefallen hat: die Beschreibung von Mags als liebenswerte Gärtnerin oder Mags als neugierige Schnüfflerin, die viele Fragen stellt und Schlüsse zieht, die sie selbst in Gefahr bringen. Beides ist gut abgestimmt und hat mir viel Spaß gemacht. Das ist ein ganz typischer und empfehlenswerter Wohlfühlkrimi, der sich spannend liest und dessen Figuren man so richtig ins Herzen schließen kann. Wer Gärten und Blumen liebt und englische Landhauskrimis schätzt, wird bei diesem Buch ganz auf seine Kosten kommen.


Ich hoffe, Mary Ann Fox hat noch viele neue Ideen, mit denen sie ihr Protagonistin Mags in neue Fälle verwickeln kann. Auf weitere Bände bin ich jedenfalls sehr gespannt.

Veröffentlicht am 14.01.2018

Mother Hook

Engelskinder
0

Elly Griffiths ist eine Autorin, die ich sehr schätze und ihre Hauptfigur, die forensische Anthropologin, Dr. Ruth Galloway ist eine Frau nach meinen Geschmack. Inzwischen liegt mit „Engelskinder“ das ...

Elly Griffiths ist eine Autorin, die ich sehr schätze und ihre Hauptfigur, die forensische Anthropologin, Dr. Ruth Galloway ist eine Frau nach meinen Geschmack. Inzwischen liegt mit „Engelskinder“ das siebte Buch vor und auch dieses Mal hat mich die Geschichte absolut überzeugt.


Dr. Galloway findet bei Sicherungsgrabungen ein Frauenskelett. Der Fundort am Richtplatz, die Art der Beisetzung und eine Besonderheit am Skelett, nämlich ein Eisenhaken statt der linken Hand, deuten auf „Mother Hook“ hin, eine sogenannte Babyfarmerin im viktorianischen England. Die Frau wurde wegen vielfachen Kindsmord gehenkt und ihre Geschichte ist in Literatur und Liedgut eingegangen, wie bei uns der „schwarze Mann“. Gleichzeitig beschäftig sich DCI Nelson mit einem verdächtigen Fall von plötzlichem Kindstod. Der Mutter verstarb schon zum dritten Mal ein Baby und Faserspuren in Mund und Nase lassen einen furchtbaren Verdacht bei Nelson keimen, aber die Beweislage ist dürftig und die Presse und die Öffentlichkeit stehen auf Seiten der verzweifelten Frau.


Ich bin immer wieder fasziniert, wie geschickt die Autorin aktuelle Fälle mit historischen Begebenheiten verknüpft und dadurch eine ganz besondere Spannung erzielt. Dabei zwingt sie die Leser zur Stellungnahme. Auch Ruth hat ihre Tochter bei einer Tagesmutter, ist sie deshalb eine schlechtere Mutter als Liz, die sich ganz ihren Kindern widmete und doch ihren Tod nicht verhindern konnte? Waren die Babyfarmerinnen des frühen 19. Jahrhunderts die Vorläuferinnen unserer Tagesmütter?


Während Ruth historischen Fällen von Kindesmord und Verwahrlosung nachgeht, muss Nelson sich der gleichen Problematik in der Gegenwart annehmen. Pikant ist das Verhältnis zwischen Ruth und Nelson, denn er ist der Vater ihrer Tochter, entstanden aus einem verzweifelten One Night Stand, den beide nicht vergessen können. Die berufliche Zusammenarbeit ist immer in labilem Gleichgewicht.


Elly Griffiths kann wunderbar Stimmung erzeugen, mit ihr tauche ich immer wieder in vergangene Zeitalter, wobei in diesem Fall die viktorianische Ära nicht ganz so geheimnisvoll wirkt, wie die keltische Atmosphäre der früheren Bücher. Der Figurenkosmos um Ruth ist mir inzwischen schon vertraut, aber auch Neuentdecker werden keine Probleme haben in die Geschichte zu finden. Der Sog entwickelt sich schon nach kurzer Zeit.
Wieder ein ausgezeichneter, klassischer Kriminalroman, den ich nur empfehlen kann.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Familienschicksal

Die Oleanderfrauen
0

Sophie Terhoven wächst behütet in Hamburg auf. Seit Kindheitstagen verbindet sie eine enge Freundschaft mit Hannes, dem Sohn der Köchin. Doch allmählich wandelt sich diese Kinderfreundschaft zu einer tiefen, ...

Sophie Terhoven wächst behütet in Hamburg auf. Seit Kindheitstagen verbindet sie eine enge Freundschaft mit Hannes, dem Sohn der Köchin. Doch allmählich wandelt sich diese Kinderfreundschaft zu einer tiefen, ersten Liebe. Doch für eine Tochter des bekannten und reichen Kaffeehändlers Terhoven ist eine solche Verbindung ausgeschlossen.
Hamburg in den 30iger Jahren. Die Nationalsozialisten sind in allen Gesellschaftsschichten angekommen, die jüdischen Mitbürger spüren immer mehr die Ausgrenzung und Repressalien. Auch Malte Voss, Sophies Schulkamerad und echter Freund spürt die „neue Zeit“. Durch seine körperliche Behinderung und seine Homosexualität steht er gleich zweifach im Fokus der Nazis.
Eingetaucht in die Geschichte konnte ich mich nicht mehr losreißen. Ich habe mit den Figuren gelebt, geliebt und gelitten. Das alte Hamburg in den Vorkriegs-und Kriegsjahren bis hin zum vernichteten Feuersturm ist mir lebhaft vor Augen erstanden. Das Leid der Menschen wird realistisch und berührend geschildert, das hat mich emotional richtig durchgeschüttelt.
Hamburg in der Gegenwart, der jungen Café-Besitzerin Jule fällt das Tagebuch Sophies in die Hände, geschrieben von 1936 - 1943. Angerührt von den Zeilen, versucht sie die Lebensspuren der Familie Terhoven zu finden.
Das bildet die Rahmenhandlung und Klammer dieses wunderbaren Familienromans. Die zwei Zeitebenen ergänzen sich und geben dem Buch eine ganz besondere Spannung. Für mich waren Jules Erlebnisse in ihrem Café, ihre Nöte, Sorgen und Erfolge immer auch eine kleine Erholung von der emotionalen Achterbahnfahrt, die die geschichtlichen Ereignisse in mir ausgelöst haben.
In diesem Buch passt alles, die Figuren sind mir dabei sehr nahe gekommen, ob in Zuneigung oder Abneigung. Selten habe ich mich so in eine Geschichte hineinziehen lassen. Sicher liegt es auch an der gekonnten geschichtlichen Darstellung, so lebendig und menschennah findet man die Gräuel der Kriegsjahre in keinem Geschichtsbuch. Es ist dabei so spannend erzählt, dass ich um mich herum alles vergessen habe – aber warum weiter davon erzählen: unbedingt selber lesen!



Veröffentlicht am 21.12.2017

Das Harkness Massaker

Stumme Wut
0

9 Monate hat DCI Matilda Darke nicht gearbeitet, eine schief gelaufene Ermittlung und der plötzliche Tod ihres Mannes warfen sie aus der Bahn. Depressionen und etwas zu viel Alkohol haben sie runtergezogen, ...

9 Monate hat DCI Matilda Darke nicht gearbeitet, eine schief gelaufene Ermittlung und der plötzliche Tod ihres Mannes warfen sie aus der Bahn. Depressionen und etwas zu viel Alkohol haben sie runtergezogen, unsicher und unglücklich gemacht. Nun soll sie allmählich wieder beruflich Fuß fassen, so die Ansicht der Polizeipsychologin, zu deren Sitzungen Matilda „verdonnert“ wurde. Aber ihre Rückkehr ins Dezernat ist nicht erfreulich. Ihr Stellvertreter hat sich in ihrem Büro breit gemacht und empfängt sie mit kaum verhohlenem Spott und Abneigung. Sie bekommt eine Kammer als Büro zugewiesen und einen alten ungeklärten Fall, das sogenannte „Harkness Massaker“ aufs Auge gedrückt.
Das Ehepaar Harkness, gut situierte Stützen der Gesellschaft, wurde brutal in ihrem Haus erstochen. Auf der Treppe, blutverschmiert, der katatonische 11jährige Jonathan, der wohl alles mitansehen musste und verstört verstummte. Der ältere Bruder hielt sich nicht im Haus auf und blieb auch für einige Tage verschwunden. Es gab keine Spuren, die Tatwaffe war nicht auffindabar und nach Monaten wurde der Fall geschlossen. Nun soll das Haus der Harknesses abgerissen werden und das ist auch der Grund für wieder erwachtes Presseinteresse.
Der alte Fall macht Matilda sehr zu schaffen, sie ist immer noch psychisch labil und als sie den erwachsenen Jonathan aufsucht, erkennt sie auch in ihm einen Einzelgänger, der nie mit den Ereignissen von damals fertig geworden ist. Aber dann scheint Bewegung in die alte Geschichte zu kommen, ein weiterer Toter wird gefunden und Matilda gerät immer mehr in das Zentrum des Geschehens.
Der psychologische Hintergrund spielt eine große Rolle in diesem Kriminalroman. Wenn mir auch oft das zu breit ausgewalzte Privatleben der Ermittler nicht gefällt, hier in diesem Buch gehört es einfach zur Handlung und passt ausgezeichnet. Die Figuren sind mit großem Einfühlungsvermögen gezeichnet und ihre Entwicklung ist realistisch und spannend zu verfolgen. Matildas Weg zurück aus der Depression, Rückfällen inklusive und ihr immer stabiler werdendes Selbstvertrauen, ist sehr lebensnah erzählt und hat mich sehr für die Figur eingenommen. Matilda Darke wird einmal mit der TV-Ermittlerin Vera Stanhope verglichen und das Bild hat sich mir als sehr passend eingeprägt.
„Stumme Wut“ ist ein Kriminalroman, der sehr spannend aufgebaut ist und wirklich Tiefgang hat, bis in die Nebenfiguren sind die Protagonisten gut gezeichnet und das macht dieses Buch rund und zu einem echten Page Turner. Michael Wood ist ein Autor, den ich mir merken werde.

Veröffentlicht am 21.12.2017

Schwarz gebrannt

Schwarzwasser
0

Ich muss gestehen – ich bin bekennender Kreuthner und Wallner Fan. Das hat sich auch beim 7. Band gehalten. Die Auftaktszene mit Leo Kreuthner gerät wieder derart skurril, dass sicher manche nur den Kopf ...

Ich muss gestehen – ich bin bekennender Kreuthner und Wallner Fan. Das hat sich auch beim 7. Band gehalten. Die Auftaktszene mit Leo Kreuthner gerät wieder derart skurril, dass sicher manche nur den Kopf schütteln. Aber er gehört mit all seinen Macken und vor allem mit seiner sehr speziellen Auffassung von Recht und Ordnung einfach dazu.
Im Gegensatz zu Kommissar Wallner, der dessen Aktionen nur mit Kopfschütteln zu Kenntnis nehmen kann. Aber da muss er durch, denn sein Streifenpolizist scheint Mordfälle geradezu anzuziehen. So stolpert Kreuthner nach einem sehr feucht-fröhlichen Faschingsball über die Leiche des zurückgezogen lebenden Pensionärs Klaus Wartberg. Doch diesen Mann scheint es nicht zu geben, gut gemachte, aber falsche Papiere und keinerlei Hinweise auf das Leben des Mannes sind zu finden. Eine harte Nuss für Wallner, dessen Ermittlungen ihn 20 Jahre zurück nach Berlin führen.
Eine spannende und toll aufgebaute Geschichte, deren ernste Untertöne im Wechsel zu den humorigen Aktionen Kreuthners stehen. Das macht Spaß zu lesen und ich finde, das hat manchmal schon etwas von Karl Valentins absurdem Humor. Ich mag auch die sparsam dosierten Dialoge Kreuthners in tiefbayrischem Dialekt. Aber Andreas Föhr lässt die Geschichte nie in Klamauk abdriften. Besonders die Berliner Szenen, die im Jahr 1996 spielen, haben mir gefallen. Wie ein engagierter Rechtsanwalt ohne es zu wollen, in die Fänge von organisiertem Verbrechen gerät und sich immer tiefer verstrickt, ist toll und nachvollziehbar dargestellt. Auch wie Föhr die beiden Erzählebenen zusammenfügt hat mir sehr gut gefallen.
Kurz: auch der 7. Band war ein Muss für mich.