In „Die Bucht“ von Sarah Alderson geht es um die 17jährige Ren Kingston, die ihren Sommer als Au-pair auf Nantucket verbringt. Dort lernt sie Jeremy kennen, der sie in seine Clique auf der Insel einführt. Obwohl er ihr Herz höher schlagen lässt, fühlt sie sich gleichzeitig von dem düsteren, geheimnisvollen Jesse angezogen. Der ist jedoch mit einem von Jeremys Freunden bis aufs Blut verfeindet und niemand weiß warum. Als Ren dann auch noch erfährt, dass vor einem Jahr ein Kindermädchen auf der Insel ums Leben kam, ist klar, dass jemand ein großes Geheimnis verbirgt.
Ich habe „Die Bucht“ angefangen zu lesen, direkt nachdem ich „Salzige Sommerküsse“ beendet habe. Erst da fiel mir auf, dass ich die volle Dosis Nantucket gekauft habe. Dennoch sind beide Bücher sehr verschieden. In „Die Bucht“ geht es natürlich auch darum, dass Ren ihre Liebe findet und zwischen zwei Jungen hin- und hergerissen ist. Vielmehr steht aber das Geheimnis um Jesse im Mittelpunkt.
Der Roman ist aus der Perspektive von Ren geschrieben und im Präsens verfasst, sodass sich auch für den Leser die einzelnen Puzzleteile der Geheimnisse nach und nach zusammensetzen – man weiß nie mehr als Ren, zumindest nicht mit Sicherheit, denn manche Aspekte waren vorhersehbar. So war mir relativ schnell klar, worin Jesses Motivation liegt. Das ganze Ausmaß dessen und was mit dem Kindermädchen geschehen war, hat sich mir allerdings erst am Ende offenbart. Ich habe zwischendurch kurz befürchtet, dass Letzteres nicht aufgeklärt würde, waren doch nur noch so wenige Seiten übrig. Aber keine Panik: alles wird aufgedeckt.
Natürlich ist eine Lektüre immer interessanter, wenn man nicht weiß, was passiert. Letztendlich ist für die Spannung aber der Weg dahin ausschlaggebend. Dies hat Sarah Alderson hervorragend gemeistert. Die Story ist von vielen kleinen Szenen gespickt, die Ren (und somit auch dem Leser) Hinweise liefern. Da das Buch mit einem Prolog startet, der völlig aus dem Zusammenhang gerissen den Höhepunkt der Geschichte wiedergibt, weiß der Leser grob, worauf es hinauslaufen wird. Selbstverständlich bleiben die entscheidenden Personen dabei unbekannt und man versucht somit im Laufe der Lektüre herauszufinden, wer dieser kommende Antagonist wohl sein könnte. Der Höhepunkt ist ein wahrer Pageturner und wenn man gerade denkt, es sei vorbei, passiert wieder etwas – ein Stilmittel, dass ich aus einigen guten Krimis schätze.
Nicht gefallen hat mir dabei allerdings, dass Ren mehrfach von befreundeten Jungs gerettet wird. Hier hätte ich mir ein starkes Mädchen gewünscht, welches mit Erfolg um sein Leben kämpft – zumindest in manchen der gefährlichen Situationen. Mir hat hingegen gut gefallen, dass sie nicht eins dieser perfekten Mädchen ist, sondern auch peinliche Situationen erlebt oder durch ihr Asthma gehandicapt ist.
Auch waren manche der Personen (besonders in Jeremys Freundeskreis) überflüssig und hätten gestrichen werden können, damit es übersichtlich bleibt. Gerade wenn jemand „Parker“ heißt, was ein Mädchen- oder Jungenname sein kann, und dann keine wichtige Rolle oder außergewöhnliche Eigenschaft hat, kann er problemlos entfallen. Hinzu kommt noch ein Beziehungswirrwarr oder wie die Protagonistin selbst anmerkt: es wäre leichter sich zu merken wer mit wem noch nichts hatte.
Insgesamt handelt es sich um ein spannendes Jugendbuch mit vielen Krimi-Aspekten und nicht zu viel Romantik – eine sehr angenehme Abwechslung zu den Themen, die sonst den Jugendbuchbereich dominieren. Die Protagonistin ist zwar sympathisch, könnte aber etwas mehr Tapferkeit oder Heldenmut beweisen. Außerdem war das Happy End etwas übertrieben, sodass ich in Summe 4 von 5 Sternen gebe.