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Veröffentlicht am 28.12.2017

Schreiben als therapeutische Aufarbeitung eines Schicksalsschlages in der Kindheit, aber mehr auch nicht!

Der Junge muss an die frische Luft
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Ich mag Hape Kerkeling als Entertainer und bin ein großer Fan seines Buches "Ich bin dann mal weg". Weil wir beide im selben Jahr geboren sind, interessierte mich seine Darstellung dieser Kindheit und ...

Ich mag Hape Kerkeling als Entertainer und bin ein großer Fan seines Buches "Ich bin dann mal weg". Weil wir beide im selben Jahr geboren sind, interessierte mich seine Darstellung dieser Kindheit und Jugendzeit.


Hapes Mutter ist depressiv, der Vater aus beruflichen Gründen nur wenig anwesend. Als die Mutter den Freitod wählt, ziehen die Großeltern zu den Enkeln und übernehmen das Sorgerecht.

Das Buch liest sich wie eine Mischung von allgemeinen Erlebnissen einer Kindheit im Ruhrpott und einer Verarbeitung des tragischen Verlusts der Mutter.

Ehrlich und auch sehr eindringlich klingen die Kapitel über die prägenden Erfahrungen in Hapes Kindheit.

Aber auch wenn mich Hapes Schicksal berührt, liest sich dieses Buch eher wie eine therapeutische Aufarbeitung eines früh erlebten Schicksalsschlages als nach einer interessanten Lebensgeschichte.

Warum erzählt er das der Öffentlichkeit? Ich habe das Gefühl, dass er trotz seiner 50 Jahre dieses Trauma noch immer nicht verarbeitet hat.
Er musste es sich regelrecht von der Seele schreiben.

Doch welchen Nutzen hat diese Lektüre für den Leser? Ich konnte für mich nur die Erinnerungen an die erwähnten TV-Größen wie Rudi Carell, Peter Frankenfeld, Dieter Hallervorden, Loriot etc. als gleichzeitig erlebte Jugendbilder mitnehmen. Auch ich habe gemeinsam mit meiner Oma mit diesen Figuren schöne Fernsehabende erlebt. Daran erinnere ich mich noch gut, aber nicht an Erlebnisse als Kleinkind, wie es von Hape beschrieben wird. Daher nehme ich ihm Teile dieser Geschichte auch nicht ab.

Seinem humoristischen Naturell ist es zu verdanken, dass Hape, trotz des Verlustes seiner Mutter den Lebensmut nicht verloren hat. Aber auch seine aufopfernden Großeltern haben großen Anteil am Bestand seiner Frohnatur.

Mich hat dieses Buch mit etwas Ruhrpottslang und netten Geschichten von dem dicken Jungen, Omas und etlichen Anverwandten leidlich unterhalten.
Den Sprachstil und die Auswahl der Geschichten hatte ich mir anders vorgestellt. Der große Erfolg des "Ich bin dann mal weg" verpflichtet, konnte aber hier nicht wiederholt werden.

Für Hape war das Schreiben dieses Buchs sicher sehr wichtig. Aber ob die Welt diese Biographie gebraucht hat, ist sehr fraglich. Wer Hape mag, liest es sicherlich, ob 1, 2, 3, 4 oder 5 Sterne ist da Wurscht!

Veröffentlicht am 28.12.2017

Schön erzählter Familienroman, nur die versprochene Liebesgeschichte fehlte völlig!

Das Geheimnis der Schneekirsche
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Die Schneekirsche hat einen honigartigen Duft und man sagt ihr bei Stillstand, Verlust oder Schock tröstende und Mut einflößende Wirkung zu. Sie vermag auch unter schwierigsten Wetterbedingungen zu blühen ...

Die Schneekirsche hat einen honigartigen Duft und man sagt ihr bei Stillstand, Verlust oder Schock tröstende und Mut einflößende Wirkung zu. Sie vermag auch unter schwierigsten Wetterbedingungen zu blühen und damit bildet sie das pflanzliche Pendant zur Protagonistin Selma. Auch sie nimmt ihr Leben energisch und mit viel Menschlichkeit in die Hand und verzagt nicht, als ihre große Liebe sie verlässt.


Dieser Roman spielt ab 1913 in Tsingtau. In der chinesischen Hafenstadt befindet sich die deutsche Verwaltung der kaiserlichen Marine. In diesem Kolonialgebiet entstand hier im Kleinen ein deutsches Abbild der fernen Heimat.

Der Kriegsausbruch des 1. Weltkrieges zeigt die Situation der deutschen Bewohner und später auch ihre veränderte Sicht und ablehende Haltung gegenüber ihren französischen "Nachbarn". Von den chinesischen Bewohnern erfährt man nur Bruchstücke, so zum Beispiel über die Traditionelle Chinesische Medizin und ihre Therapieformen mit Akupunktur und Kräuterheilkunde. Für die Aromatherapie und die Wirkung von Pflanzen interessiert sich Selma ebenfalls und sie bereitet begeistert Duftöle und Cremes für den Eigenbedarf zu. Sehr schön wird das durch die Kapitelüberschriften passend aufgegriffen.

Man erlebt die problematisch wirkende Beziehung zu ihren Eltern und zu ihrer Schwester und Tante mit und sieht in Selma eine willensstarke Person, die in ihrer Berufstätigkeit mit ihren Schülern aufgeht. Manche Figuren sind in ihrem Verhalten etwas übertrieben dargestellt, manchmal schon fast kapriziös angelegt, so wie die Tante Mireille. Auch konnte ich mir von Paul kein rechtes Bild machen. Seine äußere Hülle wurde erst am Ende mit Leben gefüllt. Das ist schade!

Vergeblich suchte ich nach der auf der Inhaltsangabe versprochenen sinnlichen Liebesgeschichte. Erst ganz am Ende greift die Liebe den romantischen Part des Romans auf.

Dank des bildhaften Schreibstils konnte ich in diese Handlung wunderbar eintauchen. Gern habe ich die Schilderung der authentisch wirkenden chinesischen Schauplätze miterlebt und auch betroffen die Auswirkungen des Krieges auf den deutschen Stützpunkt in China mitverfolgt. Auch die gezeigte Familiengeschichte hat mit ihrer Vielschichtigkeit zur Unterhaltung beigetragen, aber es werden einfach zu viele Themen aufgezeigt, die dadurch etwas oberflächlich wirken. Hier wäre die Konzentration auf wenige, einzelne Bereiche sicher idealer gewesen. Gerade über die TCM oder die Aromatherapie hätte ich gern noch mehr erfahren.


Ein historischer Roman, der die Geschichte einer deutsch-französischen Familie vor dem Hintergrund des 1.Weltkriegs im fernen Tsingtau beschreibt.

Veröffentlicht am 28.12.2017

Leider keine echte Gaudi auf der Hütten! Das kann Nicola Förg besser!

Hüttengaudi
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Wie für Nicola Förg üblich, geht es auch in diesem Krimi unter Verwendung von Mundart um Lokalpolitik und sie lässt auch hier wieder Informationen einfließen, die den Leser aufklären und unterhalten sollen.
So ...

Wie für Nicola Förg üblich, geht es auch in diesem Krimi unter Verwendung von Mundart um Lokalpolitik und sie lässt auch hier wieder Informationen einfließen, die den Leser aufklären und unterhalten sollen.
So bringt sie z. B. den Begriff des Stroafns ins Spiel. Dort werden gefällte Holzstämme mit Pferdekraft aus dem Wald gezogen, die Beschädigung des Bodens ist viel geringer als bei der Verwendung von Motorkraft.

Interessant finde ich auch die Erklärung zu den Dexter Kühen und über die allergische Reaktion auf den Riesen-Bärenklau.

Gerade wegen der eingestreuten Infos lese ich Förgs Bücher besonders gerne.

Die Krimihandlung lässt allerdings bei Hüttengaudi eine grundlegende Spannung vermissen. Nur allzu schleppend entwickelt sich der Plot, die Charaktere und deren Darstellung stehen hier eher im Fokus. So wird Irmis Ex-Ehe näher beleuchtet, bei der ihr Ex Martin nicht gut wegkommt.
Allgemein stehen hier die Frauen ihren "Mann", sind starke Persönlichkeiten und werden nur vorteilhaft dargestellt. Die Männerwelt kommt in diesem Band eher schlecht davon.


Auch wenn ich das kriminalistische Frauenduo Irmi und Kathi gern verfolgt haben, hat mich die Ermittlungsarbeit nicht mitgerissen. Lange ist unklar, worin der verbindende Faktor der beiden Getöteten liegt. Es ging irgendwie nicht richtig voran bei der Aufklärung, während sich am Ende die Motive fast schon überschlagen.

Dass Irmi als Kommissarin überhaupt diesen Fall übernehmen darf, erscheint mir auch völlig unlogisch. Hier muss man eigentlich ihre Befangenheit annehmen.


Insgesamt hat mir der Lokalkolorit durch die Darstellung der Schauplätze gut gefallen. Beim Dialekt habe ich Verständnisprobleme gehabt und auch
der Spannungsbogen verlief ohne großen Höhen.


Dieser Krimi lebt vom Lokalkolorit, seinen informativen Inhalten und dem Frauenduo Irmi und Kathi. Mein Favorit dieser Reihe ist eindeutig Fall Nr. 7 "Das stille Gift".

Veröffentlicht am 28.12.2017

Unterhaltsame Adventslektüre und für Reihenfans ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern!

Wintersonnenglanz
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"Wintersonnenglanz" bietet ein gelungenes Wiedersehen mit den Figuren dieser Inselgeschichten-Reihe. Für mich ist es das erste Buch dieser Reihe und somit war ich wohl nicht so euphorisch beim Lesen und ...

"Wintersonnenglanz" bietet ein gelungenes Wiedersehen mit den Figuren dieser Inselgeschichten-Reihe. Für mich ist es das erste Buch dieser Reihe und somit war ich wohl nicht so euphorisch beim Lesen und musste die Personen erst einmal kennenlernen.
Ich habe mich im Büchernest allerdings sehr wohl gefühlt, denn gerade Buchhandlungen üben ja auf Leseratten eine magische Wirkung aus. Dazu kommt noch die adventliche Stimmung, die die Autorin geschickt mit in die Handlung einbindet und schon ist man gefangen von der Geschichte. Auch das Syltflair hat mich sofort begeistert und an eigene Aufenthalte erinnert. Im Winter habe ich dort allerdings noch keine Zeit verbracht und umso gespannter habe ich alles verfolgt.

Die eigentliche Handlung jedoch hat mich nicht ganz so mitgerissen. Ich habe es genossen, wie hier winterliche und gerade auch friesische Stimmung verbreitet wird. Die glücklichen Fügungen, die dank spendabler Unbekannter und beziehungskräftiger Verwandter gut enden, fand ich aber etwas übertrieben und auch zu glatt. So spielt das Leben normalerweise nicht und auch wenn ich gut endende Bücher mag, war es mir hier entschieden zu
viel des Guten. Das kommt dann schon eher unrealistisch geschildert
rüber. Auch hat es mich gewundert, dass Larissa und ihre Freunde trotz
des stressigen Weihnachtsgeschäfts im Büchernest so viel Zeit
füreinander haben. Wer schon mal im Einzelhandel in dieser Zeit
gearbeitet hat, weiß wie es in Wahrheit so abläuft.

Als besonderes Bonbon enthält dieser Roman am Ende einen ganz besonderen
Adventskalender. Dieser bietet 24 winterliche Beiträge in Form von
kleinen Gedichten, Dekotipps und Rezeptideen für Punsch und Gebäck und
rundet so das Buch weihnachtlich ab.



Wer Sylt und stimmungsvolle Weihnachtsbücher mag, ist hier genau
richtig. Ein wenig Heile-Welt und die Forsetzung der Reihe lassen
Wohlfühl-Momente zu.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Rasanter Verlauf, etwas verworrene Aufklärung

Sei mein Tod
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Dieser Thriller ist spannend geschrieben, der Fall beängstigend realistisch geschildert und die Handlung rasant. Und doch hatte ich so meine Probleme mit dem Buch.
Ich wurde mit dem Detektiv nicht warm, ...

Dieser Thriller ist spannend geschrieben, der Fall beängstigend realistisch geschildert und die Handlung rasant. Und doch hatte ich so meine Probleme mit dem Buch.
Ich wurde mit dem Detektiv nicht warm, er kam mir mit seinen Gedanken und seinem Verhalten nicht wirklich nahe und auch die Gefühle und das Innenleben der Entführungsopfer werden nicht so beschrieben, dass ich mir ein Bild von ihnen machen konnte.

Der Schreibstil ist flüssig und mitreißend und auch die Geschichte ist an und für sich handwerklich gut gemacht. Doch ich zweifelte mehrfach an den Inhalten. Ging Kayley freiwillig mit dem Entführer mit und warum schweigt Samantha über den damaligen Täter? Nach 20 Jahren sollte sie über die Sache sprechen können.

Bei den Charakteren erscheinen mir zu viele Personen auf einmal. Es fällt mir schwer, hier den Überblick zu behalten, wer zu den guten oder den bösen Menschen und Psychopathen zählt.
Warum wurde die Polizei nicht eingeschaltet, als eine Entführung sicher war? Hier kämpfen Nathan und Noreen an einsamer Front und sollen als Helden und Superermittler dargestellt werden. Insgesamt ist die Handlung durch die Zeitsprünge etwas unübersichtlich und wieso hängen genau diese beiden Fälle von Samantha und Kayley auch mit den beiden Hauptpersonen zusammen? Solche Zufälle mag ich bei Thrillern gar nicht.


Dieser Thriller hat mich verwirrt, wobei mir die Idee an sich gut gefallen hat, konnte die Umsetzung der Geschichte mich nicht überzeugen.