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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die verlorene Kindheit der Engel

Die letzten Zeugen
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Zweiter Weltkrieg: Beim Einmarsch der Deutschen in Weißrussland, waren sie noch Engel. Sie waren unbedarft, zarte Geschöpfe voller Freude an den Dingen um sie herum. Sie waren noch neugierig, besaßen offene, ...

Zweiter Weltkrieg: Beim Einmarsch der Deutschen in Weißrussland, waren sie noch Engel. Sie waren unbedarft, zarte Geschöpfe voller Freude an den Dingen um sie herum. Sie waren noch neugierig, besaßen offene, große Herzen, denn sie waren noch Kinder.

Doch der Einmarsch der Deutschen hat den Engeln die Kindheit für immer genommen.

Swetlana Alexijewitsch hat sich an sie erinnert. Sie hat die einstigen Engel gebeten, ihre Erinnerungen an den Einmarsch der Deutschen (1941-1945), aus ihrer kindlichen Sicht zu erzählen, ihre kindlichen Worte für das Erlebte wiederzufinden und ihre kindlichen Gefühle zu beschreiben.

Chronistin Swetlana Alexijewitsch hörte ihnen zu und verstand es, das Gehörte niederzuschreiben, um uns Menschen einfühlsam einen Hauch dieser niederschmetternden Zeit voller Grausamkeiten, aus der Sicht von Kindern dieser Zeit, näher zu bringen.

Viele der letzten Zeugen haben trotz der dazwischenliegenden Jahrzehnte ihre Erinnerungen nicht verloren und sie können sie noch aus ihrer kindlichen Sicht schildern. Manche behüten nur noch kleine Erinnerungsfetzen, andere können nur unter stillen Tränen erzählen, andere sind stumm.

Eine klassische Rezension zu diesem Werk zu schreiben ist mir nicht möglich. Sicher, Swetlana Alexiejewitsch Sprache und der Stil in dem sie schreibt ist hochwertige Literatur und bedeutend einfühlsam. Ich kann dieses „Gesprächsbuch“ nicht rezensieren und bewerten, denn die Protagonisten in diesem Buch sind die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges. Sie sind real. Die letzten Zeugen ist eine gelungene, vielschichtige Komposition von vielen Zeitzeugengesprächen, dass den Nobelpreis für Literatur wahrlich verdient. Swetlana Alexijewitsch gibt in ihrem Buch jedem Zeitzeugen eine seiner Erinnerung angemessene Überschrift und sie nennt den Namen desjenigen, sein damaliges Alter und seinen heutigen Beruf.

An dieser Stelle kann ich nur schreiben wie sehr mich dieses Buch betroffen und traurig gemacht hat. Auch wenn ich aus Interesse an der Deutschen Geschichte schon sehr viel über den Zweiten Weltkrieg gelesen habe und ich immer von neuem zutiefst berührt und erschrocken bin, so hat mich dieses Werk besonders berührt und nachdenklich gestimmt.

Meine Nachdenklichkeit entsteht beim Lesen vor allem da, wo Kinderstimmen von ihren Erlebnissen erzählen. Es ist nicht das Große an Kriegsereignissen was mich so schmerzlich trifft, sondern das Kleine, das die Kinder plötzlich in ihrem Alltag zu spüren und zu sehen bekamen. Meistens schildern sie den unfassbaren schmerzlichen Verlust des Vaters, der an die Front ging und nicht widerkehrte oder sie schildern den Anblick der vielen Toten, die achtlos und unbegraben am Wegesrand ihres Dorfs oder auf dem eigenen Hof lagen.

Als Mutter projizieren meine Gedanken das Gelesene immer wieder in das Hier und Jetzt. So ein Buch klingt unwahrscheinlich lange nach. Eine bewusste, intensive Vorstellung was diese Kinder erlebt haben, was sie verzweifeln ließ und was ihnen so große Angst bereitete, gelingt mir nur annähernd, wenn ich meine Augen schließe.
Die tagtäglichen Nachrichten über die Kriege unserer Welt, wie den Krieg in Syrien, machen mir im Kontext mit diesem Buch bewusst, dass auch diese Kinder dort, etwas sehr ähnliches tagtäglich erleben. Hilflosigkeit macht sich in mir breit. Ich möchte dieses Buch manchem Politiker und Machthaber als Pflichtlektüre zum Lesen geben und hoffen, dass sie ebenso berührt Wendungen herbeiführen, damit Kinderseelen gesund bleiben.

Jede geweinte Kinderträne ist eine zu viel.

Die Autorin:

Swetlana Alexijewitsch, 1948 in der Ukraine geboren und in Weißrussland aufgewachsen, lebt heute in Minsk. Ihre Werke, in ihrer Heimat verboten, wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, 1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung und 2013 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 2015 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur.

Zitate:


Vor der Stadt schossen sie gezielt auf uns. Die Menschen fielen auf die Erde. In den Sand, ins Gras. „Mach die Augen zu, mein Sohn … Schau nicht hin“, bat Vater. Ich hatte Angst zum Himmel zu schauen – dort war alles schwarz von Flugzeugen – und auch auf der Erde, überall lagen Tote. Ein Flugzeug flog ganz dicht vorbei. Vater fiel hin und stand nicht mehr auf. Ich hockte über ihm und bettelte: „Papa, mach die Augen auf … Papa, mach die Augen auf …“ Leute riefen: „Deutsche!, und zogen mich mit sich fort. Ich begriff nicht, dass Vater nicht mehr aufstehen würde, dass ich ihn hier im Staub, mitten auf dem Weg, liegenlassen musste.

Zum zudecken benutzten wir unsere Mäntel. Unsere Wäsche wuschen wir selbst, in Wasser mit Eis – wir weinten, so weh taten uns die Hände.

Wir aßen Wasser. Wenn die Mittagszeit heran war, stellte Mama einen Topf heißes Wasser auf den Tisch. Das verteilten wir in Schüsseln. Abend. Abendbrot. Auf dem Tisch ein Topf heißes Wasser. Farbloses heißes Wasser. Im Winter gibt es nicht mal was, womit man es färben könnte. Nicht einmal Gras.

Und ich als Geburtstagskind bekam eine Extraportion: noch ein halbes Löffelchen Zucker …

Am letzten Tag… Bevor die Deutschen abzogen, zündeten sie unser Haus an. Mama stand da, starrte ins Feuer und weinte keine einzige Träne. Und wir drei liefen herum und riefen: „Nicht brennen, liebes Haus! Nicht brennen, liebes Haus!“

Wer hat uns gerettet im deutschen Konzentrationslager, wie? Den Kindern wurde Blut abgenommen für deutsche Soldaten, die Kinder starben. Wie kamen mein Bruder und ich ins Kinderheim, wie erreichte uns gegen Kriegsende die Nachricht, dass unsere Eltern gefallen waren? Irgendetwas ist mit meinem Gedächtnis passiert. Ich erinnere mich an keine Gesichter, an keine Worte…

Die Nachbarstochter, drei Jahre zwei Monate alt … Ich erinnere mich, wie ihre Mutter am Sarg immerzu sagte: „Drei Jahre und zwei Monate“. Sie hatte eine „Zitrone“ gefunden, eine Granate. Und wiegte sie wie eine Puppe. Wickelte sie in Lumpen ein und wiegte sie. Die Granate war so klein wie ein Spielzeug, nur schwer. Die Mutter rannte los, schaffte es aber nicht mehr…

Ein Soldat fragte mich: „Wie heißt du, Mädchen?“ Aber ich hatte es vergessen. „Und dein Familienname?“ Ich erinnerte mich nicht. Wir saßen bis nachts neben Mamas Grabeshügel, bis man uns auf ein Pferdegespann setzte. Der Wagen war voller Kinder. Ein alter Mann fuhr uns, sammelte unterwegs alle ein. Wir kamen in ein fremdes Dorf, fremde Leute nahmen uns zu sich. Ich habe lange nicht gesprochen. Nur geschaut.

Als erstes sah ich ein totes Pferd… Dann… eine tote Frau…Darüber wunderte ich mich. Ich hatte gedacht, im Krieg würden nur Männer getötet.

Einer trägt eine Mütze vor sich her – voller Zucker.

Das Feuer hatte niemanden verschont. Du siehst einen schwarzen Leichnam liegen und weißt: Da ist ein alter Mensch verbrannt. Und wenn du von weitem etwas Kleines, Rosiges siehst, dann weißt du: Ein Kind. Ganz rosa lagen sie auf den verkohlten Überresten.

Ich bin schon einundfünfzig, ich habe eigene Kinder. Trotzdem will ich meine Mama wiederhaben….

Der Zug fuhr los, und ich blieb zurück. Ich weiß nicht mehr wer mich buchstäblich in den Zug geworfen hat, aber nicht in unseren Waggon, sondern irgendwo ganz hinten. Da bekam ich zum ersten Mal Angst, ich könnte allein bleiben, und Mama würde wegfahren. Solange Mama bei mir war, war mir nicht bange. Nun aber wurde ich stumm vor Angst … Mama war meine ganze Welt.

Alles aus diesen Tagen habe ich schwarz in Erinnerung. schwarze Panzer, schwarze Motorräder, deutsche Soldaten in schwarzer Uniform. Ich bin nicht sicher, ob das alles wirklich schwarz war, aber so habe ich es in Erinnerung. Als Schwarzweißfilm …

Ich bin ein Mensch ohne Kindheit, meine Kindheit war der Krieg. So erschüttert hat mich im Leben nur noch die Liebe. Als ich mich verliebte … Als ich die Liebe kennenlernte…

Vor meinen Augen … Mama wurde auf der Straße erschossen. Als sie hinfiel, ging ihr Mantel auf, er wurde ganz rot, und auch der Schnee um Mama herum wurde rot…

Wenn jemand weint, empfinde ich kein Mitleid, sondern Erleichterung, weil ich selbst nicht weinen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Wahrheit ist nur ein Anschein - Start der Thriller-Serie mit Hauptkommissar Eugen de Bodt

Heldenfabrik
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Vorstandssitzung des Berliner Chemiekonzerns BBC:

Die Türen zum Sitzungssaal öffnen sich, automatische Waffen Zielen auf alle anwesenden Vorstandsmitglieder und töten sie. Eiskalt.

Die Leichen der Getöteten ...

Vorstandssitzung des Berliner Chemiekonzerns BBC:

Die Türen zum Sitzungssaal öffnen sich, automatische Waffen Zielen auf alle anwesenden Vorstandsmitglieder und töten sie. Eiskalt.

Die Leichen der Getöteten findet die Polizei am Spreeufer. Die Hände der Leichen sind an den Händen zusammengebunden, ihre Körper zu einem Kreis formiert schwimmen sie unterstützt durch Schwimmflügel an der Wasseroberfläche. Inmitten des Leichenkreises schwimmt ein Aktenkoffer, in dem die Ermittler ausschließlich ein Gedicht finden:

Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns. (Rainer Maria Rilke)

Hauptkommissar Eugen de Bodt ermittelt mit Kriminaloberkommissarin Silvia Salinger und dem Anwärter Yussuf, einem blonden Türken. Der Fall scheint unlösbar und die drei werden bei ihren Ermittlungen immer wieder erheblich behindert. Vertrauen können sie sich ausschließlich untereinander, während sie den blutigen Spuren eines brutalen Killers durchs Land folgen.

Der Autor:

Christian v. Ditfurth, geboren 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor in Berlin. Zuletzt hat er neben Sachbüchern und Thrillern (Das Moskau-Spiel, 2010) Kriminalromane um den Historiker Josef Maria Stachelmann veröffentlicht, die auch in den USA, in Frankreich, Spanien und Israel veröffentlicht wurden. Zuletzt erschienen Das Dornröschen-Projekt und Tod in Kreuzberg. (Quelle: carl’s books)

Reflektionen:

Heldenfabrik ist ein anspruchsvoller Thriller, der mich mein Notizbuch während des Lesens vollschreiben lässt, um keine Szene zu vergessen und um viele Besonderheiten auch im Nachhinein einatmen zu können.

Christian von Ditfurth hat mich schon vor vielen Jahren mit seinen Stachelmann Kriminalromanen begeistert. Darin habe ich es besonders genossen, den Historiker von Ditfurth darin erkennen zu dürfen.

Heldenfabrik ist anders.

Fast wie ein typisch amerikanischer Thriller, der mit äußerster Härte und Tempo bereichert einhergeht. Fast atemlos lese ich durch die Seiten und kann es kaum fassen, wie erfrischend und atemlos mich von Ditfurth durch die mehr als 400 Seiten treibt. Die Spannung reißt niemals ab und sie agiert auf einem hohen Level. Von Ditfurths Schreibstil ist literarisch anspruchsvoll, aber dennoch federleicht zu lesen.

Heldenfabrik ist der erste Band einer Reihe um die Fälle des sympathischen Berliner Hauptkommissars Eugen de Bodt. An seinem ersten Arbeitstag bei der 3. Mordkommission des Berliner Landeskriminalamtes, trifft er seine neuen Kollegen erstmals am grausigen Tatort.

Der junge Anwärter Yussuf, ein blonder Türke, lässt Raum zum Schmunzeln. Mit ihm und mit der attraktiven Kriminaloberkommissarin Silvia Salinger agiert de Bodt nach anfänglichem Zusammenraufen harmonisch. Dieses kleine Team gegen den Rest des Präsidiums, so scheint es.

Die Figur des Hauptkommissar de Bodt ist eine selten dagewesene. Er selbst hält sich nach gescheiterter Ehe für einen Alltagsversager. Er hasst intensive Körperlichkeiten, jemanden anfassen zu müssen ist ihm ein Groll und er kann sich niemandem unterordnen, der weniger kann als er. Er ist sehr gebildet und elitär. Nach abgebrochenem Literatur- und Philosophiestudium, nur um den Gelehrten Vater zu provozieren, geht er zur Polizei.

De Bodt, der jeden Morgen den Tag verflucht, an dem er beschloss Polizist zu werden, stapft emotionslos durch den Polizeialltag. Da er einer Entlassung auf Grund von Fehlverhalten oder ähnlichem gleichgültig entgegensieht, schreckt er nicht davor zurück, sich Freunde bis in die oberen Etagen der Polizeibehörde zu schaffen.

Christian von Ditfurth hat nicht an Ideen gespart und setzt Tatorte und Verbrechen blutig brutal in Szene. De Bodt macht es stutzig, dass der Fall des Attentats an den Vorständen des Chemiekonzerns nicht an das BKA übergeben wurde. Er und sein Team recherchieren und stoßen auf mögliche Motive wie Korruption, Patentrecht, Marktanteil und Konkurrenz. Im Zuge der Ermittlungen folgern sie, dass die Täter Elitepolizisten oder Söldner sein müssen.

Zeitgleich bildet sich eine Gruppe im Kanzleramt, bestehend aus BKA, Verfassungsschutz, BND und weiteren, die ebenfalls Recherchen eingeleitet haben, um die Attentäter zu ermitteln. Aber, sie müssen auch mit allen Mitteln verhindern, dass das wahre Motiv für das Attentat an die Öffentlichkeit gelangt. Ihr Ziel ist es, de Bodt und seinem Team Täter zu liefern, die nicht mehr aussagen können. Als man de Bodt im Präsidium nahelegt sich von seiner Biographie zu distanzieren, da seine Gegner einen dunklen Fleck auf seiner West gefunden haben, da er in jungen Jahren linksextremistisch aktiv war, ist de Bodt erst recht motiviert, die Täter zu überführen und die Öffentlichkeit über die schmutzigen Aktivitäten der Gruppe im Kanzleramt zu informieren.

Die Handlung ist psychologisch verstrickt, komplex und äußerst intelligent. Immer wieder muss sich der Blick des Lesers auf Neuigkeiten in der Handlung fokussieren. Besonders dramatisch und rasant wird es, als die Perspektive eines Attentäters einen großen Raum in der Handlung einnimmt.

Andre, Profilkiller und Söldner, ist einer der überlebenden Attentäter, denn Söldner-Chef Bob, der eine Spitzentruppe für dieses Attentat rekrutiert hatte, räumt gnadenlos alle Zeugen aus dem Weg. Andre versetzt sich in die Gedankenwelt Bobs und versucht ihm strategisch geschickt entgegenzutreten. Dieses Gedankenkarussell hat von Ditfurth klug geschrieben. Den Konflikt den Andre nun mit sich allein austrägt, um Bob zur Strecke zu bringen, war eine äußerst interessante und hochspannende Angelegenheit.

Die komplexe Handlung, bei der ich als Leser dennoch nie den Faden verliere, ist mit zahlreichen Figuren gesegnet, die interessante Charakterzüge aufweisen. De Bodt bleibt mir als kautziger, eher ruhiger Ermittler in Erinnerung und ich freue mich schon sehr auf „Zwei Sekunden“, den zweiten Teil der Reihe, der im August 2016 bei carl’s books erscheinen wird.

Fazit und Bewertung:

Heldenfabrik hat mir verdammt gut gefallen und mich sehr intelligent und spannend unterhalten.
Wer einen knallharten Thriller lesen mag, aber auch literarisch gut unterhalten werden möchte, der sollte zugreifen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Großartiger Slaughter-Thrill – Will Trent und Sara Linton endlich wieder im Einsatz

Schwarze Wut
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Undercover, durch und durch als krimineller Biker getarnt, möchte Will Trent die Drahtzieher eines Drogengeschäfts in Macon, Georgia, überführen. Ein brisantes Vorhaben, denn wenn Wills Tarnung auffliegt, ...

Undercover, durch und durch als krimineller Biker getarnt, möchte Will Trent die Drahtzieher eines Drogengeschäfts in Macon, Georgia, überführen. Ein brisantes Vorhaben, denn wenn Wills Tarnung auffliegt, ist er ein toter Mann.

Wills Ermittlungen führen ihn bald auf Spuren, die zu Detective Lena Adams führen. Lena Adams und ihr Ehemann Jared wurden, nach einer Razzia im Drogenmilieu, in ihrem eigenen Haus brutal überfallen. Jared, Sara Lintons Stiefsohn, wurde dabei so schwer verletzt, dass er im Koma liegt.

Will ist in größter Sorge, dass Sara von der schrecklichen Nachricht um Jared angetrieben nach Macon kommt und sie so seine riskante Tarnung auffliegen lassen könnte. Er muss also um jeden Preis verhindern, dass Sara nichts von dem Unglück erfährt. Dabei setzt Will Trent die noch junge Liebe zwischen Sara und ihm einem gefährlichen Spiel aus.

Die Autorin:

Karin Slaughter, Jahrgang 1971, stammt aus Atlanta, Georgia. 2003 erschien ihr Debütroman Belladonna, der sie sofort an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten und auf den Thriller-Olymp katapultierte. Ihre Romane um Rechtsmedizinerin Sara Linton, Polizeichef Jeffrey Tolliver und Ermittler Will Trent sind inzwischen in 35 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als 35 Millionen Mal verkauft worden.

Reflexionen:

Karin Slaughter ist für mich „die“ Thriller-Autorin. Die einzige die mich „immer“ absolut begeistern kann. Natürlich gibt es starke und schwächere Thriller von ihr, doch die Reihe um Will Trent, Sara Linton und Lena Adams liebe ich abgöttisch. Die Autorin versteht es, auch nach zahlreichen „stand alone“ Thrillern, erneut im gewohnten Stil der hoch spannenden Reihe zu schreiben.

Dieser Thriller ist für mich ohne jeden Zweifel umgehend ein Pageturner, denn Karin Slaughters typischer, federleichter und knackiger Schreibstil ermöglicht mir ein flüssiges Lesevergnügen. Die Autorin schreibt unverblümt ehrlich. Sie scheut sich nicht schmutzige und brutale Details zu benennen, die mir manches Mal den Puls beschleunigen.

Slaughters Figuren sind in diesem Thriller erneut großartig und stark in Szene gesetzt. Psychologisch geschickt und äußerst intelligent sind die Charaktere und dessen Lebensläufe komplex miteinander verwoben. Allein durch die sich daraus ergebenen Perspektivwechsel werde ich als Leser so sehr an die Seiten gepresst, dass ich um mich herum nichts mehr wahrnehme.

Die kaltblütige Brutalität, mit der in dieser Geschichte die Verbrechen einhergehen, strotzt gewohnt vor Grausamkeiten. Schwarze Wut ist blutig und sicher nichts für schwache Leser-Nerven, doch dieses Mal stehen die agierenden Figuren angenehm weit im Vordergrund. Ab und an blitzt die Vergangenheit auf, in der Jeffrey Tolliver noch am Leben war und die ich manchmal gern zurück drehen möchte. Die Wunden die damals bei vielen Figuren entstanden sind, sind heute bei einigen Protagonisten noch nicht verheilt.

Lena ist weiterhin speziell, kantig, tough und unnahbar, doch mag ich sie. Im Grunde ihres Herzens ist sie ein guter Mensch, muss sich stets als Einzelkämpferin durchs Leben schlagen und das meistens sehr allein. Sie schwimmt wie immer gegen den Strom und es gibt für sie keinen geraden Weg, denn viele Geschehnisse scheinen sich gegen sie zu verschwören.

Will Trent, der sympathische Ermittler mit Leseschwäche und schlechter Kindheit, behütet die junge Liebe zu Kinderärztin und ehemaliger Gerichtsmedizinerin Sara Linton, doch in dieser Story setzt er diese Liebe einem riskanten Spiel aus. Auch Amanda, die ruppige Chefin von Will und Kollegin Faith begleiten die Handlung. Ein Wiedersehen nach dem anderen, das wirklich Freude macht.

Dennoch, die Story ist sehr komplex. Konzentriertes und intensives Lesen ist Voraussetzung um dieses Verwirrspiel zu erfassen, den Figuren, ihren Handlungen und Zeitsprüngen zu folgen, und, um letztendlich den voll umfänglichen Thrill von „Schwarze Wut“ genießen zu können.

Fazit und Bewertung:

Großartig gut, komplex und intelligent, hoch spannend und absolut rasant.

Top-Leseempfehlung!

Sicherlich kann man „Schwarze Wut“ auch als einen „stand alone-Thriller“ lesen, doch ich lege jedem ans Herz, die Reihe von vorn zu beginnen, um sie restlos genießen zu können.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mission einer bitteren Wahrheit – Berührend, authentisch und hoch spannend

Die Irak-Mission
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Über dem Nordirak, inmitten der kurdischen Region, explodiert ein Militärflugzeug am Himmel. Das Transportflugzeug flog im geheimen Auftrag und hatte Waffen und Munition an Bord, als es auf ein Lager von ...

Über dem Nordirak, inmitten der kurdischen Region, explodiert ein Militärflugzeug am Himmel. Das Transportflugzeug flog im geheimen Auftrag und hatte Waffen und Munition an Bord, als es auf ein Lager von Kriegswaisen stürzt und das Kindercamp fast dem Erdboden gleich macht.

Ibrahim, der einzige verbleibende Arzt in der Nähe, der unter schlimmsten und notdürftigsten Bedingungen ein Krankenhaus führt, ist mit den zahllosen schwer verletzten Kindern maßlos überfordert. In diesen Zeiten stellt keine Hilfsorganisation Ärzte zur Verfügung, denn zu groß ist die Gefahr von Entführungen terroristischer Extremisten. Als Ibrahim die junge deutsche Ärztin Claire um Hilfe bittet, folgt sie ihrem einstigen Mentor in den Irak, obwohl sie ihr Trauma, über ihren letzten Auslandseinsatz, längst noch nicht überwunden hat.

Claires ahnt nicht, dass ihre schlimmsten Erwartungen an die Lage vor Ort weit übertroffen werden und dass sie zum Spielball zwischen politischen Fronten werden wird.

Die Autorin:

Carola Wegerle studierte Islamwissenschaften und Ethnologie, woraus ihre Motivation entstand, westliche und östliche Mentalitäten aufzuzeigen. Die Bekanntschaft mit einer anerkannten kurdischen Journalistin hat sie sensibilisiert für die Kluft zwischen Orient und Okzident und in ihr den starken Wunsch geweckt, Brücken zu bauen. So entstand dieses Buch. Neben ihrer Tätigkeit als Romanautorin arbeitet Carola Wegerle als Schauspielerin und Drehbuchautorin. (Quelle: Gmeiner Verlag)

Reflektionen:

Ob Carola Wegerle diese Geschichte selbst erlebt hat? Ob sie selbst hunderte von Kilometern durch die trockene, heiße Wüste des Iraks reiste, um an die Absturzstelle des Flugzeugabsturzes zu gelangen? Ob sie all die verletzten Kinder umsorgt, verarztet und unermüdlich operiert hat? Ob sie selbst entführt und gefoltert wurde?

All diese Fragen stelle ich mir wieder und wieder, während ich die Irak-Mission lese. Ich weiß es besser, denn ihrer Danksagung am Ende dieses Romans entnehme ich, wie sie bis in tiefste Details genauestens recherchierte. Dennoch, wer nie in Nahost war, kann so einen Roman nicht schreiben und ich spüre Carola Wegerles persönliche Reiseerfahrungen, genieße ihre Beschreibungen von Schauplätzen aus dieser krisengeschüttelten Region und profitiere von ihrem Wissen über die dortigen Kultur und Religion.

Die Handlung ist verdammt nah an der Wahrheit. Die Authentizität dieser Geschichte ist erschreckend, ernüchternd und entsetzlich. Carola Wegerle unterstützte dies, indem sie das vergangene, historische Zeitgeschehen mit ihrer Handlung verknüpft. All das was die Autorin in ihrem Roman schreibt, hätte genauso stattgefunden haben können.

Besonders gut hat mir die Figur der sympathischen, jungen Ärztin Claire gefallen. Innerlich zerrissen, da sie ein Trauma von einem erbitterten vorherigen Auslandseinsatz noch nicht überwunden hat, ihr beruflicher Konflikt in einer bürokratischen Klinik und ja, ihr unerschütterliches Helfersyndrom. Sie ist eine äußerst mutige Frau die aushält und zumindest nach außen hin sehr stark ist.

Ein weiterer Konflikt der beeindruckt ist der der in Deutschland aufgewachsenen Journalistin Gulala, die im Irak unter den vorherrschenden islamischen Bedingungen Ehefrau und Mutter ist, und im Geheimen weiterhin als Journalistin tätig ist.

Viele weitere Konflikte beherrschen diesen Roman, die alle intelligent mit Figuren und Perspektiven, Ereignissen, politischen Intrigen und Machtspielen verknüpft sind. Sie zerren am Leser und unterstreichen die Glaubwürdigkeit der interessanten und spannenden Story.

Dieser Roman berührt zutiefst. Verletzte und Tote eines Flugzeugabsturzes betrüben jeden Menschen, doch die in diesem Roman verletzten Waisenkinder setzen dem Ganzen ein Sahnehäubchen aus hoch emotionalen Empfindungen oben auf.

Die fein gezeichneten Charaktere warten mit maßvoll kreierten Lebensläufen auf, die in ihrer Mentalität unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie malen dem Leser ein harmonisches Bild, das mit einem anspruchsvollen Schreibstil gepaart hochspannende Lesestunden garantiert.

Fazit und Bewertung:

Die Irak-Mission lässt den Leser vergessen, dass es sich um einen Roman handelt, denn seine Authentizität ist so nah an der Wahrheit, dass man als Leser die unaufhörlichen Schrecken dieser Krisenregion bedrückt erahnt. Viele Geschehnisse in diesem Roman können eins zu eins mit dem Syrien-Krieg verglichen werden. Dieser Roman schmerzt und er hinterlässt unbändigen Zorn.

Meine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ausflug ohne Wiederkehr

Und am Morgen waren sie tot (Jan-Römer-Krimi 2)
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Deutsch-belgisches Grenzgebiet - Ardennen 1997:

Ein Lokaljournalist findet ein auf grausame Weise ermordetes Pärchen in einem Waldstück auf. Von einem weiteren Pärchen, das gemeinsam mit ihnen dort gezeltet ...

Deutsch-belgisches Grenzgebiet - Ardennen 1997:

Ein Lokaljournalist findet ein auf grausame Weise ermordetes Pärchen in einem Waldstück auf. Von einem weiteren Pärchen, das gemeinsam mit ihnen dort gezeltet hatte, fehlt jede Spur. Die Morde bleiben mysteriös, denn es gibt zunächst keinerlei Hinweise, ob die Verschwundenen mit dem Verbrechen zu tun haben oder selbst untergetaucht sind.

Jahre später:

Der Journalist Jan Römer, verantwortlich für den Bereich „ungelöster Kriminalfälle“, greift mit seiner langjährigen, guten Freundin Mütze den Fall neu auf und ermittelt auf eigene Faust.

Der Autor:

Der 1970 geborene Linus Geschke arbeitet als freier Journalist für führende deutsche Magazine und Tageszeitungen, darunter Spiegel Online, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Manager Magazin. Dazu verfasst er für das Special-Interest-Magazin „unterwasser“ Tauch- und Reisereportagen und bedient alle zwei Monate eine Kolumne („Nachgedanken“). Mit seinen Reportagen hat der Kölner mehrere Journalistenpreise gewonnen. (Quelle: Ullstein Verlag)

Reflektionen:

Linus Geschke hat mir mit seinem Kriminalroman und den darin begangenen Verbrechen immer wieder den Atem geraubt und mich äußerst gespannt und interessiert lesen lassen. Sein ungezwungener, leichter, aber dennoch anspruchsvoller Schreibstil, in Kombination mit einer aktuellen und interessanten Thematik die die Handlung bereichert, drehte mein wissbegieriges Lese-Tempo hoch.

Die top recherchierte Thematik, die im Laufe der Handlung zu einem kriminellen Konstrukt einer Horde von extremen Figuren heranwächst, stellt die authentische Frage: „wo liegt die Grenze zwischen gesundem Patriotismus und dem widerlichen Nationalsozialismus. Linus Geschke ist es gelungen, diese Grenzlinien immer wieder deutlich hervor zu heben und die augenscheinlich dünnen Übergänge zu verdeutlichen. So ist es für mich als Leser eine Herausforderung abzuwägen, welche Figur noch als „normal“ durch die Story marschiert.

Mit Jan Römer und Mütze hat Linus Geschke sehr sympathische Figuren gezeichnet, die im Duett fast unschlagbar erscheinen und gern zu unkonventionellen Methoden bei ihren Recherchen greifen. Zwischen den beiden zeichnet der Autor eine klare Linie zwischen besonderer Freundschaft ohne Liebesbeziehung. Der Wert der wahren Freundschaft kommt hier deutlich zum Ausdruck und es macht Spaß, diese maßvoll mitzuerleben.

Die Verbrechen die in diesem Kriminalroman geschehen zeugen von kaltblütiger Brutalität. Auch hier stellt sich eine Frage: „was ist krankhafter Wahn und was nur ein brutales Verbrechen“.

Besonders gut haben mir die Perspektivwechsel gefallen. Die Perspektive des Protagonisten Jan Römer wurde in der Ich-Erzählform geschrieben und bot so eine erfrischende Abwechslung.

Von Linus Geschke werde ich sicher bald wieder ein Werk lesen und ich weiß schon heute, dass es mich genauso begeistern wird wie dieses.

Fazit und Bewertung:

Meine absolute Leseempfehlung für diesen Kriminalroman. Interessante Figuren, eine aktuelle Thematik und ein Schreibstil der Lust auf mehr macht.