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Veröffentlicht am 02.04.2025

Wenn die Grauses Freunde suchen, bleibt kein Auge trocken!

Willkommen bei den Grauses 2: Freunde finden für Anfänger
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Mein Sohn (11) war schon nach Teil 1 so begeistert von den Grauses, dass er ständig nachgefragt hat, wann denn der zweite Teil erscheinen würde. Nun war es soweit, und wir sind innerhalb eines Nachmittags ...

Mein Sohn (11) war schon nach Teil 1 so begeistert von den Grauses, dass er ständig nachgefragt hat, wann denn der zweite Teil erscheinen würde. Nun war es soweit, und wir sind innerhalb eines Nachmittags und Abends regelrecht durch das Buch geflogen.

Worum geht`s? Die Grauses erhalten ein Schreiben von IFAW (Institut für andersartige Wesen): Sie müssen binnen 13 Tagen Freunde finden, für jedes Familienmitglied einen. Zum Glück steht Ottilie aus dem Nachbarhaus mit Rat und Tat zur Seite, denn es ist gar nicht so leicht, wenn man als Dilldapp, Schrat, Flaschengeist, Felfe, Geistermädchen oder Werwolf unter Menschen nicht auffallen und sich möglichst normal benehmen soll. Doch was ist schon normal?

Die einzelnen Familienmitglieder treten bei ihrer Freundschaftssuche treffsicher in die herrlichsten Fettnäpfchen, und wir haben beim Lesen bzw. Vorlesen wirklich viel gelacht. Es ist einfach zu komisch, und Sabine Bohlmann beschreibt die Charaktere und Situationen wunderbar liebenswert. Bei allem Spaß und Klamauk hat jedoch auch dieses Buch wieder eine ganz wichtige Botschaft: Jede und jeder von uns ist auf seine eigene Art seltsam oder ein bisschen komisch, und daher sollten wir auch mit Nachsicht auf die Eigenheiten unserer Mitmenschen blicken. Denn „normal“ gibt es im Grunde nicht. Und vielleicht bereichert ja gerade die kleine Marotte des anderen unser eigenes Leben und hilft uns, über unseren eigenen Tellerrand hinauszusehen? Die Geschichte ermutigt dazu, aufeinander unvoreingenommen zuzugehen und offen für Neues zu sein. Und oft hat man auf den zweiten Blick ja doch mehr gemeinsam, als zunächst gedacht.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass diese Reihe durch die vielen lustigen Szenen auch Kinder begeistert, die nicht so gerne lesen. Wir können „Willkommen bei den Grauses – Freunde finden für Anfänger“ auf jeden Fall rundum weiterempfehlen und hoffen sehr auf eine Fortsetzung!

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Veröffentlicht am 29.03.2025

aufwühlend und intensiv

Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen
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Dieses Buch wäre beinahe an mir vorbeigegangen, weil ich anhand des Titels eine völlig andere Geschichte erwartet hatte. Doch zum Glück habe ich doch einen zweiten Blick darauf geworfen.

Eva wächst in ...

Dieses Buch wäre beinahe an mir vorbeigegangen, weil ich anhand des Titels eine völlig andere Geschichte erwartet hatte. Doch zum Glück habe ich doch einen zweiten Blick darauf geworfen.

Eva wächst in einem kleinen Dorf bei Belgrad auf, die erste Ehe, aus der ihr kleiner Sohn Mario stammt, ist unglücklich und endet früh. Sie lernt Viktor kennen, verliebt sich in den athletischen jungen Mann, der wortgewandt ist und den intellektuellen Schriftsteller gibt, aufgeklärt, feministisch und modern. Doch hinter der Fassade steckt ein hoch manipulativer, zutiefst egoistischer Charakter, der es versteht, Eva klein zu halten, zu kontrollieren und ihr Schuldgefühle einzureden. Die Situation wird schlimmer, als die beiden gemeinsam nach Deutschland gehen. Eva kommt nicht von Viktor los, obwohl Körper und Psyche rebellieren, sie lässt sich immer wieder von seiner selbstmitleidigen Art einlullen und sich von ihm etwa durch Gaslighting manipulieren. Ihre Beziehung ist ein ständiges Auf und Ab und aus physischer und psychischer Gewalt und tränenreichen Versöhnungen, die Viktor zu inszenieren versteht.

Milica Vučković schreibt in der Ich-Perspektive, direkt und unmittelbar, so dass man als Leser:in ganz nahe an Eva dran ist, fast so, als säße sie neben einem und erzählte ihre Geschichte. Hierdurch habe ich Evas Leben ganz besonders intensiv wahrgenommen, und es hat mich richtig aufgewühlt. Ich war wütend auf Viktor, wollte ihm am liebsten mal so richtig die Meinung sagen, und gleichzeitig Eva bei den Schultern packen und sie aufrütteln.

Besonders erschüttert hat mich Milica Vučkovićs Bemerkung in der Danksagung, dass der Roman großteils auf dem Lebensweg einer Freundin von ihr beruht.

Für mich war dieses Buch eine unverhoffte, aber sehr bewegende Entdeckung. Noch immer stecken sehr viele Frauen in toxischen Beziehungen, und Bücher wie dieses führen eindringlich deren Mechanismen vor Augen. Es bleibt zu hoffen, dass sie die Augen öffnen und dabei helfen, Alarmsignale frühzeitig zu erkennen und auszubrechen. Ich möchte Milica Vučkovićs Roman daher unbedingt weiterempfehlen. Gerade die Leser:innen von Lana Lux‘ „Geordnete Verhältnisse“ könnten auch „Der tödliche Ausgang von Sportverletzungen“ sehr schätzen.

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Veröffentlicht am 22.03.2025

Die geniale Reihe geht weiter!

Birds of Paris – Der verborgene Turm
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Nachdem mein Sohn (11) und ich Band 1 und die kostenlose Prequel verschlungen hatten, warteten wir mit großer Vorfreude auf Band 2. Léa und ihre Federsucher-Freunde, die Straßenkinder Roux, Ari, Alex und ...

Nachdem mein Sohn (11) und ich Band 1 und die kostenlose Prequel verschlungen hatten, warteten wir mit großer Vorfreude auf Band 2. Léa und ihre Federsucher-Freunde, die Straßenkinder Roux, Ari, Alex und Coralie, liefern sich mit den Vogelfängern einen spannenden Wettlauf bei der Suche nach dem Markt der Wunder. Zudem wartet auf Léa eine große Herausforderung, die sie mitten ins Hauptquartier der Vogelfänger bringt…

Da Band 2 nahtlos an den ersten Band anschließt, sollte man diesen unbedingt zuvor gelesen haben, auch wenn die Autorin geschickt immer wieder erklärende Rückgriffe auf Teil 1 einstreut. Gerade, wenn man diesen schon vor etwas längerer Zeit gelesen hat, sind diese kleinen Erinnerungshilfen sehr praktisch. Kathrin Tordasi erzählt lebendig und sprachgewandt, und mein Sohn und ich konnten sofort wieder in das magische und geheimnisvolle Paris der Schimmervögel und Glanzwerker abtauchen.

Während in Band 1 Erwachsene kaum eine Rolle spielten, so wird nun das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern näher thematisiert. Kathrin Tordasi schreibt hierbei sehr einfühlsam und glaubwürdig und zeigt, dass es auch bei besten Absichten auf beiden Seiten zu schmerzhaften Missverständnissen kommen kann. Generell kommt der Gefühlsebene der Charaktere bei „Birds of Paris“ eine sehr große Bedeutung zu: Was bedeutet es, als Straßenkind zu leben, früh, zu früh, Verantwortung übernehmen zu müssen? Und wie wirkt es sich auf ein Kind aus, wenn es nirgendwo verwurzelt ist und nie gelernt hat, Freundschaften zu schließen? Selbstzweifel, Unsicherheit, die Suche nach der eigenen Identität, Freundschaft, Verantwortung, der Wunsch nach Zugehörigkeit und die Angst vor Zurückweisung spielen daher für Léa und die Federsucher-Kinder eine zentrale Rolle, die sehr tiefgründig und glaubwürdig ausgearbeitet ist. Man spürt, dass diese Thematik der Autorin ein wichtiges Anliegen ist, und gerade sehr stille und introvertierte Kinder dürften sich hier wiederfinden.

Die Kernhandlung von Band 2 findet ein abgeschlossenes Ende, und doch schließt das Buch mit einem Cliffhanger, der neugierig auf die Fortsetzung macht.

Fazit: Die Reihe „Birds of Paris“ gehört für uns zu besten Kinderbuchreihen ab 10 Jahren, und wir empfehlen sie rundum weiter!

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Veröffentlicht am 18.03.2025

Wunderbares orientalisches Zeitreiseabenteuer

Aliya und die Unendliche Stadt 1
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Aliya hat bereits früh ihre Eltern verloren und lebt zusammen mit ihrem Großvater in Kairo. Seit einiger Zeit verhält sich dieser jedoch merkwürdig, und auch ein seltsamer Butler ist seit Kurzem im Haus. ...

Aliya hat bereits früh ihre Eltern verloren und lebt zusammen mit ihrem Großvater in Kairo. Seit einiger Zeit verhält sich dieser jedoch merkwürdig, und auch ein seltsamer Butler ist seit Kurzem im Haus. An ihrem 11. Geburtstag erhält Aliya ein seltsames Amulett, und erfährt eher zufällig, dass sie aus einer Familie von Zeitreisenden stammt. Für ihre Zeitreiseausbildung kommt Aliya durch ein Portal in die Unendliche Stadt und wohnt dort in einer Schülerherberge, die von einer Ghulin als Hausmutter geleitet wird und in der sie auf andere Zeitreiseschüler trifft. Bevor sie in die Schule aufgenommen wird, muss sie zwei Prüfungen bestehen. Doch gleichzeitig warten gefährliche Herausforderungen auf sie, denn der dunkle Magier Dorian Darke hat seine ganz eigenen Pläne mit Aliya…

Ich habe das Buch zusammen mit meinem Sohn (11) gelesen, und wir waren beide von Anfang an von der Geschichte fasziniert. Das Setting im Orient ist eine erfrischende Abwechslung zu den sonst meist in der westlichen Welt angesiedelten Kinderbüchern, und mit Aliya reist man beim Lesen durch verschiedene Jahrhunderte der ägyptischen Geschichte. Auch wenn die Historie nur angerissen wird, lädt sie dennoch dazu ein, sich näher mit ägyptischer Geschichte zu befassen. Auch die fantastischen Wesen entstammen dem orientalischen Raum: Es gibt Spinxe, Dschinns und Ghule, auch Baraka spielt eine Rolle und das Ouroboros-Symbol (auch wenn dieses nicht so benannt wird).

Das Buch ist sprachlich abwechslungsreich geschrieben, die Handlung ist temporeich und spannend bis zur letzten Seite. Die Romanwelt hat viel Potential und steckt voller kreativer Einfälle, so dass wir sehr viel Freude beim Lesen hatten. Aliya ist eine sehr sympathische Protagonistin, die sich im Laufe der Geschichte Gewissensfragen stellen muss, auch mal strauchelt und zweifelt. Das macht sie nahbar und zu einer guten Identifikationsfigur für die Zielgruppe ab 11 Jahren. Die Altersempfehlung ist unserer Meinung nach sehr passend.

Die Geschichte um Aliya ist als Trilogie angelegt, und dementsprechend bleiben nach Band 1 noch Fragen offen, auch wenn der maßgebliche Handlungsstrang der Geschichte einen (vorläufigen) Abschluss findet. Wir sind sehr gespannt, wie es in der Unendlichen Stadt mit Aliya weitergeht und freuen uns schon auf die beiden Folgebände!

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Veröffentlicht am 18.03.2025

TBC - Die tödlichste Infektionskrankheit der Welt

Tuberkulose
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John Green kannte ich bisher vor allem als Jugendbuchautor, etwa von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, und war zunächst überrascht, dass er nun ein Sachbuch zum Thema Tuberkulose veröffentlicht. ...

John Green kannte ich bisher vor allem als Jugendbuchautor, etwa von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, und war zunächst überrascht, dass er nun ein Sachbuch zum Thema Tuberkulose veröffentlicht. Tuberkulose – ist das nicht eine Krankheit aus längst vergangenen Zeiten, damals, als sie noch Schwindsucht genannt wurde?

John Green zeigt in seinem Buch auf eindrückliche Weise, wie hochaktuell Tuberkulose (TBC) auch heute noch ist. Mit 1,25 Millionen Toten pro Jahr ist TBC bis heute die weltweit tödlichste Infektionskrankheit, die aber leider in der westlichen Welt aus dem Fokus gerückt ist, weil die meisten Krankheitsfälle in ärmeren Ländern auftreten. Green erklärt, wie Diskriminierung, Rassismus, Mangelernährung, fehlende Infrastruktur und unzureichender Zugang zu sauberem Wasser, Nahrung und Hygiene die Ausbreitung von TBC begünstigen und die Behandlung und Heilung der Patienten verzögern oder verhindern. Aufgrund zuverlässiger Tests und wirksamer Medikamente könnte nahezu jeder TBC-Kranke geheilt werden – doch, so schreibt Green, „Die Medikamente sind da, wo die Krankheit nicht ist, und die Krankheit ist da, wo die Medikamente nicht sind.“ So ist TBC nicht nur eine Krankheit, die durch ein Bakterium hervorgerufen wird, sondern wesentlich durch soziologische und ökonomische Faktoren bestimmt wird und an der kurzsichtige Kosten-Nutzen-Analysen einen entscheidenden Anteil haben.

Neben der hochaktuellen Problematik wirft Green auch einem historischen Blick auf TBC, auf die romantische Verklärung im 19. Jahrhundert, die maßgeblich das damalige Schönheitsideal beeinflusst hat, auf die Sanatorien zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die Stigmatisierung TBC-Kranker. Auch auf die medizinischen Aspekte geht Green näher ein, von der Identifizierung des Bakteriums M. tuberculosis als Erreger der Krankheit über die Suche nach Heilmitteln und Impfungen bis hin zu den ersten wirksamen Therapien ab 1944 und den aktuellen Therapierichtlinien.

John Green hat zu diesem Buch umfangreich recherchiert, wie immer wieder aus dem Text selbst sowie aus dem Nachwort und der umfangreichen kommentierten Literaturliste hervorgeht, und man spürt beim Lesen, dass ihm dieses Thema eine echte Herzensangelegenheit ist. Green ist kein Mediziner, und so ist sein Buch auch keine trockene medizinische Abhandlung, sondern ein eindringlicher Appell an uns, die Mechanismen der globalen Gesundheitsfürsorge und des Medikamentenzugangs zu hinterfragen und die Infektionskrankheit, die Jahr für Jahr in den Schwellen- und Entwicklungsländern die meisten Todesopfer fordert, wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Sehr lesenwert!

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